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11.01.2023 | (rsn) – Mit dem Erfolg steigen die Ansprüche. Das trifft auf Marlen Reusser genauso zu wie auf viele andere Sportler und Sportlerinnen. Doch am Beispiel der Schweizerin wurde das in der Saison 2022 besonders deutlich. Denn auch, wenn ihre Ausbeute mit einem Tour de France-Etappensieg, dem EM-Titel im Einzelzeitfahren, WM-Bronze in derselben Disziplin und schließlich WM-Gold in der Mixed Staffel beachtlich war, so begann die 31-Jährige ihren Saisonrückblick im Gespräch mit radsport-news.com mit dem Satz: "Es war ein extrem schwieriges Jahr für mich."
Die Klassikersaison müsse sie davon ausnehmen. "Da war ich fit und alles gut. Aber ab England (die Women's Tour im Juni, Anm. d. Red.) war es ein stetiges auf und ab mit vielen Problemen, und natürlich auch einigen Freuden dazwischen, wenn immer wieder irgendwas lustigerweise aufgegangen ist. Aber insgesamt war es ab da ein ultra Kampf bis kurz vor dem Jahresende", so Reusser.
Die Gesundheit war es, die der Schweizerin in der zweiten Jahreshälfte 2022 mehrmals einen Strich durch die Rechnung machte. "Ich war einfach ein halbes Jahr immer wieder krank, bin halb erholt zum nächsten Event gegangen, war dann nicht ausgeruht genug und es hat mich wieder erwischt", erklärte sie. "Einerseits bin ich zufrieden, weil ich finde, dass ich richtig gut mit den Herausforderungen umgegangen bin. Aber wenn ich aufs Jahr zurückblicke, sehe ich in erster Linie ultra viele Hürden und immer wieder die Wände in meinem Zimmer von innen."
___STEADY_PAYWALL___ Starkes Frühjahr mit Rang 5 in Flandern gekrönt
Begonnen hatte die Saison aber gut. Nach ihrem Wechsel von Alé BTC Ljubljana, wo sie 2021 mit zahlreichen großen Erfolgen den Durchbruch in die absolute Weltspitze schaffte, zum Superteam SD Worx fügte sich Reusser bei den Niederländerinnen sofort gut ein und fuhr ein starkes Frühjahr. Sie wurde Dritte der EasyToys Tour in Friesland Anfang März, spielte bei vielen Klassikern mit Attacken im Finale eine wichtige Rolle – auch um Teamkolleginnen den Weg zum Spitzenresultat zu ebnen – und wurde schließlich Fünfte bei der Flandern-Rundfahrt sowie Vierte beim Pfeil von Brabant, als ihre Teamkolleginnen Lotte Kopecky (Ronde) und Demi Vollering (Brabant) siegten.
Bei der Flandern-Rundfahrt wurde Marlen Reusser erst am Paterberg von Annemiek van Vleuten gestellt. | Foto: Cor Vos
"Flandern war wirklich ein Highlight für mich dieses Jahr. Wir waren Erste, Dritte und Fünfte und ich war wirklich im Flow und hatte sehr gute Beine. Ich habe dort viel Spaß gehabt, habe viel gelernt und auch verstanden, was dort für mich drin ist", blickte Reusser stolz auf den flämischen Radsport-Feiertag am 3. April zurück. Denn auf dem Weg nach Oudenaarde führte sie das Rennen sogar als Ausreißerin über den berühmten Oude Kwaremont und in den Paterberg hinein.
"Ich war maßgeblich an vielen Finals im Frühjahr beteiligt und hatte da Schlüsselrollen mit meinen Angriffen. Leider habe ich keinen Klassiker gewonnen, aber es hat gezeigt, dass mir die Rennen liegen", so Reusser allgemein zu ihrer Fahrweise. Denn auch bei der Trofeo Alfredo Binda hatte sie auf den letzten Kilometern angegriffen und die Konkurrenz so unter Druck gesetzt.
Reussers Visitenkarte: Gefährliche Solo-Attacken
"Ich muss ja angreifen: Wenn ich auf einen Sprint warte, hole ich sicher nichts. Und das wird auch in Zukunft erst Recht so sein, wenn wir jetzt Lorena Wiebes im Team haben. Ich fahre auch sehr gerne für die beste Sprinterin – das soll nicht falsch verstanden werden. Aber wenn ich attackiere, ist das ja eben auch für sie hilfreich, weil die Anderen arbeiten müssen." Sprint-Superstar Wiebes ist im Winter von DSM zu SD Worx gewechselt und nun das neue Ass im Ärmel des niederländischen Teams.
Doch zurück zu Reussers Saison 2022: Nach dem starken Frühjahr kam es im Juni bei der Women's Tour für sie zum ersten Rückschlag. Sie stürzte auf der 4. Etappe und verletzte sich an der Hand. Kurz darauf folgte eine Corona-Infektion, die einen Start bei der Tour de Suisse und den Schweizer Meisterschaften verhinderte.
