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31.03.2024 | (rsn) – Elisa Longo Borghini (Lidl – Trek) hat zum zweiten Mal nach 2015 die Flandern-Rundfahrt gewonnen und mit ihrem Triumph in Oudenaarde eine starke Teamleistung von Lidl – Trek gekrönt. Die Italienische Meisterin setzte sich nach 163 Kilometern in einem Dreiersprint vor der Polin Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM) und ihrer niederländischen Teamkollegin Shirin van Anrooij durch, nachdem Longo Borghini und Niewiadoma nach dem Paterberg zwölf Kilometer vor Schluss zur da noch allein führenden van Anrooij vorgesprungen waren.
Vierte wurde im Sprint einer fünfköpfigen Verfolgergruppe mit neun Sekunden Rückstand Marianne Vos (Visma – Lease a Bike) vor Titelverteidigerin Lotte Kopecky (SD Worx – Protime) und Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) sowie Silvia Persico (UAE Team ADQ) und Demi Vollering (SD Worx – Protime).
"Shirin war wie ein Motorrad. Wir können wirklich stolz sein: Erste und Dritte in so einem Rennen, das ist eine riesige Teamleistung", strahlte Longo Borghini über die Zusammenarbeit mit der Niederländerin und auch über die Kooperation von Niewiadoma auf den letzten Kilometern zum Ziel. Van Anrooij hatte knapp 25 Kilometer vor Schluss in der Abfahrt an den Fuß des Oude Kwaremont attackiert und war dann als Solistin über die letzten beiden Hellingen des Tages gekommen – vor einer starken Verfolgerinnengruppe, in der auch Weltmeisterin Kopecky und Tour-de-France-Siegerin Vollering sowie Vos saßen.
"Ich habe SD Worx die meiste Zeit die Arbeit machen lassen. Dann hat Jeroen Blijlevens aus dem Teamwagen gesagt, dass ich am Paterberg versuchen kann wegzukommen. Ich wusste, dass Kasia es dort auf jeden Fall versuchen würde und als ich mich dann umgedreht habe, waren wir nur noch zu zweit. Dann sind wir Vollgas weitergefahren", so Longo Borghini zum entscheidenden Moment am letzten Anstieg des Tages, als hinter ihr und Niewiadoma, aber vor Vollering die Lücke aufging.
Für die Italienerin ging mit ihrem zweiten Ronde-Triumph neun Jahre nach dem ersten Sieg ein Traum in Erfüllung. "Das ist ganz anders als damals. Ich habe die Tricolore auf meinen Schultern, bin eine viel erwachsenere Frau – als ich 2015 gewonnen habe, war ich noch ein Kind. Ich glaube, jetzt kann ich es viel bewusster realisieren, was ich hier erreicht habe", meinte die 32-Jährige und grüßte im Ziel-Interview auch noch Teamkoch Mirco: "Ich habe es für die Crostata getan!"
Während Lidl – Trek jubelte, lief es für das andere Top-Team der Women's WorldTour am Ostersonntag nicht nach Plan: SD Worx – Protime verlor schon früh im Rennen Marlen Reusser, die sich bei einem Sturz den Kiefer brach, und auch Kopecky kam dabei zu Fall. Später dann schien die Belgierin nicht mehr ganz in bester Verfassung, als mit dem Koppenberg 45 Kilometer vor Schluss das Finale eingeläutet wurde. Dort mussten sowohl sie als auch Vollering vom Rad und verpassten so die vorentscheidende Selektion.
Allerdings ging es Lidl - Trek ähnlich: Auch sie hatten mit Lizzie Deignan, die sich den Arm brach, eine frühe Sturzaufgabe zu verzeichnen und auch van Anrooij war am Koppenberg aufgehalten worden – und am Ende hatte sie trotzdem mehr Reserven als die SD-Worx-Konkurrenz.
Als beste deutschsprachige Fahrerin kam die Luxemburgerin Nina Berton für das deutsche Team Ceratizit – WNT in der zweiten Verfolgerinnengruppe mit 1:46 Minuten Rückstand auf Platz 19 ins Ziel. Die Österreicherin Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck / + 3:30) wurde 32., Franziska Koch (dsm-firmenich – PostNL / + 4:22) fuhr auf den 49. Platz.
Nach nur zehn Kilometern sorgte auf dem ersten Kopfsteinpflasterabschnitt des Tages, Lange Munte, ein schwerer Sturz im Feld für frühes Chaos. Zu den zehn gestürzten Fahrerinnen zählten die zweimalige Ronde-Siegerin Kopecky, Reusser, Chloe Dygert (Canyon – SRAM), Ex-Weltmeisterin Deignan sowie die Deutsche Romy Kasper (Human Powered Health). Während Kopecky das Rennen fortsetzen konnte, musste die Schweizer Meisterin, die sich die Hand vor Mund und Nase hielt, ebenso wie Deignan, die sich blutende Gesichtswunden zuzog, und deren ebenfalls gestürzte Landsfrau Monica Greenwood (Coop - Repsol) aufgeben.
