Radsport News-Teamcheck / Teil 5

Ag2r: Siegertypen sollen den Aufschwung bringen

Von Christoph Adamietz

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John Gadret führt die Rundfahrerfraktion an | Foto: ROTH

08.01.2013  |  (rsn) – Mit gerade mal vier Siegen verlief die Saison 2012 von Ag2r alles andere als nach Wunsch. Um die magere Ausbeute für das kommende Jahr zu erhöhen, wurde Teamchef Vincent Lavenu auf dem Transfermarkt tätig. Insgesamt verpflichtete der Franzose elf neue Fahrer. „Wir haben diese Veränderungen vorgenommen, um dafür zu sorgen, dass wir 2013 mehr Siege werden einfahren können“, so Lavenu zu Radsport News zu seinen Beweggründen.

Für Erfolge sollen vor allem der 29-jährige Weißrusse Yauheni Hutarovich (von FDJ) und der 32-jährige Franzose Samuel Dumoulin (von Cofidis) sorgen. Die beiden Routiniers fuhren in den letzten beiden Jahren insgesamt 14 Siege ein. „Beide verfügen über den nötigen Punch und sind absolute Siegertypen,“ so Lavenu. Während der Weißrussische Meister gemeinsam mit dem Italiener Davide Appolonio (von Sky) die Sprinterfraktion um Appolonios Landsmann Manuel Belletti aufwerten soll, will der nur 1,59 Meter große Dumoulin über späte Attacken oder aus dezimierten Gruppen Siege einfahren.

Bei den flämischen Klassikern wird neben Hutarovich der Franzose Lloyd Mondory eine tragend Rolle spielen. Der seit 2002 für Ag2r fahrende Mondory wurde 2011 Fünfter bei Gent-Wevelgem und im Vorjahr Siebter bei Omloop Het Nieuwsblad, Hutarovich fuhr 2011 bei Kuurne-Brüssel-Kuurne und beim Scheldeprijs aufs Podium. Aber auch der 29-jährige Neuzugang Steve Chainel (ebenfalls von FDJ), 2012 Achter bei Gent-Wevelgem und Sechzehnter bei Paris-Roubaix, könnte in der neuen Saison ins Rampenlicht fahren.

Für die hügeligen Klassiker sind der 23-jährige Kolumbianer Carlos Betancur (von Acqua e Sapone) sowie der zwölf Jahre ältere Italiener Rinaldo Nocentini die größten Hoffnungen. Betancur bestach in der abgelaufenen Saison als Fünfter der Piemont-Rundfahrt und mit einem stark herausgefahrenen Solosieg auf der Königsetappe der Belgien-Rundfahrt. Der erfahrene Nocentini trumpfte bei den Ardennenklassikern mit den Plätzen neun, elf und zwölf auf.

Die Rundfahrerfraktion sollen der 30-jährige Italiener Domenico Pozzovivo (von CSF Inox) sowie Betancur verstärken und zugleich den zu Saxo Tinkoff Bank abgewanderten Iren Nicholas Roche ersetzen. „Beide verfügen über ein hohes Niveau am Berg“, urteilte Lavenu über den letztjährigen Giro-Achten und Trentino-Gesamtsieger Pozzovivo und Betancur, der die letztgenannte Rundfahrt auf Platz vier abschloss.

Nach wie vor gilt die allerdings langsam in die Jahre kommende Rundfahrerfraktion mit den vier Franzosen Jean-Christophe Peraud (35), John Gadret (33), Hubert Dupont (32), Christophe Riblon (31) sowie Nocentini (35) als Prunkstück der Equipe. „Von ihnen erwarte ich, dass sie Siege bei den großen Rennen einfahren. Das Zeug dazu haben sie“, so der Ag2r-Teamchef. Dass sie es mit der Weltspitze aufnehmen können, konnten sie allesamt schon zeigen. Gadret gewann beim Giro 2011, den er auf Platz drei beendete, eine Etappe. Pozzovivo war Etappensieger beim Giro 2012, Riblon gewann bei der Tour 2009 die Bergetappe mit Ziel in Ax-3-Domaines. Nocentini trug in jenem Jahr mehrere Tage das Gelbe Trikot der Frankreich-Rundfahrt, Peraud schließlich wurde 2011 Elfter der Tour.

Eine Verpflichtung mit Perspektive ist der ehemalige U23-Europameister Julian Kern, der sich im Vorjahr bei Leopard-Trek für höhere Aufgaben empfahl. „Julian ist eine Entdeckung für uns. Er scheint Talent zu haben. Wo seine Entwicklung hingehen wird, mag ich noch nicht sagen. Ich hoffe aber, dass er alles aus seinem Talent herausholt und wir werden ihm dabei helfen“, so Lavenu über den 23-jährigen Deutschen.

Schon einen Schritt weiter sieht Lavenu den jungen Franzosen Romain Bardet. Der 22-Jährige wurde in seiner ersten Profi-Saison Vierter der Türkei-Rundfahrt (Kat. 2.HC) und zeigte mit Platz zwölf bei der Polen-Rundfahrt, einem achten Etappenrang bei der Katalonien-Rundfahrt sowie Rang 25 beim Amstel Gold Race bereits sein Können auch in WorldTour-Rennen. „Er hat eine große Zukunft vor sich und wird sich weiter verbessern“, so Lavenu, der aber auch von Maxime Bouet einen Leistungssprung erwartet. „Beide werden dieses Jahr zu schönen Dingen in der Lage sein“, erklärte der Franzose.

Auf einen Formanstieg hofft Lavenu aber auch beim 26-jährigen Franzosen Blel Kadri, der 2011 mit Platz vier bei der Bayern-Rundfahrt, Rang zwei bei der Sarthe-Rundfahrt und Platz zehn bei der Katalonien-Rundfahrt auf sich aufmerksam gemacht hatte, im Vorjahr aber fast komplett abtauchte. „Ich wünsche mir, dass er wieder zur Leistungsstärke von 2011 zurückkehren kann, um all das gute, das wir von ihm denken zu bestätigen.“ Gespannt sein darf man auch auf den Litauer Gediminas Bagdonas (von An Post), der 2012 gleich neun Siege – wenn auch bei kleineren Rennen – sowie Platz zwei bei Rund um Köln einfahren konnte.

Durch die Verstärkung des Kaders hofft Lavenu aber nicht nur auf eine bessere Siegesbilanz. Wichtiger noch ist der Verbleib in der ersten Division „Wir wollen unser hohes Niveau bewahren und den WorldTour-Status behalten. Das wiederum können wir nur durch gute Ergebnisse und vor allem Siege bei den WorldTour-Rennen, aber auch bei den kleineren Wettbewerben sicherstellen“, so Lavenu.

Wichtigstes Rennen wird für den französischen Rennstall allerdings traditionell wieder die Tour de France. „Eine gute Tour ist unerlässlich. Dieses Rennen ist vor allem für unsere Partner sehr wichtig“, erklärte der 56-jährige Franzose.

Radsport News Prognose: Mit Martin Elmiger, Jimmy Casper und Nicholas Roche verließen zwar drei namhafte Fahrer das Team. Die Abgänge sind aber aufgrund der zahlreichen talentierten Neuzugänge zu ersetzen. Für Roche wurde der etwas gleichstarke Pozzovivo ins Team geholt, die aus gesundheitlichen Gründen schwächelnden Elmiger und Casper dürften Hutarovich, Appolonio und Bagdonas bald vergessen machen.

Es wäre eine herbe Enttäuschung, sollten die vier Saisonsiege für den deutlich leistungsstärkeren und vielseitigeren Kader nicht mühelos übertroffen werden. Die vielen jungen Fahrer im Team werden vor allem bei den Rennen unterhalb der WorldTour ihre Erfolge feiern. Die ganz großen Siege in werden allerdings Seltenheitswert haben und am ehesten durch Pozzovivo, Dumoulin und Hutarovich zu realisieren sein.

Ag2r 2013: Romain Bardet, Julien Berard, Guillaume Bonnafond, Maxime Bouet, Steve Chainel, Mikael Cherel, Axel Domont, Samuel Dumoulin, Hubert Dupont, John Gadret, Sylvain Georges, Blel Kadri, Sebastien Minard, Lloyd Mondory, Jean-Christophe Peraud, Anthony Ravard, Christophe Riblon (alle Frankreich), Davide Appolonio, Manuel Belletti, Matteo Montaguti, Rinaldo Nocentini, Domenico Pozzovivo (alle Italien), Julian Kern (Deutschland), Ben Gastauer (Luxemburg), Yauheni Hutarovich (Weißrussland), Gediminas Bagdonas (Litauen), Carlos Betancur (Kolumbien), Hugo Houle (Kanada), Valentin Iglinskiy (Kasachstan)

Zugänge: Steve Chainel, Yauheni Hutarovich (beide FDJ-Big Mat), Davide Appolonio (Sky), Valentin Iglinskiy (Astana), Samuel Dumoulin (Cofidis), Carlos Betancur (Acqua e Sapone), Domenico Pozzovivo (CSF Inox), Hugo Houle (Spidertech), Julian Kern (Leopard-Trek), Gediminas Bagdonas (An Post Cycling), Axel Domont (Neo-Profi)

Abgänge: Nicholas Roche (Saxo Tinkoff Bank), Martin Elmiger, Kristoff Goddaert, Sebastien Hinault (alle IAM Cycling), Gregor Gazvoda (Champion System), Romain Lemarchand (Cofidis), Jimmy Casper (Karriereende), Steve Houanard, Mathieu Perget, Boris Shiplevkiy, Amir Zargari (alle Ziel unbekannt)

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