Australier gewinnt 11. Tour-Etappe, Slowake bestraft

Ewan findet in Poitiers spät die Lücke, Sagan schafft sie sich

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Ewan findet in Poitiers spät die Lücke, Sagan schafft sie sich"
Sprintfinale der 11. Tour-Etappe: Caleb Ewan (Lotto Soudal) siegt | Foto: Cor Vos

09.09.2020  |  (rsn) - Mit einem beherzten Tigersprung konnte Caleb Ewan (Lotto Soudal) den Massensprint auf der 11. Etappe der Tour de France für sich entscheiden. Der Australier sicherte sich seinen zweiten Tagessieg vor Sam Bennett (Deceunick - Quick-Step) und Wout Van Aert (Jumbo-Visma). Peter Sagan (Bora - hansgrohe) wurde in dem chaotischen Sprint wegen eines Schulterstoßes gegen Van Aert relegiert. Der Slowake hat damit wohl jegliche Chancen im Kampf um das Grüne Trikot eingebüßt. Bester Deutscher wurde Jonas Koch (CCC) auf Rang 28. In der Gesamtwertung führt unverändert Primoz Roglic (Jumbo - Visma).

Auf der Ziellinie waren Ewan, Sagan, Bennett und Van Aert nur durch wenige Zentimeter getrennt. Das Fotofinish der wohl vier besten Sprinter dieser Tour ist auch ein Sinnbild für den engen Verlauf der Massenankünfte in diesem Jahr. “Ich wusste nicht, dass ich gewonnen hatte – ich habe nur für den Fall gejubelt“, erklärte Ewan und äußerte sich ähnlich wie Bennett nach der 10. Etappe. “Am Ende habe ich einen Tigersprung gemacht und wenn man sein Rad nach vorne wirft, schaut man auf den Boden. Man kann nicht sehen, ob man vorne lag. Aber manchmal kann man es fühlen und ich fühlte, dass ich sehr nah dran war.“

Der Sprint war vom Gegenwind auf der Zielgeraden beeinflusst An Kontrolle war auf dem letzten Kilometer nicht zu denken. “Es war sehr, sehr hektisch. Zwischen drei und zwei Kilometer vor dem Ziel war ich nahe an der Spitze, näher als ich es bei dem Gegenwind wollte“, erklärte Ewan, wie er durch das Feld navigierte. “Ich habe mich ein bisschen ins Feld zurückfallen lassen und von da an war es ziemlich verrückt. Von meinem ersten Etappensieg wusste ich, dass ich ruhig bleiben und auf die richtige Lücke warten musste. Heute hat sie sich spät eröffnet, ganz knapp vor dem Ziel.“

Sagan nach Schulterstoß relegiert

Für Sagan eröffnete sich hingegen keine Lücke, also wollte er sie sich auf recht rabiate Art und Weise selbst schaffen. Knapp 50 Meter vor dem Ziel versuchte er Van Aert an der Innenseite der Bande zu überholen. Als der Belgier nicht von seiner Linie wich, versetze ihm Sagan einen Stoß mit der Schulter. Die Jury relegierte ihn daraufhin.

Mit 68 Punkten Rückstand auf Bennett könnte das Grüne Trikot nun außer Reichweite sein. Für Ewan dagegen ist die Punktewertung nicht von Belang. Der 26-Jährige hat seinen Fokus auf weitere Tageserfolge gelegt: “Mit meinen zwei Etappensiegen bin ich sehr glücklich. Der erste nimmt dir den Druck. Und nach dem ersten willst du auch den zweiten. Und jetzt möchte auch den dritten, am liebsten in Paris. Ich hoffe, dass ich gut durch die Berge komme und es dort einen weiteren Sprint gibt.“

In der Gesamtwertung blieb alles beim Alten: Roglic verteidigte sein Gelbes Trikot ohne Probleme. “Es war einfacher als gestern, aber es ist immer eine Menge Druck auf den Straßen“, beschrieb der Slowene den Positionskampf im Finale. Das Weiße Trikot bleibt beim Gesamtzweiten Egan Bernal (Ineos Grenadiers), während Benoît Cosnefroy (Ag2r La Mondiale) kampflos die Führung in der Bergwertung verteidigte. Die Rote Rückennummer des kämpferischsten Fahrers geht an den einsamen Protagonisten der Etappe, Mathieu Ladagnous (Groupama - FDJ).

So lief das Rennen

Mit dem scharfen Start stürmte Ladagnous wohl in der Annahmenach vorne, dass ihm andere Fahrer folgen würden. Doch im Feld schien man sich nach der stressigen gestrigen Etappe auf einen weiteren ruhigen Tag zu freuen. So stieg der Vorsprung des Franzosen schnell auf fünf Minuten an.

Für kurze Zeit konnte Ladagnous dann doch Hoffnung schöpfen: Stefan Küng (Groupama - FDJ), Michael Gogl (NTT), Lukas Pöstlberger (Bora - hansgrohe), Oliver Naesen (Ag2r La Mondiale), Jasper Stuyven (Trek - Segafredo) und Tom Van Asbroeck (Israel Start-Up Nation) starteten eine überraschende Konterattacke aus dem Feld. Doch Deceunick - Quick-Step und Lotto Soudal konnten die starke Gruppe nicht ziehen lassen und holten sie innerhalb von zehn Kilometern wieder ein.

