Müllers Guyana-Tagebuch

Ich hoffe auf den Memory-Effekt meiner Muskulatur

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Ich hoffe auf den Memory-Effekt meiner Muskulatur"
Robert Müller (rechts) bestreitet mit dem Team Hessen Frankfurt Opelit die Tour de Guyane | Foto: privat

19.08.2023  |  (rsn) - Bonjour de Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guyana! Ich befinde mich im Norden Südamerikas an der Atlantikküste zwischen Brasilien und Suriname und trotzdem in Frankreich und der EU. Da Französisch-Guyana ein Überseedepartement Frankreichs ist, gibt es hier eine 9-tägige Rundfahrt, die das größte Sportereignis des Landes ist und medial sehr gut begleitet wird. Die Organisation ist bei allem was ich bisher gesehen habe auf einem hohen Niveau.

Vor zwei Tagen sind wir vom Team Hessen Frankfurt Opelit, für das ich als Gastfahrer starte, gemeinsam mit den anderen europäischen Teams aus Belgien, Holland, Großbritannien und Frankreich von Paris nach Cayenne geflogen. Der Flug wurde von Air France für uns gebucht und bezuschusst. Nach 9h Flugzeit sind wir nur 4h später angekommen und wurden vom schwül heißen tropischen Klima empfangen, das jedoch gar nicht so viel anders ist als zuletzt zu Hause.

Nachdem wir im sehr guten Hotel mit mehreren Pools angekommen waren, ging es auch schon weiter zur aufwändigen Eröffnungsfeier mit Teampräsentation, die sich über 3h bis 22 Uhr Ortszeit hinzog. Meine innere Uhr sagte mir, dass es 3 Uhr nachts sei und ich schleunigst schlafen sollte, doch erst nach der Eröffnungsfeier gab es Abendessen und erst gegen 23 Uhr kamen wir ins Bett. Dafür konnten wir am nächsten Tag ausschlafen und uns erholen, da nur eine zweistündige Vorbelastung anstand.

Wie der geneigte Leser vielleicht weiß, bin ich meine letzte Rundfahrt im April bei der Vuelta Ciclista del Uruguay gefahren, wo ich auf der 10. Etappe auf den 3. Platz fahren konnte. Seitdem bin ich einige Ultracycling Rennen gefahren und konnte beim B-Hard in Bosnien über 1200 km sogar den besten Ultrafahrer der Welt, Christoph Strasser, schlagen. Vor 2,5 Wochen bin ich beim Transcontinental Race nach 3600 km und 46000 Höhenmetern in 9,5 Tagen als 6. ins Ziel gekommen, es lief jedoch gar nicht gut und ich habe mich mehr schlecht als recht durchs Rennen geschleppt.

Es wird nun spannend sein zu sehen, wie weit ich mich von dieser Tortur bereits erholt habe und ob ich es überhaupt schaffe, die Rundfahrt hier durchzustehen. Durch Ultrarennen wird man natürlich langsam und träge, doch ich hoffe auf den Memory-Effekt der Muskulatur und dass sich mein Körper schnell wieder an die intensiven Belastungen anpasst. Auf den ersten Etappen wird es für mich daher nur ums Überleben gehen und falls überhaupt möglich, werde ich erst auf den letzten Etappen richtig ins Renngeschehen eingreifen können.

Am heutigen Samstagnachmittag steht die erste Etappe über 145 km an und ich denke es wird für mich gleich die Härteste. Insgesamt geht die Rundfahrt über 1234 km in 11 Etappen an 9 Tagen, denn es gibt zweimal Halbetappen mit Zeitfahren am Vormittag und Straßenrennen am Nachmittag. Das Profil ist stets ziemlich flach, denn 90 Prozent des Landes sind mit unzugänglichem Regenwald bedeckt und das Rennen spielt sich entlang der Küste ab. Das Peloton besteht aus 20 Teams mit je 6 Fahrern und wir sind einfach die Equipe Allemande.

Unter diesem Link kann man alle Etappen live anschauen: https://la1ere.francetvinfo.fr

Gez. Sportfreund Radbert

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