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26.06.2022 | (rsn) – Nils Politt (Bora – hansgrohe) hat sich zum Abschluss der Deutschen Meisterschaften im Straßenrennen der Männer den Sieg gesichert und wird im weißen Trikot mit dem schwarz-rot-goldenen Brustring die Tour de France in Angriff nehmen.
Der 28-jährige Kölner setzte sich nach einer überragenden Vorstellung über 187 schwere Kilometer von Neheim zum Kahlen Asten bei Winterberg als Solist mit 47 Sekunden Vorsprung auf Nikias Arndt (DSM) durch, den er mit einem entschlossenen Antritt rund vier Kilometer vor dem Ziel abgeschüttelt hatte.
Mit 2:45 Minuten Rückstand entschied der Freiburger Simon Geschke (Cofidis) das Duell um den letzten freien Podiumsplatz gegen Politts Teamkollegen Emanuel Buchmann für sich.
Auf den nächsten Plätzen folgten Jonas Rutsch (EF Education – EasyPost / +3:32), Miguel Heidemann (B&B Hotels / +3:32), Juri Hollmann (Movistar / +3:36) sowie Felix Engelhardt (Tirol – KTM / +3:46), der als Achter bester Kontinental-Fahrer war. Die beiden WorldTour-Profis Jannik Steimle (Quick-Step Alpha Vinyl / +3:59) und Nico Denz (DSM / +3:59) komplettierten die ersten Zehn.
"Das ist schon was ganz Besonderes. Ich freue mich jetzt schon, ein Jahr das Meistertrikot zu tragen. Ich habe schon am Freitag (Dritter im Zeitfahren, d. Red.) gemerkt, dass die Form pünktlich da ist. Wir wollten und mussten das Rennen schwer machen, auch wenn mit Maximilian Schachmann, Jonas Koch und Anton Palzer drei Mann fehlten", sagte Politt auf der Sieger-Pressekonferenz.
Politt erstmals Deutscher Meister bei der Elite
Für den Rheinländer war es der erste nationale Meistertitel bei der Elite, nachdem er unter anderem in seiner U23-Zeit im Jahr 2014 die Zeitfahrmeisterschaften und in der darauf folgenden Saison die Straßenmeisterschaften gewonnen hatte. Zudem trat er die Nachfolge seines Teamkollegen Maximilian Schachmann an, der wegen einer Corona-Erkrankung nicht am Start war. Politt holte für Bora – hansgrohe die insgesamt sechste deutsche Straßen-Meisterschaft.
"Es war ein sauschweres Rennen und nicht die optimale Strecke für mich. Ich bin aber sehr zufrieden mit dem Rennen und muss ganz ehrlich sagen, dass Nils eine gute Schippe stärker war und verdient gewonnen hat. Ich habe taktisch alles richtig gemacht und wenn Nils die besseren Beine hat, dann muss man das akzeptieren", so der 30-jährige Arndt, der von seinem Team nicht für die Tour de France nominiert worden ist.
“Das Podium war mein Minimalziel. Ich habe probiert, mich anfangs zurückzuhalten und konnte nicht jeder Attacke folgen. Mit Max Walscheid hatte ich einen super Helfer dabei, der ist für drei gefahren und hat mich nach meinem frühen Sturz wieder zurück gebracht. Ich bin zufrieden und kann mir keine Fehler vorwerfen, der dritte Platz ist ein schönes Ergebnis“, sagte der 36-jährige Geschke, der erstmals in seiner Karriere auf dem Meisterschafts-Podium landete.
So lief das Rennen:
In Neheim nahmen 142 Starter das Rennen in Angriff. Nicht mit dabei war neben den wegen Corona-Erkrankungen fehlenden Schachmann, Palzer (beide Bora – hansgrohe) und Georg Zimmermann (Intermarché – Wanty – Gobert) auch Rick Zabel (Israel – Premier Tech), der aufgrund der Schwere der Strecke verzichtete und Koch (Bora - hansgrohe), der nach seinem Sturz von der Belgien-Rundfahrt noch geschont wurde.