Wenige Kilometer nach Lange Munte gingen Justine Ghekiere (AG Insurance - Soudal), Gladys Verhulst-Wild (FDJ – Suez), Josie Talbot (Cofidis) und Mieke Docx (Lotto – Dstny) in die Offensive. Kurz darauf schloss sich ihnen noch Elena Pirrone (Roland) an. Am Wolvenberg, dem ersten der zwölf Hellingen des Tages, betrug der Vorsprung der Ausreißerinnen gut drei Minuten, ehe er vor allem dank der Tempoarbeit von dsm-Firmenich – PostNL in der Folge auf unter eine Minute sank.
Das Streckenprofil der 21. Flandern-Rundfahrt der Frauen | Grafik: Flanders Classics
Bei mittlerweile starkem Regen war mit Ghekiere die letzte der Ausreißerinnen 54 Kilometer vor dem Ziel eingeholt und das Rennen bewegte sich an der Schelde entlang auf die Schlüsselstelle Koppenberg zu, der schon eine Stunde zuvor bei den Männern so glatt gewesen war, dass viele vom Rad mussten.
Was bei den Männern van der Poel gelang, nämlich am Koppenberg in den Pedalen zu bleiben und von vorne zu fahren, das machten bei den Frauen vor allem Vos und Pieterse. Sie verschärften dort das Tempo und nur noch Lorena Wiebes (SD Worx – Protime), Persico, Letizia Paternoster (Liv – AlUla – Jayco), Longo Borghini, Karlijn Swinkels (UAE Team ADQ) und Niewiadoma blieben dabei, während beinahe der gesamte Rest des Feldes vom Rad und schieben musste – darunter auch Kopecky und Vollering sowie van Anrooij, die mit Fem van Empel (Visma – Lease a Bike), Pfeiffer Georgi (dsm-firmenich – PostNL) und Lea Curinier (FDJ – Suez) ein Verfolgersextett bildeten.
Vollering zog die Verfolgerinnen anschließend den Taaienberg hinauf und Kopecky schien Probleme zu bekommen, so dass sie anschließend am Oude Kruisberg 28 Kilometer vor Schluss entschied, der Tour-Siegerin freie Fahrt zu geben. Vollering attackierte die Verfolgerinnen und machte dann Jagd auf die achtköpfige Spitzengruppe, in der Longo Borghini vergeblich versuchte, die sprintstarken Vos und Wiebes abzuschütteln. Trotz einer weiteren Attacke von Niewiadoma an der Spitze schafften Vollering und auch die ebenfalls allein hinter ihrer Landsfrau herjagende van Anrooij eingangs der letzten 25 Kilometer den Anschluss, als vorne nach dem Hotondberg das Tempo kurz verschleppt wurde.
Kaum hatte sie die Lücke geschlossen, lancierte dann van Anrooij in der Abfahrt nach Kluisbergen und an den Fuß des Oude Kwaremont ihre Attacke und Swinkels folgte. Als der vorletzte Helling des Tages anstand,, konnte Swinkels nicht mehr folgen und van Anrooij war allein, während hinter ihr Pieterse die Verfolgung aufnahm.
Spannend wurde es jetzt aber zusätzlich, weil noch vor Beginn des Kwaremont-Kopfsteinpflasters auch Kopecky, Georgi und van Empel wieder zur Favoritinnengruppe aufschlossen. Kopecky übernahm sofort die Führungsarbeit und machte bei nun wieder heftigem Regen Jagd auf van Anrooij sowie die dahinter folgenden Swinkels und Pieterse. Unter dem Tempodiktat der Weltmeisterin aber musste dann Teamkollegin Wiebes reißen lassen. Nur Vollering, Longo Borghini, Niewiadoma, Vos, Persico und Paternoster konnten Kopeckys Tempo über den Kwaremont hinweg noch folgen.
Auf dem Weg hinüber zum Paterberg holten die Verfolgerinnen 15 Kilometer vor Schluss Swinkels und bergauf dann auch Pieterse ein, während van Anrooij weiter allein an der Spitze lag. Knapp 15 Sekunden hinter der Niederländerin fuhren Niewiadoma und Longo Borghini den Paterberg am schnellsten hinauf und niemand konnte den Beiden mehr folgen. Vollering, Pieterse, Persico, Vos und Kopecky bildeten hinter ihnen ein Quintett, Swinkels und Paternoster wurden endgültig abgehängt.
Longo Borghini und Niewiadoma aber zogen durch, spannten nach der Kuppe 13 Kilometer vor Schluss sofort zusammen und fuhren gemeinsam zu van Anrooij vor, um dann zu dritt dem Ziel entgegen zu jagen. Sie wechselten sich gleichmäßig in der Führungsarbeit ab und bauten ihren Vorsprung auf das Verfolgerinnen-Quintett bis acht Kilometer vor Schluss auf über 20 Sekunden aus.
Diese Lücke verteidigten sie bis zum Schlusskilometer, wo dann die Taktikspielchen begannen. Van Anrooij zuckte als erste, Niewiadoma wehrte aber gut ab. Dann fuhr die Niederländerin alles von vorne und eröffnete den Sprint um den Sieg etwa 300 Meter vor Schluss. Niewiadoma zog vorbei und war ganz kurz vorne, doch aus der dritten Position war Longo Borghini klar die Schnellste und feierte so den zweiten Ronde-Triumph ihrer Karriere.
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