RSNplusWomen´s WorldTeams 2025: Picnic - PostNL

Picknick für alle nach Cavallis erstem Sieg?

Von Jens Claussen

Foto zu dem Text "Picknick für alle nach Cavallis erstem Sieg?"
Picnic - PostNL während einer Trainingsfahrt in den Tagen der Teampräsentation / Foto: Team Picnic - PostNL

24.01.2025  |  (rsn) - Im Team der Deutschen Meisterin Franziska Koch hat sich im Outfit mehr geändert als im Aufgebot. Nachdem der Chemiekonzern DSM seit 2021 das Trikot der Niederländerinnen geschmückt hatte, präsentierte Manager Iwan Spekenbrink im vergangenen Dezember den Online-Supermarkt Picnic als neuen Titelsponsor.

Die niederländische Firma hat sich für die kommenden vier Jahre an das Team gebunden. Zudem sind sowohl die Frauen- als auch die Männermannschaft nach einer dreijährigen Partnerschaft mit Scott in Zukunft auf Rädern der Marke Lapierre unterwegs. ___STEADY_PAYWALL___

Nach den Abgängen von Juliette Labous und Eglantine Rayer (beide zu FDJ - Suez), sowie Daniek Hengeveld (zu Ceratizit - WNT) hätte man mit dieser Planungssicherheit neben dem Top-Transfer von Marta Cavalli weitere namhafte Neuverpflichtungen erwarten können. Stattdessen setzt das Management verstärkt auf die Jugend – und bleibt damit in gewisser Weise dem eigenen Grundgedanken seit Teamgründung treu. Die 20-jährigen Nienke Vinke und Eleonora Ciabocco sowie die 21-jährige Elise Uijen werden seit zwei bis drei Jahren aufgebaut und sind Zukunftshoffnungen des Teams.

Mit den jeweils 20-jährigen Mara Roldan (Kanada) und Juliana Londono (Kolumbien) stießen außerdem in diesem Winter weitere junge Fahrerinnen zum Team, die im vergangenen Jahr noch auf Kontinental-Ebene starteten. Besonders Roldan empfahl sich dabei mit guten Ergebnissen für höhere Aufgaben. Bei der Volta a Portugal (2.2) gewann sie eine Etappe und fuhr auf zwei weiteren Tagesabschnitten in die Top Ten. Jeweils Platz 14 in den Gesamtwertungen der Baloise und der Bretagne Ladies Tour bestätigten danach ihr Potenzial für Rundfahrten.

Für die erst 18-jährige Belgierin Ella Heremans wird zunächst die Akklimatisierung an die Profiluft im Vordergrund stehen. Sie wechselte, wie zahlreiche weitere Fahrerinnen in dieser Saison, direkt aus der Juniorinnen-Klasse in die WorldTour.

Ob das nun unter dem Namen Picnic - PostNL startende Team – dsm-firmenich bleibt als Partner an Bord, wenn auch nicht im Namen - seine Bilanz aus der vergangenen Saison, als acht Siege gelangen, wird verbessern können, muss angesichts der Transfers zumindest in Frage gestellt werden. Die Erwartungen an Cavalli werden von Beginn an hoch sein. Mit einer beeindruckenden Saison 2022 hat die Italienerin zwar ihr enormes Potenzial bewiesen, danach wurde sie jedoch von Sturzfolgen zurückgeworfen. Angesichts von nur fünf Renntagen im Vorjahr, in dem sie nach einem Trainingsunfall mit einem Auto im Krankenhaus behandelt werden musste, wird Cavalli sich zunächst wieder an den Rennrhythmus gewöhnen müssen.

Geplant ist, dass die 26-Jährige bei Picnic - PostNL mit der Britin Pfeiffer Georgi eine Doppelspitze bildet. Sollte Cavalli mit Eingewöhnungsschwierigkeiten zu kämpfen haben, kann die Britin auch als potenzielle Siegfahrerin in der Frühjahrskampagne einspringen. Die 24-Jährige ist aktuelle Nationale Meisterin auf der Straße und belegte bei Paris-Roubaix 2024 Rang drei sowie beim Amstel Gold Race Platz vier.

Charlotte Kool feierte zwei Etappensiege bei der Tour de France Femmes 2024 | Foto: Cor Vos

Als sichere Bank für Resultate gilt weiterhin Top-Sprinterin Charlotte Kool. Die zweimalige Etappensiegerin der letztjährigen Tour de France Femmes wird mit breiter Brust in die Saison starten und versuchen, mehr Siege als im Vorjahr einzufahren, als sie bei gleich acht Rennen den zweiten Platz belegte.

Aber auch Koch wird vermehrt in den Fokus rücken und sollte nach ihren starken Leistungen des Vorjahres in der Teamhierarchie aufgestiegen sein. Die 24-Jährige gewann 2024 nicht nur überraschend den nationalen Titel auf der Straße, sondern zeigte auch bei Tour und beim Giro, dass sie einen beachtlichen Leistungssprung gemacht hat.

Der Top-Transfer: Marta Cavalli

Als Marta Cavalli im Frühjahr 2022 innerhalb von zehn Tagen die Ardennenklassiker La Flèche Wallonne und das Amstel Gold Race gewann, sprach die Radsportwelt schnell von einer möglichen Dominanz der Italienerin bei derartigen Rennen. Und als Cavalli dann auch den Giro d’Italia auf Platz zwei in der Gesamtwertung beendete, wurden diese Stimmen noch zahlreicher.

Doch dann wurde es still um die Frau aus Cremona, die im März 27 Jahre alt wird. Nach einem fürchterlichen Sturz auf der 2. Etappe der Tour de France Femmes im Juli 2022 kam sie nie mehr richtig auf die Beine zurück. Die Australierin Nicole Frain (damals Parkhotel Valkenburg) war mit hoher Geschwindigkeit ungebremst in Cavalli hineingerauscht, diese musste mit einem schweren Schädel-Hirn-Trauma daraufhin die Rundfahrt beenden.

Das, was danach folgte, würde Marta Cavalli sicherlich selbst als die dunkelste Zeit in ihrer Karriere beschreiben. Immer wieder von Verletzungen aber vor allem auch von Angst im Peloton gebeutelt, gewann sie im Jahr 2023 zwar die 2.1-Rundfahrten CIC-Tour International des Pyrénées und Tour de l’Ardeche, weitere Top-Resultate blieben jedoch aus.

In der vergangenen Saison nahm Cavalli kaum am mehr Rennbetrieb teil. Sie kam auf lediglich fünf Renntage, wobei ihr bestes Ergebnis Platz sechs beim Auftaktzeitfahren der Vuelta a Espana war – ein Mannschaftszeitfahren. Sollte Cavalli nun aber die Talsohle endgültig durchschritten haben, hätte das Team Picnic - PostNL mit ihr einen gleichwertigen Ersatz für die bisherige Kapitänin Labous gefunden.

Marta Cavalli bei der Tour de France Femmes 2023 | Foto: Cor Vos

Im Fokus: Franziska Koch

In der abgelaufenen Saison hat sich Franziska Koch gewiss selbst ein wenig überrascht. Trat sie doch endgültig aus der Helferinnenrolle heraus und hat durch gute Ergebnisse laut eigener Aussage ihre Position im Team verbessert. So nutzte sie am Saisonende auch bei der ersten Rundfahrt, bei der sie von ihrem Team als Leaderin unterstützt wurde, auf Anhieb ihre Chance: Bei der Simac Ladies Tour (2.WWT) fuhr sie einige Tage im Gelben Trikot, ehe ihr dieses noch auf der Schlussetappe von Weltmeisterin Lotte Kopecky (Team SD Worx – Protime) entrissen wurde. Sie beendete die Rundfahrt auf Platz zwei und damit auch ihre erfolgreichste Saison als Radprofi.

Die aktuelle Deutsche Meisterin auf der Straße scheint sich in dem Team, in dem sie im Jahr 2019 Profi wurde, wohlzufühlen. Ein Wechsel stand bisher nie im Raum, aber Ende der Saison wird sich zeigen, wo Kochs Reise weitergehen wird. Denn der Vertrag der Mettmannerin bei Picnic - PostNL läuft aus - und anderen Teams wird nicht entgangen sein, welche Entwicklung die Spezialistin für Eintagesrennen durchlaufen hat.

Franziska Koch (links) im Führungstrikot der Simac Ladies Tour 2024 | Foto: Cor Vos

Das Aufgebot: :
Silje Bader (Niederlande / 19), Francesca Barale (Italien / 21), Rachele Barbieri (Italien / 27), Marta Cavalli (Italien / 26), Eleonora Ciabocco (Italien / 20), Pfeiffer Georgi (Großbritannien / 24), Ella Heremans (Belgien / 18), Megan Jastrab (USA / 22), Franziska Koch (Deutschland / 24), Charlotte Kool (Niederlande / 25), Juliana Londono (Kolumbien / 19), Josie Nelson (Großbritannien / 22), Esmée Peperkamp (Niederlande / 27), Mara Roldan (Kanada / 20), Abi Smith (Großbritannien / 22), Becky Storrie (Großbritannien / 26), Elise Uijen (Niederlande / 21), Nienke Vinke (Niederlande / 20)

Davon Neuzugänge:
Marta Cavalli (FDJ - Suez), Ella Heremans (Neo-Profi), Juliana Londono (WCC Team), Mara Roldan (Cynisca Cycling)

Teamleitung:
Manager: Iwan Spekenbrink
Sportdirektor: Rudi Kemna
Sportliche Leiter: Albert Timmer, Asbjörn Kragh Andersen, Bennie Lambregts

Material:
Rahmenhersteller: Lapierre
Gruppe: Shimano
Laufräder: Ursus
Reifen: Vittoria
Trikot: Nalini
Helm: Lazer

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