Radprofi fragt bei Meeresbiologe an

Blutdoping mit Wurm-Präparat rückt in den Behördenfokus

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Blutdoping mit Wurm-Präparat rückt in den Behördenfokus"
| Foto: Pixabay

20.11.2023  |  (rsn) – Es transportiert bis zu 50 mal mehr Sauerstoff als das menschliche, ist trotzdem rund 250 mal kleiner, erhöht dadurch den Hämatokritwert nicht und ist zudem kompatibel mit allen Blutgruppen: das Hämoglobin des Wattwurms. Seit Jahren erforscht ein französischer Meeresbiologe die Eigenschaften des Sauerstoffträgers, nachdem er sich vor mehr als 25 Jahren die Frage stellte, wie die kleinen Würmer, die wie Fische durch Kiemen Luft bekommen, eigentlich bei Ebbe atmen. Seine erstaunliche Erkenntnis: Sie tun es nicht. Sie halten die Luft an, für mehrere Stunden.

Medizinisch befinden sich Präparate, die auf Basis des Wattwurm-Hämoglobins für Organtransplantationen und weitere stark sauerstofflastige Anwendungsmöglichkeiten genutzt werden sollen, teils gerade erst in Erprobungsphasen beziehungsweise oder wurden jüngst zugelassen. Doch schon vor drei Jahren habe sich ein Radprofi an Dr. Franck Zal gewandt, um an den Wurm-Stoff zu kommen. Zal ist der französische Wissenschaftler, der den Wattwurm sozusagen salonfähig gemacht hat.

Wissenschaftler Zal schon bei Operation Aderlass mit Behörden in Kontakt

Wie er der L’Equipe verriet, “kontaktierte mich 2020 ein bekannter Radsportler, dessen Team an der Tour de France teilnimmt, weil er das Produkt haben wollte“, so Zal. Es war die Phase, als sich die Profis im Juli auf der Corona-Saison auf die vielzählig in den Herbst gelegten wichtigen Rennen vorbereiteten. Auch Fitnessstudios und weitere Athleten hätten bereits angeklopft. An ihren Gründen bestünde kein Zweifel: Blutdoping.

Zal wurde schnell klar, dass jene Präparate, die seine eigens dafür gegründete Firma Hemarina herstellt, auch missbraucht werden können. Im Falle der Anfrage des Radprofis wandte er sich dann auch an die französische Gesundheitspolizei. "Ich fragte sie, was zu tun sei, und sie antworteten: 'Bringen Sie ihn zum Reden, wir wollen sehen, ob es ein Netzwerk gibt.' Wir tauschten etwa zehn E-Mails aus, aber irgendwann sagte ich mir, dass das ihre Aufgabe ist und nicht meine", sagte Zal der L’Equipe und bekannte zudem, bereits im Zuge der Operation Aderlass mit der Polizei zusammengearbeitet zu haben. Die Behörde bestätigte die Gespräche auf Anfrage der Tageszeitung, gab aber keine weiteren Details preis.

WADA-Labore testen bereits auf Wattwurm-Hämoglobin

Auch bei der Welt Anti-Doping Agentur (WADA) ist das Wurm-Hämoglobin bereits ein Thema. Zwar gebe es bisher noch keine positiven Befunde, die mit dem möglichen neuen Stoff für Blutdoping in Verbindung stehen. Doch die Vorteile kennt auch die WADA. Zwar soll das Produkt nachweisbar sein, doch nur für einen kurzen Zeitraum. In der Fachzeitschrift Analytical Science Journals soll laut L’Equipe von einer vier- bis achtstündigen Nachweisbarkeit die Rede sein.

