Ex-Profi hat die Seele des Radsport im Blick

Aldag: “Ich bin kein Freund davon, dass 22 Teams abstimmen“

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Aldag: “Ich bin kein Freund davon, dass 22 Teams abstimmen“"
Der Start der 16. Giro-Etappe wurde nach Fahrerprotest von Livigno nach Laas / Lasa verlegt. | Foto: Cor Vos

21.05.2024  |  (rsn) - Quälend lange, über fast 24 Stunden, zog sich die Entscheidung hin, wo das Peloton die 16. Etappe des Giro d’Italia von Livigno nach Santa Christina Val Gardena in Angriff nehmen wird. Erst nach vehementen Protesten der Fahrer und Teams gab Veranstalter RCS Sport nach und verlegte den Start nach Prad am Fuße des Stilfserjochs. Dieser Weg der Entscheidungsfindung fand bei Rolf Aldag wenig Unterstützung.

Als Co-Kommentator bei Eurosport sagte der Sportdirektor von Bora - hansgrohe: "Es ist halt nicht schwarz und weiß. Wir müssen extrem aufpassen, dass wir den Sport nicht extrem verändern. Ich bin kein Freund davon, dass 22 Teams abstimmen. Was machen wir denn, wenn 53 Prozent Sprinter am Start stehen, die abstimmen, wir sind mal generell gegen Berge, auch bei 18 und 20 Grad? Wir sollten und können den Sport nicht ändern.“

Dabei fordert der Ex-Profi nicht, dass immer und überall unter allen Bedingungen gestartet werden soll. "Das heißt, da wo es aufhört, wo man also nicht mehr fahren sollte, ist der Gesundheits- und Sicherheitsaspekt. Da haben die Teams natürlich auch eine Stimme. Bei jedem von ihnen sind Gehaltsrahmen zwischen 12 und 30 Millionen Euro im Spiel. Kein Teammanager will, dass sein Rennfahrer hinfällt, sich ein Bein bricht, krank wird oder sonstiges“, so Aldag.

“Es ist ein Outdoorsport. Da gibt es unangenehme Bedingungen"

Eine Mitbestimmung lehnte er nicht generell ab, allerdings räumte er ein: "Nichtsdestotrotz dürfen Rennfahrer, die jetzt hier für Nicht-Starten plädieren, auch nicht vergessen, dass noch ganz viele Rennfahrergenerationen nach ihnen kommen. Radrennen ist ein Outdoorsport. So behalten Fans immer die Gavia-Etappe in Erinnerung“, erinnert er an den legendären Tagesabschnitt des Giro im Jahr 1988, der unter der Überschrift "Am Tag, als die legendären Männer weinten“, in die Geschichte eingegangen ist.

"Deshalb ist es ein echter Balanceakt, zu entscheiden, was ist jetzt nur wirklich unangenehm, aber machbar. Dann sollte man fahren“, so Aldag, der mit der Verlegung des Starts der 16. Giro-Etappe allerdings einverstanden war: "Die Frage ist, was bedeutet ein hohes Sicherheitsrisiko. Wenn es aber schneit, stellt sich diese Frage nicht mehr. Dann ist es gefährlich und man sollte nicht fahren.“

Etappenänderungen sollte es aber nur ausnahmsweise geben. "Ansonsten muss man bitte an die Art des Sports denken. Wir wollen ja keinen Indoorsport betreiben. Es ist ein Outdoorsport. Da gibt es unangenehme Bedingungen. Keiner von uns würde da gerne Rad fahren. Aber wenn es machbar ist, plädiere ich immer fürs Fahren statt eines Transfers mit Autos.“

Dabei dachte er auch an die Fans: "Am schlimmsten finde ich, wenn wir in den Autos über die Berge fahren, an denen die Fans stehen, die selber mit dem Rad hochgefahren sind. Weil da wird es peinlich, zu sagen, es ist unser Beruf. Die Fans kommen hier rauf, nehmen das alles auf sich und wir fahren in klimatisierten und geheizten Fahrzeugen an ihnen vorbei.“

“Am besten wäre gewesen, gestern eine Entscheidung zu treffen“

Als Lösung schlug Aldag vor: "Ich finde es auch nicht richtig, dass Rennfahrer abstimmen, heute fahren wir nicht, morgen fahren wir vielleicht. Ich finde es auch nicht richtig, dass der Veranstalter, der natürlich monetäre Herausforderungen hat, einfach entscheidet, wir fahren doch. Wir haben den Radsportweltverband UCI. Der macht Regeln. Wieso legt man nicht alle Argumente der Fahrer, der Teams und der Veranstalter auf den Tisch und trifft dann eine Entscheidung? Das wäre das Objektivste. Die UCI hat ja, hoffentlich, das Wohl des Radsports mit zu berücksichtigen. Sie darf es nicht immer leichter und leichter machen, sie müssen Radrennen aber sicher halten.“

Abschließend meinte er noch: "Für mich wäre es das Beste gewesen, gestern eine Entscheidung zu treffen und damit rauszugehen. Wetterberichte sind ja heute kein Hexenwerk mehr. Dann gäbe es mit Sicherheit keine Fans mehr am Berg, die sich die Beine in den Bauch stehen.“

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.05.2025Pidcock: Die Gesamtwertung ist kein Ziel, Rosa aber schon

(rsn) – Es war noch im Trikot der britischen Talenteschmiede Trinity Racing, als Thomas Pidcock schon einmal beim Giro zu überzeugen wusste. Drei Etappensiege fuhr der Brite ein. Auf einen wie Anto

05.06.2024Kanter “super motiviert“, Fragezeichen hinter der Form

(rsn) – Sein Giro-Debüt musste Max Kanter bereits nach der 9. Etappe beenden. Der Sprinter von Astana Qazaqstan musste wie zahlreiche weitere Profis auch wegen eines grippalen Infekts das Rennen au

28.05.2024Gianetti: “Jetzt sind wir bereit für die Tour de France“

(rsn) – Den ersten Teil seines großen Plans, als erster Fahrer nach Marco Pantani 1998 im Lauf einer Saison das Double aus dem Giro d’Italia und der Tour de France zu gewinnen und damit ein weite

28.05.2024Grande Partenza 2026 in Albanien?

(rsn) – Kurz nach dem Finale des 107. Giro d’Italia, der am Sonntag in Rom mit dem überlegenen Gesamtsieg von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) endete, kursieren bereits zahlreiche Berichte über

27.05.2024Martinez macht beim Giro einen Kindheitstraum wahr

(rsn) - Trotz eines fünften Platzes beim Giro d’Italia 2021 galt Daniel Martinez bisher eher als Mann für einwöchige Rundfahrten. Mit seinem zweiten Rang bei der 107. Italien-Rundfahrt hat der Ne

27.05.2024O´Connor zeigte beim Giro große Grand-Tour-Klasse

(rsn) – Viele Jahre galt Ben O´Connor (Decathlon AG2R La Mondiale) als Rohdiamant im Hinblick auf dreiwöchige Landesrundfahrten. Nach vielversprechenden Leistungen aber gelang es ihm bislang nur s

27.05.2024Bora-Teamchef Denk bestätigt Abschied von Buchmann

(rsn) – Nach den Verwerfungen im Zusammenhang mit der Giro-Ausbootung von Bora – hansgrohe war bereits über einen bevorstehenden Abschied von Emanuel Buchmann berichtet worden. Nun bestätigte Te

27.05.2024Giro-Debütant Steinhauser: “Grand Tours sind was für mich“

(rsn) – Mit einem Etappensieg und zwei dritten Plätzen kehrt Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) von seinem Grand-Tour-Debüt zurück. Der 22-jährige Allgäuer gehörte zu den großen Ü

27.05.2024Giro-Entdeckung Pellizzari auf dem Weg zu Bora - hansgrohe

(rsn) – Neben Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) war er die Entdeckung dieses Giro d´Italia: Giulio Pellizzari (VF Group – Bardiani CSF). Der 20-jährige Italiener aus den Marken fuhr

26.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

26.05.2024Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

26.05.2024Pogacar: “Das Rosa Trikot ist eine verrückte Erfahrung“

(rsn) – Mit einem spektakulären Sprintfinale ist der 107. Giro d’Italia in Rom zu Ende gegangen. Nach 125 Kilometern durch die italienische Hauptstadt holte sich Tim Merlier (Soudal - Quick Step)

Weitere Radsportnachrichten

02.06.2025Niedermaier verlängert mit Canyon – SRAM

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

02.06.2025EF trauert dem entgangenen Maglia Rosa nicht hinterher

(rsn) – Zwei Etappensiege und ein dritter Platz in der Gesamtwertung: Der Giro d’Italia 2025 dürfte als eine der erfolgreichsten Grand Tours in die Geschichte von EF Education – EasyPost eingeh

02.06.2025Giro-Debütant van Aert mit Trofeo Bonacossa ausgezeichnet

(rsn) - Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kann auf ein erfolgreiches Giro-Debüt zurückblicken. Nicht nur gewann der Belgier die Schotter-Etappe nach Siena und komplettierte damit seine Sammlung

02.06.2025Deutsche Erfolge in Luxemburg, Österreich und im Iran

(rsn) - Die deutschen Kontinental-Teams haben in der vergangenen Woche bei internationalen Rundfahrten starke Akzente gesetzt. Joshua Huppertz (Lotto - Kern Haus - PSD Bank) sicherte sich bei der tra

02.06.2025Reef: “Wir haben in den letzten Wochen alles perfekt umgesetzt“

(rsn) – Der achte Gesamtsieg bei einer Grand Tour kam für Visma – Lease a Bike eher unerwartet. Zwar hatte Simon Yates bereits im Jahr 2018 die Vuelta a Espana für sich entscheiden können, dana

02.06.2025Das große Ziel verfehlt, Denz und Pellizzari retteten die Bilanz

(rsn) – Heinrich Haussler sprach von einer "emotionalen Achterbahnfahrt“. Der Sportliche Leiter von Red Bull – Bora – hansgrohe sprach im Ziel der 18. Etappe des Giro d’Italia über den Tage

02.06.2025Hollmann nach Giro-Sturz zum zweiten Mal operiert

(rsn) – Juri Hollmann ist seit seinem Ausscheiden auf der 6. Etappe des Giro d´Italia in Neapel bereits zwei Mal operiert worden. Das teilte sein Team Alpecin – Deceuninck mit und gab ein Update

01.06.2025Adam Yates zwischen den Stühlen – und doch zufrieden

(rsn) – Allzu oft kam es noch nicht vor, dass Simon und Adam Yates in ihren Karrieren, die sich näher an der Zielgeraden als an Kilometer 0 befinden, in Grand Tours gegeneinander antreten mussten.

01.06.2025Krieger kommt als Giro-Letzter in Rom an

(rsn) – Die Gemeinsamkeit zwischen Alexander Krieger (Tudor) und Giovanni Pinarello ist nicht unbedingt offensichtlich, aber es gibt sie. Den Sprintanfahrer und den Begründer der italienischen Edel

01.06.2025Yates: “Es ist noch nicht ganz bei mir angekommen“

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) hat seinem Team einen perfekten Abschluss des 108. Giro d´Italia beschert. Der Niederländer setzte sich auf der 21. Etappe nach 143 weitgehend ruhig ge

01.06.2025Highlight-Video der 21. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike) setzte am Sonntag den für sein Team perfekten Schlusspunkt des 108. Giro d´Italia. Im Massensprint in den Straßen Roms ließ er alle Konkurrenten hint

01.06.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 9. Mai im albanischen Durres zum 108. Giro d‘Italia (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, zwei Luxemburger sowie je ein Österreicher und Schweizer.

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Trofeo Alcide Degasperi (1.2, ITA)