Kellers Senegal-Tagebuch

Die Slowaken hauten zu früh auf den Putz

Von Hermann Keller

Foto zu dem Text "Die Slowaken hauten zu früh auf den Putz"
Das Team Embrace the World präsentierte nach der 1. Etappe das Gelbe und das Grüne Trikot der Senegal-Rundfahrt. | Foto: Niels Laengner

15.11.2019  |  (rsn) - Und mal wieder sende ich Grüße aus Thiès, Senegal. Auch heute ging es nach dem Frühstück mit dem Bus zum Start. Auf dem Plan standen knapp 150 Kilometer, zur Abwechslung mal ein paar Kurven (ich bin mir nicht ganz sicher, ob sich die Kurvenkünstler aus der Slowakei darüber genauso gefreut haben wie wir… später mehr!) und sogar der eine oder andere Hügel.

Wir planten das Rennen so anzugehen wie gestern und einfach die ruandischen Sportfreunde knechten zu lassen. Die sahen noch so frisch aus! Aber erstmal genehmigten wir uns noch einen Espresso im Café neben der Startlinie, genug Zeit hatten wir jedenfalls, denn der Start zieht sich hier immer sehr in die Länge. Nach rund 15 Minuten kam dann allerdings der UCI-Kommissär (der gestern schon nach der Richtung fragte) und erkundigte sich, ob es uns recht wäre, wenn wir in einer Viertelstunde starten würden. Ein wirklich rücksichtsvoller Mensch, ich bin auch schon sehr gespannt, was morgen unser Gesprächsthema sein wird.

Sofort nach dem Start spannte sich Ruanda an die Spitze. Der Unterschied zu gestern: Auch das Team aus dem Kongo gesellte sich dazu und fuhr mit durch die Führung. Das war erstaunlich, da keiner der Fahrer ansatzweise Interesse haben sollte, das Rennen zu kontrollieren und Kräfte zu verschwenden. Eine komische Situation und irgendwie auch ein wenig schade die kongolesischen Fahrer, bzw. ihre Situation so auszunutzen. Denn wir gehen nicht davon aus, dass sie das aus Spaß an der Freude gemacht haben, sondern dass andere Anreize geschaffen wurden.

Obwohl sich zwei Teams vorne eingereiht hatten, waren wir der Meinung, man könnte auch schneller zum Ziel fahren. Deshalb fingen wir an, abwechselnd zu attackieren und relativ schnell schlossen sich auch die Slowaken und einige Senegalesen an. Flo hatte das Glück, sich alleine absetzen zu können und legte kurzerhand ein etwa 60 Kilometer langes Solo hin. Ob das wirklich die Definition von Glück ist, sei mal so dahingestellt.

Die Jungs aus Ruanda hielten ihn aber an der Leine und ließen ihn kaum mehr als eineinhalb Minuten davonziehen. Den Slowaken gefiel das alles wohl nicht so ganz und bei der ersten Welle dieser Rundfahrt wurde zum Angriff geblasen. Die Nachführarbeit von Ruanda und vor allem dem Team aus Kongo sah nun überhaupt nicht mehr rund aus. Tatsächlich verabschiedeten sich vier der sechs Fahrer aus dem Kongo, als sich das Feld teilte. Um die Ruander noch ein wenig zu fordern, griffen auch wir munter an.

Es gab mehrere Gruppenteilungen, allerdings lief im Endeffekt alles wieder zusammen. Die Entspannung war aber aus den Gesichtern gewichen. Dies veranlasste uns und auch die Slowaken zu einer dritten Welle von Angriffen. Die slowakischen Kollegen griffen zu zweit an und hauten richtig auf den Putz, was dazu führte, dass es sie auf den Putz haute. In der ungefähr achten Kurve der gesamten Rundfahrt, lag ein wenig Sand (wie auch in allen anderen Kurven zuvor). Somit wurden auch sie wieder eingeholt.

Das Feld kam also geschlossen zum Sprint und die Slowaken fuhren diesen zu fünft von vorne an, verschätzen sich allerdings mit der Distanz. Wir hatten eine ähnliche Taktik wie gestern und teilten uns auf. Ich kam sehr schnell von hinten auf und konnte erneut gewinnen, während Thomas, Anton und Peter am Zug der Slowaken hingen und die Plätze zwei, vier und fünf belegen. Den dritten Platz sicherte sich ein Senegalese, der an meinem Hinterrad war. Wieder ein tolles Tagesergebnis, im Gesamtklassement hat sich aber kaum was verändert und wir beißen bei den Ruandern bisher noch auf Granit.

Wir hoffen auf den nächsten beiden 185 Kilometer langen Etappen nochmal angreifen zu können. Wenn ich mir überlege, wie es mir nach der ersten, aber vor allem nach der zweiten 185-km-Etappe ging… das wird eng.

Allerdings konnten wir uns gut stärken, da wir auch heute im selben Hotel wie gestern übernachten, und hier gibt es einmal um 18:30 Uhr und dann nochmal um 20:30 Uhr Abendessen. Es gibt jeweils Reis mit Hähnchen. Wie auch sonst jeden Tag. Wir möchten uns aber nicht beschweren, da es reichlich ist, wohlschmeckend und sehr gut bekömmlich. Hoffen wir, dass keine Experimente mehr kommen.

In diesem Sinne wünsche ich eine gute Nacht, hier kam soeben das Sandmännchen.

Liebe Grüße
die Blauen Engel

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.11.2019Startverzögerung durch Macrons Staatsbesuch

(rsn) - Alles hat ein Ende, auch die Tour du Senegal. So traurig sind wir darüber nicht, da es zwar wunderschön war, aber auch stressig und anstrengend. Die Schlussetappe wurde auf einem Rundkurs a

17.11.2019Alle Chancen auf das Gelbe Trikot gewahrt

(rsn) - Heute meldet sich die Betreuercrew zu Wort, um die Eindrücke aus dem Teamwagen zu übermitteln. Chris (Sportlicher Leiter), Nils (Fotograf) und ich (Ingo) als Betreuer versuchen Tag ein Tag

16.11.2019Fair Play-Preis! Meine bisher schönste Auszeichnung

(rsn) - Endlich am Meer! Direkt nach dem Ziel sind wir gestern mit unseren Rädern zu unserem Hotel gefahren, das auf einer Landzunge vor Saint Louis liegt, und haben uns in die Wellen gestürzt.Auf d

14.11.2019Erst gelangweilt, dann gewonnen und das Spendenmaterial verteilt

(rsn) - Oh kommet Freunde, lasset uns glücklich sein! Ein Gedanke, der uns gestern den ganzen Tag begleiten sollte.Das erste Mal erfuhren wir pures Glück, als wir mit dem Rad zum Start rollen konnte

12.11.2019Wir sind eiskalt attackiert und zerlegt worden

(rsn) - Was machen wir für Sachen? Das haben wir uns gestern nach gut 120 Kilometer gefragt. Uns war klar, dass es nicht besonders leicht werden würde, aber es erschien uns möglich, die Trikots zu

11.11.2019Regulator Lienert hatte alle im Griff

(rsn) - Vorweg: Wir haben es geschafft, heute standen tatsächlich alle sechs Fahrer mit Rad am Start der 1. Etappe. Aber bis dahin war es ein steiniger Weg. Ich konnte auf das Ersatzrad zurückgreife

10.11.2019Warten als probates Mittel

(rsn) - Hallo und herzlich willkommen zu meinem Tagebuch von der Tour du Senegal. Ich habe das Vergnügen, euch von den kommenden sieben Etappen  zu berichten. Diese Zeilen schreibe ich im Bus, da

Weitere Radsportnachrichten

27.04.2024Königsetappe in der Romandie geht an Carapaz

(rsn) – Lange blieb es auf der Königsetappe der Tour de Romandie (2.UWT) ruhig, doch das letzte Drittel des Schlussanstieges reichte aus, um die Gesamtwertung nochmal ordentlich durchzuwirbeln. Und

27.04.2024“Alles in trockenen Tüchern“: Dorn hat Rot und Weiß sicher

(rsn) - Einen Tag vor Rundfahrtende hat Vinzent Dorn (Bike Aid) freudige Gewissheit. Nach dem Bergtrikot ist dem Freiburger bei der Tour of Turkiye (2.Pro) auch das Weiße Trikot der Zwischensprintwe

27.04.2024Andresen sprintet zum Tageserfolg in Izmir

(rsn) - Der Däne Tobias Lund Andresen feiert auf der 7. Etappe der 59. Tour of Türkiye seinen zweiten Sieg in wenigen Tagen und gleich den fünften für sein Team DSM Firmenich - PostNL bei der aktu

27.04.2024Reusser zurück im Feld und am Weg zu Olympia

(rsn) - Knapp ein Monat ist seit dem schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt vergangen, der für die 32-jährige Marlen Reusser (SD Worx - Protime) schwere Folgen hatte. Ober- und Unterkiefer, die

27.04.2024Ein Klassikerfrühjahr 2025 mit Evenepoel?

(rsn) – Mit Lüttich-Bastogne-Lüttich hat Remco Evenepoel (Soudal – Quick Step) schon eines der fünf Monumente abgehakt, auch die Lombardei-Rundfahrt liegt dem jungen Belgier gut. Im nächsten J

26.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

26.04.2024Highlight-Video der 3. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Brandon McNulty (UAE Team Emirates) hat das Einzelzeitfahren der 77. Tour de Romandie gewonnen. Der US-Meister in dieser Disziplin benötigte für den 15,5 Kilometer langen Parcours rund um

26.04.2024Helferrolle bei der Vuelta: Vorjahresfünfte Bauernfeind kränkelt

(rsn) – Im vergangenen Jahr hat eine Deutsche bei der Vuelta Espana Femenina die Weltspitze überrascht und ist bei den Bergankünften am Mirador de Penas Llanas und an den Lagos de Covadonga mit de

26.04.2024Teutenberg büßt Führung ein, peilt nun aber Gesamtwertung an

(rsn) - Auf der 2. Etappe der Tour de Bretagne (2.2) hat Tim Torn Teutenberg (Lidl - Trek Future Racing) das hellgrüne Trikot des Gesamtführenden abgeben müssen. Der 21-Jährige aus Mettmann, der

26.04.2024Bike Aid nach Türkei-Königsetappe “etwas enttäuscht“

(rsn) - Aufgrund der starken Leistungen an den ersten fünf Tagen und der guten Ausgangssituation für die Kletterer im Team ging Bike Aid optimistisch in die Königsetappe der Türkei-Rundfahrt (2.P

26.04.2024McNulty gewinnt Zeitfahren, Teamkollege Ayuso holt Gelb

(rsn) – 142 Fahrer lang musste Brandon McNulty (UAE Team Emirates) warten, ehe er endgültige Gewissheit darüber hatte, dass ihm seine 20:06 Minuten für das 15,5 Kilometer lange Zeitfahren auf der

26.04.2024Vermeersch von Lotto - Dstny zum UAE Team Emirates?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de Romandie (2.UWT, SUI)
  • Radrennen Männer

  • Gracia Orlová (2.2, CZE)
  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)
  • Tour of the Gila (2.2, USA)