Ein Rückblick auf 35 Rennstunden in Berlin

Von Königinnen, Weltrekorden und einem nicht ganz vollen Velodrom

Von Peter Maurer

Foto zu dem Text "Von Königinnen, Weltrekorden und einem nicht ganz vollen Velodrom"
Emma Hinze | Foto: Cor Vos

02.03.2020  |  (rsn) - 21 Jahre mussten die Berliner Bahnradfans auf eine Weltmeisterschaft warten, die insgesamt sechste in der Geschichte. Speziell Deutschlands Frauen machten sie zu einer besonderen Heim-WM, denn gleich sieben der acht Medaillen des BDR steuerten sie bei. Mit ihrer dritten Goldmedaille am Sonntag im Keirin krönte sich die erst 22-jährige Emma Hinze zur Königin der Wettkämpfe, die sich über fünf Tage erstreckten.

"Von dieser Weltmeisterschaft nehmen unsere Sportlerinnen und Sportler mehr Rückenwind und Motivation mit, als von zehn guten Trainingseinheiten", freute sich BDR-Sportdirektor Patrick Moster am Ende der Bahn-Weltmeisterschaften von Berlin und fügte an: "Sportlich war es eine sehr erfolgreiche WM. Wir haben unsere Ziele erreicht." Gleich vier der acht Medaillen glänzten in Gold und waren ausschließlich dem jungen Sprint-Trio, bestehend aus der dreifachen Weltmeisterin Hinze, der Doppelweltmeisterin Lea Sophie Friedrich sowie Pauline Sophie Grabosch zu verdanken.

Eigentlich begann die WM in Berlin gar nicht so gut für die Sprinterinnen, denn in der Qualifikation für den Teamsprint landeten sie nur auf dem fünften Rang. Für die erste Runde der besten acht Mannschaften waren sie qualifiziert und nachdem das erste Konzept völlig überworfen wurde und Hinze für Friedrich eingetauscht wurde, sauste das neu formierte Duo mit der besten Zeit in das Finale und in diesem hatten sie mit Ausnahme der ersten 125 Meter alles unter Kontrolle und jubelten schon am ersten Tag über Gold.

Vom Erfolg beflügelt wurde aus der 22-jährigen aus Hildesheim die Goldene Emma von Berlin. In jedem Rennen, dass sie im Velodrom in Berlin bestritt, blieb sie ungeschlagen, egal ob im Sprint oder im Keirin. Und dass, obwohl sie nur ein einziges Weltcuprennen, ein Keirin-Finale in Minsk 2019, zuvor für sich entscheiden konnte. "Ich habe meinen Physiotherapeuten gebeten, mich mal zu kneifen. Ich glaube, ich werde noch Tage brauchen, zu realisieren, was ich hier erreicht habe", schmunzelte Hinze nach ihrer dritten Goldmedaille.

Und eigentlich hätte ihr diese sogar noch fast eine Teamkollegin streitig gemacht, die ebenfalls bis zum Keirinfinale am Kurs zur dritten Goldenen in Berlin war. Aber dann ging Lea Sophie Friedrich die Luft aus. Trotzdem konnte die erst 20-Jährige aus Dassow an der Ostsee ebenfalls auf fünf unglaubliche Tage zurückblicken, denn neben dem Regenbogentrikot im Teamsprint gewann sie auch das 500-Meter-Zeitfahren. Und auch Pauline Sophie Grabosch, die dritte junge Sprinterin, die um gerade einmal wenige Tausendstel im 500-Meter-Zeitfahren die Bronzemedaille verpasste, zeigte, dass im Sprint derzeit die deutschen Farben regieren. Perfekt, fünf Monate vor den Olympischen Spielen von Tokio, in denen die Disziplinen Teamsprint, Keirin und Sprint im Programm stehen.

Auch Verfolgerinnen in toller Form

"Dieser Erfolg hat uns selbst überrascht. Dass dieses Trio so schnell die Lücke schließen konnte, die Vogel und Welte gerissen haben, war phänomenal. Und auch im Ausdauerbereich haben unserer Frauen Weltniveau gezeigt, drei Sportlerinnen im WM-Finale der Einerverfolgung, das hat es noch nie gegeben", erklärte Moster weiter. Auch dort sorgten die BDR-Frauen für eine unvergleichliche Stimmung auch wenn sie als absolut schnellster Frauenvierer aufgrund der schlechten Qualizeit sich mit Bronze begnügen mussten, dafür die einzigen waren, die Chloe Dygert in der Einzelverfolgung herausfordern konnte.

