Müllers Ronda-Filippinas-Tagebuch

Beim Massensprint ging mir die Übersetzung aus

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Beim Massensprint ging mir die Übersetzung aus"
Robert Müller bei der Ronda Filippinas | Foto: Robert Müller

12.02.2019  |  (rsn) - Hallo aus Boracay, Philippinen! Heute stand die letzte Etappe an - und das war auch gut so, denn ich hatte über Nacht Husten und Schnupfen bekommen, wahrscheinlich von den allgegenwärtigen Klimaanlagen.

Einen Tag würde ich aber auch so noch schaffen, zumal wieder moderate 150 Kilometer mit nur einer Bergwertung anstanden. Wir hörten uns vor dem Start etwas um und schnell war klar, dass die Zeichen auf Massensprint standen. Da wir mit unserem indonesischen Sprinter Projo, der auf der 3. Etappe im Massensprint bereits Dritter geworden war, einen der schnellsten Fahrer im Feld haben, wollten wir alles auf diese Karte setzen. Somit beteiligte ich mich diesmal nicht an den Attacken zu Beginn.

Nach einigen Kilometern gab es für mich aber einen gehörigen Schreckensmoment, als direkt vor mir mein spanischer Teamkollege Edgar mit einigen weiteren Fahrern stürzte und ich nur knapp ausweichen konnte. Er verletzte sich glücklicherweise nicht schlimm, doch da sein Rahmen am Oberrohr gebrochen war und wir kein Ersatzrad hatten, musste er das Rennen leider aufgeben und wir waren nur noch zu dritt. (Der Gesamtführende Francisco, d. Red.) Mancebo ordnete sofort eine Auszeit an, um den gestürzten Fahrern, die Chance zu geben, wieder aufzuschließen. Dadurch setzten sich die fünf Fahrer, die direkt vor dem Sturz attackiert hatten, endgültig ab und die Gruppe des Tages stand.

Langsam wurde es deswegen trotzdem nicht, denn es gab immer wieder Fahrer, die hinterher attackierten, und außerdem wurde die Gruppe an der kurzen Leine gehalten. Die Etappe bot dann das mittlerweile bekannte Bild: hoch und runter, schlechte Straßen, Windkante und Hitze, ich habe mich schon fast dran gewöhnt. Bei manchen Rennen sind Etappen nach dem Schema F, also Spitzengruppe vorne raus und kontrolliertes Tempo im Feld dahinter mit Massensprint am Ende, langweilig, wenn man nur die Zeit im Feld absitzt, aber hier nicht. Man muss sich die ganze Zeit voll konzentrieren, vor allem auf die Straßenbeschaffenheit, auf den je nach Streckenverlauf wechselnden Wind reagieren und ständig trinken und sich um Nachschub kümmern.

Truckwracks "4sale"

Trotzdem konnte ich mir auch heute wieder etwas die schöne Landschaft anschauen und die völlig ausgeschlachteten oder ausgebrannten Truck- und Buswracks am Straßenrand bewundern, auf den fast allen "4 sale“ stand. Die Stimmung an der Strecke war heute die von allen Etappen am besten, denn es standen viele laut kreischende Schulklassen am Straßenrand, aber mit Indonesien oder Laos konnten sie nicht mithalten. Die Insel Panay ist nicht die Radsporthochburg der Philippinen, denn die befindet sich auf der Hauptinsel Luzon, von wo auch die meisten starken Fahrer kommen. Die Ronda wird jedes Jahr auf anderen Inseln und Strecken ausgetragen, daher reisen die einheimischen Teams schon eine Woche vorher an, um alles zu erkunden.

Die Gruppe wurde leider viel zu früh, bereits etwa 40 Kilometer vor dem Ziel, wieder eingeholt und sofort wurde wieder hart attackiert. Besonders an der Bergwertung zehn Kilometer später war das Tempo sehr hoch und ich hatte mit meiner trockenen Kehle zu kämpfen, vor allem weil ich durch den Husten mittlerweile nicht mehr so gut Luft bekam.

Unser Sprinter schaffte es leider nicht mit über die Bergwertung und wurde abgehängt. Nach der Abfahrt herrschte bis ins Ziel meistens Schiebekante, das Tempo war horrend und auf den letzten zehn Kilometern war ich ziemlich am Anschlag. Die lange Zielgerade führte bei Rückenwind leicht bergab und mir ging beim Massensprint einfach die Übersetzung aus, ein 53er Blatt war eindeutig zu wenig und so trudelte ich mitten im Feld ins Ziel.

Erstmal war ich froh und erleichtert, dass ich die Rundfahrt heil und halbwegs gesund überstanden habe, was bei den vielen Gefahren nicht selbstverständlich ist. Sportlich ist leider nicht mehr als ein 11. Etappenplatz für mich herausgekommen, aber angesichts meiner Vorbereitung auf Langlaufski und dem Klimaschock mit mindestens 30 Grad Temperaturunterschied hatte ich auch nicht viel erwartet.

