Vorschau: 108. Mailand-Sanremo

Das übliche Spiel: Sprinter gegen mutige Poggio-Angreifer

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Das übliche Spiel: Sprinter gegen mutige Poggio-Angreifer"
Der Poggio ist der letzte Anstieg vor der Zielankunft der "Primavera" in San Remo (im Hintergrund). | Foto: Cor Vos

18.03.2017  |  (rsn) - Es ist soweit: Am Samstag steht endlich das erste Monument der Saison 2017 auf dem Programm. Und auch wenn sich die Strecke von Mailand-Sanremo  im Vergleich zum Parcours der Vorjahre nicht verändert hat, ist der Ausgang der "Primavera" kaum vorherzusagen. Die Liste der Favoriten ist lang, die möglichen Szenarien in Sachen Rennverlauf unterschiedlich. Sicher scheint nur: Wetterkapriolen wie 2013 und 2014 bei den Siegen von Gerald Ciolek und Alexander Kristoff dürften die Fahrer nicht zu befürchten haben - auch wenn für Samstag am Ende einer Woche, die von blauem Himmel und rund 20 Grad geprägt war, etwas mehr Wolken und nur noch 14 Grad angekündigt sind.

Auch wenn die "Classicissima" als 'Monument der Sprinter' gilt, fehlen die zwei wohl schnellsten Deutschen im Peloton: André Greipel (Lotto-Soudal) und Marcel Kittel (Quick-Step Floors) verzichten auf den Sanremo-Start.

Auf radsport-News.com können Sie das Rennen vom Start weg, also ab 10 Uhr im Live-Ticker verfolgen. Die Live-Übertragung auf Eurosport 2 beginnt, Stand jetzt, um 14:15 Uhr.

Die Strecke: Es hat sich eigentlich nichts verändert bei der Streckenplanung: 291 Kilometer stehen auf dem Menü, beginnend in Mailands Innenstadt, zunächst schnurstracks in Richtung Süden führend und dann nach Überquerung des Turcino-Passes an der ligurischen Küste entlang gen Westen nach San Remo. Trotzdem hoffen die Veranstalter von RCS, dass die Fahrer nicht dieselbe Route fahren werden, wie im Vorjahr. Damals nämlich sorgte ein Erdrutsch wenige Stunden vor der geplanten Durchfahrt des Pelotons bei Arenzano für eine kurzfristige Streckenänderung.

Traditionell bedeutet die Überquerung des 532 Meter hohen Passo del Turcino nach 142 Kilometern die topographisch größte Schwierigkeit des Rennens. Und trotzdem wird der Anstieg, der das Peloton an die Küste führt, wohl kaum Einfluss auf den Ausgang der "Classicissima" haben. Denn anschließend führt die Strecke weitere 100 Kilometer lang flach am Mittelmeer entlang. Erst wenn mit 240 Kilometern die Distanz von wohl 95 Prozent der Profi-Radrennen im UCI-Kalender absolviert ist, wird es richtig ernst.

Mit Capo Mele (KM 240), Capo Cervo (KM 245) und Capo Berta (KM 253) folgen dann innerhalb von 14 Kilometern drei kleinere Anstiege, die dem Peloton weitere Kraft aus den Beinen ziehen werden, bevor die letzte Rennstunde anbricht und eine heiße Tempojagd auf die 230 Meter hohe Cipressa (KM 270) beginnt, den vorletzten Anstieg des Rennens. Hier gehen traditionell die ersten wichtigen Attacken nicht besonders sprintstarker Mitfavoriten.

Sie hoffen, auf dem knapp 15 Kilometer langen Weg an den Fuß des Poggio di San Remo möglichst viel Luft zwischen sich und das Peloton zu bekommen, um schließlich auch den Poggio (KM 286) noch vor den Sprintern zu überqueren, von dessen 160 Meter hohem "Gipfel" es über eine technisch anspruchsvolle Abfahrt auf enger Straße rasend schnell hinunter nach San Remo geht. Am Ende der drei Kilometer langen Abfahrt warten lediglich noch gut zwei Kilometer auf flacher Straße durch San Remo, bevor es in der Via Roma um den Sieg geht - sei es im Massensprint, dem Endspurt einer kleinen Gruppe oder durch die Ankunft eines Solisten, wie zuletzt 2008 durch Fabian Cancellara.

