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01.01.2023 | (rsn) – Extrem viel war von Anna Kiesenhofer auch im ersten Jahr nach ihrem Olympiasieg nicht im Peloton zu sehen. Die Mathematikerin aus Österreich bestritt zwar nie in ihrer bisherigen Karriere mehr Renntage auf UCI-Level als 2022, mit deren elf war das Programm der 31-Jährigen dennoch alles andere umfangreich. Ihr Fokus lag weiterhin auf Zeitfahren, immerhin aber fuhr sie mit der Ceratizit Challenge by La Vuelta auch erstmals eine WorldTour-Rundfahrt und setzte dort sogar Akzente.
"Allgemein zufrieden", sei sie mit ihrer abgelaufenen Saison, erklärte Kiesenhofer nun gegenüber radsport-news.com und konkretisierte: "Nicht unbedingt was die Resultate angeht, aber was die gesammelten Erfahrungen und den grundsätzlichen Fortschritt in physischer und mentaler Hinsicht betrifft."
___STEADY_PAYWALL___Sie habe viel über sich selbst, ihr Training und das Material gelernt und damit "quasi die Basis (gelegt), um in Zukunft noch schneller zu sein." Doch ein "richtig gutes Resultat" fehlte eben. "Also zum Beispiel wenn der Fluchtversuch bei der Vuelta aufgegangen wäre oder ich beim Chrono des Nations den zweiten Platz mit wenig Abstand zu Ellen van Dijk gehalten hätte. Das ärgert natürich ein bisschen."
Respekt vor Schweinbergers Leistungen bei den Staatsmeisterschaften
Denn beim letzten Saisoneinsatz in Frankreich, dem traditionsreichen Zeitfahren Mitte Oktober in Les Herbiers, wurde Kiesenhofer zwar am Ende nur 13., doch der Grund dafür war in erster Linie Pech mit dem Material. Ein Defekt kostete sehr viel Zeit.
Anna Kiesenhofer – hier bei der Straßen-WM im australischen Wollongong – dosierte auch 2022 ihre Renneinsätze. Am Jahresende kam die Österreicherin auf deren elf. | Foto: Cor Vos
Ihre besten Ergebnisse auf dem Papier waren deshalb zwei zweite Plätze bei den Österreichischen Meisterschaften im Zeitfahren und Straßenrennen sowie Rang fünf bei den Zeitfahr-Europameisterschaften in München – richtig froh konnte sie mit beidem aber nicht sein: "Bei der EM hatte ich schlechte Beine, da wäre mehr gegangen", blickte sie nun zurück und zog mit Blick auf die Staatsmeisterschaften den Hut vor Doppelmeisterin Christina Schweinberger.
Platz zwei hinter ihr sei zunächst gleichermaßen überraschend und enttäuschend gewesen, gab Kiesenhofer zu. "Beides, ja. Ich kann damit aber gut leben, da sie den Sieg voll verdient hatte. Ich habe da keine 'Ausreden'", erkannte die Spezialistin ihre Niederlage an und zeigte sich auch beim WM-Fazit selbstkritisch: "Dort hatte ich bessere Beine als bei der EM, dafür aber technische Mängel", sagte sie zum zehnten Platz auf einem fahrtechnisch nicht ganz einfachen Kurs in Wollongong.
Die Österreicherin holte sich 2021 im Olympischen Straßenrennen von Tokio sensationell die Goldmedaille vor Annemiek van Vleuten (li.) und Elisa Longo Borghini. | Foto: Cor Vos
159-Kilometer-Solo bei der Vuelta
Abseits all der Zeitfahren konnte sich Kiesenhofer im September aber auch im beziehungsweise vor dem WorldTour-Peloton in Szene setzen. Denn mit der Spanien-Rundfahrt bestritt sie ihr erstes WorldTour-Etappenrennen als Gaststarterin beim spanischen Team Soltec und versuchte sich dort sogar an einer Kopie ihres Sensations-Solos von Tokio 2021: Auf der 4. Etappe zwischen Palencia und Segovia attackierte sie kurz nach dem Start und fuhr den ganzen Tag an der Spitze, um erst auf den letzten zwei Kilometern vom jagenden Hauptfeld gestellt zu werden.
"Ich weiß nicht, was mich da geritten hat, aber ich habe bei Kilometer 0 attackiert. Eigentlich dachte ich, dass andere Fahrerinnen mitkommen würden, aber als ich mich umdrehte, war da niemand", erinnerte sich Kiesenhofer an den 10. September und ihr 158-Kilometer-Solo und fasste kurz zusammen: "Es war eine wunderschöne, charakterbildende Erfahrung. Und letztendlich ist das einer der Gründe, warum ich Sport liebe."
Für 2023 bei einem Profiteam unterschrieben
Diese Liebe zum Radsport wird Kiesenhofer künftig nun noch etwas intensiver ausleben können. Denn wie sie am 31. Dezember auf Instagram bekanntgab, hat sie für 2023 erstmals seit 2017 wieder einen für die gesamte Saison geltenden Vertrag mit einem UCI-Team unterschrieben. "Nachdem mein ursprünglich geplantes Team B&B 'gestorben' ist, habe ich noch ein anderes gefunden und werde nächstes Jahr einige größere Rennen fahren", erklärte sie nun radsport-news.com, ohne den Namen des Rennstalls bereits verraten zu wollen.
Bei der Vuelta a Espana wäre der Olympiasiegerin fast ein weiterer Husarenritt gelungen. Auf der 4. Etappe wurde Kiesenhofer nach langem Solo kurz vor dem Ziel doch noch gestellt. | Foto: Cor Vos
Sicher ist: Kiesenhofers Fokus liegt auch 2023 voll auf dem Radsport. Ihre Festanstellung an der Universität EPFL in Lausanne hat sie bereits Ende 2021 aufgegeben und sich als Profisportlerin selbständig gemacht. Der Olympiasieg von Tokio half bei dieser Entscheidung, weil sie so Sponsoren fand, um vom Sport zu leben.
Allerdings gab Kiesenhofer auch zu, dass mit der Goldmedaille auch neue öffentliche Aufmerksamkeit und neuer Druck in ihr Leben kamen. "Eigentlich arbeite ich lieber still vor mich hin, als darüber zu reden", erklärte sie. Das wird 2023 als Mitglied eines Profiteams nicht mehr ganz so gut gehen.
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