Lotto-Profi über Brüssel, Flandern und tödliche Unfälle

Wagner: "Man denkt zunächst, das wird schon wieder"

Foto zu dem Text "Wagner:
Robert Wagner (LottoNL-Jumbo) steht am Sonntag zum siebten Mal in seiner Karriere am Start der Flandern-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

03.04.2016  |  (rsn) - Robert Wagner (LottoNL-Jumbo) steht am Sonntag zum siebten Mal in seiner Karriere am Start der Flandern-Rundfahrt. Im Interview mit radsport-news.com spricht der 32-Jährige über die Terroranschläge von Brüssel, den Tod zweier Kollegen, die Begleitmotorräder - und natürlich über die 100. Austragung der Flandern-Rundfahrt.

Herr Wagner, hinter den Radsportlern liegen schwere Tage. Angefangen hat es vor zehn Tagen mit den Terroranschlägen von Brüssel. Wie haben Sie die verkraftet?

Robert Wagner: Die Terroranschläge in Brüssel haben viele Fahrer, auch mich, sehr mitgenommen. Gerade in den "heiligen Radsportwochen" ist auf dem Brüsseler Flughafen ein Kommen und Gehen von uns Fahrern. Auch ich kenne den Flughafen in- und auswendig und weiß genau, wo die ihren Rucksack gezündet haben. Zwei Tage vor dem Attentat sind meine Teamkollegen noch ab Brüssel zur Katalonien-Rundfahrt geflogen. Das hat alle beschäftigt. Auch bei Dwars door Vlaanderen am Tag darauf war ich mit dem Kopf gar nicht richtig bei der Sache. Die Jungs von Orica-GreenEdge sollten am Morgen des Anschlags um 7:30 Uhr in Brüssel landen, hatten aber eine Stunde Verspätung. Das hat ihnen möglicherweise das Leben gerettet. In der Luft wurden sie nämlich nach Paris umgeleitet, weil ja um 8 Uhr die erste Explosion am Flughafen erfolgte.

Und am vergangenen Wochenende wurde die Radsportwelt vom Tod Ihrer Kollegen Antoine Demoitié und Daan Myngheer geschockt...

Wagner: Von Demoitiés Sturz haben wir erst nach dem Rennen erfahren und gehört, dass es nicht so gut aussieht. Aber man denkt da zunächst: Das wird schon wieder. Ich kannte ihn von den Trainingseinheiten, er kommt aus der Ecke Lüttich, nicht weit von mir. Das ist schon krass. Das hat alle mitgenommen, mich auch. Ich habe ja so eine ähnliche Situation damals mit dem Tod von Wouter Weylandt durchgemacht. Ich war zwar nicht beim Giro dabei, als es passiert ist, habe mir mit ihm aber zuvor bei den Klassikern das Zimmer geteilt. Ich hatte mich damals bei Rund um Köln verabschiedet, weil er zum Giro reiste. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Ich habe die Woche die Jungs von Wanty getroffen, für die ist es auch ganz schlimm. Das wird auch morgen am Start ganz komisch sein, definitiv.

Ein großer Gefahrenherd sind die Begleitfahrzeuge, insbesondere die Motorräder. Wie sehen Sie die Situation?

Wagner: Es wird jetzt so getan, als ob dieses Problem jetzt ein aktuelles sei. Ich sehe das nicht so. Vielleicht haben sich die Vorfälle gehäuft, aber prinzipiell haben wir nicht erst seit diesem oder letztem Jahr das Problem. Man sollte jetzt die Motorradfahrer, wie im Fall von Demoitié, aber nicht vorverurteilen. Wie ich gehört habe, war es ein Sicherheitsmotorrad, das eigentlich vor dem Feld fährt, Kreuzungen absperrt, dafür sorgt, dass wir freie Fahrt haben. Die Motorräder sind dann nach den Absicherungen hinter dem Feld und müssen dann möglichst schnell wieder an uns vorbei, um die nächsten Stellen abzusichern. So einfach ist das nicht, das zu regeln. Das wird immer Konflikte geben. Ich gehe davon aus, dass auf den Motorrädern Leute sitzen, die sich mit dem Radsport auskennen. Wenn nicht, wäre das sehr traurig. Anfänger und Amateure kann man da nicht reinlassen. Ich selbst wurde 2011 beim E3 Prijs umgefahren, ich war hinter dem Feld am Kommissär-Auto und wollte gerade ins Feld vorfahren, da fährt das Auto links rüber und holt mich vom Rad. Da war das Frühjahr gelaufen.