Die Favoriten: Arnaud Démare (FDJ) geht als Titelverteidiger ins Rennen, und auch wenn er bei der Nennung der Favoriten oft vergessen wird, muss man mit ihm rechnen. Der 25-Jährige hat nicht umsonst die durch starken Wind sehr harte 1. Etappe von Paris-Nizza gewonnen - ein echter Warnschuss an alle, ihn nicht wie im Vorjahr zu unterschätzen.

Doch die meistgenannten Top-Favoriten sind trotzdem Weltmeister Peter Sagan (Bora-hansgrohe) und John Degenkolb (Trek-Segafredo) sowie der Kolumbianer Fernando Gaviria (Quick-Step Floors). Sagan (zwei Mal) und Gaviria (ein Mal) triumphierten in der vergangenen Woche beide bei Tirreno-Adriatico, während Degenkolb bei Paris-Nizza drei Mal in die Top 5 sprintete.

Einer, dem die Länge der "Primavera" besonders liegt, ist außerdem der 2014 hier erfolgreiche Alexander Kristoff (Katusha-Alpecin), von dem überraschend wenig Experten sprechen. Der Norweger hat immerhin schon vier Saisonsiege auf dem Konto und zeigte sich bei Paris-Nizza ähnlich stark wie Degenkolb.

Sollte es auf der Via Roma zu einem echten Massensprint kommen, so darf Mark Cavendish (Dimension Data) auf der Favoritenliste nicht fehlen - allerdings schaffte es der 31-Jährige in den vergangenen beiden Jahren nicht in der ersten Gruppe über den Poggio und nach San Remo. Sollte er abgehängt werden, hat Dimension Data mit Edvald Boasson Hagen einen Plan B an Bord.

Stark drauf ist auch Olympiasieger Greg Van Avermaet (BMC), der einerseits im Sprint glänzen, andererseits aber auch - genau wie übrigens Sagan - bereits am Poggio Akzente setzen könnte, um die reinen Sprinter abzuschütteln und seine Chancen in San Remo zu vergrößern.

Für einen ersten italienischen Sieg seit Filippo Pozzatos Triumph vor elf Jahren wollen neben Pozzato selbst vor allem Sonny Colbrelli (Bahrain-Merida), Elia Viviani (Sky) und Sacha Modolo (UAE Emirates) sorgen, und die französische Tricolore hält neben Démare auch Nacer Bouhanni (Cofidis) hoch. Die Australier hoffen auf Youngster Caleb Ewan oder Oldie Simon Gerrans (beide Orica-Scott) sowie Michael Matthews (Sunweb), die Belgier auf Gaviria-Backup Tom Boonen (Quick-Step Floors) und die Briten auf den Vorjahreszweiten Ben Swift (UAE Emirates).

Die beeindruckende Zahl der Top-Sprinter lässt vermuten, dass viele Teams auf eine Sprintankunft hoffen dürften, doch es gibt auch einige, die das unbedingt verhindern wollen: etwa Lotto-Soudal mit Tim Wellens und Tiesj Benoot. Von ihnen darf man am Poggio genauso eine Attacke erwarten wie von Pozzato oder den Ex-Weltmeistern Michal Kwiatkowski (Sky) und Philippe Gilbert (Quick-Step Floors) - sowie eben vielleicht sogar von Sagan höchstpersönlich.

Die Deutschsprachigen: Neben Degenkolb werden 17 weitere Fahrer aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz am Samstag in Mailand am Start stehen. Sie alle erfüllen in erster Linie Helferrollen, doch das muss sie nicht davon abhalten, selbst ein gutes Resultat zu erzielen. Simon Geschke (Sunweb) und Paul Martens (LottoNL-Jumbo) sowie Gregory Rast (Trek-Segafredo) sind in den letzten drei Jahren jeweils einmal in die Top 20 gefahren - Geschke 2012 mit Rang 13 sogar noch ein zweites Mal. Und Bernhard Eisel (Dimension Data) wurde 2013 beim Ciolek-Sieg Zehnter.

