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29.04.2023 | (rsn) - Wer am Freitagnachmittag den TV einschaltete, um das 18,7 Kilometer lange Einzelzeitfahren der Tour de Romandie (2.UWT) in Chatel-Saint-Denis zu verfolgen, sah als erstes sein Gesicht: Marco Brenner (DSM). Der 20-jährige Augsburger lag in Führung, als die Live-Übertragung begann und die Schweizer Regie spielte zunächst einige Replays aus seiner Fahrt zur Bestzeit ein. Knapp eine Stunde hielt das Märchen, dann übertrumpfte der Däne Mikkel Bjerg (UAE Team Emirates) den Deutschen - und bis zum Schluss waren noch zehn weitere Fahrer schneller.
Doch auch über Rang zwölf mit 25 Sekunden Rückstand auf Tagessieger Juan Ayuso (UAE Team Emirates) durfte sich Brenner an diesem 28. April freuen. Denn für den Youngster war es ein erster Lichtblick in einem bislang verkorksten Jahr 2023. "Ich bin ziemlich happy und denke, ich habe ein gutes Zeitfahren gezeigt", sagte er kurz nach seiner Zieldurchfahrt bereits am Eurosport-Mikrofon. Gegenüber radsport-news.com konnte er am Abend dann umfassender bilanzieren. ___STEADY_PAYWALL___
"Mit dem Zeitfahren bin ich schon zufrieden. Ich denke aber, dass auf jeden Fall noch mehr möglich ist", sagte er da. "Nach der Zwischenzeit hatte ich einen kurzen Hänger, wo ich mich aufrichten musste. Da verliert man natürlich auch etwas Zeit. So wäre vielleicht auch heute noch etwas mehr drin gewesen. Aber auf jeden Fall sehe ich, dass das Potential noch da ist. Das gibt mir ein gutes Gefühl." Marco Brenner gemeinsam mit Teamkollege Alberto Dainese auf der 1. Etappe der Tour de Romandie. | Foto: Cor Vos
Das war an diesem Freitagnachmittag in der Schweiz wahrscheinlich das Wichtigste: Die Erkenntnis, dass es trotz aller Rückschläge der letzten Monate noch geht. Brenner, der seit seiner Juniorenzeit als großes und vielleicht größtes deutsches Talent der letzten Jahre für die Berge und für Rundfahrten gilt, hatte das rund um seinen 20. Geburtstag im vergangenen Sommer eindrucksvoll unterstrichen, als er Fünfter im Einzelzeitfahren der Polen-Rundfahrt (2.UWT) sowie ebenfalls Fünfter bei einer Bergankunft der Vuelta a Espana (2.UWT) in Penas Blancas wurde.
Nicht wenige erhofften sich für 2023 nun den Durchbruch des Youngsters. Doch dann stoppte ihn sein Körper. "Die letzten Monate waren sehr durchwachsen. Ich war ziemlich viel krank im Frühjahr und mein Rückenproblem war teilweise eine totale Katastrophe", erklärte er nun radsport-news.com. Das Rückenproblem, es ist ein kleines Mysterium. Auch im Romandie-Zeitfahren spielte es, wie oben angesprochen, nach der Zwischenzeitnahme kurz eine Rolle. Immer wieder kämpft Brenner mit einer Blockade im Rücken. Die endgültige Erklärung dafür ist noch nicht gefunden.
Es könnte eine Spätfolge seines schweren Unfalls aus dem April 2020 sein, als Brenner im Training mit einem Traktor kollidierte. "Davon gehen wir aus. Aber vielleicht kommt am Chiemsee auch etwas anderes heraus nächste Woche", so Brenner. Denn nach der Tour de Romandie wird sich Brenner nach Hause nach Augsburg sowie zum Corox-Institut für Rehabilitation von Hans Friedl begeben, um dort an seinem Rücken zu arbeiten. Die Katalonien-Rundfahrt im März war eine Qual für Marco Brenner. | Foto: Cor Vos
"Ich habe schon im März in der Höhe am Teide ziemlich viel Stretching, Mobility- und Core-Training gemacht. Das mache ich immer noch und das schadet in jedem Fall nicht", meinte er. Doch ganz im Griff ist die Problem trotzdem noch nicht. "Bei der Katalonien-Rundfahrt habe ich mich auch nur von Tag zu Tag durchgekämpft. Erst dann in der Höhe auf Teneriffa konnte ich zumindest mal in Ruhe Kilometer sammeln. Jetzt ist es zwar in der Romandie immer noch nicht gut, aber wenigstens ist mein Grundlevel besser und ich kann es besser kompensieren."
Dass im Zeitfahren dann ein zwölfter Rang heraussprang und Brenner, der schon mit über 19 Minuten Rückstand in den Tag gestartet und daher sehr früh an der Reihe gewesen war, auch eine ganze Weile an der Spitze stand, beziehungsweise auf dem Hot Seat saß, gab ihm sehr wichtige Motivationspunkte. "Es war auf jeden Fall cool, auf dem Hot Seat zu sein für ein paar Minuten", so Brenner. "Überhaupt war es einfach gut für mich, mal wieder ein positives Ergebnis zu haben."
Bei der schweren Bergetappe mit Ankunft im Skiort Thyon 2.000 am Samstag will er sich jetzt wieder unterordnen und für seine Mannschaftskollegen arbeiten - allen voran Romain Bardet und dem ebenfalls erst 20-jährige Briten Max Poole, der im Zeitfahren drei Sekunden vor Brenner sogar Zehnter wurde.
Egal wie die Tour de Romandie zu Ende geht, Brenner nimmt in jedem Fall ein gutes Gefühl mit nach Hause, mit zu Hansi Friedl und auch mit in die zweite Saisonhälfte. Die beginnt für Brenner, so die aktuelle Planung, im Juni mit dem Critérium du Dauphiné. Danach folgen die Polen-Rundfahrt und ein Höhentrainingslager in Kühtai sowie schließlich - wie im Vorjahr - die Vuelta a Espana als Höhepunkt.
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