Die US-Amerikanerin parierte den Angriff der deutschen Fahrerinnen rund um Lisa Brennauer, Franziska Brauße und Lisa Klein mit zwei Weltrekorden. Insgesamt präsentierte sich das Berliner Velodrom von seiner schnellsten Seite. Insgesamt sieben Weltrekorde wurden an den fünf Tagen gebrochen und verbessert. Weltrekordverdächtig war auch der Medaillenspiegel, in dem sich die Breite des Bahnsports zeigte. Insgesamt 21 Nationen fanden sich unter den Top drei der verschiedenen Wettkämpfe. Ein wenig überraschend war auch, dass die große Bahn-Nation der letzten Jahre, Großbritannien erst am letzten Tag über eine Goldmedaille jubeln durfte, als Elinor Barker das Punktefahren gewann.

Auch wenn die Stimmung in der Halle über die fünf Tage großartig war, zumal man bei den Bewerben mit deutschen Startern sein eigenes Wort nicht mehr verstand, doch zeigten immer wieder Lücken und freie Sitze, dass der so traditionelle Bahnsport keine Hallen mehr komplett zu füllen vermag. Auch kein Wunder, denn 35 Stunden Rennprogramm in fünf Tagen ist nicht nur für die Athleten ziemlich intensiv. Und auch die Finessen und Unterschiede zwischen dem Punkterennen und dem Scratch herauszufinden, benötigt viel Fachwissen bei den Fans, obwohl sich der Veranstalter mit kurzen Infovideos und immer wieder aktualisierten Zwischenständen an der Videowall viel Mühe gegeben hat, den komplexen Sport einfacher zu machen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.03.2020Von der erfolgreichen Heim-WM in die Ungewissheit

(rsn) - Als am 1. März die Bahn-Weltmeisterschaften in Berlin endeten, war den meisten das Ausmaß, welches die Corona-Pandemie noch annehmen würde, nicht klar. Der deutsche Radsport freute sich üb

01.03.2020“Die Mädels ernten jetzt den Lohn für Einsatz und Fleiß“

(rsn) - Der Gubener Detlef Uibel (60) brachte schon Dutzende Frauen und Männer im Bahnsprint auf Goldkurs. Doch bei der Heim-WM in Berlin rang er doch ein bisschen um Fassung, was ihm da "die Mädels

01.03.2020Graf/Müller lösen endlich das ersehnte Olympia-Ticket im Madison

(rsn) - Er hätte sich keinen schöneren Ort suchen können, um das Olympiaticket für Tokio zu lösen. Am Ende des 200 Runden langen Madison-Rennens konnten Lokalmatador und Nationaltrainer Andreas M

01.03.2020Hinze Königin von Berlin: Im Keirin zur dritten WM-Goldmedaille

(rsn) - Krönender Abschluss der Bahn-Weltmeisterschaften: Mit einem überlegen von der Spitze gefahrenen Sieg kürte sich Emma Hinze im Keirin mit ihrer dritten Goldmedaille zur unumstrittenen König

01.03.2020Doppelgold für die Hügelsprinterin von der Ostsee

(rsn) - Nur einen Tag nach ihrer Teamkollegin Emma Hinze krönte sich auch Lea Sophie Friedrich zur Doppelweltmeisterin von Berlin. Die aus Dassow an der Ostsee stammende 20-Jährige gewann nach dem T

01.03.2020Die Berliner Halle pushte die Verfolgerinnen zu zwei Medaillen

(rsn) - Lediglich die US-Amerikanerin Chloe Dygert vermieste den deutschen Verfolgerinnen den totalen Triumph in der Einzelverfolgung über 3.000 Meter, denn am Ende belegten Lisa Brennauer, Franziska

01.03.2020Bahn-WM: Zeitplan des Abschlusstages in Berlin

(rsn) - Am letzten Tag der Bahn-Weltmeisterschaften von Berlin (26. Feb. - 1. März) ist früher Schluss als an den ersten vier. Los geht es im Velodrom bereits um 11 Uhr, aber bereits gegen 17 Uhr we

01.03.2020Bahn-WM: Einerverfolgung der Frauen im Video

(rsn) - Bei der Bahn-WM in Berlin konnten die Deutschen in der Einerverfolgung der Frauen gleich zwei Medaillen bejubeln: Lisa Brennauer, die mit deutschem Rekord (3:18,320 Minuten) ins große Finale

29.02.2020Gold, Silber und Bronze für den BDR

(rsn) - Auf Deutschlands Frauen ist Verlass bei 110. UCI-Bahnweltmeisterschaften im Berliner Velodrom. In der ersten Medaillenentscheidung des vierten Wettkampftages eroberte Lea Sophie Friedrich in 3

29.02.2020Dygert erzielt siebten Weltrekord bei Bahn-WM in Berlin

(rsn) - Chloe Dygert hat bei der Bahn-WM (26. Feb. - 1. März) im Berliner Velodrom für den bereits siebten Weltrekord im Verlauf dieser Titelkämpfe gesorgt. In der Qualifikation der Einzelverfolg

29.02.2020Vor Olympia träumt Ganna noch vom Giro

(rsn) - Er ist 23 Jahre alt, mittlerweile vierfacher Weltmeister in der Einzelverfolgung und kommt aus Italien. Die Rede ist von Filippo Ganna, der seine Vormachtstellung auch bei der Bahn-WM in Berli

29.02.2020Hinze: “Die Emma-Rufe haben mich enorm beflügelt“

(rsn) - Schon nach drei der fünf Tage der 110. Bahnweltmeisterschaften in Berlin kann man behaupten, dass die Titelkämpfe in der Nachbetrachtung vor allem mit einer Sportlerin verbunden werden: Emma

Weitere Radsportnachrichten

10.05.2024Fällt der Stelvio beim Giro dem Schnee zum Opfer?

(rsn) – Die Überfahrt über das Stilfser Joch zu Beginn der 16. Etappe des Giro d´Italia am 21. Mai wackelt gewaltig. Das legt die italienische Nachrichtenagentur ANSA nahe, derzufolge es die aktu

10.05.2024Kette bremste O´Connor im Kampf gegen die Uhr aus

(rsn) – Platz elf im ersten Einzelzeitfahren des 107. Giro d´Italia: Auf dem Papier sah das für Kletterspezialist Ben O´Connor (Decathlon – AG2R) am Freitag zwischen Foligno und Perugia gar nic

10.05.2024Richtungsweisende Bergankunft im Apennin

(rsn / ProCycling) – In den vergangenen sieben Tagen blieb das Klettern, abgesehen von der 2. Etappe nach Oropa, bei jeder Etappe auf weniger als 2.000 Höhenmeter beschränkt. Am zweiten Samstag wi

10.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

10.05.2024Schachmann im “Schongang“ zum Spitzenergebnis

(rsn) - Schneller als Mikkel Bjerg, schneller als Antonio Tiberi oder Luke Plapp und auch schneller als Geraint Thomas – am Ende stand der fünfte Platz. Maximilian Schachmann (Bora – hangrohe) er

10.05.2024Fleche du Sud: Vorarlberg und Hrinkow bergauf bärenstark

(rsn) - Auch wenn auf der Königsetappe des Fleche du Sud (2.2) mit der 3,4 Kilometer langen und im Schnitt 7,2 Prozent steilen Bergankunft in Bourscheid kein Kraut gegen den Solosieger Pim Ronhaar (

10.05.2024Thomas: “Ich konnte es heute nicht ganz bringen“

(rsn) – Tadej Pogacar demonstrierte im ersten Zeitfahren seine herausragende Stellung bei diesem Giro d’Italia. Der Slowene holte am Schlussanstieg des Zeitfahrens zwischen Foligno und Perugia ein

10.05.2024Highlight-Video der 7. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat mit einem weiteren grandiosen Auftritt das erste der beiden Einzelzeitfahren des 107. Giro d’Italia (2.UWT) für sich entschieden. Der Träger des Ros

10.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 7. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

10.05.2024Pogacar gewöhnt sich ans Rad und zündet am Berg die Rakete

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat auf der 7. Etappe des 107. Giro d’Italia seinen zweiten Tagessieg bei der diesjährigen Italien-Rundfahrt gefeiert. Im 40,6 Kilometer langen Einzelzei

10.05.2024Nys schnappt Buchmann ersten Saisonsieg vor der Nase weg

(rsn) – Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) hat auf der Königsetappe der 45. Tour de Hongrie (2.Pro) denkbar knapp seinen ersten Saisonsieg verpasst. Der Deutsche Meister kam nach 182,7 Kilometer

10.05.2024Bredewold baut makellose Itzulia-Serie von SD Worx aus

(rsn) – Mischa Bredewold hat ihrem Team SD Worx – Protime einen grandiosen Auftakt zur 3. Itzulia Women (2.WWT) beschert. Die Europameisterin aus den Niederländerin entschied die 1. Etappe über

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)