Top-Teams wollen Rennen nicht kontrollieren müssen

Herrada holt Rot, weil die Konkurrenz die Verantwortung scheut

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Herrada holt Rot, weil die Konkurrenz die Verantwortung scheut"
Jesus Herrada (Cofidis) im Roten Trikot des Vuelta-Gesamtführenden. | Foto: Cor Vos

07.09.2018  |  (rsn) - Wenn zwei sich streiten, dann freut sich der Dritte - oder eben der Zweiundzwanzigste. Denn von dieser Position ist Jesus Herrada (Cofidis) am Donnerstag ins Rote Trikot der Vuelta a Espana gefahren. Der 28-Jährige hat auf der 12. Etappe von Mondonedo nach Manon über 181 Kilometer durch die nordwestspanische Region Galicien sein Heil in der Flucht gesucht, um auf einem Teilstück, dass den Ausreißern gehören sollte, den Etappensieg zu jagen. Dafür waren die Beine am Ende nicht mehr gut genug. Er kam als 16. erst 2:32 Minuten nach Tagessieger Alexandre Geniez (Ag2r La Mondiale) ins Ziel. Und doch wurde Herrada als neuer Gesamtführender der Spanien-Rundfahrt zum Mann des Tages.

"Ich fühle mich etwas komisch, jetzt hier all diese Mediendinge zu durchlaufen und all das Tohuwabohu, das um den Gesamtführenden gemacht wird", sagte der ehemalige Spanische Meister, der mit diesem Etappenausgang nicht gerechnet hatte. "Mich in der Gesamtwertung zu verbessern war auch ein Ziel, aber sekundär gegenüber dem Versuch, die Etappe zu gewinnen."

Dass er nun anstatt 5:45 Minuten Rückstand 3:22 Minuten Vorsprung auf Simon Yates (Mitchelton-Scott) hat, dem er das Rote Trikot abnahm, das hat Herrada auch der Fahrweise der Favoritenteams zu verdanken - und möglicherweise auch einem Zwist zwischen Mitchelton-Scott und Movistar vom Vortag. Denn schon auf der 11. Etappe machte das australische Team des Gesamtführenden keine Jagd auf die Ausreißer, überließ alle Arbeit den Spaniern von Movistar. Deren Co-Kapitän Alejandro Valverde äußerte sich am Mittwochabend mit wenig Verständnis für Yates und dessen Rennstall.

"Mitchelton-Scott arbeitet nie, weil es nicht zu ihrer Philosophie passt. Jetzt hat das jeder gesehen. Sie wollen gewinnen, ohne dafür etwas zu tun", so der Spanier, während Yates erklärte: "Movistar hat die Verfolgung übernommen, weil sie mussten. Wir haben nicht genug Jungs, um das Rennen über mehr als 100 Kilometer zu kontrollieren."

Auf der 11. Etappe saß mit Thibaut Pinot (Groupama-FDJ) ein Mann in der Spitzengruppe, der eine große Gefahr für die Gesamtsiegsambitionen aller Konkurrenten darstellen konnte. Deshalb machte sich Movistar schließlich an die Nachführarbeit. Einen Tag später aber beurteilte man die Situation offensichtlich anders. Herrada, mit 5:45 Minuten Rückstand in den Tag gestartet, schätzte man für die kommenden neun Etappen als weniger gefährlich ein und kontrollierte daher zwar den Rückstand des Feldes, machte aber nicht richtig Jagd. Dass so das Rote Trikot die Schultern wechseln und zumindest vorübergehend an Herrada gehen würde, schien allen Beteiligten recht zu sein - eben, weil man glaubt, dass es bei diesem "vorübergehend" bleibt.

"Natürlich ist es nicht schön, das Trikot zu verlieren, aber ich habe größere Ambitionen. Ich hoffe, dass ich es in Madrid tragen kann, und bis dahin ist es noch weit. So wie es jetzt ist, müssen wir am Wochenende nicht das Rennen kontrollieren - was ein sehr wichtiger Teil der Vuelta wird", erklärte Yates. Und auch Valverde hatte schon in den vergangenen Tagen betont, dass sein Team ihn aus demselben Grund gebeten hatte, nicht um Bonussekunden zu kämpfen, die es ihm ermöglicht hätten, Yates das Rote bereits abzunehmen.

