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25.03.2024 | (rsn) – Lorena Wiebes hat es endlich geschafft: Im sechsten Anlauf hat die 25-Jährige zum ersten Mal Gent-Wevelgem gewonnen – und das, obwohl sie drei Tage zuvor noch verletzungsbedingt Brügge-De Panne ausgelassen hatte. "Die Folgen vom Sturz bei Nokere haben sich mit drei Tagen Verzögerung erst gezeigt. Ich musste es dann etwas ruhiger angehen lassen", erklärte sie ihr Fernbleiben beim Sprinter-Klassiker unter der Woche. In Ypern am Sonntag stand sie aber wieder am Start und gewann endlich das Rennen, das sie so lange schon gewinnen wollte.
Nachdem Wiebes bei ihrem Debüt 2019 bereits hinter Kirsten Wild als Zweite über den Zielstrich in der Menenstraat in Wevelgem geschossen war, lief sie vier Jahre lang dem großen Coup hinterher und kam nie mehr zum Sprint um den Sieg. 2020 wurde sie Elfte, 2021 62. und in den vergangenen beiden Jahren gab sie nach Stürzen auf.
"Ich hatte vorher etwas Angst, es als mein Ziel zu bezeichnen. Denn es waren schon ein paar Jahre, in denen ich es als großes Ziel ausgegeben hatte – und das war absolut nicht von Erfolg gekrönt", lachte sie nach endlich erfolgreich abgeschlossener Mission am Mikrofon von procyclingwomen.org.
Erleichterung war zu spüren, doch nicht nur wegen des jahrelangen Wartens auf den Wevelgem-Sieg insgesamt, sondern auch wegen des minutenlangen Wartens auf den Wevelgem-Sieg speziell in diesem Jahr. Denn die momentan in bestechender Form fahrende Elisa Balsamo (Lidl – Trek) kam im Sprint aus Wiebes' Windschatten heraus noch sehr stark auf und machte es bis zum Strich extrem knapp.
Nur wenige Zentimeter entschieden schließlich zugunsten der Niederländerin, die mit dem Jubeln im Zielauslauf lange wartete, bis endgültig Gewissheit bestand – gerade im Duell mit der Italienischen Meisterin war das ein Deja-Vu: "Das letzte Mal, dass wir so warten mussten, war bei der EM in München. Das ist immer hart", gab Wiebes zu. Denn auch bei den Europameisterschaften 2022 auf der Ludwigstraße war es ähnlich knapp gewesen. Seither war Wiebes Balsamo in Sprintduellen meist überlegen, im Frühjahr 2024 aber ist es nun wieder deutlich enger zwischen den beiden.
"Elisa ist wirklich stark im Moment. Sie hat schon in Binda und De Panne gezeigt, dass sie in Top-Form ist und wenn man ein bisschen vorausblickt, zu den Olympischen Spielen, dann ist sie, denke ich, eine der großen Favoritinnen dort", sagte Wiebes auf Nachfrage von radsport-news.com. Olympia hat die Niederländerin schon jetzt im Hinterkopf, denn auch sie will in Paris im Sommer um Gold kämpfen – wenn sie denn für das vierköpfige Team selektiert wird, woran man objektiv betrachtet aber kaum zweifeln sollte. "Die Klassiker sind recht wichtig für die Olympia-Qualifikation. Ich versuche deshalb, so wenige Sprints wie möglich zu verlieren, um zu zeigen, dass ich für die Spiele bereit bin", erklärte sie demütig.
Wichtig, um in Wevelgem zum Sieg zu sprinten und auch sonst bei den Klassikern gute Leistungen zu zeigen, ist für Wiebes auch ihr Umzug in die südniederländische Region Limburg gewesen, wie sie erklärte. Dort, wo auch das Amstel Gold Race ausgetragen wird, ist es deutlich hügeliger als in ihrer Heimat zwischen Utrecht und Amsterdam. Und Wiebes arbeitet seit inzwischen anderthalb Jahren bewusst vermehrt an ihren Fähigkeiten für die Anstiege.
"Ich habe die Linie vom letzten Jahr beibehalten, um mich in den Hügeln weiter etwas zu verbessern – aber auch, um meinen Sprint auf einem hohen Level zu halten", erklärte sie. "Es ist möglich, dass man durchs Klettern seinen Top-Speed verliert. Aber bisher konzentriere ich mich im Training auch auf meine Peak-Power. Ich füge immer wieder ein paar Sprints im Training ein." Von Bedeutung sei vor allem auch, dass sie durch schwerere Rennen inzwischen weniger müde werde und daher dann in den Sprints auch besser abschneide. Davon profitierte Wiebes bereits in der gesamten Saison 2023 und auch vor Gent-Wevelgem wollte sie deshalb ein schweres Rennen.
"Ich habe dem Team gestern im Meeting gesagt, dass es auch für mich Sinn macht, das Rennen etwas schwerer zu machen, um meine Chancen im Sprint zu vergrößeren, weil die anderen Sprinterinnen müder sind", so Wiebes, deren Interessen damit denen von Teamkollegin Lotte Kopecky nahe kommen. Die Weltmeisterin hatte bei den beiden Überfahrten des Kemmelberg jeweils ein sehr hohes Tempo vorgelegt und der Konkurrenz auf den Zahn gefühlt. Beeindruckend dabei: Als es die steilere Oussuaire-Seite hinaufging, war Wiebes die einzige, die direkt am Hinterrad bleiben konnte. Im Finale arbeitete Kopecky dann für die Niederländerin, zog ihr den Sprint an.
"Lotte war jetzt öfter in meinem Leadout – auch schon bei der UAE Tour. Und ich denke, das ist das Wichtigste in unserem Team, das jede weiß, dass sie ihre Chancen bekommt und an anderen Tagen dann etwas an die anderen Teamkolleginnen zurückgibt", sagte Wiebes und versprach: "Ich weiß, dass Flandern und Roubaix ein großes Ziel für sie sind und werde sie dort unterstützen."
Denn durch ihre verbesserten Fähigkeiten an den Kopfsteinpflaster-Anstiegen hofft Wiebes auch bei der 'Ronde' nun länger mithalten zu können und dadurch ihr Team in einen taktischen Vorteil zu versetzen. Denn sollte hinter einer Spitzengruppe mit Kopecky oder Marlen Reusser die Niederländerin in einer Verfolgergruppe sitzen, so müssten ihre Teamkolleginnen vorne weniger arbeiten.
"Ich hoffe, dass ich in Flandern so lange wie möglich da bin – auch damit das Team mich als Karte in der Hinterhand behält und ich noch da bin, wenn es zum Sprint einer etwas größeren Gruppe kommt. Deshalb war ich auch beim Omloop Het Nieuwsblad enttäuscht, dass ich nicht in der Gruppe hinter Lotte war. Aber ich hoffe, dass ich das mehr und mehr schaffe", so Wiebes.
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