Anschließend verwalteten diese beiden Mannschaften auch den Rückstand auf Ladagnous, der sich sowohl den einzigen Bergpunkt des Tages als auch den Zwischensprint sicherte. Hinter Ladagnous konnte Bennett vier weitere Punkte im Sprintklassement gegenüber Sagan herausholen. 43 Kilometer vor dem Ziel war es schließlich um Ladagnous geschehen und das Feld rollte geschlossen dem Etappenfinale entgegen. Nach einem Sturz musste Ion Izagirre (Astana) das Rennen aufgeben, während vorher schon der sichtlich geschwächte Gregor Mühlberger (Bora-hansgrohe) wegen einer Krankheit in den Besenwagen stieg.

Pöstlberger überrascht in Poitiers die Sprinterteams

Auf der komplizierten Zielanfahrt in Poitiers wagte sein Teamkollege Pöstlberger sechs Kilometer vor dem Ziel einen weiteren Vorstoß. Anstatt die Lücke für Bennett zu schließen, sprangen dessen Teamkollegen Bob Jungels und Kasper Asgreen (direkt an Pöstlbergers Hinterrad und setzten somit Lotto - Soudal unter Druck.

Doch mit Hilfe von Cofidis und NTT konnte die Lücke zum Spitzentrio zwei Kilometer vor dem Ziel geschlossen werden. Durch die Nachführarbeit wurden einige Anfahrer verschlissen, weswegen die letzten beiden Kilometer chaotisch verliefen. Schließlich übernahm B&B Hotels – Vital Concept das Zepter und fuhr den Sprint für Bryan Coquard an.

Der erste, der die Nase in den leichten Gegenwind steckte war jedoch Van Aert. Dem zweimaligen Etappensieger dieser Tour ging auf den letzten Metern jedoch der Kraft etwas aus. Auf der rechten Seite, direkt an der Bande, drängte sich Sagan mit hohem Tempo und viel Körpereinsatz an Van Aert vorbei. Und auf der linken Seite passierten ihn kurz vor der Linie noch Bennett und Ewan vorbei. Mit der höchsten Endgeschwindigkeit und einem gelungenem Tigersprung konnte Ewan die Etappe im Fotofinish für sich entscheiden.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

02.05.2024Offiziell bestätigt: Red Bull wird zur Tour als Titelsponsor sichtbar

(rsn) – Das deutsche WorldTeam Bora – hansgrohe wird ab der kommenden Tour de France (29. Juni - 21. Juli) als Red Bull – Bora – hansgrohe unterwegs sein. Das gab Manager Ralph Denk am Donners

02.05.2024Vollering hängt an erster Bergankunft die Konkurrenz ab

(rsn) – An der ersten Bergankunft der 10. Vuelta Femenina hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) ihre Konkurrentinnen in Grund und Boden gefahren und mit ihrem ersten Saisonsieg auch das Rote Trik

02.05.2024Im dritten Anlauf klappt es für Bike Aid mit dem Gelben Trikot

(rsn) – Im dritten Anlauf hat es für Yoel Habteab (Bike Aid) mit dem Gelben Trikot bei der Tour du Bénin geklappt. Nachdem ihm die Jury an den ersten beiden Tagen das Führungstrikot jeweils nach

02.05.2024Buchmann zur Giro-Ausbootung: “Komische Begründung“

(rsn) - Bis Ende des Jahres steht Emanuel Buchmann noch bei Bora – hansgrohe unter Vertrag. Ob er verlängert wird, scheint zumindest in diesem Moment nicht sicher. Mit großer Verärgerung tritt de

02.05.2024Arkéa - B&B Hotels verlängert vorzeitig mit Costiou

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

02.05.2024Pogacar thront bei seiner Premiere über allen

(rsn) – Auf dem Papier scheint der 107. Giro d’Italia schon entschieden, noch bevor am Samstag in Venaria Reale nördlich von Turin der Startschuss fällt. Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) ist de

02.05.2024Zu Ehren des Sponsors: Intermarché in speziellem Giro-Trikot

(rsn) – Im dritten Jahr in Folge wird Intermarché - Wanty nicht in seinem Standard-Outfit zum Giro d´Italia antreten. Bei der am 4. Mai beginnenden 107. Ausgabe der Italien-Rundfahrt will das belg

02.05.2024Krieger und Mayrhofer sollen Dainese zum Hattrick pilotieren

(rsn) – Das Team Tudor startet am Samstag in seine erste Grand Tour. Zum 107. Giro d’Italia (4. – 26. Mai) tritt der Schweizer Zweitdivisionär aber mit einem relativ erfahrenen Aufgebot an. Nu

02.05.2024“Underdogs“ Bauhaus und Kanter hoffen auf Giro-Etappensiege

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike), Tim Merlier (Soudal – Quick-Step), Fabian Jakobsen (dsm-firmenich – PostNL), Jonathan Milan (Lidl – Trek), Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck),

02.05.2024Giro d`Italia: Die letzten zehn Jahre im Ãœberblick

(rsn) - Der Giro d`Italia ist traditionell die erste dreiwöchige Landesrundfahrt im Rennkalender, bei der sich immer wieder auch die Deutschen als Etappenjäger hervortaten. Im Jahr 2022 konnte das

02.05.2024Bénin: Jury nimmt Bike Aid das Gelbe Trikot wieder weg

(rsn) – Erneuter Tiefschlag für das Team Bike Aid bei der Tour du Bénin (2.2). Nachdem Yoel Habteab zum Auftakt seinen Etappensieg aberkannt bekommen hatte, weil er und seine Gruppe den Motorräd

02.05.2024Großes Vorschau-Paket: Die Strecke des Giro d´Italia 2024

(rsn) – Sechs Bergankünfte, zwei Einzelzeitfahren, toskanischer Schotter, der Mortirolo, der Stelvio und zum krönenden Abschluss zwei Mal der Monte Grappa – das ist der 107. Giro d´Italia (4. -

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine