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11.05.2014 | (rsn) – Am Samstag hatte Marcel Kittel (Giant-Shimano) locker und leicht seine Konkurrenten abgehängt und seine Sammlung an Grand Tour-Tagessiegen komplettiert. Heute an seinem 26. Geburtstag musste der Erfurter aber mächtig kämpfen, um quasi auf den letzten Drücker sich selbst sein schönstes Geschenk zu machen.
Kittel war im Finale der 3. Etappe über 187 Kilometer von Armagh nach Dublin auf der Zielgeraden in einer denkbar ungünstigen Position und musste seinen Sprint von weit hinten anziehen. Doch dann raste er doch noch ganz knapp am Briten Ben Swift (Sky) vorbei, der nach guter Vorarbeit seines Teamkollegen Edvaold Boasson Hagen (Sky) schon wie der Sieger aussah. Enttäuscht waren auch die beiden Italiener Elia Viviani (Cannondale) und Davide Appollonio (Ag2R) auf den Plätzen drei und vier.
„Ich dachte eigentlich, ich hätte schon verloren. Ich war in keiner guten Position, dachte aber: nicht aufgeben, gib‘ einfach alles. Es war mehr ein Angriff als ein Sprint. Ich bin sehr froh, dass es noch gereicht hat“, kommentierte Kittel seinen Sieg, mit dem er die Führung in der Punktewertung ausbaute.
Der Australier Michael Matthews (Orica-GreenEdge) verteidigte trotz eines Sturzes sein Rosa Trikot und rettete die Gesamtführung in den Ruhetag, an dem der Giro-Tross nach Italien aufbricht, wo das Rennen am Dienstag in Giovinazzo in Apulien fortgesetzt wird. „Es ging gut los und ich konnte bei noch gutem Wetter auf den ersten 30 Kilometern das Rosa Trikot zeigen. Das war toll“, erklärte der 23-Jährige, der dann bei einem Massensturz rund 80 Kilometer vor dem Ziel zu Boden ging. „Es ist nicht allzu schlimm, aber ich konnte deshalb später nicht in den Sprint eingreifen. Trotzdem habe ich das Trikot verteidigt und darf es nach Italien bringen“, freute sich Matthews.
Das Bergtrikot verteidigte auf ziemlich souveräne Art und Weise der Niederländer Maarten Tjallingii (Belkin), der schon wieder als Ausreißer unterwegs war und beide Bergwertungen gewann. „Ich wusste, dass, wenn ich heute noch ein paar Punkte holen würde, ich das Trikot dann noch ein paar Tage länger würde halten können“, erläuterte der 37-Jährige seine Renntaktik. Wenn es nach ihm ginge, könnte das Rennen morgen weitergehen. „Meine Beine fühlen sich sehr gut an und ich bin daher sogar etwas traurig, dass jetzt schon Ruhetag ist.“
Am letzten Giro-Tag in Irland hatten wohl viele der Zuschauer, die sich vom erneuten Schmuddelwetter nicht davon abhalten ließen, in großer Zahl und in viel Rosa gehüllt den 197 Fahrern zuzujubeln, ein Déjà vu. Im nur von kurzen trockenenen Phasen unterbrochenen Dauerregen, der die Profis bis auf die letzten 40 Kilometer begleitete, bekam die Ausreißergruppe rund sechs Minuten an Vorsprung zugestanden.
An der Spitze zeigte sich wie schon gestern Tjallingii, zu dem sich der Kolumbianer Miguel Angel Rubiano (Colombia), der Italiener Giorgio Cecchinel (Neri Sottoli), der Belgier Gert Dockx (Lotto-Belisol) sowie der Venezolaner Yonder Godoy (Androni-Giocattoli) gesellten. Bis auf Androni waren all diese Teams bereits am Samstag in der Fluchtgruppe vertreten gewesen.
Der Träger des Bergtrikots sicherte sich bereits bei Kilometer 32 und 51 die beiden Bergpreise des Tages und verdoppelte sein Punktekonto um sechs auf nunmehr 12 Punkte. Im Feld erhielt Orica-GreenEdge diesmal schon früh Hilfe von Cannondale, Sky und Lampre-Merida, wogegen Giant-Shimano zunächst noch der Konkurrenz das Feld überließ.
Die machte mächtig Dampf und hatte den Abstand bei der Rennhälfte auf nur noch zwei Minuten reduziert. Um die Spitzengruppe nicht zu frühzeitig zu stellen, wurde das Tempo dann deutlich heruntergefahren, bis sich der Rückstand bei rund vier Minuten einpendelte. Größere Gefahr als von den Ausreißern drohte dem Feld von den regennassen Straßen und den dortigen Engpässen, zumal sich auch die Klassementfahrer weit vorne aufhielten.
Gut 50 Kilometer vor dem Ziel gingen dann bei einem größeren Sturz mehrere Lampre- und Astana-Fahrer zu Boden, darunter auch Michele Scarponi. Doch wie der Astana-Kapitän konnten auch alle anderen Gestürzten das Rennen fortsetzen. Ebenso rund 15 Kilometer später, als das Feld ausgangs eines Kreisverkehrs nochmals durch einen Sturz aufgehalten wurde, bei dem es unter anderem Cameron Meyer (Orica-GreenEdge) erwischte. Der Australier wirkte zunächst benommen, schwang sich dann aber doch wieder aufs Rad.
Am Schicksal der Ausreißer änderte all das aber nichts, denn auf den letzten gut 30 Kilometern schickten immer mehr Teams ihre Helfer nach vorne, so dass auf nun abtrocknenden Straßen und sogar unter einigen Sonnenstrahlen der Vorsprung des Quintetts schnell zusammenschmolz. Auch diesmal gab es ein letztes Aufbäumen, als der 24-jährige Cecchinel – wie gestern Tjallinggi - auf den letzten acht Kilometern nochmals attackierte, kurz darauf aber aufgab.
Auf den letzten fünf Kilometern schickte dann Kittel seine Helfer nach vorne, doch der Giant-Shimano-Zug musste wie schon gestern Cannondale vorbeiziehen lassen und hatte in der Folge viel Mühe, gegen die geballte Macht der Konkurrenten zu bestehen. Auf den letzten rund 1,5 Kilometern warteten mehrere 90-Grad-Kurven auf das jagende Feld, das sich nun weit auseinander zog. Kittel verlor in dieser Passage mehrere Plätze und schien nach der letzten Kurve rund 300 Meter vor dem Ziel sogar eingebaut zu sein.
Die besten Karten hatte hier Team Sky mit Boasson Hagen und Swift, die als erste auf die Zielgerade sprinteten. Kittel befreite sich aber aus seiner misslichen Lage, mobilisierte die letzten Kräfte und jagte mit der höchsten Endgeschwindigkeit an allen Konkurrenten noch vorbei. Im Ziel sackte der Thürinter völlig ausgepumpt zusammen und brauchte einige Minuten, bis er sich von der Anstrengung erholt hatte. Dann jedoch konnte er mit strahlendem Lachen die Glückwünsche seiner Teamkollegen entgegen nehmen.
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