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06.07.2014 | Sheffield (rsn) – Marcel Kittel quittierte am zweiten Tag der Tour de France den Verlust seines Gelben Trikots an den Etappengewinner Vincenzo Nibali (Astana) mit einem breitem Grinsen. Als er am Sonntag mit 19:50 Minuten Rückstand auf den Italiener das Ziel in Sheffield erreichte, konnte er ein zufriedenes Fazit der 201 Kilometer langen Etappe ziehen.
„Ich habe versucht, jede Sekunde zu genießen. Es war fantastisch heute - trotz der 3000 Höhenmeter. Das Gefühl ist einfach super, von so vielen angefeuert zu werden“, sagte Kittel, der am Samstag in Harrogate seinen fünften Tagessieg bei einer Frankreich-Rundfahrt gefeiert hatte.
Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step) dagegen war beim spektakulären Auswärtsspiel der 101. Tour de France in England vor einem Millionenpublikum die tragische Figur. Der Brite aus musste das Rennen mit einer Schultereckgelenk-Sprengung bereits vor der 2. Etappe aufgeben. Cavendish war Opfer eines von ihm selbst auf der Zielgeraden in Harrogate verursachten Sturzes und wird mindestens sechs Wochen ausfallen.
Nibali, der seine erste Tour-Etappe gewann, hatte sich nach einer erfolgreichen Attacke auf den letzten beiden Kilometern als Solist zwei Sekunden vor dem Belgier Greg van Avermaet (BMC) und Cavendishs polnischen Teamkollegen Michal Kwiatkowski durchgesetzt.
So nebenbei erarbeitete sich der Italienische Meister im Kampf um den Gesamtsieg auch zwei Sekunden Vorsprung auf die beiden Top-Favoriten Chris Froome (Sky) und Alberto Contador (Tinkoff-Saxo), die auf der mit neun Bergwertungen versehenen Etappe in der letzten Steigung des Tages fünf Kilometer vor dem Ziel die Muskeln spielen ließen und das Feld mit ihren Tempoverschärfungen sprengten.
Nibali hielt sich lange zurück, schickte nach der Bergwertung zunächst noch seinen Helfer Jakob Fuglsang in die Offensive, ehe er auf dem finalen Flachstück aus der rund 20-köpfigen Spitzengruppe heraus die entscheidende Attacke setzte.
„Das ist ein wunderschöner Sieg, ich bin für alle meine Opfer belohnt. Die Saison ist anfangs für mich schwierig gelaufen, aber ich habe mit meinen Teamkollegen weiter hart gearbeitet. Mein Selbstvertrauen ist mit den beiden Siegen in Folge wiederhergestellt“, sagte der Sizilianer, der vor Wochenfrist erstmals in seiner Karriere die Italienischen Straßenmeisterschaften für sich hatte entscheiden können. Am Sonntag nun ließ er seinen ersten Etappensieg bei einer Frankreich-Rundfahrt folgen.
„Ich habe den richtigen Moment für meinen Angriff gespürt. Hinter mir haben sich alle gegenseitig beäugt, aber ich hatte trotzdem Angst, dass ich eingeholt werde, weil es so windig war“, schilderte Nibali die entscheidende Phase.
„Das war gutes Teamwork. Wir haben uns die Etappe vorher angeschaut und gut vorbereitet. Wir hatten deshalb unseren Plan für das Finale“, ergänzte Fuglsang nach der Etappe im Interview mit Eurosport.
Aber auch Froome und Contador waren mit dem Ausgang der Etappe, die wieder hunderttausende begeisterte Zuschauer bei einem Sonne-Wolken-Mix an der Strecke mit verfolgten, durchaus zufrieden. „Dieser Tag war sehr hart, aber die Zuschauer haben uns wahnsinnig angefeuert. Ich kann euch sagen, dass ich fertig bin, und ich hoffe, alle anderen sind genauso fertig“, bilanzierte der Titelverteidiger, der sich kurzeitig an der Spitze zeigte, seine Attacke aber nicht überbewertet wissen wollte.
„Auch wenn ich im Finale angegriffen habe, lautete das Ziel, den Anschluss nicht zu verlieren und ohne Probleme anzukommen“, erläuterte er seine Aktion. Und auch Contador war vor allem froh, dass er auf den engen und verwinkelten Straßen keine Bekanntschaft mit dem Asphalt gemacht hatte. „Mir geht es gut. Ich bin zufrieden, ich fühle mich fit und ich denke, dass ich mich im Laufe der Tour weiter steigern werde. Heute war es wichtig, eine gute Position zu halten“, sagte der Spanier, der im Gesamtklassement mit Froome und 18 weiteren Fahrern hinter Nibali gleichauf liegt.
Die Achterbahnfahrt durch die Grafschaft Yorkshire nahmen am Sonntag 197 Fahrer in Angriff. Schon kurz nach dem Startschuss zogen die Franzosen Armindo Fonseca (Bretagne-Séché Environnement), Blel Kadri (Ag2R), Perrig Quemeneur (Europcar) und Cyril Lemoine (Cofidis) , der US-Amerikaner Matthew Busche (Trek) sowie der Spanier David de la Cruz vom deutschen NetApp-Endura-Team davon, kurz darauf stieß noch der Bart De Clercq (Lotto-Belisol) zur Gruppe, die allerdings vom aufmerksamen Feld nie mehr als vier Minuten an Vorsprung zugestanden bekamen.
Rund 60 Kilometer vor dem Ziel spitzten sich dann die Ereignisse zu. In der Côte de Holme Moss (2. Kat.), mit 4,7 Kilometer Länge und einer durchschnittlichen Steigung von sieben Prozent der schwerste Anstieg des Tages, schüttelte Kadri seine Begleiter ab, aus dem Feld heraus attackierten zunächst Thomas Voeckler (Europcar) und kurz darauf auch Tony Martin (Omega Pharma-Quick Step), Marcus Burghardt (BMC) und einige weitere Fahrer. Voeckler schloss kurzzeitig zu seinem Landsmann auf, der sich dann aber doch die Bergwertung sicherte, wogegen der Europcar-Kapitän von der Martin-Gruppe eingeholt wurde die allerdings ihrerseits nur einen geringen Vorsprung auf das Feld hatte und kurz darauf auch wieder gestellt wurde.
Fast alle Sprinter – darunter Kittel, der von einem Defekt gestoppt wurde, und auch der Deutsche Meister André Greipel (Lotto Belisol) – waren zu diesem Zeitpunkt bereits abgehängt und alles deutete auf einen Sieg von Peter Sagan (Cannondale) hin, der von vielen vor der Etappe als Favorit genannt worden war.
Doch als im drittletzten Anstieg des Tages die beiden Franzosen Pierre Rolland (Europcar) und Jean-Christophe Peraud (Ag2R) in die Offensive gingen, musste der Slowakische Meister, der sich im frühem Stadium der Etappe bereits beim Zwischensprint genügend Punkte geholt hatte, um in dieser Wertung an Kittel vorbeizuziehen, seine letzten Helfer „opfern“ und war im letzten Anstieg des Tages isoliert, als in der nur 800 Meter langen, aber knapp elf Prozent steilen Jenkin Road Contador und Froome in die Offensive gingen.
Sagan hatte zwar keine Mühe zu folgen, wurde dann aber wie alle anderen aus der rund 20 Fahrer starken Spitzengruppe von Nibalis Antritt auf den letzten zwei Kilometern überrascht. Der Sizilianer hatte seine Attacke bestens vorbereitet und sich seine Kräfte optimal eingeteilt, so dass er mit zwei Sekunden Vorsprung auf die Verfolger das Ziel erreichte.
Sagan blieb hinter Van Avermaet und Kwiatkowski nur der vierte Platz, was aber reichte, um ins Grüne Trikot zu schlüpfen, das er zum dritten Mal in Folge nach Paris tragen will. In der Bergwertung fiel der Berliner Jens Voigt (Trek) von der Spitzenposition auf Rang drei zurück. Neuer Spitzenreiter ist Lemoine, wogegen Sagan auch morgen das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers trägt.
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