RSNplusIn Polen Bergtrikot geholt

Heßmann machte “ausnahmsweise keine dummen Spielchen“

Von Kevin Kempf

Foto zu dem Text "Heßmann machte “ausnahmsweise keine dummen Spielchen“ "
Michel Heßmann (Jumbo - Visma) bei der Siegerehrung. | Foto: Cor Vos PRÜFEN

02.08.2022  |  (rsn) – Mit einer “guten Show“ ist Michel Heßmann (Jumbo – Visma) auf der 3. Etappe der Polen-Rundfahrt ins Bergtrikot gefahren. Er sicherte sich als Bester der fünf Ausreißer des Tages die Maximalpunktzahl und konnte neben dem Sondertrikot auch eine Menge Erfahrung mitnehmen, wie er radsport-news.com in einem Gespräch verriet.

Das Tragen des Bergtrikots bei einer WorldTour-Rundfahrt ist der bisher größte Erfolg im ersten Profijahr des Deutschen, doch das Ziel des Ausreißversuches war eigentlich ein ganz anderes. “Ich habe das nicht für das Bergtrikot gemacht, ich habe versucht für die Etappe zu fahren. Aber ich bin jetzt megazufrieden und es war wirklich ein sehr guter Tag“, freute sich Heßmann, der noch anfügte: “Und der Tag des Etappensieges kommt auch noch!“

Michel Heßmann bei der 3. Etappe der Polen-Rubndfahrt. | Foto: Cor Vos

___STEADY_PAYWALL___

Die 238 Kilometer lange Etappe von Krasnik nach Przemysl war das bisher längste Radrennen in der Karriere des Neoprofis. “Ich hatte zwei Optionen. Entweder ich fahre in einer größeren Ausreißergruppe mit oder ich lasse es ganz ruhig angehen und konzentriere mich auf andere Etappen“, meinte er. Doch seine Angriffslust siegte und er probierte wegzukommen; zunächst erfolglos. “Wie das halt so ist, wenn man ein Jumbo-Trikot anhat. Als ich gesprungen bin, sind immer sehr viele mitgegangen. Da wird irgendwie doch immer auf einen geachtet“, berichtete Heßmann über die Nachteile für das erfolgreichste Team der Welt zu fahren.

So fuhr ein Quartett ohne den Deutschen weg und die Chance schien vertan. “Bora wollte es eigentlich beenden und hat dicht gemacht“, erinnerte er sich. “Zum Glück hat ein Pole nochmal attackiert und das war meine einzige Chance, um den anderen Vier noch hinterherzufahren.“ Doch statt der erhofften großen Gruppe jagte Heßmann als Solist ein Quartett. “Im Radio wurde mir mahnend gesagt, dass ich mir das gut überlegen soll, um sechs Stunden in einer Fünfergruppe vor dem Feld zu fahren“, blickte er zurück, denn erst bei über zehn Leuten mache so eine Flucht Sinn, da es dann reelle Chance gäbe, wie der 21-Jährige berichtete. “Zum Glück war die Leistung gut und konnte ich eine gute Show machen, ansonsten wäre das vielleicht einfach nur blöd gewesen“, lachte er.

Heßmann im Trikot der erfolgreichsten Mannschaft der Welt. | Foto: Cor Vos

In der Ruhe liegt die Kraft

Auch das Feld schätze die Gefahr des Quintetts nicht sehr hoch ein, denn innerhalb von nur 30 Kilometern stieg sein Rückstand sehr schnell an. “Die geben uns natürlich nur acht Minuten, weil sie das relativ einfach zurückholen können“, so Heßmann, der mit seinen Fluchtgefährten beschloss, das Peloton austricksen zu wollen und ihm das Gefühl zu geben, dass es sie leicht einholen kann. Die Fünf ließen es entsprechend anfangs eher locker angehen.

“Ich habe mich den ganzen Tag total ruhig gehalten und genug gegessen und getrunken. Außerdem habe ich ausnahmsweise mal keine dummen Spielchen gemacht. Ich habe meine Kräfte oft schon vor dem Finale verbraucht. Jetzt wollte ich es einmal vernünftig machen und schauen, ob das wirklich so viel bringt, wie alle sagen“, erklärte Heßmann, der die positiven Effekte des Körnersparens nie so richtig einschätzen oder sogar glauben konnte. Doch das änderte sich auf dem Weg nach Przemysl: “Heute habe ich gemerkt, wenn ich das alles weglasse, kann ich tatsächlich sehr schnell fahren am Ende.“ Eine Einsicht, die wohl nicht nur ihm selbst, sondern auch seinem Sportlichen Leiter gefällt. “Robert Wagner wird sich sehr freuen, wenn er das liest. Er war einer der Leute, die mir das tausend Mal gepredigt haben“, lachte der Youngster.

Heßmann führt das Ausreißerquintett an. | Foto: Cor Vos

Sehr schnell fahren, abschütteln und punkten

Dass er “am Ende sehr schnell fahren kann“ spürten auch seine Begleiter am ersten Anstieg. “Ich habe mich an dem Berg direkt sehr gut gefühlt und sofort gemerkt, dass nicht so viel Gegendruck kam. Dann habe ich geschaut was möglich ist und bin voll hochgefahren“, blickte er auf seinen Angriff, bei dem er alle Konkurrenten abschüttelte, zurück.

So gewann er nicht nur ungefährdet die drei Zähler an der Solca (3.Kat.) nach 200 Kilometern, sondern auch die fünf an der Kalwaria Paclawska (2.Kat.) sieben Kilometer später. Weitere sechs Kilometer danach wurde es an der Gruszowa (3.Kat.) allerdings spannend, denn im Rückspiegel wurde das Feld immer größer. “Das hat mich mental ein bisschen verunsichert“, gab Heßmann zu. “Ich wollte auf jeden Fall nicht vor der Bergwertung gestellt werden und ganz sicher nicht vorher abgehängt werden, denn da hätte ich das ganze Stück zum Ziel noch allein fahren müssen und da hatte ich auch keine Lust drauf“, erzählte der Jumbo-Fahrer, der sein Tempo noch so einteilen konnte, dass er erst direkt nach dem Bergpreis eingeholt wurde.

Auf dem Weg zu Bergpunkten: Heßmann hat seine Begleiter abgeschüttelt. | Foto: Cor Vos

Mit elf Punkten führt er nun die Bergwertung an. Damit hat er acht Zähler mehr auf seinem Konto als der Zweitplatzierte und somit eine reelle Chance das Trikot auch am Ende der Rundfahrt zu tragen. “Wir haben darüber gesprochen. Unsere erste Priorität ist Olav für die Sprints, aber eventuell bekomme ich Dienstag die Freiheit, um den Tag für mich zu nehmen und mir das Bergtrikot zu sichern“, verriet er. “Wenn ich mir morgen genug Punkte hole, könnte es gut aussehen, dass ich das Trikot behalte“, blickte Heßmann abschließend voraus. Am Dienstag stehen drei Bergwertungen der zweiten Kategorie und somit maximal 15 zu erzielende Zähler auf dem Programm.

Mehr Informationen zu diesem Thema

05.08.2022Démare nutzt in Krakau die letzte Chance, Bauhaus wird Dritter

(rsn) – Arnaud Démare (Groupama – FDJ) hat zum Abschluss der 79. Polen-Rundfahrt (2.UWT) seinen fünften Saisonsieg eingefahren. Der 30-jährige Franzose ließ auf der 7. Etappe über 177,8 Kilo

05.08.2022Vorschau auf die Rennen des Tages / 5. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

04.08.2022Arensman gewinnt Zeitfahren, Teamkollege Brenner wird Fünfter

(rsn) – Thymen Arensman (DSM) hat das für die Gesamtwertung vorentscheidende Bergzeitfahren der 79. Polen-Rundfahrt für sich entschieden und den ersten Sieg seiner Profikarriere gefeiert. Der 22-j

04.08.2022Jetzt erst festgestellt: Tolhoek bricht sich Rippen und die Schulter

(rsn) – Antwan Tolhoek (Trek – Segafredo) hat sich bei seinem Sturz zum Auftakt der Polen-Rundfahrt schlimmer verletzt als zunächst gemeldet. Wie der Niederländer auf Twitter mitteilte, sei bei

04.08.2022Higuita will im Bergzeitfahren alles geben und Gelb verteidigen

(rsn) – Nach dem Sturz auf der 4. Etappe, bei dem er ohne schlimmere Blessuren davon kam, erlebte Sergio Higuita (Bora – hansgrohe) auf dem fünften Teilstück der Polen-Rundfahrt keinen Schreckmo

04.08.2022Bauhaus` Erfolgsrezept: Timing, Positionierung und Taktik

p>(rsn) – Noch fehlt Phil Bauhaus (Bahrain Victorius) ein GrandTour-Etappensieg in seinen Palmares. Auch gehört der Kölner nicht zu den Sprintern, die Siege in Serie einfahren. Aber wenn Bauhaus g

04.08.2022Vorschau auf die Rennen des Tages / 4. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

03.08.2022Steimle muss Burgos mit Schlüsselbein-Fraktur verlassen

(rsn) – Jannik Steimle (Quick-Step Alpha Vinyl) hat sich bei dem schlimmen Massensturz auf den letzten 500 Metern der 2. Etappe der Burgos-Rundfahrt das rechte Schlüsselbein gebrochen. Wie sein Tea

