Rückblick auf das 78. Paris-Nizza

Bora - hansgrohe auch zu viert wie ein Champion-Team

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Die Favoriten unter sich: Finale der 7. Etappe von Paris-Nizza | Foto: Cor Vos

15.03.2020  |  (rsn) - Einen Tag früher als geplant ging ein in mehrfacher Hinsicht denkwürdiges Paris-Nizza zu Ende. Die deutschen Fans konnten sich über den letztlich souverän herausgefahrenen Sieg von Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) freuen. Dem Berliner gelang als erst zehntem Fahrer in der langen Geschichte der Fernfahrt ein Start-Ziel-Sieg und ist der erste deutsche Profi seit Tony Martin 2011, der sich das Gelbe Trikot holte.

“Dieser Gesamtsieg ist ein großer Erfolg für das ganze Team und die Art und Weise wie die Jungs gefahren sind, das ist schon erstaunlich. Dass es uns gelungen ist, nach der 1. Etappe das Gelbe Trikot jeden Tag zu verteidigen, ist super“, sagte Sportdirektor Steffen Radochla, der die Vorstellung seiner personell geschwächten Mannschaft besonders hervorhob.

“Wir haben die heutige Etappe von Anfang bis Ende wie ein Champion-Team kontrolliert und das trotz der Tatsache, dass wir nur vier Fahrer im Rennen hatten“, sagte Radochla und meinte damit Michael Schwarzmann, Patrick Konrad und Felix Großschartner. “Patrick und Felix haben heute einen fantastischen Job im letzten Anstieg gemacht", fügte er an.

Dagegen müssen die Franzosen weiter auf den ersten Sieg eines heimischen Fahrers seit mehr als 20 Jahren warten. 1997 war es zuletzt Laurent Jalabert, der damals zum dritten Mal hintereinander ganz oben auf dem Podium stand. Zum sechsten Mal in Folge verpassten die Franzosen zudem das Treppchen, nicht einmal ein Etappensieg stand am Ende der vom Thema Corona überlagerten Woche zu Buche. Am nächsten dran war noch Thibaut Pinot (Groupama - FDJ), der auf der gestrigen Königsetappe Dritter wurde und sich im Schlussklassement noch vom achten auf den fünften Rang verbesserte.

"Das Ergebnis der letzten Etappe beruhigt mich ein wenig. Ich bin zufrieden, die Bilanz ist ok. Wenn man mir am Start gesagt hätte, ich würde Gesamtfünfter, hätte ich sofort unterschrieben. Denn nach der Tour des Alpes Maritimes und der Tour du Var habe ich mich wirklich nicht gut gefühlt", sagte Pinot nach der Etappe der L'Equipe.

Franzosen enttäuscht, Kolumbianer zufrieden

Einem zweiten Tagessieg bei Paris-Nizza - der bisher einzige gelang ihm 2017, als er das Zeitfahren der 4. Etappe gewann - fährt Landsmann Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) hinterher. Der Gesamtfünfte jenes Jahres kehrte mit einem vierten und einem fünften Etappenplatz nach Hause zurück und blieb damit hinter den Erwartungen zurück. “Julian hat immer wieder attackiert und ist dreimal auf Etappensieg gefahren, er hat immer sein Bestes gegeben“, sagte Sportdirektor Tom Steels und gestand damit indirekt ein, dass Alaphilippe, der am Samstag noch auf Rang 16 des Schlussklassements zurückfiel und der nach wie vor auf seinen ersten Saisonsieg wartet, offensichtlich nicht in der Form des vergangenen Frühjahrs ist.

Bei der dritten französischen Hoffnung lief fast gar nichts zusammen. Romain Bardet (AG2R) ging zwar mehrmals in die Offensive, wurde allerdings jedes Mal wieder eingefangen und war auf Rang 19 letztlich sogar nur sechstbester Franzose. Allerdings war der 29-Jährige in Gedanken offensichtlich ganz woanders - nämlich beim Thema Corona, wie er nach der 6. Etappe französischen Medien gegenüber unumwunden zugab.

"Ich habe nicht verstanden, warum das Rennen heute weiterlief. Es scheint, dass wir auf einem Fahrrad fehl am Platze sind, wenn alle Anstrengungen unternommen werden, um das Virus einzudämmen“, sagte Bardet und beklagte zudem noch die Uneinigkeit unter den Fahrern - was ihn allerdings nicht davon abhielt, sich auch am Samstag noch aufs Rad zu schwingen.

Das tat auch Sergio Higuita (EF), dessen Helferriege auf nur noch vier Teamkollegen geschrumpft war. Dennoch wurde der Kolumbianische Meister allgemein als Schachmanns aussichtsreichster Gegner angesehen. Allerdings gelang es dem Kletterspezialisten im Finale nicht, den Träger des Gelben Trikots abzuschütteln, so dass im Schlussklassement Rang drei blieb. "Ich bin kein großer Fahrer“, gab sich der 22-Jährige nach der Schlussetappe bescheiden. “Ich hatte nicht das Gefühl, heute auf den letzten Kilometern noch eine Attacke in mir zu haben, aber ich freue mich über das Podium“, so Higuita, der von einem “guten Saisonstart von den Kolumbianischen Meisterschaften bis heute“ sprach.

Benoot brachte Schachmann in Bedrängnis

Ähnlich äußerte sich sein Landsmann Nairo Quintana (Arkéa - Samsic), der nach einem Sturz auf der 2. Etappe zwar im Gesamtklassement frühzeitig zurückgefallen war, dann aber mit dem Sieg auf der Königsetappe für ein erfolgreiches Finale sorgte. “Im Gesamtklassement konnte ich nicht mehr erreichen. Ich bin schwer gestürzt und habe an diesem Tag zuviel Zeit verloren“, sagte Quintana, der aber noch sechs Positionen gut machte und Gesamtsechster wurde, nachdem er seine beiden ersten Rundfahrten dieser Saison jeweils hatte gewinnen können.

Die neben Schachmann dominierende Figur der Fernfahrt war - für nicht wenige überraschend - ein Belgier, der gemeinhin als Klassikerspezialist eingeordnet wird. Tiesj Benoot feierte auf der 6. Etappe nicht nur seinen ersten Sieg im Sunweb-Trikot, sondern griff am Samstag auf den letzten beiden Kilometern nochmals mit aller Macht das Gelbe Trikot an. Der 26-Jährige brachte Schachmann zwar nochmals schwer in Bedrängnis, am Ende konnte er als Tageszweiter seinen Rückstand von 36 Sekunden allerdings nur noch halbieren.

"Wo hätte ich im Schlussanstieg früher angreifen sollen? Ich habe selbst darüber nachgedacht", räsonierte Benoot im Ziel. "Ich hatte schnell einen guten Vorsprung, aber dann blieb er so. Das ist mein bestes Ergebnis in einem Etappenrennen und daher bin ich wieder einen Schritt voran gekommen“, betonte er das Positive seines Auftritts, der ihn für die Klassikerkampagne in den Favoritenstatus gehievt hätte - wenn das Coronavirus nicht allen Planungen einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

“Das ist sehr schade, aber nicht das Ende der Welt“, sagte Benoot mit Blick auf die bereits erfolgten und auch noch anstehenden weiteren Rennabsagen. "Wir sollten uns über höhere Gewalt nicht beschweren. Es ist schade, dass ich mit diesen Beinen nicht zu den Klassikern kann, aber ich kann nichts dagegen tun. Andere Fahrer werden es mehr verfluchen als ich“, vermutete der Sunweb-Neuzugang, der seine Erfolge bei paris-Nizza "zuerst mit Freunden und meiner Familie feiern“ will. “Ich kann nicht in eine Bar gehen, aber ich trinke zu Hause etwas“, kündigte Benoot an.

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