Nach erster Bergetappe in Top 10

Schachmann fährt in Kalifornien als Ersatzmann ins Rampenlicht

Von Felix Mattis aus San Jose

Foto zu dem Text "Schachmann fährt in Kalifornien als Ersatzmann ins Rampenlicht"
Maximilian Schachmann (Quick-Step Floors) fuhr bereits eine starke Tour de Romandie. | Foto: Cor Vos

16.05.2017  |  (rsn) - Eigentlich hätte er gar nicht hier sein sollen. Erst nachdem das Team Quick-Step Floors den Spanier David De la Cruz wegen Lungenbeschwerden sicherheitshalber heimschickte, bekam Maximilian Schachmann kurzfristig einen Anruf: Auf in den Flieger und ab nach Kalifornien. Und nun kletterte der 23-Jährige auf der ersten Bergetappe von Modesto über den 1.274 Meter hohen und zur Ehrenkategorie gehörenden Mt. Hamilton trotz eines Sturzes in der letzten Abfahrt des Tages in die Top Ten des Gesamtklassements.

"Er schlägt sich gut und ich bin selbst etwas überrascht, wie stark sich unsere beiden jungen Kids heute verkauft haben", lobte Teamchef Patrick Lefevere den Youngster und seinen spanischen Teamkollegen Enric Mas. Das Neoprofi-Duo erreichte das Ziel am Motocross-Gelände oberhalb von San Jose in der ersten Verfolgergruppe 37 Sekunden nach Tagessieger und Top-Favorit Rafal Majka (Bora-hansgrohe). "Es waren nicht mehr viele in ihrer Gruppe, und das obwohl beide sogar gestürzt sind und jeweils einen Platten hatten."

Dass Schachmanns Form gut ist, bewies der U23-Vizeweltmeister im Einzelzeitfahren bereits vor zwei Wochen bei der Tour de Romandie, wo er Gesamt-19. und Zweiter der Nachwuchswertung wurde. Deshalb wählte das Team auch ihn als De la Cruz-Ersatz. Doch dass es beim Spontaneinsatz an der US-Westküste dann wieder so gut laufen würde, davon konnte man nicht automatisch ausgehen. "Ich habe mich überhaupt nicht spezifisch vorbereiten können und leide noch etwas unter dem Jetlag", erklärte Schachmann. "Gestern lief es deshalb noch nicht so. Aber es wird von Tag zu Tag besser."

Umso besser, dass Schachmanns möglicherweise größter Tag der Rundfahrt erst am vorletzten Tag mit Etappe 6 kommen wird: das 24 Kilometer lange Einzelzeitfahren am 2.000 Meter hoch gelegenen Big Bear Lake. "Da kann er sich nochmal richtig testen und mit den anderen Zeitfahrern messen", so Lefevere, der aber keinen Druck ausüben und fürs Gesamtklassement keine Ziele ausgeben möchte. "Wir schauen von Tag zu Tag. Wenn man Druck macht und die Jungs es dann auf der schweren Bergetappe (zum Mt. Baldy am Donnerstag, Anm. d. Red.) nicht schaffen, sind sie enttäuscht. Wir lassen sie einfach jeden Tag probieren, was geht. Wenn sie dabei sind ist es gut, wenn nicht stirbt aber auch niemand dadurch."

Druck machen sich Sportler aber ohnehin meist am ehesten selbst. Und Schachmann weiß: "Das ist hier eine Riesenchance für mich - eine Chance, die man in unserem Team bekommt, wenn man gute Form hat und zeigt", freut sich der 23-Jährige über das Vertrauen seiner Teamleitung schon in seinem ersten Profijahr. "Primär sind wir hier, um mit Marcel (Kittel) Etappen zu gewinnen. Aber Enric (Mas) ist als Bergfahrer wirklich gut drauf. Da können wir vielleicht auch im Klassement noch eine Rolle spielen", hofft er.

Weniger gut gefallen als der Ausgang der Etappe haben dem Deutschen am zweiten Tag in Kalifornien aber die Abfahrten. Mit viel Staub auf der Oberfläche war der Asphalt auf dem Weg nach San Jose sehr rutschig, was es gefährlich macht, sich stark in die Kurven zu legen oder gerade in den Steilstücken mit bis zu 15 Prozent hart zu bremsen - und was auch Toms Skujins (Cannondale-Drapac) zum Verhängnis wurde, der schwer stürzte und das Rennen aufgeben musste. Schachmann prallte in derselben Abfahrt von der letzten Bergwertung des Tages ein Stück weiter oben in die Leitplanke, blieb aber glücklicherweise unverletzt. Während es bei anderen Rennen Hinweisschilder vor schwierigen Kurvenkombinationen gebe, werde man hier überrascht, wenn eine Kurve plötzlich zu macht, erklärte der Deutsche, wo auch organisatorisch Verbesserungspotential liege.

Es scheint, als wachse mit Schachmann nicht nur ein Fahrer heran, der Kraft in den Beinen hat, sondern der sich auch Gedanken über seinen Job macht. Dass sein Wort in Zukunft vermehrt Gewicht bekommen wird, dafür sorgt er aber vor allem mit seinen Beinen. Und die sollen ihn nach Möglichkeit Ende Juni zu einem Spitzenresultat bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften tragen, um dann das WM-Ticket für Norwegen im Herbst zu buchen.

Auf einem guten Weg ist Schachmann in jedem Fall bereits. Denn auch wenn sich Lefevere erinnert: "In Dubai hat er den Anderen nach der 1. Etappe gesagt: 'Der Unterschied zwischen U23 und Profis ist gar nicht so groß. So schnell fahren sie hier ja gar nicht.' Und am nächsten Tag wurde er an der Winkante abgehängt und alle haben ihn ausgelacht." So lobt der Teamchef, dass sein deutscher Youngster sehr schnell lerne.

Vier Monate nach der Dubai Tour ließ sich Schachmann am Mt. Hamilton in Kalifornien nun nicht abschütteln und ist nach zwei Tagen Kalifornien-Rundfahrt Gesamt-Neunter: "Ich bin glücklich, dass ich mich so schnell anpassen konnte und hier schon vorne mitfahre. Das macht viel mehr Spaß!"

Interview mit Maximilian Schachmann nach der Etappe in San Jose:

Mehr Informationen zu diesem Thema

21.05.2017Degenkolb: "Das war nochmal ein krass hartes Rennen"

(rsn) - John Degenkolb (Trek-Segafredo) hat sich auf der Schlussetappe der Amgen Tour of California in der Favoritengruppe festgebissen. Trotzdem konnte der Oberurseler nach 15 Kilometern von Mountain

21.05.2017Nur auf dem Podium kann Bennett die Angriffe nicht abwehren

(rsn) - "Konzentration, Schmerzen, Freude - und dann wieder Schmerzen, weil Lachlan mir mit dem Champagner ins Auge gespritzt hat", lachte George Bennett (LottoNL-Jumbo), als er den letzten Tag der 12

21.05.2017Bennett gewinnt Kalifornien-Rundfahrt, Huffman die letzte Etappe

(rsn) - George Bennett (Lotto NL-Jumbo) hat die 12. Amgen Tour of California gewonnen. Der Neuseeländer verteidigte sein Gelbes Trikot auch auf der siebten und letzten Etappe von Mountain High nach P

20.05.2017Majkas Zeitfahrqualitäten reichen noch nicht aus

(rsn) – Dass  er ein begnadeter Kletterer ist, das hat Rafal Majka (Bora-hansgrohe) in der Vergangenheit zuhauf bewiesen. Was ihm zu einem kompletten Rundfahrer noch fehlt, sind Zeitfahrqualitäten

20.05.2017Politt: "Im Zeitfahren will ich immer in die Top Ten"

(rsn) - Nils Politt (Katusha-Alpecin) war als Zehnter des Einzelzeitfahrens der 12. Tour of California zweitbester der deutschen Starter. Die Höhenlage des Big Bear Lake, 2.000 Meter über dem Meer,

20.05.2017Schachmann: "Ich fahre rein nach Gefühl"

(rsn) - Maximilian Schachmann (Quick Step-Floors) hat das Podium beim Einzelzeitfahren der 12. Amgen Tour of California nur um fünf fünf Sekunden verpasst und einen starken sechsten Platz erreicht -

20.05.2017Gelb dank Zeitfahren: Bennett kann es selbst kaum glauben

(rsn) - Die beiden Hauptdarsteller selbst konnten es am allerwenigsten glauben. Als George Bennett (LottoNL-Jumbo) und Jonathan Dibben (Sky) als neuer Gesamtführender beziehungsweise Etappensieger na

20.05.2017Dibben gewinnt Zeitfahren, Majka muss Gelb abgeben

(rsn) - Am vorletzten Tag der 12. Amgen Tour of California musste Rafal Majka (Bora-hansgrohe) das Gelbe Trikot abgeben. Der Pole belegte im 24 Kilometer langen Zeitfahren am Big Bear Lake Time Trial

19.05.2017Fröhlinger: "Das Zeitlimit ist mein großes Ziel"

(rsn) - Als ob die Höhe noch nicht Herausforderung genug wäre: Wenn Johannes Fröhlinger (Sunweb) am Freitag um 13:37 Uhr Ortszeit (22:37 Uhr MESZ) gut 2.000 Meter über dem Meer am Big Bear Lake in

19.05.2017Talansky beendet zweijährige Durststrecke von Cannondale

(rsn) - Zwei Jahre und sechs Tage ist es her, dass Davide Formolo in La Spezia die 4. Etappe des Giro d´Italia 2015 gewann. Zwei Jahre und sechs Tage ohne WorldTour-Erfolg des Cannondale-Teams. Doch

19.05.2017Video vom Finale der 5. Etappe der Tour of California

(rsn) - In einem packenden Bergaufsprint hat Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) die 125,5 Kilometer lange 5. Etappe der Tour of California von Ontario auf den Mount Baldy (1964 m) vor Rafal Majka vom

19.05.2017Talansky gewinnt 5. Etappe vor Majka, der Gelb verteidigt

(rsn) - In einem packenden Bergaufsprint gewann Andrew Talansky (Cannondale-Drapac) die 125,5 Kilometer lange 4. Etappe der Amgen Tour of California von Ontario auf den Mount Baldy (1964 m) vor dem Po

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine