Vorschau 1. Paris-Roubaix Femmes

Endlich dürfen auch die Frauen aufs berühmte Kopfsteinpflaster

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Endlich dürfen auch die Frauen aufs berühmte Kopfsteinpflaster"
Elise Chabbey (Canyon - SRAM) im Training auf dem Kopfsteinpflaster von Paris-Roubaix | Foto: Tino Pohlmann / Canyon - SRAM Racing

30.09.2021  |  (rsn) – 125 Jahre sind seit dem 19. April 1896 vergangen. 125 Jahre ohne ein Frauenrennen an der Seite der Königin der Klassiker, an der Seite des gefürchteten Paris-Roubaix der Männer, das damals im April 1896 zum ersten Mal ausgetragen wurde. Am Samstag ist es nun aber endlich soweit:

Erstmals dürfen sich auch die Frauen unter dem Titel Paris-Roubaix Femmes im Renntempo ihren Weg über die schweren Kopfsteinpflastersektoren Nord-Frankreichs an der Grenze zu Belgien bahnen. 17 dieser Sektoren hat Rennveranstalter ASO in die Premierenauflage des Frauenrennens in Richtung des berühmten Velodroms eingebaut. 29,2 der insgesamt nur 116,5 Rennkilometer führen am Samstag (ab 15:15 Uhr live auf Eurosport) daher übers 'Pavé'.

Und diese 116,5 Kilometer wurden in diesem Jahr so vorfreudig erwartet, wie kein anderes Event der Saison. "Dieses Rennen hat dem Frauenradsport gefehlt, um weiter wachsen zu können", brachte es Europameisterin Ellen van Dijk (Trek – Segafredo) unlängst auf den Punkt. Von Roubaix und den heroischen Bildern, die es Jahr für Jahr produziert, erwartet sich die Szene viel. Jahrelang hatte man darum gebettelt, dann kündigte die ASO im Mai 2020 die Erstaustragung endlich an – und prompt musste wegen Corona abgesagt werden, sowohl im Oktober 2020 als auch dann beim zweiten Anlauf im April 2021.

Auch deshalb hat sich im Frauen-Peloton viel Vorfreude aufgestaut. Schon im Sommer 2020 hatten einige Teams ihre ersten Besichtigungs-Ausflüge auf das Kopfsteinpflaster unternommen, um für die Premiere vorbereitet zu sein. Nun soll sich das am 2. Oktober endlich auszahlen.

Ein spannendes Rennen wird erwartet, das von mehreren Faktoren profitieren könnte – allen voran die Unberechenbarkeit. Denn während auf bergigen Kursen die Zahl der Siegkandidatinnen im Frauen-Peloton noch überschaubar ist, scheint die Favoritinnenliste für den Samstag unendlich zu sein. Das liegt auch daran, dass es ein vergleichbares Rennen über derart brutales Pflaster wie das in der Region, die aufgrund der Weltkriegsgeschehnisse als 'Hölle des Nordens' bezeichnet wird, im Rennkalender der Frauen sonst nicht gibt.

Favoritinnenliste unendlich lang

Es ist daher kaum vorherzusagen, welche Fahrerinnen damit besonders gut und welche eher schlecht zurechtkommen werden. Annemiek van Vleuten (Movistar) beispielsweise hat ihren Start angekündigt, um die große Bedeutung dieser Premiere zu unterstreichen, betonte aber auch, dass sie sich sportlich keine Chancen ausrechne.

Straßen-Europa- und Zeitfahr-Weltmeisterin Van Dijk und Vize-Weltmeisterin Marianne Vos (Jumbo – Visma) tauchen auf Favoritenlisten dagegen meist ganz oben auf, und auch die Allgäuerin Lisa Brennauer (Ceratizit – WNT) wird ob ihrer oft sehr wachen Fahrweise und guten Positionierung gern genannt – genau wie die Niederländerin Chantal van den Broek-Blaak (SD Worx).

Hoch im Kurs stehen außerdem die Belgierinnen Lotte Kopecky (Liv Racing) und Jolien D'Hoore (SD Worx), die Dänin Emma Norsgaard (Movistar), Lizzie Deignan aus Großbritannien und die Italienerin Elisa Longo Borghini (beide Trek – Segafredo) sowie die Zeitfahr-Europameisterin Marlen Reusser (Alé BTC Ljubljana). Und natürlich will nach ihrem Sieg in Leuven am vergangenen Samstag auch Weltmeisterin Elisa Balsamo (Valcar – Travel & Service) ihr Regenbogentrikot leuchten lassen.

