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28.11.2024 | (rsn) – Offiziell wurde der Wechsel erst Ende Oktober: Demi Vollering verlässt SD Worx – Protime und heuert bei FDJ – Suez an. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte eine Last von der 28-Jährigen gefallen sein, die weniger von einer aus ihrer Sicht sportlich nicht optimal verlaufenen Saison herrührt als von den Querelen um ihren Wechsel, die sich fast über die ganze Saison zogen. Das zumindest lässt ein Interview vermuten, das Vollering kürzlich der niederländischen Publikation NRC gab.
Lange hielt sich die Siegerin von Vuelta, Baskenland- und Burgos-Rundfahrt sowie Tour de Suisse bedeckt, äußerte sich kaum über das, was zwischen ihr und dem Team im Saisonverlauf passierte. Wie sich nun herausstellte, scheint dabei allerhand im Argen gelegen zu haben. Vor allem im zwischenmenschlichen Bereich mit Weltmeisterin Lotte Kopecky und Anna van der Breggen, die zwar in dieser Saison noch als Sportliche Leiterin und Trainerin von Vollering auftrat, im kommenden Jahr nach ihrer Comeback-Ankündigung aber – wie Kopecky – wieder zu einer Rivalin wird.
“Die ganze Saison über, wenn ich ein Rennen mit Lotte gefahren bin, sind sie mit zwei Plänen gefahren. Ein Plan für Lotte, ein Plan für Demi“, schilderte Vollering die Situation in vielen Saisonrennen. Den beiden Leaderinnen hätte das keineswegs geschmeckt. Kopecky, so Vollering habe – ganz anders als im Jahr zuvor – “versucht, mir ein wenig aus dem Weg zu gehen. Ich kann das auch verstehen, bei all den Erwartungen, die man in Belgien an sie stellt.“ Den Höhepunkt habe dieses Verhalten dann Anfang September bei der Tour de Romandie erreicht.
“Da haben wir uns gemieden. Ich habe gedacht: ‘Jetzt ist es vorbei‘“, sagte die Niederländerin. Auslöser dafür dürfte das Finale der 2. Etappe gewesen sein. Vollering und Koepcky fuhren im Bergauffinale im Zweiersprint dem Ziel entgegen, verhakten sich dabei fast noch auf der Ziellinie. Während ein Foto Vollering zur Tagessiegerin erklärte, übernahm Kopecky die Gesamtführung, gewann letztlich auch die Rundfahrt. Für die beiden war es der letzte gemeinsame Auftritt in einem Team. “Ich habe das die ganze Saison über versucht, aber ich habe gemerkt, dass die Kommunikation nur von einer Seite kam.“
Damit war die Sache für Vollering gegessen, zumal sie noch andere Grabenkämpfe im Team zu bestreiten hatte. Vor allem die Kommunikation der Rückkehr von van der Breggen in die aktive Szene im Juni habe ihr zugesetzt. “Ich habe es in den sozialen Medien gesehen“, sagte Vollering. „Später stellte sich heraus, dass die Teamleitung zwei Stunden vorher eine interne E-Mail verschickt hatte. Das habe ich zunächst überlesen.“ Dennoch sei die Kurzfristigkeit ein Zeichen für die schwierige Kommunikation innerhalb des Teams. “Ich war ein wenig frustriert und wütend darüber.“
Nach der Tour de France stellte sie deshalb die Arbeit mit van der Breggen ein, die einst enge Beziehung war empfindlich gestört. “Ich habe dann schon mit meinen neuen Trainern bei FDJ angefangen“, so Vollering, die damit auch indirekt bestätigte, dass ihr Vertrag beim französischen Team schon deutlich früher unterzeichnet war, als es öffentlich gemacht wurde.
Doch sowohl der Beef mit Kopecky als auch van der Breggen sind letztlich nur Folgen und Begleiterscheinungen der wachsenden Distanz zwischen Vollering und dem Team. Ihr habe die volle Unterstützung in ihrer Entwicklung gefehlt, sagte Vollering. Frustration über die Stagnation machte sich breit. “Ich hatte das Gefühl, dass es keinen Plan gab, einen Schritt weiter zu gehen“, sagte Vollering über das Management in Bezug auf ihre eigene Leistungskurve. “Sie wollten es einfach wieder so machen wie im Jahr zuvor. Aber als ich mit der Teamleitung darüber sprechen wollte, waren sie nicht offen dafür. Mir wurde wortwörtlich gesagt: 'Warum, ist es hier denn nicht gut genug?'“
Es war der Anfang vom Ende. Von einem Ende, das Vollering selbst so, zumindest zu Saisonbeginn, nicht gewollt hatte. Als Sportdirektor Danny Stam dann im März erklärt, dass Vollering das Team verlassen würde, war das “wie ein Schlag ins Gesicht. Ich hatte noch keine Entscheidung getroffen und hoffte immer noch, dass das Team Änderungen vornehmen würde.“ Doch damit waren alle Hoffnungen zerschlagen.
Ihr Ende im Team SD Worx – Protime scheint sie dabei weniger gut verkraftet zu haben als den Verlust des Gelben Trikots bei der Tour de France an Kasia Niewiadoma nach dem verhängnisvollen Sturz auf der 5. Etappe. Den daraus resultierenden Zeitverlust konnte sie bis zum Ende nicht mehr aufholen, vier Sekunden fehlten ihr letztlich auf die Polin und zur Titelverteidigung. “Es war chaotisch und so etwas passiert im Radsport“, sagte sie beinahe lapidar.
Ärger ruft die Situation, zumindest im Rückblick, nicht mehr in ihr hervor, obwohl es doch ein Sturz war, an dem ihre Teamkollegin Lorena Wiebes Aktien hatte, als sie in einer Linkskurve Vollering die Bahn zumachte, vielleicht sogar touchierte, und somit das Gelbe Trikot zu Fall brachte. Von Kritik jedoch keine Spur: “Lorena ist eine Sprinterin“, so Vollering. “Es ist nicht in ihrem System zu denken: Oh, ich muss warten. Sie ist ein solches Rennbiest, sie riecht das Finale. Und es ist die Mentalität des Teams, immer auf den Sieg zu setzen.“
Auch der Umstand, dass SD Worx lange brauchte, um der Kapitänin zu helfen: Vollering zeigte Verständnis. “Für sie war es kompliziert, sie hatten keinen guten Überblick über die Situation. Sie haben mich völlig übersehen. Erst als sie das Auto am Straßenrand abgestellt hatten, haben sie gemerkt, dass ich auch da war.“
Was ebenfalls bis zum Zeitpunkt des Interviews nicht bekannt war, war das Ausmaß der Verletzungen, die Vollering bei dem Sturz davongetragen hatte. Und die ihre Leistung auf den verbliebenen Etappen umso erstaunlicher machen. Leichte Blutergüsse und Abschürfungen am unteren Rücken sowie am Gesäß habe sie davongetragen, hatte das Team noch am Abend des Sturzes vermeldet. Doch dass sich Vollering auch das Steißbein gebrochen hattee, wurde ihr erst bei Untersuchungen nach dem Ende der Tour klar.
“Ich hatte zuerst kein Gefühl in meinem linken Bein“, sagt sie über die unmittelbare Zeit nach ihrem Sturz. “Mein Fahrrad lag neben mir auf dem Boden, aber es dauerte eine Minute, bis ich mich bücken konnte, um es aufzuheben. Zuerst dachte ich, ich hätte mir die Hüfte gebrochen.“ Das war zwar nicht der Fall, doch die Wahrheit kaum besser.
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