Kommentar zum Bahrain-Projekt

"Folter-Prinz" als Radsport-Mäzen?

Von Wolfgang Brylla

Foto zu dem Text "
Radsport ind er Wüste - demnächst soll es auch ein erstklassiges Radsport-Team mit Sitz in Bahrain geben. Längst nicht alle begrüßen dieses Vorhaben. | Foto: Cor Vos

27.06.2016  |  (rsn) - Er heißt Nasser Bin Hamad Al Khalifa, ist der älteste Sohn und Thronfolger des selbst ernannten Königs von Bahrain und soll vor fünf Jahren politische Gegner gefoltert haben. Genauer gesagt: Der Scheich hat nicht nur zugesehen und Befehle gegeben, sondern zwei Gefangene geschlagen, getreten und ausgepeitscht, wie Recherchen des Bahrain Institute for Human Rights and Democracy (BIRD) und des European Centre for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ergaben.

Dieser Mann also steht hinter dem Radsport-Projekt, das während der Frankreich-Rundfahrt vorgestellt wird und ab nächster Saison das Peloton aufmischen will. Am allerwenigsten fehlt es an Geld, denn die königliche Familie ist dank der Milliarden Petro-Dollars steinreich.

Das wird wohl auch der Grund sein, weshalb der Radsportweltverband UCI den Plänen des „Folter-Prinzen“ durchaus wohlwollend gegenüberzustehen scheint. Nasser sprach auch schon mit dem Management der italienischen Mannschaft Lampre-Merida über eine mögliche Fusion. Eine Einigung kam zwar nicht zustande, aber zahlreiche Fahrer - darunter angeblich auch Vincenzo Nibali - werden ihren Arbeitgeber wechseln und in die arabische Wüste umziehen. Denn Nasser garantiert gut dotierte Verträge, fette Prämien und eine vergleichsweise sichere Zukunft. Dass er einiges auf dem Kerbholz hat, tut der ganzen Sache offenbar keinen Abbruch.

Nachdem sie schon unter anderem in die Formel 1 und Tennis investiert haben, wollen sich die autoritären Herrscher von der Arabischen Halbinsel nun auch im Radsport einen Namen machen. Das betrachten sie dabei weniger als gewinnbringendes Geschäft, eher als Spielzeug.

In Katar, im Oman, in Abu Dhabi und in Dubai gibt es schon Rundfahrten, die von den mächtigen Veranstaltern ASO und RCS Sport ausgetragen und von den Profis als Vorbereitungsrennen gerne genutzt werden. Von den Öl-Milliarden will nun auch die UCI profitieren, deren Peking-Rundfahrt vor Jahren eine ausgesprochene Pleite war. Nicht zufällig hat der Weltverband Katar die Straßenweltmeisterschaften 2016 zugesprochen. Welche Gründe sprachen für den Wüstenstaat? Eine abwechslungsreiche Strecke? Sommerliche Temperaturen? Dann schon eher die Finanzen.

Und genau hier sitzt das tiefer liegende Problem: Der Profi-Radsport macht sich immer mehr von den Petro-Dollars der Scheichs abhängig. Weil dringend Investoren benötigt werden, schielen alle auf den Nahen Osten. Viele Rennställe hätten wohl auch nichts gegen einen arabischen Hauptsponsor einzuwenden, so wie es etwa im Fußball bereits längst an der Tagesordnung ist.

Doch hier muss man einhaken: Muss es unbedingt ein Nasser Bin Hamad Al Khalifa sein, dessen Immunität bereits 2014 ein britisches Gericht wegen der massiven Vorwürfe aufgehoben und somit gegen den 29-Jährigen ein Verfahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermöglicht hat? Muss man wirklich einem Folterer sämtliche Türen und Tore öffnen, nur damit er Geld in die Radsport-Familie bringt?

Auch wenn es angesichts der langen Skandalgeschichte des organisierten Sports (Doping, Betrug, Korruption) naiv klingen mag, so muss es ethische Grenzen geben. Deshalb kann die Antwort nur lauten: Ein Nasser Bin Hamad Al Khalifa und seinesgleichen haben im Sport nichts verloren.

Weitere Radsportnachrichten

17.12.202483. Paris-Nizza mit zwei Bergankünften und Teamzeitfahren

(rsn) – Die 83. Ausgabe der Fernfahrt Paris – Nizza (9. – 16. März) 2.UWT) hat je drei Etappen für Sprinter und Kletterer, ein Teilstück für Puncheure und auch wieder ein Teamzeitfahren im P

17.12.2024Pogacar-Helfer will den “Killerinstinkt“ wieder erwecken

(rsn) - Felix Großschartner (UAE Team Emirates) steckt zwar gerade in Spanien, im Luxusresort Grand Hotel Luxor in Benidorm, in dem es von pharaonischen Symbolen wie Obelisken, Sphinxen und Pyramiden

17.12.2024UAE: Sechsjahresvertrag mit neuem Sponsor XRG

(rsn) – Bereits vor einer Woche wurde beim Medientag des UAE Teams Emirates bekannt, das der Rennstall künftig auf einen weiteren finanzstarken Geldgeber bauen kann, der ab 2025 als neuer Co-Namens

17.12.2024Pidcock verzichtet in diesem Winter auf Crossrennen

(rsn) – Tom Pidcock wird in diesem Winter auf Einsätze im Gelände verzichten. Das teilte der 25-jährige Brite auf Instagram mit. “Am Sonntag habe ich mir meinen ersten Cyclocross dieser Saison

17.12.2024Behrens und Lippert Deutschlands Radsportler des Jahres

(rsn) – Niklas Behrens, Liane Lippert und Anastasia Kuniß sind Deutschlands Radsportler des Jahres. U23-Weltmeister Behrens ließ bei der zum 54. Mal von den Zeitschriften Radsport und RennRad durc

17.12.2024Zwischen riesigem Jubel und einer bitteren Zwangspause

(rsn) – Besser als die Saison 2024 hat ein Jahr für Kevin Geniets (Groupama – FDJ) aus sportlicher Sicht wohl noch nie begonnen: Gleich am ersten Renntag gewann er den Grand Prix La Marseillaise

17.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

17.12.2024Felline steigt vom Rad, Schweizer Vizemeister Pellaud nach China?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

17.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

16.12.2024Die Trikots der WorldTeams für die Saison 2025

(rsn) - Wie bunt wird das Peloton 2025? Und welche werden die vorherrschenden Farben in der kommenden Saison sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor -

16.12.2024Alles begann mit Denks Brief an Mateschitz

(rsn) – Für die Öffentlichkeit begann der Poker um den Einstieg von Red Bull bei Bora – hansgrohe um den vergangenen Jahreswechsel herum. Eine Information der österreichischen Bundeswettbewerbs

16.12.2024Zivile Motorrad-Sicherheitskräfte bei niederländischen Rennen?

(rsn) – Mit der Ankündigung, dass in Folge des zweitägigen NATO-Gipfels Ende Juni in Den Haag für den Großteil der Saison keine Motorradpolizisten für Radrennen abgestellt werden könnten, hatt

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine