In Lüttich auf den letzten Metern an Alaphilippe vorbei

Pogacar nutzt den Gegenwind auf der Zielgeraden zum Sieg

Von Felix Schönbach

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Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat Lüttich-Bastogne-Lüttich gewonnen. | Foto: Cor Vos

25.04.2021  |  (rsn) - Bei der 107. Austragung von Lüttich-Bastogne-Lüttich gewann Tadej Pogacar sein erstes Monument. Julian Alaphilippe (Deceuninck-Quickstep) musste sich nach 258 Kilometern abermals im finalen Sprint in Lüttich geschlagen geben. Der letzte Podiumsplatz ging an David Gaudu (Groupama-FDJ). Marc Hirschi (UAE-Emirates) und Maximilian Schachmann (Bora-Hansgrohe) landeten auf den Plätzen sechs und neun.

Pogacar konnte sich gemeinsam mit Alaphilippe, Gaudu, Alejandro Valverde (Movistar) und Michael Woods (Israel Start-Up Nation) am letzten Anstieg zur Côte de la Roche-aux-Faucons aus dem Favoritenfeld absetzen. Anschließend sprintete das Quintett in Lüttich um den Sieg. Bis 50 Meter vor dem Ziel sah Alaphilippe wie der Sieger aus, doch Pogacar zog kurz vor der Ziellinie noch vorbei. Der Slowene hatte die stärksten Beine und profitierte ein wenig vom Gegenwind auf der Zielgeraden.

"Mir fehlen die Worte. Ich liebe dieses Rennen und gegen diese große Namen zu gewinnen ist unglaublich. Ich wusste, dass Alaphilippe einen längeren Sprint fährt, deshalb bin ich hinter ihm geblieben. Am Ende war es glücklich, dass der Wind günstig stand und ich von hinten kommen konnte", erklärte Pogacar nach dem Rennen. Der 22-jährige ist der erste amtierende Tour-de-France-Champion seit Bernard Hinault im Jahre 1980, der die 'Doyenne' gewinnen konnte. Außerdem ist er seit Hinaults Erfolg im Jahr 1977 der jüngste Sieger des Rennens.

Pogacar krönte eine starke Vorstellung seines UAE Team Emirates, das mit Marc Hirschi einen weiteren Fahrer auf dem sechsten Rang platzieren konnte. Nach der Corona bedingten Quarantäne – am Mittwoch musste man den Flèche Wallonne deshalb auslassen - fuhr das Team mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch. "Wir waren sehr enttäuscht, dass wir den Flèche Wallonne nicht fahren konnten. Deshalb waren wir für heute extra motiviert", meinte Pogacar. Für den Slowenen geht der Blick nun wieder Richtung Juli: "Jetzt ruhe ich mich aus, verbringe etwas Zeit mit der Familie und bereite mich dann auf die Tour de France vor."

Für Alaphilippe verlief der finale Sprint zwar genauso erfolglos wie im letzten Jahr, aber der Weltmeister zog ein versöhnliches Fazit seiner Ardennen-Woche. "Ich habe am Mittwoch einen schönen Sieg beim Flèche Wallone eingefahren. Heute war es ein hartes Rennen. Mein Team hat eine gute Arbeit geleistet, um mich zu beschützen. Ich habe versucht zu gewinnen, aber Tadej war stärker", lobte Alaphilippe seinen Konkurrenten. Auch der Franzose wird nach seiner langen Klassikerkampagne erstmal eine Pause einlegen.

Euphorisch war hingegen Gaudu, der eines der größten Resultate seiner Karriere einfuhr. "Ich bin hergekommen, um meinen sechsten Platz von vor zwei Jahren zu verbessern. Das ist mir gut gelungen. Hinter einem Alaphilippe und einem Pogacar, die beide Champions sind, auf das Podium zu fahren, ist eine Ehre", erzählte Gaudu glücklich. Der 24-jährige hatte auf den letzten Metern eine besondere Motivation: "Valverde hat den Sprint von weit weg eröffnet. Als ich gesehen habe, dass ich aufs Podium kommen kann, habe ich Krämpfe bekommen. Ich musste an einen Freund von mir denken, mit dem ich eine Wette abgeschlossen hatte", sagte er. Worum genau es bei dieser Wette ging, behielt er aber für sich.

In der Verfolgergruppe konnte Schachmann als bester Deutscher auf den neunten Rang sprinten. Eine skurrile Randnotiz wurde die nachträgliche Disqualifikation von Richard Carapaz (Ineos Grenadiers), der im Finale attackiert hatte und eine Weile allein an der Spitze fuhr. Der Ecuadorianer wurde von der Jury nachträglich – er war als 29. ins Ziel gefahren - wegen einer nun verbotenen Abfahrtposition ausgeschlossen. Insgesamt zählte diese Ausgabe von Lüttich-Bastogne-Lüttich zu einer der unterhaltsamsten in den letzten Jahren.

So lief das Rennen:

Kurz nach dem Start bildeten Mathijs Paasschens und Laurens Huys (Bingoal Pauwels - Sauces WB), Loic Vliegen und Lorenzo Rota (Intermarché - Wanty Gobert Matériaux), Tomasz Marczynski (Lotto Soudal), Sergej Chernetski (Gazprom - Rusvelo), sowie Aaron Van Poucke (Sport Vlaanderen - Baloise) die Gruppe des Tages. Das Septett erarbeitete sich einen Vorsprung von maximal 10:30 Minuten. Im Feld leisteten Movistar, UAE-Team Emirates, Deceuninck – Quick-Step und Jumbo - Visma die Nachführarbeit.

An der Côte de Wanne, knapp 80 Kilometer vor dem Ziel, eröffnete Luis Leon Sánchez (Astana – Premier Tech) eine Rennphase, die von vielen Attacken geprägt war. Nach der Côte de Haut-Levée versuchten auch Philippe Gilbert (Lotto Soudal) und Greg Van Avermaet (AG2R – Citroen) ihr Glück. Am anschließenden Col de Rosier waren Tempoverschärfungen von Nikias Eg (Trek - Segafredo), Alex Aranburu (Astana – Premier Tech), Simon Geschke und Ruben Fernandez (Cofidis), sowie Tim Wellens (Lotto Soudal) zu verzeichnen.

Doch erst Harm Vanhoucke (Lotto Soudal), Mark Donovan (DSM) und Mark Padun (Bahrain – Victorious) konnten sich knapp 55 Kilometer vor dem Ziel erfolgreich vom Feld absetzen. Das Trio reduzierte den Rückstand auf die Spitzengruppe bis auf eine Minute. Doch das vor allem von Pieter Serry (Deceuninck – Quick-Step) angeführte Feld ließ die drei Verfolger nicht gewähren und schnappte sie kurz nach der Cote de la Redoute.

Dort hatte Ineos Grenadiers das Tempo mit Tao Geoghegan Hart und Adam Yates verschärft. Das Feld teilte sich kurzzeitig und im Gegensatz zu den restlichen Favoriten befand sich Alaphilippe in der zweiten Gruppe. Doch der Weltmeister wurde von seinen Teamkollegen zurückgebracht. Die Spitzengruppe hatte sich inzwischen auf Vliegen, Rota, Marczynski und Huys reduziert. Vliegen setzte sich kurzzeitig allein ab, aber alle Spitzenreiter wurden an der Cote des Forges, 23 Kilometer vor dem Ziel, wieder gestellt.

Ineos Grenadiers verschärfte an dieser Steigung mit Adam Yates abermals das Tempo. Es bildete sich eine knapp 15 Fahrer starke Spitzengruppe, in der sich auch Pogacar befand. Das Feld holte diese Spitzengruppe auf den nächsten Kilometern wieder ein, doch zuvor konnte sich Carapaz absetzen. Carapaz erreichte den Fuß der Côte de la Roche-aux-Faucons mit einem Vorsprung von knapp 20 Sekunden. Weil er in der Abfahrt in der verbotenen Sitzposition Supertuck versuchte, Zeit gutzumachen, wurde er später disqualifiziert. Im Feld kontrollierte James Knox (Deceuninck – Quick-Step) das Tempo für Alaphilippe.

Erst wenige Meter vor dem Gipfel zerrissen zunächst Davide Formolo (UAE-Emirates) und anschließend Woods das Feld mit Tempoverschärfungen. Woods zweitem Angriff konnten nur noch Alaphilippe, Pogacar, Gaudu und Valverde folgen. Dahinter formierte sich eine größere Verfolgergruppe um Vorjahressieg Primoz Roglic (Jumbo - Visma), Hirschi und Schachmann. Auf der leicht ansteigenden Straße nach dem Anstieg versuchte Woods sich nochmal erfolglos abzusetzen.

Auf den letzten 10 Kilometern nach Lüttich blieb der Abstand zwischen der ersten und der zweiten Gruppe bei um die 30 Sekunden. Die fünf Spitzenreiter arbeiteten bis zum letzten Kilometer gut zusammen. Nach einer kurzen Zeit des Abwartens übernahm Valverde die Führung und eröffnete den Sprint knapp 200 Meter vor dem Ziel. Alaphilippe zog 100 Meter vor der Linie vorbei, wurde auf den letzten Metern noch von Pogacar abgefangen. Dahinter führte Hirschi die Verfolger ins Ziel.

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