Nun also ist es am Team Cofidis, das Führungstrikot zu verteidigen. Und der ProContinental-Rennstall, für den die Gesamtführung bei einer GrandTour ein großer Erfolg ist, wird das mit voller Leidenschaft tun, um Herrada möglichst lange vorne zu behalten. "Jetzt wo ich die Führung inne habe, werde ich versuchen, sie so lange wie möglich zu verteidigen - auch wenn ich keine Ahnung habe, wie lange das sein wird", so der 28-Jährige.

Herrada ist kein schlechter Kletterer. Er gewann im Jahr 2016 eine Bergankunft beim Critérium du Dauphiné in Chalmazal-Jeansagnière. Sind 3:22 Minuten Vorsprung für ihn nicht sogar eine Einladung, nun bis Madrid um den Vuelta-Sieg mitkämpfen zu können? "Wo ich mich in Madrid sehe? Hoffentlich als Finisher dieser Vuelta", sagte er am Donnerstagabend zurückhaltend. Angesichts der sechs noch anstehenden Bergankünfte scheint es trotz des Vorsprungs unwahrscheinlich, dass er am Ende in den Top 5 landet. Doch Valverde betonte zumindest: "Ich glaube nicht, dass er das Rote Trikot am Freitag in Camperona (Bergankunft, Anm. d. Red.) verlieren wird."

Mehr Informationen zu diesem Thema

19.09.2018Dennis soll BMC in Innsbruck zu drittem Zeitfahrgold führen

(rsn) - Nachdem es in den beiden vergangenen Jahren in den WM-Teamzeitfahren jeweils nur zur Silbermedaille gelangt hat, will BMC am Sonntag zum Auftakt der Straßenweltmeisterschaften von Innsbruck w

18.09.2018Sagan: “Radsport anzuschauen, finde ich langweilig“

(rsn) - Während Chantal Blaak (Boels-Dolmans) ihre Regentschaft als Weltmeisterin mit einem Sieg in ihrem letzten Rennen im Regenbogentrikot beendet hat, musste Peter Sagan (Bora-hansgrohe) auf ein l

18.09.2018Podcast Spezial: Wer waren die Gewinner und Verlierer?

(rsn) - Noch vor dem Schlusswochenende war nicht klar, wer sich am Ende den Gesamtsieg bei der 73. Austragung der Vuelta a Espana sichern wird. Doch auf den entscheidenden letzten beiden Bergetappen,

17.09.2018Denk: “Wir können nicht wirklich zufrieden sein“

(rsn) - Nach starkem Beginn endete die 73. Vuelta a Espana für das mit großen Ambitionen angetretene Team Bora-hansgrohe am Wochenende ernüchternd. Emanuel Buchmann konnte die hohen Erwartungen nic

17.09.2018Britische Rundfahrtasse stellen neuen GrandTour-Rekord auf

(rsn) - Die 73. Vuelta a Espana endete nicht nur mit dem persönlichen Triumph von Simon Yates (Mitchelton-Scott), der erstmals in seiner Karriere eine Grand Tour gewann. Der 26-jährige Brite setzte

17.09.2018Highlight-Video der 21. Etappe der Vuelta a Espana

(rsn) - Simon Yates (Mitchelton-Scott) hat als zweiter Brite nach Chris Froome (Sky) die Vuelta a Espana gewonnen und die Nachfolge seines Landsmanns im Roten Trikot angetreten. Am letzten Tag der Run

16.09.2018Yates nach Giro-Absturz mit neuer Taktik zum Vuelta-Coup

(rsn) – Im Moment großer Enttäuschungen sprechen Sportler gern von "wertvollen Erfahrungen", die sie daraus ziehen würden. Ganz ähnlich war der Wortlaut auch bei Simon Yates (Mitchelton-Scott) n

16.09.2018Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 21. Etappe

(rsn) - Zum Start der 73. Vuelta a Espana sind in Malaga 176 Profis in insgesamt 22 Teams angetreten. Längst nicht alle werden am 16. September das Ziel in der Hauptstadt Madrid erreichen. Sturzverle

16.09.2018Viviani von weit hinten an allen vorbei zum 18. Saisonsieg

(rsn) – 67. Profisieg, 67. Jahreserfolg für Quick-Step Floors: Elia Viviani hat einmal mehr bewiesen, dass er im Jahr 2018 der wohl stärkste Sprinter ist. Der Italienische Meister verwies auf der

16.09.2018Viviani und Simon Yates jubeln in Madrid

(rsn) - Simon Yates (Mitchelton-Scott) hat als zweiter Brite nach Chris Froome (Sky) die Vuelta a Espana gewonnen und die Nachfolge seines Landsmanns im Roten Trikot angetreten. Am letzten Tag der Run

16.09.2018Mas und Lopez kicken Kruijswijk noch vom Podium

(rsn) - Nach einer kleinen Achterbahnfahrt an den vergangenen Tagen wird Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo) die 73. Vuelta a Espana auf dem vierten Platz beenden. Damit wiederholte der Niederländer se

16.09.2018Valverde: “Man muss die Niederlagen akzeptieren“

(rsn) - Die Ambitionen waren groß gewesen. Und lange mischte die spanische Equipe Movistar im Kampf um den Gesamtsieg bei dieser Vuelta a Espana mit. Doch am Ende gehört das Team zu den großen Gesc

Weitere Radsportnachrichten

29.04.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

29.04.2024Highlight-Video der 2. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) - Alison Jackson (EF Education – Cannondale) hat in einem chaotischen Finale in Moncófar die 2. Etappe der Vuelta Espana Femenina gewonnen. Die Kanadische Meisterin setzte sich im Sprint auf

29.04.2024Selig kurzfristig aus Astana-Aufgebot für den Giro gestrichen

(rsn) - Für Rüdiger Selig (Astana Qazaqstan) war der Giro d`Italia fest eingeplant. Mit seinem Sprintkapitän Max Kanter wollte er bei der ersten Grand Tour des Jahres um Etappensiege kämpfen. Doch

29.04.2024In der Übersicht: Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

29.04.2024Jackson siegt nach Sturz-Chaos um Vollering, Vos und Lippert

(rsn) – Alison Jackson (EF Education – Cannondale) hat in einem chaotischen Finale in Moncófar die 2. Etappe der Vuelta Espana Femenina gewonnen. Die Kanadische Meisterin setzte sich im Sprint au

29.04.2024Zimmermann verlängert bei Intermarché - Wanty

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Profiradsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder RÃ

29.04.2024Buchmann macht Frust über Giro-Ausbootung Luft

(rsn) – Drei Deutsche haben es ins Aufgebot von Bora – hansgrohe für den 107. Giro d´Italia (2.UWT) geschafft. Einer, mit dem die deutschen Fans für die Italien-Rundfahrt fest gerechnet hatten,

29.04.2024Bora mit drei Deutschen und einem Österreicher zum Giro

(rsn) – Mit dem deutschen Trio Jonas Koch, Florian Lipowitz und Maximilian Schachmann wird Bora – hansgrohe beim am 4. Mai in Venaria Reale beginnenden 107. Giro d’Italia (2.UWT) antreten. Ange

29.04.2024Sparkassen Giro führt am 3. Oktober 2024 durchs West-Münsterland

(rsn) – Der Sparkassen Münsterland Giro ist eines jener Eintagesrennen, die nahezu bei jeder Austragung mit einer neuen Strecke aufwarten. Nachdem der Herbstklassiker am Tag der deutschen Einheit i

29.04.2024Eschborn - Frankfurt: Die letzten zehn Jahre im Rückblick

(rsn) – Über Jahrzehnte hin als Rund um den Henninger Turm ausgetragen, wurde der hessische Frühjahrsklassiker nach dem Rückzug des Sponsors zum 1. Mai 2009 zunächst in Eschborn Frankfurt City L

29.04.2024Lipowitz voller Selbstbewusstsein zum Giro-Debüt

(rsn) – Das Gelbe Trikot von Carlos Rodriguez (Ineos Grenadiers) konnten Aleksandr Vlasov und Florian Lipowitz auf der Schlussetappe der Tour de Romandie nicht mehr gefährden. Doch das Duo von Bora

29.04.2024Mit Stichen am Kinn: Van Dijk startet zur 2. Vuelta-Etappe

(rsn) – Die im Finale des Auftaktzeitfahrens zur 10. Vuelta Femenina gestürzte Ellen van Dijk (Lidl – Trek) wird zur 2. Etappe in Bunol antreten können. Wie ihr Team auf dem Portal X meldete, ha

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Bretagne (2.2, FRA)