Lisa Klein (Canyon – SRAM) musste ihren Start wegen einer Schulter-Fraktur kurzfristig absagen, aus deutschsprachiger Sicht sollte man aber auch die Luxemburgerin Christine Majerus (SD Worx) sowie Vos-Teamkollegin Romy Kasper (Jumbo – Visma) und Mieke Kröger (Coop – Hitec Products) im Blick behalten. Und auch Tanja Erath (Tibco – SVB), Franziska Koch (DSM), Lea Lin Teutenberg (Ceratizit – WNT) und Trixi Worrack (Trek – Segafredo) sowie die Österreicherinnen Sarah Rijkes (Ceratizit – WNT), Christina und Kathrin Schweinberger (Doltcini – Van Eyck – Proximus) stehen hochmotiviert am Start.

Kurze Gesamtdistanz und kaum Verschnaufpausen

Für Spannung sorgen dürfte aber auch die Veranlagung der Strecke. Mit 116,5 Kilometern hat die ASO dem Peloton keine besonders große Distanz vorgesetzt – eher im Gegenteil: Im Jahr 2021 waren bis auf das ebenfalls 116 Kilometer lange Amstel Gold Race und das 107 Kilometer lange La Course by Le Tour alle WorldTour-Eintagesrennen der Frauen deutlich länger, meist um eine ganze Rennstunde. Doch gerade in Roubaix könnte in dieser Kürze die Würze liegen.

Eine lange Findungsphase dürfte ausbleiben, das Rennen wird von Beginn an scharf gefahren werden, zumal: Während die Männer am Sonntag schon 96 Kilometer in den Beinen haben, bevor sie den ersten Pavé-Sektor erreichen, geht es für die Frauen 24 Stunden zuvor schon nach 34 Kilometern aufs Pflaster von Hornaing – und dann geht es Schlag auf Schlag. Zwischen den einzelnen Sektoren liegen nie mehr als fünf Kilometer Asphalt.

Und auch wenn der berüchtigte Wald von Arenberg noch umschifft wird, so sind die letzten 85 Kilometer mit denen der Männer identisch, so dass beispielsweise die berühmten Fünf-Sterne-Sektoren Mons-en-Pévèle und Carrefour de l'Arbre zum Programm (siehe unten) gehören.

Regen oder nicht? Viel Wind, aber auch mehr Schutz

Spannend wird es übrigens auch in Sachen Rahmenbedingungen: Die Wettervorhersage kündigt bislang für den Samstagnachmittag zwar noch keinen Regen an, doch die ursprünglich für Sonntag erwarteten Wolken haben sich in den Vorhersagen inzwischen den Weg in Richtung Samstagabend gebahnt. Nicht auszuschließen also, dass es doch auch im Frauenrennen bereits nass und matschig wird.

Windig soll es in Nordfrankreich am Wochenende in jedem Fall werden – und auch wenn die Luft aus Süden blasen wird und somit hauptsächlich von hinten kommt, sorgen die vielen 90-Grad-Richtungswechsel bei Paris-Roubaix unweigerlich dann auch für Seitenwindpassagen. Allerdings: Anders als im Frühjahr, steht auf den dann abgemähten Feldern derzeit noch der Mais, so dass die Feldwege weniger windanfällig sind, als man es aus den letzten 125 Jahren bei den Männern gewohnt ist.

Die 17 Kopfsteinpflaster-Sektoren bei Paris-Roubaix Femmes:
17. Hornaing à Wandignies (82,5 km zum Ziel) 3.700m – ****
16. Warlaing à Brillon (75 km zum Ziel) 2.400m – ***
15. Tilloy à Sars-et-Rosières (71,5 km zum Ziel) 2.400m – ****
14. Beuvry à Orchies (65,2 km zum Ziel) 1.400m – ***
13. Orchies (60,2 km zum Ziel) 1.700m – ***
12. Auchy à Bersée (54,1 km zum Ziel) 2.700m – ****
11. Mons-en-Pévèle (48,6 km zum Ziel) 3.000m – *****
10. Mérignies à Avelin (42,6 km zum Ziel) 700m – **
9. Pont-Thibault à Ennevelin (39,2 km zum Ziel) 1.400m – ***
8. Templeuve (L’Épinette) (33,8 km zum Ziel) 200m – *
8. Templeuve (Moulin-de-Vertain) (33,3 km zum Ziel) 500m – **
7. Cysoing à Bourghelles (26,9 km zum Ziel) 1.300m – ***
6. Bourghelles à Wannehain (24,4 km zum Ziel) 1.100m – ***
5. Camphin-en-Pévèle (19,9 km zum Ziel) 1.800m – ****
4. Carrefour de l’Arbre (17,2 km zum Ziel) 2.100m – *****
3. Gruson (14,9 km zum Ziel) 1.100m – **
2. Willems à Hem (8,2 km zum Ziel) 1.400m – ***
1. Roubaix (Espace Charles Crupelandt) (1,4 km zum Ziel) 300m – *

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