Am Sonntag starten Sie zum siebten Mal bei der Flandern-Rundfahrt. Wie ist Ihre Verfassung?

Wagner: Ich fühle mich gut, habe nur ein paar kleinere nasale Probleme. Ich gehe mit guter Form an den Start. Ich hatte in diesem Jahr ein anderes Rennprogramm, ohne Paris-Nizza oder Tirreno-Adiatico, sondern bin Eintagesrennen und kleine Etappenrennen wie Westflandern gefahren. Eigentlich hätte ich Flandern nicht fahren sollen, dafür Limburg, was mir vom Profi auch nicht so gelegen hätte, danach Scheldeprijs, wo wir uns mit Groenewegen viel vorgenommen haben, und Roubaix. Letzten Endes hat sich das Team doch für mich entschieden, und es war auch der Wunsch von Kapitän Sep Vanmarcke. Das ist eine Ehre für mich.

Was trauen Sie Ihrem Kapitän zu?

Wagner: Sep ist fit und ich bin von ihm absolut überzeugt, dass er ohne Pech und mit klarem Kopf auf das Podium fährt. Von der Kraft her wird er Cancellara in nichts nachstehen.

Welche Rolle werden Sie im Rennen einnehmen?

Wagner: Ich werde für Sep persönlich zuständig sein, so lange wie ich kann. Realistisch ist wohl die zweite Kwaremont-Einfahrt beim Rennkilometer 207 und wenn es ganz gut läuft, hoffe ich, dass ich diese Passage auch noch mit rüber komme.

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.04.2016Cancellara: "Ich habe die eine Sekunde verpasst"

(rsn) – Bei seiner letzten Flandern-Rundfahrt lieferte Fabian Cancellara (Trek-Segafredo) nochmals eine herausragende Vorstellung ab. Doch Weltmeister Peter Sagan (Tinkoff) war stärker als der drei

04.04.2016Helfer Greipel beeindruckt, aber im Finale fehlen die Kapitäne

(rsn) – Nicht nur für Etixx-Quick-Step war die 100. Flandern-Rundfahrt ein Schlag ins Kontor. Auch das zweite belgische WorldTour-Team ging beim Heimspiel leer aus – konnte sich aber immerhin üb

04.04.2016Erviti stürmt als Ausreißer in Oudenaarde auf den siebten Platz

(rsn) – Peter Sagan (Tinkoff) war der strahlende Gewinner der 100. Flandern-Rundfahrt. Aber nicht nur der Weltmeister zeigte eine herausragende Leistung beim zweiten der fünf Radsport-Monumente. Au

04.04.2016Stybar: "Wir sind hierher gekommen, um zu gewinnen"

(rsn) – Auch nach der Flandern-Rundfahrt muss das mit Stars und Spezialisten gespickte Etixx-Quick-Step-Team weiter auf den ersten Sieg bei einem der Frühjahrsklassiker warten. Das Ergebnis der ges

03.04.2016Thwaites hat das Gefühl, "eine große Chance verpasst zu haben""

(rsn) – Scott Thwaites ist bei der 110. Flandern-Rundfahrt eine Punktlandung gelungen. Der Brite beendete das zweite Radsport-Monument des Jahres auf Rang 20, 1:16 Minuten hinter dem souveränen Sol

03.04.2016Vanmarcke fährt aus auswegloser Situation noch auf Platz drei

(rsn) - „Ich bin davon überzeugt, dass Sep ohne Pech und mit klarem Kopf bei der Flandern-Rundfahrt auf das Podium fährt“, hatte sich Robert Wagner (LottoNL-Jumbo) am Samstag gegenüber radsport

03.04.2016Am Paterberg ließ Sagan auch Vanmarcke stehen

(rsn) - Endlich hat es für Peter Sagan (Tinkoff) geklappt mit einem Sieg bei einem der Monumente des Radsports. Am Sonntag entschied der Weltmeister aus der Slowakei in überragender Manier die 100.

