Australier Schuld am Sturz des US-Amerikaners?

Talansky tobt vor Wut auf Gerrans

Von Felix Mattis aus Nancy

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Andrew Talansky (Garmin-Sharp) war außer sich vor Wut auf Simon Gerrans (Orica-GreenEdge). | Foto: Cor Vos

11.07.2014  |  (rsn) - Pressesprecherin Marya Pongrace und Physiotherapeut Matt Rabin gaben ihr Bestes, aber sie konnten Andrew Talansky (Garmin-Sharp) nicht beruhigen. Der US-Amerikaner tobte vor Wut, als er die rund 400 Meter von der Ziellinie zum Mannschaftsbus rollte. „He took me down! He can’t do that!“, brüllte der Kletterer immer wieder - „Er hat mich zu Fall gebracht! Das kann er nicht machen!“

Mit „er“ meinte der 25-Jährige den Australier Simon Gerrans. Ihn machte Talansky dafür verantwortlich, dass er in Nancy etwa 200 Meter vor dem Ziel bei hoher Geschwindigkeit gestürzt war. Und die Bestätigung für seinen aus dem turbulenten Finale mitgenommenen Eindruck holte er sich direkt hinter der Ziellinie an einer großen Videowand, als er die Wiederholung seines Sturzes sah. „He took me down! He can’t do that!“

Einen kurzen Zwischenstopp auf seinem Weg zum eigenen Mannschafts-Bus legte Talansky noch ein, als er an dem der Australier vorbeikam. „Ich erwarte eine persönliche Entschuldigung dafür! Ich bin geradeaus gefahren und habe sogar rausgenommen, um die Sprinter ihren Sprint fahren zu lassen“, brüllte er den dort auf ihre Fahrer wartenden Sportlichen Leitern zu.

Dann sorgten Pongrace und Rabin dafür, dass ihr Schützling weiterrollte und geleiteten Talansky zur Tür des eigenen Busses. Interviews mit dem aufgebrachten Dauphiné-Sieger wollte man jetzt lieber vermeiden. „Für was hat er das überhaupt gemacht?! Für einen fünften Platz?! Er hat das für absolut nichts getan“, waren die letzten Worte des Gestürzten, bevor er hinter dem schwarzen Vorhang verschwand und die Stufen hinauf in den Bus stieg.

Talansky hatte sich in den Sprint um den Tagessieg nicht einmischen wollen und war deshalb - wenn auch reichlich spät - leicht nach links ausgeschert, hatte seinen Blick dabei aber weiter nach rechts gerichtet. Links stürmte allerdings noch Gerrans an ihm vorbei und wollte anschließend möglichst schnell nach rechts in den Windschatten seiner Sprint-Kontrahenten - zu schnell.

Der Australische Meister schnitt so eng vor Talansky herüber, dass der einen Kontakt seines Vorderrades mit dem Hinterrad des Orica-GreenEdge-Kapitäns nicht mehr verhindern konnte und schließlich in hohem Bogen auf den Asphalt knallte, während Gerrans auf Rang fünf spurtete.

Genauso eindeutig in seiner Meinung wie Talansky, aber völlig in sich ruhend präsentierte sich Garmin-Teamchef Jonathan Vaughters. „Es war für Gerrans die Chance, eine Etappe zu gewinnen und er hat alles in die Waagschale geworfen, während Andrew einfach nur aus dem Weg gehen wollte“, erläuterte er die Situation aus seiner Sicht. „Andrews Vorderrad hat sein Hinterrad berührt, weil Gerrans im Sprint seine Linie verlassen hat. Das soll man auf den letzten 200 Metern nicht tun!“

Sportlich hielt sich der Verlust für den Garmin-Kapitän in Grenzen. Weil der Sturz auf den letzten drei Kilometern geschah, wurde Talansky zeitgleich mit Etappensieger Matteo Trentin (Omega Pharma - Quick-Step) gewertet. Und auch die Verletzungen schienen auf den ersten Blick weniger schlimm. „Er ist wohl in Ordnung. Wenn man sieht, wie schwer er gestürzt ist, ist das beeindruckend“, so Vaughters. „Es wäre trotzdem schön, wenn sich Gerrans entschuldigen würde.“

Der aber sah sich nicht in der Rolle des Schuldigen. „Es war ein ziemlich wilder Sprint, in dem viele immer wieder nach links und rechts gefahren sind. Unglücklicherweise hat Andrew auf den letzten Metern mein Rad berührt. Er ist nach links gefahren und ich nach rechts, und dann ist er an mein Hinterrad gekommen und gestürzt“, schilderte er die Situation auf Nachfrage von radsport-news.com. „Das tut mir leid, aber ich denke er wird auch bestätigen, dass das nicht absichtlich war.“

Darauf angesprochen, dass Talansky aber sehr wohl eine Entschuldigung erwarte, fragte Gerrans gewohnt freundlich und ohne böse zu werden: „Haben Sie die Aufnahmen gesehen?“ Das hatten wir, wollten aber trotzdem seine Meinung wissen. „Wenn man die Aufnahmen sieht, dann ist meine Meinung, dass ich nicht extrem die Richtung gewechselt habe. Ich werde später mit ihm sprechen und dann wird er sehen, dass es keine Absicht war.“

Dass ihm die Szene trotzdem zu denken gab, zeigte Gerrans, als wenige Minuten später bei der Abreise der GreenEdge-Bus neben den von Garmin-Sharp rollte und Gerrans aus dem offenen Fenster mit Garmins Sportlichem Leiter Andreas Klier sowie Vaughters sprach. „Wir sprechen mit ihm und Du meldest Dich bei ihm“, sagte Klier zum Australier, der mit einer typischen Handbewegung bestätigte: „Ja, ich rufe ihn nachher an.“

Mit einem solchen Anruf  dürfte die Sache wohl erledigt sein, denn auch Talansky hatte sich nach dem Duschen beruhigt. „Nur ein paar Kratzer von diesem kleinen Zwischenfall. Um Forest Gump zu zitieren: Shit happens!“, twitterte der US-Hoffnungsträger versöhnlich.

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