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10.08.2025 | (rsn) - Die Rechnung ist eigentlich einfach. Je weniger Gewicht die Schwerkraft nach unten zieht, desto weniger Kraft braucht man, um es nach oben zu bewegen. Bleibt die Kraft gleich, geht es eben schneller. Nimmt mit dem Gewicht auch die Kraft ab, ist nichts gewonnen, da es beim Radfahren ja nicht immer nur bergauf geht. Keine Raketenwissenschaft und der Grund, warum professionelle RadsportlerInnen meist recht schmal gebaut sind und sich ihre Silhouette für bestimmte Rennen zusätzlich verschmälern kann. Soweit, so normal. In einer wettkampforientierten Umgebung können dies aber die Zutaten für einen ungesunden Umgang mit dem Thema Körpergewicht sein.
Die Debatte, die im Männerradsport eigentlich recht selten ein Thema ist, ist nach dem Gewinn der Tour de France Femmes durch Pauline Ferrand-Prévot (Visma - Lease a bike) nun wieder aufgeflammt. Die Französin verlor für ihr großes Ziel bei ihrer Rückkehr auf die Straße deutlich an Gewicht und sicherte sich gleichzeitig mit zwei sehr souveränen Kletterleistungen die Rundfahrt. So kam nach ihrem Sieg die Frage auf, ob der Gewichtsverlust der Schlüssel für den Sieg und auch der Schlüssel für die Konkurrenz in den nächsten Jahren ist.
Konkret wurde diese Frage nach der Tour auch an die Zweitplatzierte Demi Vollering (FDJ - Suez) und ihren Sportdirektor Lars Boom herangetragen, wobei die Reaktionen sehr unterschiedlich ausfielen. Während Boom (FDJ - Suez) dies durchaus als möglichen Weg für die nächste Ausgabe der Tour de France sah, reagierte Vollering zurückhaltend: “Ich treffe jede Entscheidung in meiner Karriere – und werde das auch weiterhin tun – immer mit meiner Gesundheit an erster Stelle. Ich bin nicht dafür gebaut, die leichteste Fahrerin im Peloton zu sein und ich möchte meinen Körper nicht zwingen, etwas zu werden, das er nicht ist. Ich fahre schon jetzt auf höchstem Niveau – mit einem starken, schlanken, leistungsfähigen Körper”, erklärte die Niederländerin in den sozialen Medien. In ihrem Post betonte Vollering die Verantwortung gegenüber jüngeren Fahrerinnen. Dabei sagte sie, dass es nicht nur darauf ankommt, was gezeigt wird, sondern vor allem darauf, wie das Gezeigte kommuniziert wird.
Dass der Gewichtsverlust als Weg zum Erfolg durchaus negative Aspekte haben kann, zeigte Clara Koppenburg (Cofidis). Auf ihrem Instagram-Profil beteiligte sich die Deutsche an der Debatte von Vollering und Ferrand-Prévot und offenbarte ihre persönlichen Probleme mit diesem Thema. “In letzter Zeit wurde viel über Essgewohnheiten und mentale Gesundheit im Frauenradsport gesprochen. Ich bin dankbar, dass diese Gespräche stattfinden. Aber das ist nichts Neues. Es ist ein Schatten, der seit Jahren über unserem Sport liegt. Ich habe es erlebt. Ich habe meinen Körper bis an die Grenze gebracht. Und ich flog die Berge hinauf. Aber ich war nicht gesund. Ich war nicht glücklich. Ich war nicht ich.”
Und auch Ferrand-Prévot, die ihren Gewichtsverlust mit Leistung koppeln konnte, betonte in der Pressekonferenz nach der Tour die Risiken und wie wichtig die richtige Kommunikation dieses sensiblen Themas ist. "Eltern sollten ihre Kinder aufklären und ihnen sagen: Okay, Pauline ist jetzt so, weil sie sich auf die Tour de France vorbereitet, und das ist nicht für immer. Ich möchte nicht so bleiben, weil ich weiß, dass es nicht zu 100 Prozent gesund ist, aber wir hatten einen guten Plan mit dem Ernährungsberater im Team und alles ist unter Kontrolle.“ Die Französin unterstrich ebenso die Entbehrungen und den Einsatz, den dieser Sieg gekostet hat und sagte recht freimütig, dass sie sich im Moment nicht vorstellen kann, dies zu wiederholen.
Bei den Frauen kam dieses Thema schnell auf, fraglich, ob es bei den Männern ähnlich diskutiert worden wäre. Bestes Beispiel dafür ist Valentin Paret-Peintre (Soudal - Quick-Step). Der Franzose gewann die Etappe am Mont Ventoux. Bei einer Größe von 1,78 Metern und 52 Kilogramm, die über das Team veröffentlicht wurden sieht man ihm den Gewichtsvorteil noch deutlicher an als Ferrand-Prévot oder einer anderen Klassementfahrerin bei dieser Tour Femmes.
Die Fahrerinnen zeigen aber einen offenen und reflektierten Umgang mit diesem Thema und äußern sich dazu, in einer Art, wie es aus dem Männerpeloton noch nicht zu hören war.
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