03.04.2016Katusha zieht trotz verpasster Titelverteidigung positive Bilanz

(rsn) - Auch wenn es für das Team Katusha um Kapitän Alexander Kristoff bei der 100. Flandern-Rundfahrt nicht mit der Titelverteidigung geklappt hat, so zog der russische WorldTour-Rennstall eine du

03.04.2016Flandern-Rundfahrt: Schwarzer Tag für Van Avermaet und BMC

(rsn) - So groß das BMC-Team am Samstag bei der Volta Limburg Classic mit drei Fahrern unter den besten Vier aufgetrumpft hatte, so enttäuschend verlief am Sonntag die 100. Ronde van Vlaanderen für

03.04.2016Tony Martin: "Ich bin nicht so ökonomisch gefahren"

(rsn) - Der Crash-Kurs von Tony Martin (Etixx-Quick-Step) im Klassiker-Fahren geht weiter. Bei der Flandern-Rundfahrt kam der dreimalige Zeitfahrweltmeister mit 12:48 Minuten Rückstand hinter Sieger

03.04.2016Sagan zu stark für Cancellara und den Rest des Feldes

(rsn) – Die Gesten hätten nicht unterschiedlicher sein können. Während Weltmeister Peter Sagan (Tinkoff) seinen ersten Triumph bei einem der fünf Radsport-Monumente mit einem seiner berühmten â

03.04.2016Sagan gewinnt im Regenbogentrikot sein erstes Monument

(rsn) – Weltmeister Peter Sagan (Tinkoff) hat in imponierender Manier die 100. Ausgabe der Flandern-Rundfahrt gewonnen. Der 26 Jahre alte Slowake setzte sich am Sonntag über 255 Kilometer von Brüg

Weitere Radsportnachrichten

02.12.2025Trinca Colonel bleibt bei Liv - AlUla – Jayco

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

02.12.2025“Kaum Luft zum Ausruhen“: Eschborn-Frankfurt verschärft Profil

(rsn) – Ein neuer Anstieg, der gleich drei Mal bewältigt werden muss, und eine stark veränderte Taunus-Passage sollen den Profis das Leben bei Eschborn-Frankfurt (1.UWT) noch schwerer machen. Das

02.12.2025Tausch von Giro und Vuelta? RCS Sport lehnt Pogacars Idee ab

(rsn) – Giro-Veranstalter RCS Sport hält nichts von Tadej Pogacars jüngstem Vorschlag, die Termine von Italien- und Spanien-Rundfahrt zu tauschen. “Der Giro hat seinen traditionellen Termin, und

02.12.2025Kehren Strade und Sanremo in van Aerts Programm zurück?

(rsn) – Erstmals seit mehreren Jahren könnten die italienischen Klassiker Strade Bianche und Mailand-Sanremo wieder in Wout van Aerts Frühjahrsprogramm auftauchen. Der spektakuläre Rennen über d

02.12.2025Ganna bringt die Olympische Fackel nach Italien

(rsn) – Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) wird zu den Fackelträgern der Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand-Cortina gehören. Der zweimalige Zeitfahrweltmeister wird gemeinsam mit der Tennissp

02.12.2025Extrem gut entwickelt und die Nische im Team gefunden

(rsn) – Wenige Monate vor seinem Profidebüt bei Bora – hansgrohe bestritt Ben Zwiehoff im Juli 2020 bei der polnischen Rundfahrt Dookola Mazowsza (2.2) sein erstes UCI-Rennen auf der Straße. F

02.12.2025Simon Yates würde gern Giro-Titelverteidigung in Angriff nehmen

(rsn) – Zwar steht auch bei Visma – Lease a Bike die Rollenverteilung für die drei großen Rundfahrten des kommenden Jahres noch nicht fest. Nach der Streckenpräsentation des Giro d’Italia 202

02.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

02.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

02.12.2025Nach Kniebeschwerden “wieder die alte Ricarda werden“

(rsn) – Schon zum zweiten Mal in Folge spielt im Jahresrückblick von Ricarda Bauernfeind (Canyon – SRAM – zondacrypto) ihr Knie eine unerfreuliche Rolle. Dabei war sie 2023 im Alter von gerade

01.12.2025Alle Etappen im Detail: Die Strecke des Giro d´Italia 2026

(rsn) – Der 109. Giro d´Italia (2.UWT) wird im Mai 2026 über 21 Etappen und 3.459 Kilometer mit 49.150 Höhenmetern führen. Vom Grande Partenza in Bulgarien führen die ersten drei Teilstücke du

01.12.2025Finestre und Nevegal-Bergzeitfahren sollen Frauen-Giro 2026 entscheiden

(rsn) – Der 37. Giro d´Italia Women (2.WWT) wird über neun Etappen mit 1.153,7 Kilometer sowie 12.500 Höhenmetern führen und als Highlight den Colle delle Finestre bereithalten. Die Italien-Rund

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)