Bianchi oder Telekom - wohin geht Ullrich?

24.09.2003  |  (RA) Wohin geht Jan Ullrich? Dieses Rätsel ist spannender als die Frage nach dem kommenden Vuelta-Sieger. Zurzeit prüft der Tourzweite drei konkrete Angebote. Bis Ende der kommenden Woche will Ullrich seine Zukunft entschieden haben.

Welche Möglichkeiten bieten sich Deutschlands erfolgreichstem Radstar? Radsport aktiv klärt auf:

Die besten Chancen hat zurzeit wohl das Team Telekom, dass ab 1. Januar Team T-Mobile heißen wird.

Was spricht für den Telekommunikations-Konzern?

Er bietet das meiste Geld und die größte Sicherheit. Bei T-Mobile kann sich Ullrich unbedingt darauf verlassen, dass er und seine Mitstreiter pünktlich und ausreichend bezahlt werden. Ein unschätzbarer Vorteil nach den Erfahrungen in den letzten Monaten. T-Mobile stellt Ullrich ein eingespieltes Team zur Verfügung, dass es mit Armstrongs US Postal aufnehmen kann.

Was spricht gegen Telekom?

Team-Manager Walter Godefroot weigert sich beharrlich, Ullrichs väterlichen Freund Rudy Pevenage wieder als Sportlichen Leiter zurückzuholen. Der Belgier hatte letzten Dezember eine mündliche Vereinbarung mit Godefroot gebrochen, um seinen Schützling zu Coast zu begleiten. Ullrich hat auch nicht vergessen, dass Godefroot ihn im letzten Sommer die Befähigung zum Profi absprach und Telekom seine Doping-Verurteilung wegen der Disco-Pillen als Vorwand nutzte, den lukrativen Vertrag zu kündigen.

Allerdings ändern sich mit dem Wechsel von Telekom zu T-Mobile auch die Entscheidungsträger, die seinen Rauswurf zu verantworten hatten.

Bianchi gibt den Kampf um seinen Kapitän nicht auf. „Wir haben ein Konzept, dass Ullrichs Zukunft bei uns sicherstellen kann“, erklärt Thomas Kristensen von Hauptsponsor Cycle Europe, zu dem der italienische Radfabrikant Bianchi gehört. Sicher ist, dass der europäische Konzern (370 Mio Jahresumsatz) einen weiteren Sponsor mit ins Boot holen wird, da er die rund 10 Millionen Euro nicht alleine aufbringen kann und will. Das Team Bianchi in der heutigen Form wird es nicht mehr geben.

Wahrscheinlich ist die Zusammenarbeit mit einer anderen Mannschaft. Zwei bieten sich an. Doch bis jetzt ist nur Saeco an die Öffentlichkeit getreten. Das Team von Gilberto Simoni möchte die Fusion. Fraglich ist aber, ob Saeco-Bianchi stark genug ist, Simonis Willen nach dem Giro-Sieg und Ullrichs Ziel nach dem Erfolg bei der Tour gleichzeitig zu erfüllen.

Was spricht für Bianchi?

Ullrich kann den eingeschlagenen Weg weitergehen und versuchen, das beste Team der Welt aufzubauen. Als Verstärkungen sind Oscar Sevilla (Spanien), der sich zurzeit so glänzend bei der Vuelta schlägt, und der zweifache Weltcupsieger Michele Bartoli (Italien) im Gespräch. Die verbliebenen Fahrer bilden nach den Chaosmonaten eine verschworene Gemeinschaft. Sie werden Ullrich noch dankbarer sein, wenn er ihnen ein zweites Mal die Arbeitsplätze rettet. Rudy Pevenage bleibt der Rückweg zu Telekom erspart!

Was spricht gegen Bianchi?

Die Teamleitung um Jacques Hanegraaf machte in den ersten Monaten in der Menschenführung und aus Geldmangel viele Fehler. Mitarbeiter, Profis und Medien (wegen der mangelhaften Öffentlichkeitsarbeit) sind unzufrieden.

Nach dem Lehrjahr ist aber zu vermuten, dass Bianchi die gleichen Fehler nicht wiederholt.

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