03.08.2022Nach Ackermann kann auch Bauhaus in Polen jubeln

(rsn) – Nachdem er sich zum Auftakt der 79. Polen-Rundfahrt (2.UWT) in Lublin noch Olav Kooij (Jumbo – Visma) hatte geschlagen geben musste, war Phil Bauhaus (Bahrain Victorius) auf der 5. Etappe

03.08.2022Vorschau auf die Rennen des Tages / 3. August

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

02.08.2022Ackermann in Polen mit “ganz, ganz, ganz wichtigem Sieg“

(rsn) – Viel Grund zum Jubeln hatte Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) in diesem Jahr noch nicht. Auch wegen eines Steißbeinbruchs konnte er in den ersten sieben Monaten des Jahres gerade einmal

02.08.2022Ackermann feiert fünften Etappensieg in Polen

(rsn) - Mit seinem ersten Sieg seit Mitte März hat Pascal Ackermann (UAE Team Emirates) auf der 4. Etappe der Polen-Rundfahrt vier sieglose Monate abgeschlossen. Nach 179 Kilometern zwischen Lesko u

Weitere Radsportnachrichten

28.11.2025Auch Flanders Classics gegen ein allgemeines Eintrittsgeld

(rsn) – In der Diskussion um einen mögliches Eintrittsgeld bei Radrennen hat sich nun auch Flanders Classics zu Wort gemeldet. Wie bereits der Radsportweltverband UCI und die ASO reagiert der Veran

28.11.2025Intermarché verabschiedet Girmay mit emotionalem Video

(rsn) – Alle Zeichen deuteten schon seit einiger Zeit daraufhin, dass Biniam Girmay nach der Fusion von Intermarché – Wanty und Lotto nicht zum neuen Aufgebot gehören wird. Der Eritreer selbst h

28.11.2025Äthiopische WM-Siebte Kahsay Kiros zum Canyon-Nachwuchsteam

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

28.11.2025Einer geschmeidigen Saison folgt nun die Masterarbeit

(rsn) - Neues Jahr, neues Team – das war in der Vergangenheit bei Miguel Heidemann nur allzu oft der Fall. Ungewollt, freilich. Und so auch im letzten Winter. Erst im Februar war er bei Rembe – ra

28.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

27.11.2025Mit guten Beinen in Kigali zu WM-Silber

(rsn) – Auf der Liste mit den großen Überraschungen des Jahres 2025 muss Jan Huber (Remax Racingteam) unbedingt vermerkt sein. Denn der 20-jährige Schweizer war vor der Saison ein unbeschriebenes

27.11.2025In Abu Dhabi künstlicher Anstieg zu Pogacars Gunsten?

(rsn) – Wer gedacht hat, dass die Straßen-WM in Abu Dhabi 2028 zu einer Angelegenheit für die Sprinter werden würde, könnte sich getäuscht haben. Wie die spanische Sportzeitung Marca in Erfahru

27.11.2025Hat Lipowitz bereits Langzeitvertrag bei Red Bull unterschrieben?

(rsn) – Wie die belgische Zeitung Het Laatste Nieuws berichtete, bemühe sich das ab 2026 mit deutscher Lizenz ausgestattete Team Lidl – Trek um eine Verpflichtung von Florian Lipowitz zur Saison

27.11.2025Del Toro Mexikos Sportler des Jahres

(rsn) – Isaac Del Toro ist in Mexiko zum Sportler des Jahres gewählt worden. Der Profi von UAE – Team Emirates – XRG feierte in der abgelaufenen Saison nicht weniger als 18 Siege, nur sein Team

27.11.2025“Schwer erkrankt“: Lefevere mehr als drei Wochen in der Klinik

(rsn) – Der langjährige Soudal-Quick-Step-Teammanager Patrick Lefevere war nach eigenen Worten “schwer erkrankt“ und musste 24 Tage im AZ Delta Krankenhaus in Roeselare verbringen. Wie der Belg

27.11.2025Thomas soll als Renndirektor Ineos zu Grand-Tour-Siegen führen

(rsn) – Geraint Thomas hat nach der Tour of Britain seine lange eund erfolgreiche Karriere beendet. Allerdings wird der 39-jährige Waliser auch künftig in Diensten von Ineos Grenadiers stehen. Wie

27.11.2025Gaviria mit 2,36 Promille am Steuer: Zwei Jahre Fahrverbot

(rsn) – Fernando Gaviria ist wegen Trunkenheit am Steuer von einem Gericht in Monaco zu einer zweimonatigen Bewährungsstrafe und einem zweijährigen Fahrverbot verurteilt worden. Der 31-jährige Ko

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)