In Pra Loup brach der Freiburger in Tränen aus

Geschke: „Der Bart kommt erst nach einem Toursieg ab"

Von Joachim Logisch aus Barcelonette

Foto zu dem Text "Geschke: „Der Bart kommt erst nach einem Toursieg ab
Simon Geschke (Giant-Alpecin) feiert den größten Sieg seiner Karriere. | Foto: Cor Vos

22.07.2015  |  (rsn) - Es gibt Momente, da sind auch die routinierten Interviewer in französischen Fernsehen fassungslos. Simon Geschke (Giant-Alpecin) hat es nach seinem tollen Erfolg auf der 17. Tour de Fance-Etappe von Digne-Les-Baines nach Pra Loup (161 km) geschafft. „Er hat geweint“, staunte Star-Moderator Gérard Holtz und wiederholte die Aussage mehrmals in der Live-Ãœbertragung nach dem Zieleinlauf.

Unter Tränen hatte der bescheidene Deutsche nämlich in der ARD noch fassungslos über seinen Erfolg gesagt: „Ich gehöre gar nicht hierher. Es ist ein unwirklicher Moment.“ Und damit das Podium gemeint. „Ich habe vor heute nur zwei Siege in sechs Jahren geholt“, sagte Geschke mit tränenerstickter Stimme. „Heute habe ich es mit der Brechstange versucht. Ich hatte einfach keine Lust mehr, immer nur Dritter (wie beim Giro, d. Red.), Vierter (wie vor dem 2. Tour-Ruhetag in Gap) oder Fünfter zu werden.“

„Wie beim Pokern" habe er alles auf eine Karte gesetzt. „Ich wusste, dass ich durch die Schmerzgrenze muss. Ich hatte noch Krämpfe am letzten Anstieg, aber heute hat alles gepasst“, sagte der 29-Jährige immer noch mit Tränen in den Augen. Und: „Ich habe geglaubt, dass ich einbrechen werde.“

Als Geschke dann im französischen Fernsehen bei Holtz zum Sieger-Interview erschien, strahlte er aber wieder mit allem, was aus seinem dichten Bart hervorschaute. „Das ist der schönste Tag in meinem Leben auf dem Rad. Ich werde Tage brauchen, um das zu verstehen. Seit ich das erste Mal die Tour im TV gesehen habe, wollte ich dabei sein“, sagte er auf Deutsch, nachdem ihm die entsprechende Frage von Gérard Holtz über ein „Mann-im-Ohr“ übersetzt worden war.

Gewohnt war Holtz sicher auch nicht, dass Geschke das Interview unterbrach, um sich mit einem Teamkollegen abzuklatschen, der gerade vorbeirollte.  Der gebürtige Berliner konnte seinen Triumph wohl immer noch nicht fassen. Auf Laurent Jalaberts Frage, wann er sich sicher gewesen sei, dass er gewinnen werde, antwortete Geschke: „Gar nicht, ich wusste, dass Talansky und Pinot hinter mir sind."

Zum Fakt, dass das deutsche Fernsehen zur Tour zurückkehrte und in dieser Tour schon über fünf deutsche Siege berichten konnte, sagte Geschke: „Ja, es ist ein gutes Jahr für den deutschen Radsport, der zuletzt so ein schlechtes Image hatte. Jetzt können die Leute wieder die Tour verfolgen, denn in Deutschland gibt es enorm viele Radsport-Fans."

Dabei war er mit eigenen Worten „nur halbherzig in die Gruppe gegangen." Seine Aufgabe sei es gewesen, John Degenkolb beim Zwischensprint zu unterstützen. Danach versuchte Geschke eine erste Attacke, die aber misslang. Doch die zweite kurz nach dem Zwischensprint in der anfahrt zum Col d’Allos, mit 2250 Metern der höchste Berg dieser Tour, gelang. 50 Kilometer fuhr er bei 40 Grad Hitze auf dem Asphalt alleine an der Spitze.

„Als ich lange Zeit 1:30 Minuten Vorsprung hatte, wollte ich sehen, was passieren wird. Ich wusste, dass die Abfahrt sehr schwierig ist. Am letzten Berg gab ich alles, was ich hatte, um meinen Vorsprung zu halten. Ich litt unglaublich und kann das gar nicht in Worte fassen“, sagte Geschke, der erst den dritten Sieg in seiner sechsjährigen Profi-Karriere feiern konnte.

Nach dem Sensationssieg wollen alle an seinen Bart. „Herzlichen Glückwunsch und Hut ab“, twitterte Lotto-Kapitän André Greipel, um dann zu fordern: „Ich denke, nun muss der Bart ab. Genieße den Moment und morgen sehen wir endlich dein Gesicht.“

Doch darauf freut sich der dreimalige Etappensieger dieser Tour vergebens. „Der Bart kommt erst nach einem Toursieg ab“, hatte Geschke schon vorher im großen Sieger-Interview gescherzt, das führte er übrigens in perfektem Englisch.

 

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