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31.07.2007 | Nach dem Dopingfall Winokurow rief ein geschockter Christian Prudhomme: „So wie der Radsport war, funktioniert er nicht mehr. Wir brauchen eine Revolution.“ Wie diese Revolution aussehen könnte, wusste der Tourchef nicht zu sagen. Radsport aktiv wird sich in nächster Zeit um Antworten auf die Frage nach einem anderen, sauberen Radsport bemühen. In einer losen Folge von Gastbeiträgen werden Experten – Trainer, Teamchefs, Juristen, Journalisten, ehemalige Fahrer - ihre Vorstellungen von einer „Radsport-Revolution“ darlegen. Die Reihe wird fortgesetzt mit dem Beitrag des ehemaligen Schweizer Radprofis Rolf Järmann:
Revolution im Radsport? Ist das überhaupt nötig? Tour-Chef Christian Prudhomme macht den Mund wieder mal etwas weit auf und macht großartige Versprechungen – wie es die Tour de France schon oft getan hat. Es braucht aber keine Revolution, sondern nur eine kleine Regeländerung seitens der UCI. Teams, in denen ein positiver Dopingfall auftritt, müssen für vier Wochen vom Rennbetrieb ausgeschlossen werden.
Damit schlägt man gleich mehrere Fliegen: Die Teams müssen an sauberen Sportlern interessiert sein. Bis jetzt waren sie das nicht. Es interessierte sie nie, ob die Fahrer gedopt haben oder nicht, nur die Resultate zählten. Wurde ein Fahrer erwischt, flog er raus, für das Team blieb der Dopingfall ohne Konsequenzen. Wenn aber auch die Mannschaften mit Konsequenzen zu rechnen haben, können sie sich keinen einzigen Dopingfall mehr leisten. Sie müssen die Problematik selber in den Griff bekommen, Prävention betreiben und sich die Fahrer bei Vertragsunterzeichnung auch dementsprechend aussuchen. „Giftmischer“ und Lügner unter den Fahrern sind im innersten Zirkel des Radsportes bekannt. Diese würden in Folge der Regeländerung keine Teams mehr finden, weil die es sich nicht mehr leisten könnten, für vier Wochen von der Bildfläche zu verschwinden.
Zudem würden die Teamkollegen verdächtige Fahrer ihren Mannschaftsleitungen von sich aus melden. Kein Profi kann es sich leisten, sich ein halbes Jahr auf ein spezielles Rennen vorzubereiten und dann wegen eines dopenden Teamkollegen nicht starten zu dürfen. Das hat nichts mit Überwachung und Denunziation zu tun, sondern mit Ächtung von Doping, auch unter Kollegen. Das Team kann einen Fahrer, der gegen die Regel verstößt, dann intern sanktionieren.
Mir ist klar, dass man mit diesem Vorschlag nicht alle Probleme auf einen Schlag wird lösen können. Das klappt nur im Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen, als da wären: noch mehr und verschärften Kontrollen, Suspendierung von Fahrern und Teams bei schwerwiegenden Verdachtsmomenten, Verbot für Besitz von Dopingmitteln für Teams und Fahrer. Schließlich und endlich dürfen die Teamärzte nicht an Forschungen der Anti-Doping-Behörden WADA/NADA beteiligt sein.
Noch vor kurzem wurde der Vorschlag, bei einem positiven Dopingtest das ganze Team zu suspendieren, von den Mannschaften kategorisch abgelehnt. Inzwischen wird in den acht Rennställen, die den sauberen Radsport wollen, schon darüber diskutiert. Auch Fahrer und Veranstalter sind inzwischen davon überzeugt. Das Umdenken beginnt langsam, und zwar dank der Tour de France 2007. Da muss ich dem Ausrichter und den Teilnehmern der Tour de France endlich mal ein Kompliment machen.
Noch nie wurde so viel für einen zukünftig sauberen Radsport unternommen wie in den vergangenen beiden Monaten. Ich danke auch Mayo, Vino, Rasmussen, Sinkewitz und den Anderen, die – wenn auch unfreiwillig - gezeigt haben, dass der Radsport noch lange nicht sauber ist und weitere Maßnahmen nötig sind. Ich danke vor allem Jörg Jaksche, der so viel für einen sauberen Radsport erreicht hat wie die UCI und die Tour zusammen in den letzten zehn Jahren. Auch die Medien, die Doping nun nicht mehr akzeptieren, verdienen Lob. ARD/ZDF sind mittlerweile nicht mehr die einzigen, die nicht mehr von der Tour berichten.
Der Radsport scheint endlich begriffen zu haben, wie ernst die Lage ist. Jetzt muss nur noch die UCI die richtigen Entscheidungen treffen und wir werden in zwei Jahren einen fast ganz sauberen Radsport haben.
Rolf Järmann war in den neunziger Jahren einer der erfolgreichsten Schweizer Radprofis. Der Allrounder feierte in seiner Karriere insgesamt 28 Profisiege, darunter Etappenerfolge bei der Tour de France, beim Giro d’Italia und der Tour de Suisse. Nach dem Ende seiner Karriere (1999) gestand Järmann, systematisch gedopt zu haben. Als einer der wenigen Ex-Profis bekennt sich der 41-Jährige zu seiner Vergangenheit und geht offen und kritisch mit der Dopingproblematik im Profiradsport um. Heute ist Järmann Inhaber einer Internetfirma, die unter anderem Webauftritte für Sportler erstellt.
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