Dazu kommen Nico Denz, Mathias Frank (beide Ag2r), Silvan Dillier, Martin Elmiger (beide BMC), Marcus Burghardt, Gregor Mühlberger (beide Bora-hansgrohe), Marcel Sieberg (Lotto-Soudal), Jasha Sütterlin (Movistar), Michael Albasini (Orica-Scott), Marco Haller, Reto Hollenstein, Rick Zabel (alle Katusha-Alpecin) und Nikias Arndt, der bei Sunweb das Backup für den Fall eines Ausscheidens von Michael Matthews darstellen dürfte.

Die Teams: FDJ, Ag2r La Mondiale, Androni Giocattoli, Astana, Bahrain-Merida, Bardiani-CSF, BMC, Bora-hansgrohe, Cannondale-Drapac, Cofidis, Gazprom-RusVelo, Lotto-Soudal, Movistar, Nippo-Vini Fantini, Orica-Scott, Quick-Step Floors, Dimension Data, Katusha-Alpecin, LottoNL-Jumbo, Novo Nordisk, Sky, Sunweb, Trek-Segafredo, UAE Emirates, Willier Triestina

Die Startliste

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.03.2017Jetzt will Kwiatkowski auch Lüttich-Bastogne-Lüttich gewinnen

(rsn) - Mailand-Sanremo-Gewinner Michal Kwiatkowski (Sky) ist am Samstag auf der Via Roma den "Sprint meines Lebens“ gefahren, wie der Pole nach dem Rennen twitterte. Kwiatkowski hatte nach 291 Kilo

20.03.2017Sanremo-Sieger Kwiatkowski brauchte für den Poggio 5:47 Minuten

(rsn) - Mailand-Sanremo-Gewinner Michal Kwiatkowski (Sky) benötigte am Samstag für den 3,6 Kilometer langen Poggio, den letzten Anstieg des Tages, 5:47 Minuten. Dabei erzielte der 26 Jahre alte Pole

20.03.2017Vierter in Sanremo: Kristoff setzt nun auf die belgischen Klassiker

(rsn) - Alexander Kristoff war am Samstag beim 108. Mailand-Sanremo zwar im Zielsprint der schnellste - allerdings nur aus der Verfolgergruppe heraus. So langte es für den Kapitän des Schweizer Kat

19.03.2017Kwiatkowski mit "Sterbendem Schwan“ zum Mailand-Sanremo-Sieg

(rsn) - Sie kennen sich aus Juniorenzeiten! Vielleicht ist das der Grund, warum Michael Kwiatkowski (Sky) als erster Pole den Klassiker Mailand-Sanremo gewann! Mit einer Finte schlug der Ex-Weltmeiste

19.03.2017Sagan war am Poggio zu stark für Degenkolbs Beine

(rsn) – Seinen zweiten Sieg nach 2015 hat John Degenkolb (Trek-Segafredo) bei Mailand-Sanremo zwar verpasst. Dennoch zog der Oberurseler nach Rang sieben bei dem 291 Kilometer langen Klassiker ein p

19.03.2017Mailand-Sanremo: Gehört Quick-Step Floors die Zukunft?

(rsn) - Mit gemischten Gefühlen reiste das belgische Quick-Step Floors-Team aus San Remo ab. Julian Alaphilippes dritter Platz beim ersten der fünf Radsport-Monumente war nicht nur aller Ehren wert,

19.03.2017Degenkolb: "Ich kann das als guten Klassiker-Auftakt hinnehmen"

(rsn) - John Degenkolb hat zwei Jahre nach seinem Sieg bei seiner Rückkehr zu Mailand-Sanremo den siebten Platz belegt. Im Sprint um Rang vier war der Oberurseler zwar eingeklemmt, aber insgesamt ist

19.03.2017Sagan: "Kwiatkowski schuldet mir ein paar Bier"

(rsn) - Den sogenannten Fluch des Weltmeisters hatte Peter Sagan (Bora-hansgrohe) in dieser Saison schon dreimal mit seinen Siegen bei Kuurne-Brüssel-Kuurne und Tirreno-Adriatico (2)  widerlegt. Bei

18.03.2017Denk: "Wir fangen heute Abend nicht das große Heulen an"

(rsn) - Die Bilanz ist nicht schlecht! Vier Siege hat das deutsche Team Bora-hansgrohe seit dem Aufstieg zu Saisonbeginn in die WorldTour eingefahren. Der ganz große Erfolg, der erste "weltmeisterlic

18.03.2017Highlight-Video vom 108. Mailand-Sanremo

Nächster Außenseitersieg bei Mailand-Sanremo. Michal Kwiatkowski (Sky) entschied am Samstag die 108. Auflage des italienischen Frühjahrsklassikers im hart umkämpften Sprint einer dreiköpfigen Aus

18.03.2017Kwiatkowskis Cleverness triumphiert über Sagans Urkraft

(rsn) - Peter Sagan (Bora-hansgrohe) gab alles, warf sich im hart umkämpften Zielsprint gegen Michal Kwiatkowski (Sky) bei Mailand-Sanremo regelrecht über die Ziellinie und wäre um ein Haar noch hi

18.03.2017Denz: "Das war ein Selbstmordkommando"

(rsn) - Gleich bei seinem ersten Start beim Radsport-Monument Mailand-Sanremo hat es Nico Denz (Ag2r) in die Gruppe des Tages geschafft. Insgesamt zehn Fahrer setzten sich auf den ersten Kilometern ab

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Eine erste Chance für die Sprinter

(rsn / ProCycling) – Nachdem sie sich zwei Tage lang "aufwärmen" konnten, ist es nun für die schnellen Männer des Pelotons Zeit, ihren Job zu verrichten. Bevor sie jedoch ihren ultimativen Zielsp

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

05.05.2024Pogacar auf den Spuren Pantanis

(rsn) - 1999 hatte Marco Pantani am Fuße des Anstiegs zur Kapelle nach Oropa einen Defekt. Die Kette fiel ihm herunter. Es dauerte, bis ein Materialwagen bei ihm war. Fahrer um Fahrer zog derweil an

05.05.2024Nur ein Defekt bremste Martinez hinauf nach Oropa

(rsn) – Gut fünf Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe am Santuario di Oropa gab es Grund zur Beunruhigung beim Team Bora – hansgrohe. Am Ende des Tages aber sah man nichts als strahlende Gesichte

05.05.2024Martinez: “Das Resultat ist großartig für unsere Moral“

(rsn) – Mit einem Tag “Verspätung“ hat Tadej Pogacar am Sonntag bei der ersten Bergankunft den erwarteten Etappensieg am Auftaktwochenende des 107. Giro d’Italia eingefahren. Am Santuario di

05.05.2024Highlight-Video der 2. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Zum Auftakt des 107. Giro d’Italia (2.UWT) musste sich Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) noch mit Rang drei begnügen. An der ersten Bergankunft jedoch gab es für den Top-Favoriten kein H

05.05.2024Pogacar stürmt in Oropa trotz Sturz ins Rosa Trikot

(rsn) – Marco Pantani triumphierte 1999 an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa dank einer historischen Aufholjagd, nachdem er am Fuße des Anstiegs durch einen Defekt gestoppt worden war. 25 Jah

05.05.2024De Lie in der Bretagne auch durch zwei Plattfüße nicht zu stoppen

(rsn) – Nach Platz zwei im Vorjahr hat sich Arnaud De Lie (Lotto – Dstny) die 41. Ausgabe von Tro Bro Léon (1.Pro) gesichert. Der 22-jährige Belgier entschied in der Bretagne das über 203,6 Kil

05.05.2024Vollering nutzt Rückenwind-Passage zum Vuelta-Triumph

(rsn) – Mit einem weiteren überragenden Auftritt hat Demi Vollering (SD Worx – Protime) die 10. Vuelta Femenina (2.UWT) souverän für sich entschieden. Die 27-jährige Niederländerin schüttelt

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Pogacar: ”Die Post wird abgehen”

(rsn) – Der Auftakt zum 107. Giro d’Italia ist atypisch. Einen Tag nach der schweren 1. Etappe, auf der bereits einige Favoriten Federn gelassen haben, steht bereits die erste Bergankunft auf dem

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)