Auch Malori und Coppel überraschen WM-Favoriten

Kiryienka fliegt zu Zeitfahr-Gold, Martin stürzt aus allen Träumen

Foto zu dem Text "Kiryienka fliegt zu Zeitfahr-Gold, Martin stürzt aus allen Träumen"
Der Weißrusse Vasil Kiryienka gewinnt bei der WM 2015 überraschend Gold im Zeitfahren. | Foto: Cor Vos

23.09.2015  |  (rsn) - Schwere Schlappe für den deutschen Radsport! Ausgerechnet Tony Martin, die Medaillenbank Nummer 1, erwischte im Einzelzeitfahren der WM in Richmond (USA) einen rabenschwarzen Tag. Auf einer Strecke, die dem Eschborner in Sachen Länge (53,3 Kilometer) und Topografie auf den Leib geschneidert schien, verpasste der WM-Zweite von 2014 zum ersten Mal seit sechs Jahren das Podium und die Einstellung des erträumten Rekordes von vier WM-Siegen, den nach wie vor Fabian Cancellara hält.

Weit abgeschlagen kam Martin mit 1:16 Minuten Verspätung auf Überraschungssieger Vasil Kiryienka ins Ziel. Der Weißrusse raste mit einer  Durchschnittsgeschwindigkeit von 51,368 km/h zu Gold. Nicht weniger unerwartet gewann der Italiener Adriano Malori Silber (+0:09) vor dem Franzosen Jerome Coppel (+0:26), den wohl niemand auf der Rechnung hatte.

„Ich habe keine Antwort und kann es nicht erklären. Ich habe mich gut gefühlt und wollte Gold gewinnen. Auf den ersten acht Kilometern war noch alles in Ordnung, aber dann habe ich meinen Rhythmus verloren und nicht wiedergefunden", sagte Martin nach dem Rennen niedergeschlagen. Für den Eschborner wurde die weitere Fahrt ins Ziel zu einer einzigen Quälerei: „Die zweite Hälfte war mehr ein moralischer als ein physischer Kampf."

Je länger das Rennen dauerte, desto größer wurde sein Abstand zum Weißrussischen Zeitfahrmeister, der an allen drei Zwischenzeiten die Bestzeit aufstellte. Bei der ersten Zeitnahme nach 16 Kilometern lag Martin nur elf Sekunden zurück und alles schien im Grünen Bereich. Bei der zweiten (+0:39) war der Drops schon gelutscht. Und nach 42,6 Kilometern nahm das Desaster
mit 1:01 Minuten Rückstand auf Kiriyenka seinen Lauf.

Neben Martin erfüllten auch die anderen hochgehandelten Top-Favoriten in keinster Weise die in sie gesetzten Erwartungen. Tom Dumoulin, der außerdem wohl von Sitzbeschwerden geplagt wurde, konnte die gute Form von der Vuelta nicht halten und wurde nur Fünfter (+1:01 Min.). Hinter dem Niederländer belegte der Australier Rohan Dennis nach einem Defekt 18 Kilometer vor dem Ziel den ebenfalls enttäuschenden sechsten Platz (+1:07 Min.).

Trotz seines überraschenden Goldzuges brach der 34-jährige Kiryienka, der 2012 WM-Bronze gwonnen und in den beiden letzten Jahren jeweils  Vierter geworden war, nicht in Jubelstürme aus. „Ich hatte die Zwischenzeiten per Funk, das war wichtig. Aber am wichtigsten war, dass ich gegen mich selbst gefahren bin. Ich wusste von Beginn an, dass ich gut unterwegs bin", analysierte der Weißrusse, der ebenso trocken feststellte: „Klar waren Tony und Tom die Favoriten. Aber das Ergebnis ist ein anderes, Adriano war sehr nah an mir dran, aber heute war wirklich mein Tag."

Die Tour de France hatte Kyrienka ausgelassen, weil er nach eigenen Angaben nach dem Frühjahr „müde gewesen" war, nachdem er für seine Kapitäne Chris Froome, Richie Porte und Mikel Nieve arbeiten musste. „Vor der WM bin ich die Vuelta gefahren, und ich muss meinem Team danken", sagte der Sky-Routinier. „Denn die haben mir dort die Chance gegeben, nicht zu viel für die Kapitäne fahren zu müssen, sondern für mich an die WM zu denken zu dürfen. Sie wussten, dass dies mein Jahr sein könnte und ich bin sehr froh, jetzt an der Stelle zu sitzen, wo Bradley Wiggins letztes Jahr saß."

Dass der Titelverteidiger und auch Rekordhalter Fabian Cancellara (Schweiz) fehlten, ficht den neuen Weltmeister nicht an. „Ich wusste, dass es ein gutes Rennen für mich ist, weil der Kurs exakt so einer war, wie ich ihn mag und er mir liegt. Klar, Cancellara war nicht da und Wiggins hat aufgehört. Aber alle anderen Top-Zeitfahrer waren da, das Level war hoch!"

Auch Bronzegewinner Coppel wollte seine Leistung nicht geschmälert wissen: „Natürlich waren Wiggins und Cancellara nicht da, aber alle anderen Spezialisten. Ich hatte wirklich nicht aufs Podium gehofft, aber Kiri und Malori waren Mit-Favoriten neben Martin und Dumoulin. Für mich ist es eine Überraschung, hier zu sitzen", stellte der Französische Zeitfahrmeister fest.

Sichtlich zufrieden saß auch Malori in der Pressekonferenz und strahlte: „Mein Ziel war, besser abzuschneiden als letztes Jahr - da war ich Sechster. Also von Platz  sechs auf zwei zu klettern, das ist sehr gut. Es war ein sehr langes Zeitfahren auf gutem Kurs für mich, und ich weiß, dass der Kurs nächstes Jahr wieder sehr gut für mich ist - deshalb hoffe ich, dort zu gewinnen", blickte der Movistar-Profi schon auf 2016.

Doch da hat Tony Martin sicher etwas dagegen!

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.10.2015Kollegen nennen Sagans Gold-Fahrt spektakulärsten Moment 2015

(rsn) – Peter Sagans Solofahrt ins Regenbogentrikot bei der Straßen-WM in Richmond war nicht nur für viele Fans der spektakulärste Moment der Saison 2015. Auch mehrere seiner Konkurrenten nannten

03.10.2015Deutsches Saisonfinale mit zehn heimischen Teams

(rsn) - Die vier WorldTour-Teams Lotto Soudal, Giant-Alpecin, LottoNL-Jumbo und Etixx-Quick-Step) führen beim 10. Münsterland Giro die Liste der 18 teilnehmenden Mannschaften an. Zu den sechs Zweitd

02.10.2015Martin: Der Sattel entschied nicht über Sieg oder Niederlage

(rsn) - Tony Martin sucht keine Entschuldigungen für sein enttäuschendes Abschneiden im Zeitfahren der Straßen-WM. Statt als Top-Favorit Gold zu holen, war der Eschborner zum ersten Mal seit 2008 o

28.09.2015Richmond feiert überschwänglich verdiente Weltmeister

(rsn) - Die Weltmeisterschaften haben in Richmond Spuren hinterlassen und werden das Bild der Stadt noch einige Zeit prägen. Nicht nur, weil die entspannten Südstaatler keine Eile haben, die Absperr

28.09.2015Kwiatkowski: „Es war zu schnell für mich"

(rsn) – Nach der missglückten Mission Titelverteidigung überwog bei Michal Kwiatkowski die Enttäuschung. Der 25-jährige Pole, der sich im letzten Jahr im nordspanischen Ponferrada das begehrte R

28.09.2015US-Boys zwar ohne Medaille, aber mit großer Show

(rsn) – Auch ohne ausgemachten Mit-Favoriten ließen die US-Amerikaner bei der Heim-WM in Richmond nichts unversucht, um im Straßenrennen der Männer an eine der begehrten Medaillen heranzukommen.

28.09.2015Valverde mit Platz fünf in Richmond zufrieden

(rsn) - In den vergangenen zwölf Jahren war Alejandro Valverde einer der erfolgreichsten Teilnehmer und für das spanische Team meist eine Bank. Seit 2003 sammelte er zwei Silber- und vier Bronzemeda

28.09.2015Degenkolb: „Ich habe die Nerven verloren"

(rsn) – Auch im 49. Jahr nach Rudi Altigs WM-Titel gingen die Deutschen im Kampf um das Regenbogentrikot leer aus. Kapitän John Degenkolb rollte nach 261,4 Kilometern beim überragend herausgefahre

28.09.2015Im Augenblick des Sieges sorgt sich Sagan um Europa

(rsn) - Diese Seite kannten wir von Peter Sagan noch nicht! Eine Seite, die uns mit Hochachtung auf den frischgebackenen Weltmeister blicken lässt!Der Peter Sagan, der sich als Selbstdarsteller wie e

28.09.2015Perfektes Teamwork, aber Oranje geht im WM-Straßenrennen leer aus

(rsn) – Kein Zweifel: Das niederländische Team war am Sonntag im WM-Straßenrennen von Richmond das aktivste von allen, fuhr meistens mit fünf, sechs Mann an der Spitze des Feldes, um nicht nur di

28.09.2015Haller konnte Katusha nicht zeigen, dass er es drauf hat

(rsn) – Platz 26 im WM-Straßenrennen von Richmond war nicht das, was sich Marco Haller vorgestellt hatte. Der 24 jahre alte Österreicher war mit großen Ambitionen angetreten, nachdem er sich sech

28.09.2015Navardauskas: „WM-Bronze mehr wert als der Tour-Etappensieg"

(rsn) – Ramunas Navardauskas hat als Dritter des Straßenrennens von Richmond (USA) nicht nur viele Beobachter überrascht, sondern dem erst 1991 unabhängigen Litauen die erste Medaille bei einer S

Weitere Radsportnachrichten

09.05.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

09.05.2025Kurviger Kampf gegen die Uhr

(rsn / ProCycling) – Die 2. Etappe beginnt in Tirana, wo am Vortag die erste endete. Auf den kürzesten Transfer des diesjähirgen Giro d´Italia folgt auch die kürzeste Etappe: 13,7 Kilometer müs

09.05.2025Landa zieht sich bei Giro-Sturz Wirbelfraktur zu

(rsn) – Mikel Landa hat sich bei seinem Sturz fünf Kilometer vor dem Ziel der 1. Etappe des Giro d’Italia eine Wirbelfraktur zugezogen. Das teilte Soudal – Quick-Step am Abend noch mit. Der Spa

09.05.2025Nach perfektem Auftritt in Tirana will Pedersen mehr

(rsn) – Ob es nun läuft oder nicht: Für einen lockeren Spruch ist Mads Pedersen (Lidl – Trek) immer zu haben. Wenn es läuft, dann vielleicht noch ein bisschen mehr. Und es könnte gerade nicht

09.05.2025Roglic freut sich über Giro-Auftakt ohne Pannen

(rsn) - Der erste Tag im Giro-Büro verlief für Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) unspektakulär. Das allerdings ist eine gute Nachricht. Er hielt sich aus Stürzen heraus, anders als M

09.05.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 1. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 9. Mai im albanischen Durres zum 108. Giro d‘Italia (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, zwei Luxemburger sowie je ein Österreicher und Schweizer.

09.05.2025Van Aert: “Das war deutlich mehr, als ich erwartet hatte“

(rsn) – Der Auftakt in die erste Grand Tour des Jahres ist gemacht. Und er endete mit einem Feuerwerk von Lidl – Trek. Als einer der Favoriten auf den Tagessieg war Mads Pedersen ins Rennen gegang

09.05.2025Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mads Pedersen (Lidl - Trek) hat den Auftakt des 108. Giro d’Italia gewonnen und sich mit seinem zweiten Tagessieg bei einer Italien-Rundfahrt das erste Rosa Trikot des Gesamtführenden ges

09.05.2025Pedersen sprintet zum Giro-Auftakt ins Rosa Trikot

(rsn) - Der Däne Mads Pedersen (Lidl – Trek) hat den Auftakt des 108. Giro d´Italia gewonnen und damit auch das erste Rosa Trikot dieser Italien-Rundfahrt übernommen. Im Sprint eines von Lidl –

09.05.2025Landa nach Sturz schon am ersten Giro-Tag ausgeschieden

(rsn) – Schon nach dem ersten Tag ist der 108. Giro d’Italia für Mikel Landa (Soudal Quick-Step) beendet. Der Spanier schied nach einem Sturz in einer Abfahrt fünf Kilometer vor dem Ziel der 1.

09.05.2025Vos per Tigersprung gegen Bredewold zum zweiten Etappensieg

(rsn) – Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) hat sich auf der 6. Etappe der 11. Vuelta Espana Femenina ihren zweiten Tagessieg gesichert. Die 37-jährige Niederländerin verwies über 126,7 Kilomet

09.05.2025Zemke: “Ziel muss sein, mit Tom eine Etappe zu gewinnen“

(rsn) - Jens Zemke hat als Sportdirektor schon einige große Rundfahrten auf dem Buckel. Für sein Team Q36.5 markiert der Start beim 108. Giro d’Italia aber das Debüt bei einer Grand Tour. Der Sch

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d`Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Beskid Classic (1.2, POL)
  • Sundvolden GP (1.2, NOR)
  • Tour de Kumano (2.2, JPN)
  • Grand Prix du Morbihan (1.Pro, FRA)