Überlegener Solo-Sieg der Belgierin

Kopecky verteidigt ihren Titel bei der Flandern-Rundfahrt

Von Felix Mattis

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Lotte Kopecky (SD Worx) hat bei der 20. Ausgabe der Flandern-Rundfahrt der Frauen (1.WWT) souverän ihren Titel verteidigt. | Foto: Cor Vos

02.04.2023  |  (rsn) – Lotte Kopecky (SD Worx) hat als erste Frau seit Mirjam Melchers im Jahr 2006 erfolgreich den Titel bei der Flandern-Rundfahrt (1.WWT) verteidigt. Die Belgierin setzte sich in Oudenaarde bei der 20. Auflage der Ronde nach 156,6 Kilometern als Solistin durch und gewann mit 36 Sekunden Vorsprung auf die erste siebenköpfige Verfolgerinnengruppe. Dort spurtete Kopeckys Teamkollegin Demi Vollering vor der Italienerin Elisa Longo Borghini (Trek – Segafredo) auf Rang zwei und machte nach dem Omloop Het Nieuwsblad und Strade Bianche den bereits dritten WorldTour-Doppelsieg für SD Worx in dieser Saison perfekt.

"Jeder hat mir auf Social Media fünf Sterne gegeben – das hat Druck gemacht. Aber es ist großartig, wie wir als Team das Rennen gefahren sind", freute sich Kopecky im Ziel. Die 27-Jährige hatte sich am Oude Kwaremont 17 Kilometer vor dem Ziel ihrer letzten Begleiterin, Silvia Persico (UAE Team ADQ), und fuhr von dort an als Solistin über den Paterberg in Richtung Oudenaarde.

"Persico ist eine sehr starke und auch schnelle Fahrerin. Deshalb war es mir zu riskant, mit ihr ins Ziel zu kommen", erklärte Kopecky ihre Tempoverschärfung am vorletzten Helling des Tages. Auf den letzten Kilometern hatte die Belgierin immer zwischen 30 und 50 Sekunden Vorsprung auf ihre Verfolgerinnen und konnte daher auf der Zielgeraden schließlich etwas locker lassen: "Als es fünf Kilometer vor Schluss noch 50 Sekunden Vorsprung waren, war mir klar: Okay, das reicht!"

Lippert rutscht am Koppenberg weg und ist danach chancenlos

Die vorentscheidende Szene des Rennens hatte es am Koppenberg 45 Kilometer vor Rennende gegeben. In dem berüchtigten, sehr steilen Kopfsteinpflaster-Abschnitt musste beinahe das ganze Feld absteigen und laufen, weil in der ersten Reihe sowohl Kopecky als auch Liane Lippert (Movistar) weggerutscht waren. Nach dem Koppenberg lag mit Kopecky sowie ihren Teamkolleginnen Marlen Reusser und Lorena Wiebes und Persico ein Quartett an der Spitze – und die Stärkste von ihnen wurde nicht mehr eingeholt.

"Ich dachte erst, es sei trocken. Dann war aber ein Teil doch feucht und ich bin weggerutscht", schilderte Kopecky das Koppenberg-Chaos aus ihrer Sicht. "Deshalb musste ich vom Rad und bin einfach losgerannt. Dann waren wir zu viert."

Für Lippert, die bis zu dem Vorfall sehr stark zu sein schien, endete das Rennen schließlich im Hauptfeld 3:45 Minuten hinter Siegerin Kopecky auf dem 30. Platz. Sieben Plätze vor ihr landete Romy Kasper (AG Insurance – Soudal – Quick-Step / + 3:45) als beste Deutsche eine Position hinter der besten Österreicherin Christina Schweinberger (Fenix – Deceuninck / + 3:45). Die Schweizerinnen Reusser (+ 0:36) und Elise Chabbey (Canyon – SRAM / + 3:38) kamen auf die Plätze sieben beziehungsweise elf.

So lief die Flandern-Rundfahrt der Frauen

Auf den größtenteils flachen ersten 65 Kilometern, einer in diesem Jahr neuen Schleife nordwestlich von Oudenaarde, passierte wenig. Das Peloton blieb zusammen, da auch der Wind nicht für Kantenrennen ausreichte. Als es dann in die Hügel ging, setzte sich die Neuseeländerin Ally Wollaston (AG Insurance – Soudal – Quick-Step) am Wolvenberg rund 90 Kilometer vor Schluss allein ab und fuhr bis zu 45 Sekunden Vorsprung heraus.

Nach rund 30 Kilometern im Solo sprangen Elise Chabbey (Canyon – SRAM) und Elinor Barker (Uno-X) zu ihr vor und das Trio erreichte 46 Kilometer vor Schluss den Fuß des Koppenbergs mit 15 Sekunden Vorsprung. Im gefürchteten Kopfsteinpflaster-Anstieg aber wurden sie sofort vom Feld gestellt, in dem zu diesem Zeitpunkt Annemiek van Vleuten (Movistar) fehlte. Die Weltmeisterin war kurz zuvor selbstverschuldet gestürzt und fuhr nun hinterher.

Am Koppenberg dann entstand Chaos: Reusser, Kopecky und Lippert führten das Feld die steile Rampe hinauf, bis Lippert und Kopecky nebeneinander wegrutschten und vom Rad mussten. Die Deutsche Meisterin kämpfte mit einer heruntergefallenen Kette – und hinter dem Duo musste so beinahe das gesamte Feld laufen. Nur Reusser und Silvia Persico (UAE Team ADQ) sowie Lorena Wiebes kamen problemlos durch. Kopecky reagierte gut und rannte sofort los, um über die Kuppe auch noch nach vorne aufschließen zu können – und so entstand ein Quartett mit drei SD-Worx-Fahrerinnen und Persico.

SD Worx vergibt das 3 gegen 1 und siegt trotzdem

Das Quartett erreichte die nächste Schlüsselstelle, den Taaienberg, acht Kilometer später mit gut 20 Sekunden Vorsprung auf eine neunköpfige Verfolgerinnengruppe, in der Trek – Segafredo zu dritt vertreten war. Am Taaienberg fiel Wiebes aus der Spitze zurück zu den Verfolgerinnen, wo auch Demi Vollering (SD Worx) noch dabei war. Lippert lag dort in einer dritten Gruppe mit unter anderem Cecilie Uttrup Ludwig (FDJ – Suez) und Elisa Balsamo (Trek – Segafredo) schon über eine Minute zurück, van Vleuten allein noch deutlich weiter hinten.

Am Kruisberg veränderte sich die Rennsituation knapp 30 Kilometer vor Schluss erneut: Nach Wiebes musste dort auch Reusser ihre Begleiterinnen ziehen lassen und fiel in die ebenfalls zerfallende Verfolgerinnengruppe zurück, so dass aus dem 3-gegen-1 für SD Worx in der Spitzengruppe ein Duell zwischen Kopecky und Persico wurde. Das Duo erreichte den Fuß des Oude Kwaremont 19 Kilometer vor Schluss aber nur noch mit 18 Sekunden Vorsprung auf Kopeckys Teamkolleginnen Reusser und Vollering sowie Shirin van Anrooij, Elisa Longo Borghini (beide Trek – Segafredo), Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM), Anna Henderson (Jumbo – Visma) und Juliette Labous (DSM).

Persico hat am Oude Kwaremont keine Chance mehr gegen Kopecky

Doch kaum erreichte die Spitze das Kopfsteinpflaster, lancierte Kopecky ihre entscheidende Attacke und ließ Persico scheinbar problemlos stehen. Die Belgierin fuhr nun allein dem Sieg entgegen, während die Italienerin sich dahinter gegen die Verfolgerinnen zu verteidigen versuchte. Am Paterberg aber wurde sie 13 Kilometer vor Schluss von van Anrooij, Niewiadoma und Vollering eingeholt.

Das Quartett kam zwar von 40 nochmal auf 35 Sekunden an Kopecky heran, doch dann herrschte zehn Kilometer vor Schluss keine Einigkeit mehr und der Abstand ging wieder auf 50 Sekunden hoch – da war die Entscheidung gefallen. Die Verfolgerinnengruppe wuchs anschließend wieder auf sieben Frauen an und die kämpften nur noch um Rang zwei.

Van Anrooij und Reusser machten dann die Arbeit, die Schweizerin fuhr den Sprint an und Vollering bezwang Longo Borghini auf dem Zielstrich, um den nächsten Doppelsieg für SD Worx perfekt zu machen.

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