Schäfers Marokko-Tagebuch / 1. Etappe

Frisch frisiert ist halb gewonnen!

Von Timo Schäfer

Foto zu dem Text "Frisch frisiert ist halb gewonnen!"
Vor dem Start der Maokko-Rundfahrt statteten die Fahrer des Bike AidTeams dem Friseur noch einen Beuch ab. | Foto: Bike Aid

05.04.2015  |  (rsn) - Man gewinnt eine Rundfahrt nie am ersten Tag, aber man kann Sie verlieren - mit dieser alten Weisheit verabschiedete uns unser Sportlicher Leiter Yves nach seiner Ansprache auf die 1. Etappe der Marokko-Rundfahrt, wohlwissend, wie die Rennen hier in Afrika (trotz der Anesenheit vieler europäischer Teams) ablaufen.

Aber dazu kommen wir etwas später. Nachdem Yannick Mayer und ich bereits letztes Jahr hier dabei waren, wussten wir recht gut einzuschätzen, dass es auch dieses Jahr wieder zehn harte Etappen werden würden. Mit diesem Wissensvorsprung ausgestattet, versuchten wir wenigstens die erste Zeit vor dem Rennen noch möglichst angenehm zu gestalten.

Nachdem wir am Mittwochabend in Casablanca landeten und eine recht erlebnisreiche Fahrt zum Hotel im Kofferraum eines Vans geboten bekamen – denn auf wundersame Weise waren plötzlich mehr Fahrer da als Sitzplätze – überlegten wir uns, was wir denn am nächsten Tag unternehmen könnten. Schließlich hat Casablanca ja auch Einiges anzubieten. Aber richtig einfallsreich waren wir noch nicht, was vielleicht auch an der Anreise gelegen haben mag.

Also beschlossen wir, erstmal eine Nach drüber zu schlafen und spontan am nächsten Tag zu entscheiden. Gesagt, getan. Wir landeten zunächs t– sehr einfallsreich – auf dem Fahrrad und drehten eine Runde am Strand entlang, Straße auf, Straße ab, denn in einer 3-Millionen Stadt ist es auch nicht einfach, eine geeignete Strecke zu finden, auf der man halbwegs vernünftig fahren kann.

Aber plötzlich war er wieder da, unser Einfallsreichtum: Wir gehen zum Frisör. Also nahmen wir uns ein Taxi und das Abenteuer begann. Ein recht netter junger Marokkaner, der uns redselig über die hiesigen Gepflogenheiten im Nachtleben zu berichten weiß und uns sicher, wenn auch mit einigem Zittern, an das Ziel befördert und uns sogleich dann persönlich seinem Frisör des Vertrauens vorstellt!

Per Handschlag werden wir begrüßt und gefeiert. Es scheint so, als würde man halt doch nicht so oft Besuch aus Europa / Deutschland bekommen. Niko Holler, Yannick und ich machen es uns gemütlich und lassen erst mal alles über uns ergehen. Nach einigen Gesprächen über Bayern München (hier offenbar sehr bekannt) geht es dann los. Schwuppdiwupp Haare weg und Niko lässt noch das Rasiermesser anlegen, obwohl er schon ganz schön gezittert hat. Aber keine Angst, er hat es überlebt. Und wir sind sehr froh drum, wie sich am nächsten Tag noch rausstellen sollte. Noch ein Peeling dazu und für 15 Euro – ja all in für alle zusammen – ziehen wir wieder von dannen.

Tolles Erlebnis im Frisörsalon um die Ecke, irgendwo in Casablanca. Kann man auch als Mutprobe verstehen. Aber unser gegenseitiges Feedback fiel doch durchweg ganz positiv aus.

Und nun war der Tag der 1. Etappe da. Unser Mann, den wir für das Gesamtklassement auserkoren haben, ist Niko Holler. Für ihn wollen wir arbeiten. Es roch schon irgendwie nach Massensprint. Doch wie immer kommt in Afrika alles ganz anders. Bei den unzähligen Attacken – die einer mehr, die andere weniger sinnvoll – sind wir immer gut dabei und wachsam. Außer einmal, als wir um die Kurve kommen und wie auch immer 30 Mann plötzlich ein Risenloch haben. Mist! Aber dann Erleichterung: Niko und Meron (Amanuel) sind dabei.

Die Gruppe lief dann schließlich bis ins Ziel, gestört nun von drei sehr motivierten Fahrern, die der Hitze (34 Grad) trotzten und nochmal mit eineinhalb Minuten davor ankamen. Alles in allem eine nicht schlechte Ausgangslage, aber es wäre durchaus mehr drin gewesen.

Dennoch können wir in den kommenden Tagen unser Ziel weiterverfolgen, Niko im Klassement vorne zu halten und wir anderen vielleicht noch eine Gruppe zu erwischen. Aber es bewahrheitet sich tatsächlich der Spruch dann doch: Auf der 1. Etappe gewinnt man eine Rundfahrt nicht, aber man kann sie verlieren. Manchmal einfach auch aus Dummheit und Unachtsamkeit. Mal sehen, was die nächsten Tage bringen werden.

Euer Timo

PS: Fotos findet Ihr hier: https://www.facebook.com/bikeaid

Timo Schäfer und sein Team Bike Aid starten auch in diesem Jahr bei der Marokko-Rundfahrt (3. - 12. April/2.2), über die der 22-jährige Namborner in seinem Tagebuch berichten wird.

Mehr Informationen zu diesem Thema

12.04.2015Es ist nicht mehr weit bis Casablanca!

(rsn) - Es ist schon erstaunlich, wie sich Stimmungen während einer Rundfahrt verändern können. Am Anfang ist jeder irgendwie überschwänglich und motiviert, was sich dann im weiteren Verlauf des

11.04.2015Hotel-Disco sorgte für kurze Nacht, Niko für ein Top-Ergebnis

(rsn) - Nach dem langen gestrigen Tag in der Gruppe war ich müde. Und irgendwie hing es mir schon auch etwas nach, dass wir unseren Vorsprung nicht ins Ziel retten konnten. Aber wie sagt man so schö

10.04.2015Manche meinen schlauer als alle anderen zu sein

(rsn) - Dass wir Radsportler recht seltsame Wesen sind, das habe ich ja bereits gestern beschrieben. So ist es unerklärlich, wie man nach bereits sechs zurückgelegten Etappen und vielen Kilometern b

09.04.2015Wir Radfahrer sind schon komische Vögel

(rsn) - Als Radsportler gibt es ja Tage, da denkt man sich: Warum mache ich das eigentlich? Denn rational kann man ja nicht erklären, was denn so wirklich die Faszination dabei ist, sich tagein, taga

07.04.2015Wo ist eigentlich Meron?

(rsn) - Wo ist eigentlich Meron? Ja, diese Frage taucht irgendwie immer wieder bei uns auf. Sei es, wenn es darum geht zum Essen zu gehen, oder aber unser Physio Kelly sich verwundert fragt, ob er sc

06.04.2015Meine bisher schlimmsten Stunden auf dem Rad

(rsn) - Nachdem ich nach der 2. Etappe leider nur sehr eingeschränkten (und damit meine ich: nicht funktionierenden) Internetzugang hatte, fasse ich die letzten beiden Tage einfach zusammen. Vorgeste

Weitere Radsportnachrichten

29.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

28.04.2024Highlight-Video der 1. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Mit einer beeindruckenden Vorstellung hat Lidl – Trek das Teamzeitfahren zum Auftakt der 10. Vuelta Femenina (2.WWT) für sich entscheiden können. Das von der Italienerin Elisa Longo Borg

28.04.2024Dorn in der Türkei am Berg und beim Zwischensprint der Stärkste

(rsn) - Vor allem für die Teams Bike Aid und rad-net - Oßwald verlief die zurückliegende Woche erfolgreich. Santic - Wibatech, MYVELO und Rembe Sauerland konnten gegen WorldTour-Konkurrenz zuminde

28.04.2024Famenne Classic: De Lie feiert seinen ersten Saisonsieg

(rsn) - Arnaud De Lie (Lotto - Dstny) hat bei der Famenne Ardeche Classic (1.1) seinen ersten Saisonsieg eingefahren. Der Belgier setzte sich nach hügeligen 195 Kilometern rund um Marche-en-Famenne

28.04.2024Lidl - Trek gewinnt trotz Stürzen Auftakt der Vuelta Femenina

(rsn) – Trotz eines Sturzes in der letzten Kurve hat Lidl – Trek das Teamzeitfahren zum Auftakt der 10. Vuelta Femenina (2.WWT) für sich entscheiden können. Obwohl Ellen van Dijk und Eleanor Bac

28.04.2024Highlight-Video der 5. Etappe der Tour de Romandie

(rsn) – Dorian Godon (Decathlon – AG2R La Mondiale) hat zum Abschluss der 77. Tour de Romandie (2.UWT) seinen zweiten Tagessieg eingefahren. Der Franzose entschied bei regnerischem Wetter die 5. E

28.04.2024Zangerle verpasst für sein Team nur knapp den Heimsieg

(rsn) –Lukas Kubis (Elkov – Kasper) hat in Österreich das 62. Kirschblütenrennen gewonnen, das erstmals als UCI-Rennen der Kategorie 1.2 ausgetragen wurde und zugleich der zweite Stopp der Road

28.04.2024Carlos Rodriguez feiert Gesamtsieg vor Vlasov und Lipowitz

(rsn) – Beinahe noch eine Spur deutlicher als auf der 1. Etappe ging es im Sprint der Schlussetappe der Tour de Romandie (2.UWT) zu. Der Sieger war dabei derselbe: Dorian Godon (Decathlon – AG2R L

28.04.2024Lechner lässt in Tschechien nichts mehr anbrennen

(rsn) – Am letzten Tag der Gracia-Rundfahrt (2.2) hat Corinna Lechner (Wheel Divas) nichts mehr anbrennen lassen und sich den Gesamtsieg der tschechischen Rundfahrt gesichert. Auf der 5. Etappe, di

28.04.2024Van den Broek gewinnt als erster Niederländer Türkei-Rundfahrt

(rsn) – Wegen Regen und Wind musste die Schlussetappe der 59. Türkei-Rundfahrt (2.Pro) abgesagt werden. Frank van den Broeck (dsm-firmenich – PostNL) verteidigte so kampflos sein Führungstrikot

28.04.2024Lipowitz mit seiner Giro-Generalprobe mehr als happy

(rsn) – Auch wenn er im Vorjahr bei der Czech Tour die Gesamtwertung gewann, so ist die diesjährige Tour de Romandie als Durchbruch in der Karriere von Florian Lipowitz (Bora – hansgrohe) zu bewe

27.04.2024Reusser zurück im Feld und auf dem Weg zu Olympia

(rsn) - Knapp ein Monat ist seit dem schweren Sturz bei der Flandern-Rundfahrt vergangen, der für die 32-jährige Marlen Reusser (SD Worx - Protime) schwere Folgen hatte. Ober- und Unterkiefer, die

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)