Dummerweise war die 1. Etappe gleich so ein Oberhammer gewesen und hat mich ordentlich ausgeknockt, was ich auch auf der 2. Etappe noch deutlich gespürt habe. Die letzten drei Etappen konnte ich wieder normal fahren, habe dabei einmal die Gruppe knapp verpasst und in den beiden Massensprints nichts zu melden gehabt.#'

Katzenwäsche am Straßenrand

Nach dem Zieleinlauf gab es eine Katzenwäsche am Straßenrand und wir mussten dort im Dreck und bei heftigem Wind auch die Räder verpacken, was kein Spaß war. Dann stand ein Bustransfer zum Hafen an und wir setzten mit Schnellboten nach Boracay über, wobei jeder nur einen Rucksack mitnehmen durfte. Dort angekommen fuhren wir in Kleinbussen in den Nordteil zu einem edlen Golfresort, wo die Abschlussfeier stattfindet und wir mindestens eine Nacht bleiben.

Angesichts dessen, was ich bisher von der Landschaft hier gesehen habe, kann ich die Sache mit der schönsten Insel der Welt allerdings überhaupt nicht bestätigen. Im Südteil ist es viel zu voll, heruntergekommen und vermüllt, weiter im Norden, wo wir sind, ist es zwar ruhiger und schöner, aber insgesamt habe ich doch schon deutlich schönere Inseln gesehen. Den berühmten Traumstrand muss ich erst noch testen.

Eigentlich hätte nach vier Tagen Pause gleich die nächste UCI-Rundfahrt auf den Philippinen stattfinden sollen, die Tour de Filipinas, doch die wurde nun leider auf Juni verschoben. Ich bleibe trotzdem noch ein bisschen hier und genieße erstmal, was die Philippinen außer den mir nun zu Genüge bekannten schlechten Straßen noch zu bieten haben.

Bei den geneigten Lesern möchte ich mich für das Interesse an diesem Tagebuch bedanken und vielleicht hört ihr wieder von mir, die Saison hat ja gerade erst begonnen.

Gez. Sportfreund Radbert

Weitere Radsportnachrichten

11.09.2025Sprinterfest in der Schinkenstadt

(rsn) - Bevor die Vuelta für die Entscheidung im Gesamtklassement nochmal ins Hochgebirge abbiegt, steht ein letzter Tag für die Sprinter im Programm. Auf den 161,9 Kilometern von Salamanca nach Gu

11.09.2025Vine: “Für ein wirklich schweres Rennen ist nun alles angerichtet“

(rsn) – Nach bislang sieben Etappenerfolgen bei der Vuelta a Espana brannte das Team von UAE – Emirates – XRG auf der 18. Etappe das nächste Feuerwerk ab. Auch wenn nur neun Zehntel zum Tagess

11.09.2025Carboni von UCI vorläufig gesperrt

(rsn) – Giovanni Carboni (Unibet – Tietema Rockets) wurde vom Weltradsportverband UCI wegen auffälliger Werte im sogenannten Blutpass vorläufig gesperrt. Die ermittelten Daten stammen aus der le

11.09.2025Almeida: “Das Leben basiert auf ‘Was-Wäre-Wenns‘“

(rsn) – Im verkürzten Zeitfahren der Vuelta a Espana hat sich Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) seinen zweiten internationalen Sieg dieser Saison gesichert. Auf der 18. Etappe war er nach 12,2 Kilom

11.09.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 18. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 23. August in Turin in Norditalien zur 80. Vuelta a Espana (2.UWT) angetreten. 3151 Kilometer ist die Spanien-Rundfahrt in diesem Jahr lang, nicht weniger als

11.09.2025Ganna bejubelt nach Geduldsprobe Zeitfahrsieg vor Vine

(rsn) – Eigentlich war es eine schnelle Angelegenheit für Filippo Ganna. Nach genau 13 Minuten auf der Strecke der 18. Etappe der Vuelta a Espana war sein Arbeitstag auch schon wieder beendet. Doch

11.09.2025Bredewold springt für gestürzte Kopecky in die Bresche

(rsn) – Nach ihrem Auftaktsieg bei der Tour de l´Ardèche (2.1) hat Weltmeisterin Lotte Kopecky (SD Worx – Protime) nach einem Sturz auf der 3. Etappe die Rundfahrt vorzeitig verlassen müssen. D

11.09.2025Del Toro clever und stark: Mexikaner gewinnt Coppa Sabatini

(rsn) – Isaac Del Toro (UAE – Emirates – XRG) hat bei den italienischen Herbstklassikern weiterhin alles unter Kontrolle. Der 21-jährige Mexikaner sicherte sich in der Toskana auch die 73. Copp

11.09.2025Coquard bleibt bei Cofidis, Juul-Jensen verlängert mit Jayco

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

11.09.2025Nach Giro-Sturz: Brenner wollte Karriere beenden

(rsn) – Auch wenn er beim Giro della Toscana nicht ins Ziel kam, so ist die Tatsache, dass Marco Brenner (Tudor) erstmals nach seinem Sturz auf der 19. Etappe des Giro d’Italia wieder ein Radrenne

11.09.2025Gall hofft für die letzten Vuelta-Tage auf bessere Beine

(rsn) – Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) gehört zu denjenigen Fahrern, die über die Verkürzung des heutigen Einzelzeitfahrens der Vuelta a Espana nicht traurig sein dürften. Auf den j

11.09.2025Pogacar äußert Verständnis für Ayusos vorzeitigen Abschied

(rsn) – Tadej Pogacar hat Verständnis für den vorzeitigen Abschied von Juan Ayuso UAE – Emirates – XRG, will sich aber offensichtlich nicht in den Disput zwischen dem Spanier und dem Team einm

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • La Vuelta Ciclista a Espana (2.UWT, ESP)
  • Radrennen Männer

  • Turul Romaniei (2.2, ROU)