RSN-Jahresrangliste 2015, Platz 2: Christine Majerus

Kapitänsrollen geerbt und sofort voll ausgefüllt

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Kapitänsrollen geerbt und sofort voll ausgefüllt"
Christine Majerus (links) mit Teamkollegin Evelyn Stevens. | Foto: Cor Vos

01.02.2016  |  (rsn) - Als Christine Majerus am 17. Juni in Aldeburgh mit ihren Teamkolleginnen auf dem Podium stand und die Zeremonien über sich ergehen ließ, war ihr alles andere als zum Jubeln zumute. Die Luxemburgerin nahm gemeinsam mit Romy Kasper und Co. stellvertretend für Lizzie Armitstead die Preise für den Auftakt-Etappensieg bei der Women's Tour entgegen, weil sich die Britin auf dem Weg ins Krankenhaus befand.

Armitstead musste das Rennen aufgeben und konnte nicht mehr zur zweiten Etappe antreten, so dass Majerus plötzlich die endschnellste Frau im Aufgebot von Boels-Dolmans war und die Kapitänsrolle bei der so wichtigen Rundfahrt in England erbte. Nur zwei Tage später stand sie erneut auf dem Podium - und diesmal konnte sie sich freuen, sogar sehr. "Mein Sieg in England war sicher das Highlight der Saison", erinnert sich die 28-Jährige an ihren ersten Erfolg außerhalb Luxemburgs seit dem Gewinn des Sparkassen Giros in Bochum 2013.

"Vor der Kulisse und auf die Art und Weise zu gewinnen, war eine große Genugtuung." Majerus gewann die 3. Etappe der Women's Tour in Kettering am Ende einer rund einen Kilometer langen, nicht allzu steilen Schlusssteigung durch einen gewagten Vorstoß in einer Schikane am Fuß das Anstiegs, als das Feld mit Hochgeschwindigkeit aus einer Abfahrt kam. Sie übernahm vorübergehend sogar das Gelbe Trikot und beendete die Rundfahrt zwei Tage später schließlich auf Gesamtrang drei.

Dasselbe Ergebnis hatte Majerus bereits zwei Monate zuvor bei der niederländischen Energiewacht Tour eingefahren - auch da nach einem Sturz von Armitstead auf der 1. Etappe, und auch da als etatmäßige Helferin. Hinzu kam im Sommer bei der Tour de Bretagne Gesamtrang zwei. Man kann getrost sagen, dass die Luxemburgische Serienmeisterin ihre Chance jedes Mal genutzt hat, wenn sie die Kapitänsrolle übernahm. "Darüber bin ich im Nachhinein selbst ein bisschen erstaunt", gibt sie zu. "Es war angenehm zu sehen, dass das Team vollstes Vertrauen hat und ich habe versucht, die 'Helferlockerheit' beizubehalten, wenn ich auf eigene Kappe fahren durfte."

Eine entspanntere Herangehensweise sei für sie ohnehin der Schlüssel zum Erfolg gewesen in diesem Jahr. "Ich habe eigentlich im Training nichts anders gemacht, aber ich glaube, dass ich vor allem etwas lockerer war und mir keinen unnötigen Stress gemacht habe", erklärt sie. "Das war sicher meine beste Saison - sowohl was die Ergebnisse angeht, als auch die Regelmäßigkeit."

Zum Saisonabschluss wartete in Richmond jedoch noch eine kleine Enttäuschung: Silber im WM-Mannschaftszeitfahren, was eigentlich kein Grund wäre, Trübsal zu blasen. "Die Medaille war schon schön, aber dass ich nicht viel beitragen konnte, war echt frustrierend", erzählt sie. Majerus hatte früh im Rennen einen Plattfuß und musste ihre Teamkolleginnen daher allein weiterfahren lassen. "Silber nimmt mir keiner, aber die Geschichte dahinter würde ich gerne vergessen."

Nach einer kurzen Trainingspause stieg Majerus im Herbst wieder ganz normal in ihre Saisonvorbereitung für 2016 ein. Und genau wie in den vorangegangenen Wintern fuhr sie aus dem Straßentraining heraus einige Cross-Rennen - "Ich habe das Cross-Rad im November und Dezember nur zu den Rennen angerührt", sagt sie. Trotzdem machte Majerus auch hier einen sichtbaren Schritt nach vorne. "Ich habe viel für nächste Saison gelernt", meint Majerus, die am Samstag WM-Neunte in Zolder wurde und 2016/17 nun eine volle Cross-Saison anvisiert, weil dann eine Heim-WM in Luxemburg wartet.

Vorher aber wartet die Straßensaison, die auch für sie am Dienstag mit der Katar-Rundfahrt beginnt - einmal mehr als Helferin, in Katar wohl für Ellen Van Dijk. "Dass ich woanders Leader sein könnte, mag sein. Aber ich bevorzuge es, mich in einem starken Umfeld weiter zu entwickeln und auch mit meinen Teamkolleginnen über das Renngeschehen zu entscheiden, anstatt immer nur auf die Aktionen anderer reagieren zu können", erklärt Majerus, warum sie ein weiteres Jahr für Boels-Dolmans fährt.

Dementsprechend hat sie vor dem Saisonstart auch keine konkreten Platzierungsziele fürs kommende Jahr. "Ich bin da eher opportunistisch", meint sie. Und Opportunitäten wird es sicher auch 2016 wieder geben.

Hier punktete Majerus 2015:
8. Omloop Het Nieuwsblad (5 Punkte)
11. Strade Bianche (5 Punkte)
3. Novilon Eurocup (12 Punkte)
5., 7., 2., 3., 7., 5. auf den Etappen der Energiewacht Tour (9 Punkte)
3. Gesamt Energiewacht Tour (13 Punkte)
8. Dwaars door de Westhoek (10 Punkte)
6. Prolog Festival Elsy Jacobs (2 Punkte)
5. Etappe 3 Festival Elsy Jacobs (3 Punkte)
6. Gesamt Festival Elsy Jacobs (14 Punkte)
3. GP Gatineau (24 Punkte)
11. Chrono Gatineau (5 Punkte)
4. Diamond Tour (20 Punkte)
3., 1., 4., 5. auf Etappen der Women's Tour (28 Punkte)
3. Gesamt Women's Tour (25 Punkte)
4. Punktewertung Women's Tour (2 Punkte)
Luxemburgische Meisterin EZF (4 Punkte)
Luxemburgische Meisterin Straße (4 Punkte)
2., 3., 4., 2. auf den Etappen der Tour de Bretagne (13 Punkte)
2. Gesamt Tour de Bretagne (18 Punkte)
2. Bergwertung Tour de Bretagne (3 Punkte)
1. Punktewertung Tour de Bretagne (4 Punkte)
10. La Course by Le Tour (6 Punkte)
6. Sparkassen Giro Bochum (28 Punkte)
6. Gesamt Ladies Tour of Norway (7 Punkte)
5. Punktewertung Ladies Tour of Norway (0,5 Punkte)
3. Weltcup-Mannschaftszeitfahren Vargarda (6 Punkte)
5., 3., 5., 5. auf Etappen der Boels Ladies Tour (15 Punkte)
3. Punktewertung Boels Ladies Tour (4 Punkte)
2. WM Mannschaftszeitfahren (13 Punkte)
15. WM Straße (6 Punkte)

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

01.02.2016Der nächste Schritt: Rundfahrtsiege statt Regenbogentrikot

(rsn) - Das Regenbogentrikot verloren, aber trotzdem einen großen Schritt nach vorne gemacht: So könnte man Lisa Brennauers Jahr 2015 wohl in einem Satz zusammenfassen. Doch für die Allgäuerin bed

31.01.2016Als Helferin Gold wert und trotzdem so erfolgreich wie lange nicht

(rsn) - Mit nach oben gestreckten Armen und den Blick gen Himmel gerichtet kniet Trixi Worrack auf der East Broad Street in Richmond, Virginia. Die zu diesem Zeitpunkt gerade noch 33-Jährige genießt

30.01.2016Nach schwierigem Jahr jetzt die Olympia-Medaille im Visier

(rsn) - Am 29. März hätte auf einen Schlag sehr viel vorbei sein können. Als Claudia Lichtenberg beim Frühjahrsklassiker Gent-Wevelgem im Sturm von einer Böe erwischt und von der Straße geworfen

30.01.2016Ein Jahr zwischen Magenproblemen und sportlichem Erfolg

(rsn) - Platz fünf - soweit vorne stand Österreichs Nummer eins in der Radsport-News-Jahresrangliste noch nie. Doch auch wenn das auf eine erfolgreiche Saison hindeutet, betont Martina Ritter: "Es w

29.01.2016Der Konkurrenz als Gast das Fürchten gelehrt

(rsn) - Mountainbikerinnen, die auch auf der Straße Erfolg haben, sind keine  Seltenheit. Und im Jahr 2015 reiste die Französin Pauline Ferrand-Prevot sogar für einen Monat als Weltmeisterin in be

29.01.2016Titelgewinne im Reifeprozess

(rsn) - Mit großen Augen steht Mieke Kröger in der Mathildenstraße in Einhausen vor dem Radgeschäft von Algis Oleknavicius, dem Veranstalter der Deutschen Straßenmeisterschaften 2015. Gerade ist

17.01.2016Im April platzte der Knoten endlich

(rsn) - Nach einem für sie selbst enttäuschenden ersten Jahr im Elite-Peloton gelang Anna Knauer 2015 der wichtige nächste Schritt: Die 20-Jährige bekam von ihrem Team Rabobank-Liv erstmals das Ve

16.01.2016Erneuter Teamwechsel nach "brutal hartem Lehrjahr"

(rsn) - Krankheit, Verletzungen, Probleme im Team und beim Verband: Für Doris Schweizer war das Jahr 2015 eines zum Vergessen. "Alles in allem würde ich es als ein brutal hartes Lehrjahr verbuchen",

15.01.2016Eine Saison zwischen Straßen-Rückschlägen und Bahn-Medaillen

(rsn) - Mit einem Titelgewinn endete für Charlotte Becker kurz vor Weihnachten ein sehr langes Radsport-Jahr: Am 18. Dezember entschied sie in Frankfurt an der Oder die Deutschen Meisterschaften im S

14.01.2016Triumph auf der Bahn, Weiterentwicklung auf der Straße

(rsn) - Weltmeisterin. Besser hätte das Jahr 2015 für Stephanie Pohl nicht beginnen können. Die Cottbuserin streifte vor den Toren von Paris am 18. Februar überglücklich das Regenbogentrikot übe

13.01.2016Das Tor zur WM blieb für die Altmeisterin zu

(rsn) - Nach einem völlig verkorksten Jahr 2014 mit einem krankheitsbedingten Rückschlag nach dem anderen, hat Hanka Kupfernagel in der Saison 2015 endlich wieder Straßensiege gefeiert. Die inzwisc

09.01.2016Auch ohne UCI-Team endlich auf dem Podium

(rsn) - Am 23. August war es endlich soweit: Daniela Gaß sprintete im französischen Culan am Ende der 2. Etappe der Trophée d´Or dem Zielstrich entgegen und sicherte sich hinter der Australierin K

Weitere Radsportnachrichten

13.10.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

13.10.2025Balsamo als Topfavoritin nach China

(rsn) – Die Tour of Chongming Island (2.WWT) bildet den Abschluss der Women’s WorldTour 2025. Drei Tage lang findet das Rennen auf der zweitgrößten chinesischen Insel vor den Toren Shanghais st

13.10.2025Nicolas Vinokurov verlängert bei XDS - Astana

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

13.10.2025Saisonfinale im Fernen Osten: Sprint-Chancen und ein “Scharfrichter“

(rsn) – Die Tour of Guangxi bildet vom 14. bis 19. Oktober das Saisonfinale der UCI WorldTour 2025. Auf den sechs Etappen der chinesischen Rundfahrt werden 1019,9 Kilometer zwischen Fangchenggang un

13.10.2025Seltene Niederlage: Pogacar verliert gegen Amateur

(rsn) – Tadej Pogacar hat am Sonntag eine seltene Niederlage einstecken müssen – und das ausgerechnet bei seiner eigenen Veranstaltung. Bei der "Pogi Challenge" in Slowenien musste sich

13.10.2025Tour of Chongming Island im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(ran) - Bereits seit 2007 steht die Tour of Chongming Island im Rennkalender der Frauen und zählt seit 2016 zur Women´s World Tour. Die Rundfahrt führt über drei Etappen und kam zumeist den Sprin

13.10.2025Grande Partenza 2026 in Bulgarien

(rsn) – Der Giro d’Italia 2026 wird in Bulgarien beginnen. Dies bestätigte der Präsident der Organisation RCS Urbano Cairo beim Festival dello Sport in Trentino. Das bedeutet, dass die Italien-

13.10.2025Tour of Guangxi im Rückblick: Die ersten neun Jahre

(rsn) - Die erstmals 2017 ausgetragene Tour of Guangxi ist seitdem das letzte WorldTour-Rennen der Saison. Die sechstägige Rundfahrt wird in der autonomen Region Guangxi im Süden Chinas ausgetragen

12.10.2025Biesterbos überrascht bei der Gravel-WM

(rsn) - Nicht zum ersten Mal in dieser Saison bringt ein Fahrer eines Teams außerhalb der WorldTour die Profis der Topliga des Radsports beim Kampf um einen Meistertitel ins Schwitzen. Nachdem in Ita

12.10.2025“Im Finale waren wir vielleicht ein bisschen dumm“

(rsn) – Bis eine Minute vor der endgültigen Entscheidung von Paris-Tours (1.UWT) hatte die Grande Nation noch fest daran glauben können, dass nach dem Vorjahressieg von Christoph Laporte (Visma â

12.10.2025Philipsen: “Mit diesen Jungs auf dem Podium zu sein, ist ein Privileg“

(rsn) – Matteo Trentin (Tudor) hat die 119. Auflage von Paris–Tours (1.Pro) im Sprint einer sechsköpfigen Spitzengruppe gewonnen und damit seinen dritten Sieg beim französischen Herbstklassiker

12.10.2025Trentin gewinnt auch die zweite Version von Paris-Tours

(rsn) – Matteo Trentin (Tudor) hat mit Paris-Tours (1.Pro) den letzten großen Herbstklassiker auf europäischer Bühne im Zielsprint einer Sechsergruppe für sich entschieden. Das traditionsreiche

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Kyushu (2.1, JPN)