Plouay: Klettererinnen verzocken sich

Bujak fährt mit mutigem und cleverem Sprint zum größten Erfolg

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Bujak fährt mit mutigem und cleverem Sprint zum größten Erfolg"
Eugenia Bujak (BTC City Ljubljana) hat überraschend den GP Plouay gewonnen. | Foto: Cor Vos

27.08.2016  |  (rsn) - Eine Woche nach dem Überraschungscoup von Emilia Fahlin (Alé Cipollini) in Vargarda ist auch das vorletzte Rennen der ersten Women's WorldTour-Saison in Plouay mit dem Sieg einer Außenseiterin zu Ende gegangen: Eugenia Bujak (BTC City Ljubljana) setzte sich im Sprint einer 15-köpfigen Spitzengruppe mit nahezu allen Favoritinnen vor Elena Cecchini (Canyon-SRAM) und Joelle Numainville (Cervelo-Bigla) durch, die Cervelo-Bigla den vierten Podestplatz in den letzten fünf WWT-Events sicherte.

"Das war das beste Rennen meines Lebens. Ich bin so glücklich und kann es immer noch nicht glauben, dass ich das geschafft habe", sagte die Polin Bujak, die vor zwei Wochen schon zwei Etappen der Route de France gewonnen hatte, mit Freudentränen in den Augen im Siegerinterview. Dabei schien der Zug zum Sieg vier Kilometer vor dem Ziel am in Plouay stets vorentscheidenden Anstieg Cote de Ty Marec bereits abgefahren zu sein. Dem Tempo von Elisa Longo Borghini (Wiggle-High5), Kasia Niewiadoma (Rabo-Liv), Megan Guarnier (Boels-Dolmans), Alena Amialiusik (Canyon-SRAM), Numainville (Cervelo-Bigla) und Katrin Garfoot (Orica-AIS) konnte Bujak dort nicht mehr folgen.

"Es war sehr schwer, mit den Anderen über den letzten Anstieg zu kommen", so Bujak nach dem Rennen und vermutete: "Aber ich hatte Glück, dass die Mädels wohl auf Marianne Vos gewartet haben." Die Niederländerin Vos hatte an Ty Marec ebenso abreißen lassen müssen wie Cecchini, Carmen Small (Cylance) oder Leah Kirchmann (Liv-Plantur). Doch nach der Steigung gab es keine Einigkeit in der Spitzengruppe und so rollten die eigentlich längst Geschlagenen angeführt vom Alé Cipollini-Duo Ane Santesteban und Malgorzata Jasinska einen Kilometer vor dem Ziel wieder heran.

Nun spannte sich Amanda Spratt (Orica-AIS) vor die Gruppe und führte sich auf die Zielgerade, um für Garfoot den Sprint anzufahren - und nahezu alle Kontrahentinnen konzentrierten sich am linken Straßenrand nun aufs Hinterrad der australischen Klettererin. Nur Bujak nicht. Sie saß ganz am Ende der Gruppe, begann ihren Sprint als erstes und spurtete rechts an allen vorbei. Die Reaktionen kamen zu spät, auch wenn Cecchini endschneller war, kam die Italienerin nicht mehr vorbei.

"Ich denke, wir waren alle etwas müde - auch mental, weil es ein Olympiajahr ist", sagte Cecchini im Ziel. "Ich liebe dieses Rennen, weil es wirklich hart und fordernd ist und bin nur etwas traurig, weil es im Sprint sehr eng war." Die Drittplatzierte Kanadierin Numainville verpasste den Sieg zwar beinahe genauso knapp, strahlte auf dem Siegerpodest aber trotzdem übers ganze Gesicht. Sie war ein bärenstarkes Rennen gefahren und hatte es im Ty-Marec-Anstieg zur Überraschung vieler geschafft, bei den Kletter-Leichtgewichten mitzuhalten. "Ich habe mich im Anstieg jedes Mal gut gefühlt und wünschte, dass unsere Sechsergruppe vorne geblieben wäre. Denn ich glaube dann hätte ich gewonnen", sagte Numainville im Ziel.

Schlüssel zu dieser Leistung war auch ihr taktisch cleveres Verhalten - genau wie bei Bujak. Beide hielten sich im von unzähligen Attacken geprägten Rennverlauf bis zum Schluss zurück und schlüpften immer gerade so mit, wenn sich die Spitzengruppe verkleinerte. So blieben am Ende genug Reserven für ein gutes Finale. "Thomas (Campana, ihr Spordirektor, d. Red.) hat mir immer wieder gesagt 'sei geduldig, sei geduldig', also habe ich einfach gewartet und am Ende hat es geklappt", so Numainville.

Ganz anders Boels-Dolmans: Das über die Saison dominierende Team riss auch in Plouay mit aller Gewalt das Rennen an sich, bolzte viel Tempo und vereitelte immer wieder Angriffe der niederländischen Konkurrenz aus dem Rabo-Liv-Lager.

Dafür mussten die Weltranglistenersten letztlich zahlen. Zwar schafften sie 38 Kilometer vor dem Ziel noch zu viert den Sprung in die 20 Fahrerinnen starke Kopfgruppe. Doch 25 Kilometer vor dem Ziel bekundeten auch Nikki Harris und Lizzie Armitstead nach langer Tempojagd hinter Ausreißerin Lucinda Brand (Rabo-Liv) Probleme. Mit nur noch 15 Frauen ging es schließlich auf die 13,4 Kilometer lange Schlussrunde, nachdem Brand gestellt und auch weitere Angriffe von Niewiadoma, Amialiusik, Vos und Spratt abgewehrt waren.

Kurzzeitig kehrte Ruhe ein und diesen Moment nutzte Kirchmann für eine beherzte Attacke. Die endschnelle Kanadierin setzte sich schnell auf über 20 Sekunden ab und hielt auch noch dagegen als Vos hinten versuchte, mit einem Kraftakt die Lücke zu schließen. Sieben Kilometer vor dem Ziel standen zwar nur noch elf Sekunden auf der Uhr, doch 4,5 Kilometer vor Schluss bog Kirchmann wieder mit 20 Sekunden in den Ty-Marec-Anstieg ein. Dort aber stand sie förmlich, als Niewiadoma die besten Klettererinnen mit hoher Geschwindigkeit an ihr vorbeiführte.

So entstand jene Sechsergruppe mit Longo Borghini, Niewiadoma, Amialiusik, Guarnier, Numainville und Garfoot, doch nur die drei Erstgenannten beteiligten sich an der Führungsarbeit, und so konnten sich die neun Abgehängten hinten noch einmal formieren und die Lücke schließen, so dass es zum Sprint kam.

Ergebnis:
1. Eugenia Bujak (BTC City Ljubljana)
2. Elena Cecchini (Canyon-SRAM) s.t.
3. Joelle Numainville (Cervelo-Bigla) s.t.
4. Kasia Niewiadoma (Rabo-Liv) s.t.
5. Megan Guarnier (Boels-Dolmans) s.t.
6. Leah Kirchmann (Liv-Plantur) s.t.
7. Carmen Small (Cylance Pro Cycling) s.t.
8. Katrin Garfoot (Orica-AIS) s.t.
9. Elisa Longo Borghini (Wiggle-High5) s.t.
10. Alena Amialiusik (Canyon-SRAM) s.t.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

14.12.2025Trotz “vieler Fehler“: Van der Poel triumphiert in Namur

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) steht im Cross für Perfektion – deshalb aber auch für Langeweile. Von beidem konnte bei seinem Saisoneinstand beim Weltcup in Namur allerdin

14.12.2025Brand auch beim Weltcup in Namur eine uneinnehmbare Festung

(rsn) – Die Niederländerin Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat auch beim Weltcup in Namur zugeschlagen. Mit ihrem zehnten Sieg im zwölften Saisoneinsatz baute die Weltranglistenerste ihre

14.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

13.12.2025Nach der Tour irgendwie gegen die Wand gefahren

(rsn) – Erst einmal vor dieser Saison wagte sich die Tiroler Mountainbikerin Mona Mitterwallner auf die Straße, 2021 bei den Europameisterschaften im U23-Rennen der Frauen, bei dem sie Elfte wurde.

13.12.2025Van der Heijden in Kortrijk mit lupenreinem Start-Ziel-Sieg

(rsn) – Aus den Startblöcken kam sie beim Exact Cross in Kortrijk als Beste, ins Ziel kam sie als Erste – und auch zwischendrin hat Inge van der Heijden (Crelan – Corendon) die Führung keinen

12.12.2025Quereinsteigerin verdiente sich Respekt im WorldTour-Feld

(rsn) – Aus Bonaduz in der Nähe von Chur stammt Ginia Caluori, die in diesem Jahr nicht nur auf der Straße ihre ersten Topresultate einfahren konnte, sondern auch auf dem Mountainbike - und das al

11.12.2025Dem Karrierebuch ein neues Kapitel hinzugefügt

(rsn) – Eine Verletzung sorgte dafür, dass sich Carina Schrempf vor einigen Jahren dem Radsport zuwandte. Aus der Leichtathletin wurde eine Radsportlerin, die 2023 ihr Profidebüt bei Fenix – Dec

08.12.2025“Schwieriger“ Tanz auf drei Hochzeiten ist gelungen

(rsn) – Mehrere Sportarten auf einem hohen Niveau zu betreiben ist alles andere als einfach. Im Nachwuchs sauste Tabea Huys (Liv Alula – Jayco Continental) im Triathlon, im Schwimmen und auch im R

07.12.2025Brand stürmt auf Sardinien weinend zum Premierensieg

(rsn) – Ein Jahr nach der wegen eines Sturmes abgesagten Weltcup-Premiere auf Sardinien hat sich Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) den Sieg auf der italienischen Insel gesichert. Beim Weltcup

07.12.2025Zurück zu den Wurzeln als teamfreie Einzelkämpferin

(rsn) - Gerade einmal fünf Renntage fanden sich im Jahreskalender der Straßenolympiasiegerin von 2021, der Österreicherin Anna Kiesenhofer. Nach zwei Saisons in der WorldTour trat sie zumindest spo

06.12.2025Im Oderland über sich hinausgewachsen

(rsn) - Elisa Winter verbrachte 2025 ihr erstes Jahr bei einem nicht-österreichischen Team. Die 21-Jährige aus der Steiermark zog es nach Deutschland, zu den Wheel Divas, und feierte bei der Oder-Ru

05.12.2025Als die Form da war, war das Team weg

(rsn) – Nachdem Liv Wenzel (Hess Cycling Team) die Saison 2024 aufgrund einer Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber früher als geplant beenden musste, meldete die Luxemburgerin sich zu Jahresbe

Weitere Radsportnachrichten

14.12.2025Hansen: “Die Fahrer werden gehört – ein gutes Zeichen“

(rsn) - Beim alljährlichen WorldTour-Seminar des Radsportweltverbandes UCI nahm das Thema Fahrersicherheit wieder größeren Raum ein. Adam Hansen, Chef der Fahrergewerkschaft CPA, zeigte sich im Ges

14.12.2025Del Toros Tour-Ziel 2026: “So viel und schnell wie möglich lernen“

(rsn) – Nach der schmerzhaften Niederlage gegen Simon Yates (Visma – Lease a Bike) im Finale des Giro d´Italia 2025 und einem fulminanten Herbst, in dem er bei den italienischen Klassikern von Si

14.12.2025Highlight-Video des Cross-Weltcups von Namur

(rsn) – Er kam, kämpfte und siegte: In einem packenden Duell hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) zu seinem Saisoneinstieg den Weltcup von Namur gewonnen. An der berühmten Zitadelle v

14.12.2025Von Krämpfen geplagt: Überrundeter Fahrer sorgt für Durcheinander

(rsn) – Ein Krampf fühlt sich nie sehr angenehm an. Kaum besser dürfte es für Vilmar Aastrup gemacht haben, dass sein Malheur beim Weltcup in Namur vom belgischen Fernsehen live und in aller Ausf

14.12.2025Trotz “vieler Fehler“: Van der Poel triumphiert in Namur

(rsn) – Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) steht im Cross für Perfektion – deshalb aber auch für Langeweile. Von beidem konnte bei seinem Saisoneinstand beim Weltcup in Namur allerdin

14.12.2025Brand auch beim Weltcup in Namur eine uneinnehmbare Festung

(rsn) – Die Niederländerin Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat auch beim Weltcup in Namur zugeschlagen. Mit ihrem zehnten Sieg im zwölften Saisoneinsatz baute die Weltranglistenerste ihre

14.12.2025Der DM-Titel überstrahlte den Tour-Rückschlag

(rsn) – Seine sechste Saison als Berufsradfahrer war für Georg Zimmermann eine mit Höhen und Tiefen. Ein unerwarteter Sieg, ein Sturz und das frühe Aus beim Saisonhöhepunkt, der größte Erfolg

14.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

14.12.2025Ein Weltcupsieg, sechs Titel und “beschissene Monate“

(rsn) – Im niederländischen Hulst finden vom 30. Januar bis zum 1. Februar die Cross-Weltmeisterschaften statt. Der Parcours auf der Festungsanlage ist technisch und schwer – und er liegt Marie S

14.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

14.12.2025Almeida: “Pogacar braucht mich nicht, um eine GT zu gewinnen“

(rsn) – Joao Almeida wird im kommenden Jahr voraussichtlich kein einziges Rennen an der Seite von Tadej Pogacar bestreiten, sondern stattdessen durchgängig der zweite Leader des Teams UAE – Emira

13.12.2025Die Trikots der WorldTour-Teams für die Saison 2026

(rsn) - Wie sieht das Peloton 2026 aus? Welche Farben werden in der kommenden Saison vorherrschend sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor - den Anfan

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)