Auf dem Weg zum Tour de France-Etappensieg in Bar-sur-Aube: Marlen Reusser rauscht über die Schotterpassagen der Champagne. | Foto: Cor Vos
"Ich brauchte drei oder vier Wochen, bis ich mich wieder wirklich belasten konnte", so Reusser. "Dann ging es mit gemischten Gefühlen zur Tour de France und plötzlich kam dieser Etappensieg – da war ich schon sehr verwirrt." In Bar-sur-Aube gewann sie die gefürchtete Schotteretappe mit einem beeindruckenden 23-Kilometer-Solo, als sie die Favoritinnengruppe genau dann attackierte, als alle auf dem Zahnfleisch zu gehen schienen.
"Das war natürlich großartig, aber zwei Tage später stürzte ich wieder und musste mit einer Gehirnerschütterung aussteigen. Da lag ich wieder eine Woche oder zehn Tage im Bett, habe danach schnell wieder trainiert und es ging steil auf die EM zu. Dass ich da dann den Zeitfahrtitel gewonnen habe, das kann ich bis jetzt noch immer nicht ganz fassen, wie das möglich war", sagte Reusser zu ihrem Sieg mit sechs Sekunden Vorsprung vor Weltmeisterin Ellen van Dijk in München.
Erleichterung über WM-Bronze, Jubel über Staffel-Gold
Doch damit nicht genug der Gefühls-Achterbahn. Denn nach den Europameisterschaften sorgten eine Gastroenteritis und eine Grippe für zwei weitere Zwangspausen auf dem Weg zu den Weltmeisterschaften in Australien, wo Reusser dann aber Bronze im Einzelzeitfahren hinter Ellen van Dijk und Grace Brown holte und schließlich mit der Mixed Staffel Weltmeisterin wurde.
"Vor drei Jahren hätte ich mich über Bronze noch mega gefreut, aber diesmal war ich einfach nur erleichtert. Normalerweise hätte ich da im Einzelzeitfahren am Start gestanden, um zu gewinnen. Aber mit der Vorgeschichte wusste ich, dass es mich an dem Tag auch ganz anders hätte erwischen können", so Reusser, die sich dafür dann in der Staffel umso mehr freuen konnte:
Geteilte Freude ist sechsfache Freude: In der Mixed Staffel wurde die Schweiz in Wollongong Weltmeister – Marlen Reusser hatte großen Anteil daran. | Foto: Cor Vos
"Klar, das Einzelzeitfahren ist das, worauf man hinarbeitet und die Staffel hat in der Öffentlichkeit nicht dasselbe Standing. Aber ich mag es ultragerne, mit meinem Team oder Freunden zu fahren. Ich kann da noch härter fahren, als allein. Dann zu gewinnen, mit dieser tollen Truppe, das war einfach megacool."
Auch im Straßenrennen konnte die Bernerin drei Tage danach noch einige Akzente setzen, musste sich aber mit Rang 13 begnügen – genau wie schließlich beim Saisonabschluss bei der Tour de Romandie. Doch auch wenn das Jahr damit eigentlich einen versöhnlichen Abschluss hätte nehmen können, war die Krankheitsmisere nicht vorbei. "Seither war ich noch dreimal krank", meinte Reusser, die erst in Richtung Weihnachten zur Ruhe kam.
Fragezeichen hinter dem großen Ziel für 2023: Flandern-Sieg
"Jetzt fühle ich mich endlich wieder gut und bereit zum Trainieren. Aber mein Formstand war, seit ich Rad fahre, noch nie so schlecht, wie jetzt", erklärte sie, dass aufgrund des letzten halben Jahres auch ihre Saisonvorbereitung für 2023 etwas schleppend verlaufen ist. Ursprünglich habe sie geplant, 2023 zu 100 Prozent voll auf die Klassiker zu zielen. Ihr Auftritt bei der Flandern-Rundfahrt habe ihr Hoffnung gemacht.
Parade-Disziplin: Im Einzelzeitfahren zählt Marlen Reusser, hier beim EM-Sieg in München im August, seit Jahren konstant zu den Top 5 der Welt. In Paris will sie 2024 Olympia-Gold. | Foto: Cor Vos
"Maximale Form im Frühjahr mit dem Flandern-Sieg als Hauptziel", das sei der selbstbewusste Plan für die kommende Saison gewesen. "Jetzt habe ich aber so großen Rückstand, dass ich nicht mehr ganz so felsenfest überzeugt bin. Trotzdem will ich erstmal voll auf die Klassiker schauen und dann sehen wir, wie es dann läuft." Ihre Parade-Disziplin Einzelzeitfahren hingegen solle dann in Richtung 2024 wieder voll in den Fokus rücken. Dann nämlich ist der Olympiasieg in Paris der große Traum.
Gemeinsam mit ihrem Trainer Hendrik Werner, der auch Coach bei Bora – hansgrohe ist, wird Reusser in den kommenden Wochen und Monaten aber zunächst alles dafür geben, die nötige Form für einen Flandern-Coup wieder zu erreichen. Mit ihm arbeitet sie seit Ende 2021 zusammen. "Er war, neben dem Wechsel zu SD Worx, der Gamechanger für mich. Das hat man wegen all dem Scheiß an Ergebnissen noch nicht so richtig gesehen. Aber in Zukunft hoffe ich schon, dass man es erkennen wird. Er konnte immer frei machen und für mich da sein, wenn ich wieder Probleme hatte. Ich denke das wäre alles auch etwas anders gelaufen, ohne ihn", so Reusser abschließend.
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