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16.07.2015 | (rsn) – Mehr als 20 Minuten Rückstand hatte sich Joaquim Rodriguez (Katusha) an den ersten beiden Tagen durch die Pyrenäen eingehandelt. Der Spanier hatte sich offensichtlich alle seine Kräfte für die heutige 12. Etappe aufgespart, die über 195 Kilometer von Lannemezan zum Plateau de Beille und vier schwere Berge bereithielt.
Rodriguez gelang zunächst der Sprung in die 22 Fahrer starke Gruppe des Tages, die sich kurz nach dem Zwischensprint des Tages, der bei Kilometer 20 anstand, gebildet hatte und die einen zwischenzeitlichen Vorsprung von gut 13 Minuten gegenüber dem Hauptfeld aufwies. Der war bis zum 15,8 Kilometer langen Schlussanstieg nur unwesentlich kleiner geworden – und als Rodriguez rund acht Kilometer vor dem Ziel attackierte und zu Weltmeister Michal Kwiatkowski (Etixx-Quick-Step) aufschloss, der zu diesem Zeitpunkt als Solist an der Spitze fuhr, konnte ihm niemand folgen.
Auf den letzten Kilometern baute der 36-jährige Routinier im strömenden Regen dann seinen Vorsprung gegenüber seinen schärfsten Verfolgern Jakob Fuglsang (Astana) und Romain Bardet (Ag2R) beständig aus. Weder der Däne noch der Franzose konnten schließlich den insgesamt dritten Tour-Etappensieg des Katusha-Kapitäns verhindern. Fuglsang kam 1:12 Minuten hinter Rodriguez ins Ziel, Bardet, der nach einem schwarzen gestrigen Tag Wiedergutmachung betrieb, wurde mit 1:48 Minuten Rückstand Dritter.
„Ich kenne das Plateau de Beille und wusste, was ich dort zu tun habe“, sagte der große Gewinner des Tages, der seinen ersten Etappensieg 2010 in Mende feierte und seitdem aber leer ausgegangen war. „Ich habe fünf Jahre auf einen Etappensieg warten müssen, jetzt habe ich schon den zweiten. Ich bin ein bisschen wie Atletico Madrid – man weiß nie, was man von mir erwarten kann“, so „Wundertüte" Rodriguez, der bereits die 3. Etappe an der Mur de Huy gewonnen hatte.
Fuglsang, der dagegen weiter auf seinen ersten Tageserfolg bei einer Frankreich-Rundfahrt warten muss, gestand einen Fauxpas ein. „Als Rodriguez antrat, habe ich es etwas verbummelt“, so der 30-Jährige, der sich angesichts diverser Attacken, in deren Folge die Ausreißergruppe gesprengt wurde, wohl verspekuliert hatte . „Es gab schon früh sehr viele Angriffe. Doch bis zehn Kilometer vor dem Ziel ist keiner so richtig vom Fleck gekommen. Dann gab es viele Attacken. Im nicht so steilen Teil habe ich es probiert“, so Fuglsang, der aber mit seiner Form zufrieden ist: „Im Gegensatz zu gestern lief es ganz gut rund."
Gleiches galt für Bardet, der an den ersten beiden Pyrenäenetappen enttäuscht hatte, nun aber ein Lebenszeichen setzte. „Das war ein guter Tag um Selbstvertrauen und Moral zurückzugewinnen. In den Alpen will ich es noch besser machen. Ich muss nach vorne schauen“, so der 24-Jährige, der im Vorjahr die Tour auf Rang sechs beendet hatte.
Souverän trat Chris Froome (Sky) auf, der dank der wirkungsvollen Unterstützung seiner Helfer ohne Probleme sein Gelbes Trikot verteidigte und im Finale sogar mit einer Attacke probierte, seine Konkurrenten loszuwerden. Doch diesmal parierten Tejay van Garderen (BMC), Nairo Quintana (Movistar) und Alberto Contador (Tinkoff-Saxo) den Antritt des Gelben Trikots. „Ich wollte schauen, wer am Limit ist. Aber scheinbar sind alle noch relativ frisch. Und danach ging es dann nur noch darum, unbeschadet bis ins Ziel zu kommen“, kommentierte Froome seinen Angriff. Letztlich kam die Favoritengruppe knapp sieben Minuten hinter Rodriguez geschlossen ins Ziel, wo sich Alejandro Valverde (Movistar) hinter den letzten acht verbliebenen Ausreißern Rang neun mit einer Sekunde Vorsprung auf Froome sicherte.
Im Gesamtklassement blieb auf den ersten sechs Plätzen alles beim Alten. Froome führt weiter 2:52 Minuten vor van Garderen und 3:09 vor Quintana. Der Niederländer Robert Gesink (LottoNL-Jumbo/+5:32) verdrängte den Franzosen Tony Gallopin (Lotto Soudal/+7:32) vom siebten Platz, Titelverteidiger Vincenzo Nibali (Astana/+7:47) rückte wieder um zweiten Positionen auf Rang neun vor, wogegen Gallopins Landsmann Warren Barguil (Giant-Alpecin/+9:43) vom neunten auf den elften Platz zurückfiel. Zehnter und zweitbester Niederländer bleibt Bauke Mollema (Trek/+8:02).
Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) verteidigte knapp sein Grünes Trikot, musste sich im Zwischensprint allerdings mit Rang drei hinter André Greipel (Lotto Soudal) und John Degenkolb (Giant-Alpecin) begnügen. Der Hürther rückte an seinem 33. Geburtstag dank der 20 Punkte wieder bis auf zwei Zähler an Sagan heran. Mit seinem Coup am Plateau de Beille verbesserte sich Rodriguez auf Rang zwei der Bergwertung, neun Punkte hinter Froome, dessen Sky-Team nach gut 20 Kilometern bei Temperaturen von bis zu 37 Grad eine 22 Fahrer starke Gruppe ziehen ließ und sich danach beschränkte, das Rennen zu kontrollieren.
Keiner der Ausreißer, darunter auch der Tscheche Jan Barta vom deutschen Bora-Argon 18-Team – der letztlich guter Sechster wurde -und der Österreicher Georg Preidler (Giant-Alpecin), stellte für das Gelbe Trikot eine unmittelbare Gefahr dar, so dass sie sich bei der Fahrt über den Col de Portet-d`Aspet, den Col de la Core (1. Kat.) sowie den Port de Lers (1. Kat.) einen großen Vorsprung erarbeiten konnten, ehe Kwiatkowski gemeinsam mit Preidler und Sep Vanmarcke (LottoNL-Jumbo) in der Anfahrt zum Port de Lers eine Uneinigkeit nutzte und davonzog. Tour-Debütant Preidler fiel kurz darauf wieder zurück, doch der Weltmeister und der belgische Klassikerspezialist hielten sich bis in den 15,8 Kilometer langen Schlussanstieg hinein vorne.
Hinter Kwiatkowski und Vanmarcke bildete sich eine neue Verfolgergruppe mit Rodriguez, Fuglsang und Bardet, aus der heraus der Spanier schließlich seine siegbringende Attacke setzte, zunächst am Belgier und schließlich auch am Träger des Regenbogentrikots vorbeizog. Die Favoritengruppe schmolz derweilen auf weniger als 20 Mann zusammen, nachdem Sky das Tempo dann doch deutlich angezogen hatte. In den Schlussanstieg ging Froome mit vier seiner Helfer hinein – von denen sich Thomas an diesem Tag als der weitaus wertvollste erweisen sollte.
Zunächst wehrte jedoch Richie Porte Attacken von Contador, Nibali und Valverde ab, ehe Thomas den Part des Edelhelfers übernahm und schließlich Seite an Seite mit seinem Kapitän ins Ziel kam und so ganz nebenbei auch noch seinen fünften Platz im Gesamtklassement behauptete. „G. ist großartig, absolut fantastisch. Er war in der ersten Woche da, im Seitenwind und im Regen. Aber auch jetzt in den Pyrenäen war er voll da. Er fährt fantastisch“, lobte Froome den Waliser auf der Pressekonferenz.
Auf den letzten Kilometern, als der Regen etwas nachließ, testete der Spitzenreiter dann seinerseits die Konkurrenten, die diesmal allerdings froomes Angriff nicht nur parierten, sondern sogar noch zu kontern versuchten. So probierten Quintana und Valverde, Froome in die Zange zu nehmen, doch auch im Finale konnte Froome auf Thomas‘ Dienste bauen, so dass es unter den Favoriten zu keinen Zeitabständen mehr kam.
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