Vom Start weg hagelte es Attacken, die das Feld auseinander rissen, ehe sich eine siebenköpfige Ausreißergruppe bildete, die aber von Politt und Ben Zwiehoff (beide Bora – hansgrohe) neutralisiert wurde. Danach hielten die mit fünf Fahrern angetretenen Raublinger das Tempo weiter hoch. In der Anfahrt auf die laut Bürgermeister angeblich bis zu 33 Prozent steile Hirschberger Wand beteiligte sich aber auch DSM in Person von Arndt an der Jagd. Kurz nach der Überquerung der Rampe testete Lennard Kämna (Bora - hansgrohe) erstmals seine Konkurrenten. Doch es war dann Teamkollege Politt, der sich gemeinsam mit Arndt auf der folgenden kleinen Schleife über schmale Wirtschaftswege inklusive kürzeren Schotterpassagen und einer Bachdurchfahrt absetzte.
Das Duo fuhr sich auf dem nun folgenden, welligen Abschnitt einen Vorsprung von rund einer Minute heraus, gefolgt von Juri Hollmann (Movistar), Jakob Geßner (Lotto - Kern Haus) und Heidemann, die aber vom nur noch knapp 40 Fahrer umfassenden Feld wieder eingefangen wurden. Im darauf folgenden Anstieg in Visbeck zum Odin sprengte Bora – hansgrohe durch Zwiehoff und Buchmann die Verfolgergruppe. Dem Duo konnten nur Jonas Rapp (Hrinkow Advarics), Max Kanter (Movistar) und Rutsch folgen. Politt ließ sich zurückfallen, ehe kurz darauf auch Arndt gestellt wurde.
Politt und Arndt gehen drei Mal in die Offensive
Doch die beiden Kölner gingen kurz darauf auf einem flacheren Abschnitt erneut in die Offensive, hinter dem Duo fanden die Verfolgergruppen wieder zusammen. Kurz darauf schlossen Kämna, Buchmann und Geschke zur Spitze auf, ehe Buchmann dann wieder den Anschluss verlor. Das verbliebene Quartett baute dagegen seinen Vorsprung auf rund zwei Minuten auf, dahinter formierte sich eine neunköpfige Verfolgergruppe, in der mit Buchmann und Luis-Joe Lührs zwei weitere Bora-Profi dabei waren. Dazu kamen Nico Denz (DSM), Max Walscheid (Cofidis), das Movistar-Duo Hollmann und Kanter sowie die Kontinental-Fahrer Pierre-Pascal Keup (Lotto – Kern Haus), Engelhardt und Jannis Peter (P&S Benotti).
Gut 45 Kilometer vor dem Ziel beschleunigte Kämna in einer Abfahrt vom Kahlen Asten, die auf den zweimal zu befahrenden 13-km-Rundkurs von Siedlinghausen führte. Doch dann waren es wieder Arndt und Politt, die zum dritten Mal im Rennen ein Spitzenduo bildeten, wogegen der Deutsche Zeitfahrmeister und Geschke zurückfielen. Es folgten Buchmann, Adamietz, Rutsch, Steimle, Engelhardt, Rapp und einige weitere Fahrer, die dann aber den Anschluss verloren.
Die letzte Runde vor dem 14 Kilometer langen Schlussanstieg nahmen die beiden Spitzenreiter mit mehr als einer Minute Vorsprung gegenüber Kämna, Geschke, Buchmann und Adamietz in Angriff. Eine weitere Minute dahinter folgten elf weitere Fahrer, von denen sich wieder Walscheid und Kanter kurzzeitig lösen konnten.
Politt schüttelt Arndt scheinbar mühelos ab
Vor allem dank Politts Tempoarbeit konnte das Spitzenduo auf der Runde dann seinen Vorsprung auf rund zwei Minuten ausbauen und ihn auch im letzten Anstieg halten. Dahinter schüttelten Buchmann und Geschke ihre Begleiter ab, in der dritten Gruppe attackierte Rutsch. Politt wollte es offensichtlich nicht auf einen Sprint ankommen lassen und setzte sich auf den letzten vier Kilometern mit einer Tempoverschärfung von seinem Kontrahenten mühelos ab.
Nach einer herausragenden Vorstellung holte sich der Gewinner von Rund um Köln in ganz ähnlicher Manier schließlich den Sieg mit fast 50 Sekunden Vorsprung auf Arndt, der sein bestes Ergebnis bei Deutschen Meisterschaften seit 2015 holte. Damals belegte er in Bensheim hinter Buchmann ebenfalls den zweiten Platz. Im Sprint um Bronze setzte sich Geschke deutlich gegen den damaligen Deutschen Meister durch.