Interview

Kummer wieder mit Klöden und Kessler einig

29.11.2006  |  Mario Kummer ist neuer Sportlicher Leiter bei Astana. Der 44-jährige Thüringer war bis zu seiner Entlassung T-Mobile-Sportdirektor. Ihm und Teammanager Olaf Ludwig waren vor allem bei der Tour taktische Fehler vorgeworfen worden, auch von Andreas Klöden und Matthias Kessler, mit denen Kummer zukünftig wieder zusammenarbeiten wird. „Die Vorbehalte sind ausgeräumt, wir können einen Neuanfang wagen“, so Kummer im Gespräch mit Radsport aktiv.

Sie wechseln zu Astana. Wie kam der Kontakt zustande?

Kummer: Walter Godefroot hatte mich vor einiger Zeit angesprochen, dass er gerne wieder mit mir zusammenarbeiten würde. Wir haben uns darüber unterhalten, wie eine solche Zusammenarbeit aussehen könnte. In der vergangenen Woche war ich in der Schweiz am Sitz des Teams in der Nähe von Neufchatel und am Wochenende habe ich unterschrieben. Es scheint eine gute Sache zu werden, ein neues Team mit kompetenten Leuten und vielen Spitzenfahrern.

Welche Aufgaben werden Sie als Sportlicher Leiter übernehmen?

Kummer: Das ist zu diesem frühen Zeitpunkt schwierig zu sagen. Wir haben bisher nur erste Gespräche geführt. Die Aufgaben als Sportlicher Leiter sind auf jeden Fall vielseitig und ich stoße zu einer guten Truppe mit den drei Sportlichen Leitern Alexandre Schefer, Giovanni Fidanza und Adriano Baffi sowie mit Walter Godefroot an der Spitze. Wir werden uns demnächst zusammensetzen und die Aufgaben klarer verteilen.

Bei Astana treffen Sie wieder auf Andreas Klöden und Matthias Kessler, die Ihnen und Olaf Ludwig Versäumnisse bei der Tour vorgeworfen haben. Sind da nicht Konflikte vorprogrammiert?

Kummer: Es war Grundvoraussetzung, dass auch die Leistungsträger mit meiner Verpflichtung einverstanden sind. Die Konflikte bei der Tour sind auch stressbedingt gewesen. Ich habe sowohl mit Andreas Klöden als auch mit Matthias Kessler gesprochen. Die beiden haben ihre Meinung revidiert. Ich denke, dass die Vorbehalte jetzt ausgeräumt sind und wir einen Neuanfang wagen können. Davon abgesehen ist das Ganze wohl auch von außen etwas aufgebauscht worden.

Will Godefroot aus Astana ein zweites „Team Telekom“ machen?

Kummer: Das auf gar keinen Fall. Es hat sich eher ergeben und ist auch nachvollziehbar, dass so viele ehemalige T-Mobile-Fahrer jetzt bei Astana unter Vertrag stehen. Alle sind ausgezeichnete Rennfahrer und verstehen sich auch gut untereinander. Es hat sich entwickelt: Wino fragt Kessler, den er sehr schätzt. Kessler kennt Klöden sehr gut. Und Mazzoleni hat bei der Tour ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Wird es nicht schwierig, eine solche Anzahle von Spitzenfahrern mit jeweils eigenen Interessen bei einem Rennen wie der Tour unter einen Hut zu bringen?

Kummer: So weit denke ich jetzt noch nicht. Wir haben ein neues Team und wichtig ist dabei, dass einer für den anderen einsteht. Das Management muss letztlich klären, wie und für wen gefahren wird. Und je mehr Eisen man im Feuer hat, umso besser ist es doch. Voraussetzung für ein erfolgreiches Abschneiden bei den Rennen ist, dass die Rollenverteilung klar ist.

Fühlten Sie sich nach der Tour von T-Mobile gemobbt?

Kummer: Sagen wir so: Ich habe mich ungerecht behandelt gefühlt.

Gab es nach der Tour einen Moment, in dem Sie am liebsten alles hingeworfen hätten?

Kummer: Wir sind doch nicht im Kindergarten. Ich hatte einen Vertrag mit Olaf Ludwig bis zum Ende des Jahres und war ihm verpflichtet. Es war keine Frage, dass ich an seiner Seite bleibe.

Wird auch Olaf Ludwig zu Astana wechseln?

Kummer: Das scheint mir im Moment relativ unwahrscheinlich.

Glauben Sie an die Pro-Tour-Lizenz für Astana?

Kummer: Da erscheint mir jetzt noch alles relativ offen. Wir haben ja keinen Einfluss auf die Entscheidung und müssen auf das Urteil des Kommission warten. Ich mache mir da aber keine Sorgen. Wir haben schon Signale von Veranstaltern bekommen, dass wir bei den großen Rennen auch ohne ProTour-Lizenz eingeladen werden. Vielleicht wäre es sogar von Vorteil, wenn wir keine Lizenz hätten. Dann müssten wir nicht bei allen ProTour-Rennen antreten.

Wie schätzen Sie die Chancen für eine Tour-Teilnahme von Astana ein?

Kummer: Ich gehe davon aus, dass unser Team die Berechtigung erhalten wird, bei der Tour zu starten. Winokurow und Klöden wären sicherlich eine Bereicherung, auch wenn das Team keine ProTour-Lizenz hätte. Aber die Frage, ob Astana bei der Tour startet, muss letztlich von den Managern geklärt werden.

Werden Sie 2007 in Frankreich wieder in einem der Begleitfahrzeuge sitzen?

Kummer: Bei der Tour dabei sein zu können ist immer interessant und moralisch lukrativ. Aber die Tour ist noch so weit weg und es gibt so viele Aufgaben. Bis jetzt steht nur fest, dass Walter Godefroot im Begleitfahrzeug sitzen wird.

Welche Ziele haben Sie mit Astana?

Kummer: Das größte Ziel ist die Tour. Es ist Winos Traum, ganz oben zu stehen und auch Andreas Klöden wird mit großen Ambitionen in dieses Rennen gehen. Und für den Sponsor wäre die Tour sowieso das Größte. Sicherlich sind die Frühjahrsklassiker und andere Rundfahrten auch wichtig für uns, aber der absolute Höhepunkt ist Frankreich, darauf bereiten sich unsere Topfahrer auch vor.

Mit Mario Kummer sprach Matthias Seng

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