Nach eigenen Angaben testet die WADA bereits auf das Wurm-Hämoglobin. Der wissenschaftliche Direktor der Agentur, Olivier Rabin, sagte: “Wir haben das Produkt gekauft und in die Hände der Anti-Doping-Labors gegeben. Wenn diese Substanz bei einem Athleten gefunden worden wäre, hätten wir es öffentlich gemacht.“ Er könne allerdings nicht garantieren, dass es nicht trotzdem “irgendwo auf der Welt“ genutzt wird. “Aber meines Wissens ist dies nicht der Fall.“

Abgesehen von der kurzen Nachweisbarkeit, mit der allerdings auch nur eine kurzzeitige leistungssteigernde Wirkung durch den verstärkten Sauerstofftransport erzielt wird, bringt auch die einfache Handhabbarkeit Vorteile mit sich. Es kann bei Raumtemperatur gelagert werden, ist dadurch einfach zu transportieren. Das macht es vor allem für die Momente interessant, in denen es wirklich zählt. “Es ist ein Produkt, nach dem man im Wettbewerb suchen muss“, so die Meinung von Adeline Molina, Generalsekretärin der Französischen Anti-Doping Agentur AFLD.

Die Bewahrer des sauberen Sports sind also gewarnt und auf der Hut. Auch die Aderlass-Proben wurden bereits auf das Wattwurm-Hämoglobin getestet, ohne positives Ergebnis. Doch genauso hat die Vergangenheit oft genug bewiesen, dass die Sünder trotzdem gerne mal einen Schritt voraus sind. Das Blutdoping in jüngerer Vergangenheit im Radsport keine Rolle spielte, kann gutes wie schlechtes Zeichen sein.

Weitere Radsportnachrichten

19.07.2025Vingegaard: “Die Tour ist alles andere als vorbei“

(rsn) – Die Platzziffern waren dieselben, wie am Vortag in Hautacam. Doch das Auftreten und die Stimmung von Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) unterschieden sich nach der zweiten Niederlage

19.07.2025Mühlberger hofft bei der Tour “auf den Tag unseres Lebens“

(rsn) - An den beiden Ruhetagen der Tour de France zwischen den 21 Etappen nehmen die Profis raus. Sie genießen die Tage mit der Familie – falls angereist - Massagen, viel Schlaf, den einen oder an

19.07.2025Evenepoel hart zu sich selbst: “Das war einfach wirklich schlecht“

(rsn) – Als sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) die bis zu 16 Prozent steilen letzten Meter auf der Startbahn des Altiports von Peyragudes hinaufquälte, kam es zur Demütigung: Der zwei Mi

19.07.20255.000 Höhenmeter: Paukenschlag zum Abschluss der Pyrenäen-Tage

(rsn) - Die Tour de France macht zum Finale der Pyrenäen-Trilogie den fast schon obligatorischen Besuch in Pau, wo die 14. Etappe startet. Von dort geht es auf 183 Kilometern nach Luchon-Superbagnèr

19.07.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

18.07.2025Lipowitz endgültig im Kampf ums Tour-Podium angekommen

(rsn) – Bei Red Bull sind sie ruhig geblieben. Zeitverluste an den ersten Tagen? Egal. Hauptsache nicht gestürzt. Rang acht und neun nach zehn Etappen, dreieinhalb Minuten hinter dem Gelben Trikot

18.07.2025Aerorad für den Sieger, Zeitfahr-Set-Up für die Platzierten

(rsn) - Zeitfahren sind Technikschlachten. Bergzeitfahren umso mehr. Denn es gilt, auch konfligierende Variablen in eine gute Balance zu bringen. Eine ziemlich harte Herausforderung in dieser Hinsicht

18.07.2025Highlight-Video der 13. Etappe der Tour de France

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat auch im Bergzeitfahren der Tour de France die Konkurrenz düpiert. Der Weltmeister entschied im Gelben Trkot die 13. Etappe über 10,9 Kilometer

18.07.2025Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 13. Etappe

(rsn) - 184 Profis aus 23 Teams sind am 5. Juli im nordfranzzösischen Lille zur 112. Tour de France (2.UWT) angetreten, darunter zehn Deutsche, drei Österreicher und fünf Schweizer. Hier listen

18.07.2025Lipowitz: “Die letzten zwei Kilometer waren eine richtige Qual“

(rsn) – Mit seinem vierten Etappensieg hat Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) seine Führung im Gesamtklassement der Tour de France weiter ausgebaut. Der Weltmeister war nach 10,9 Kilometern v

18.07.2025Pogacar dominiert auch das Bergzeitfahren der Tour de France

(rsn) – Der Lack ist ab bei Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) – allerdings nur an seinem Rad, mit dem er das 10,9 Kilometer lange Bergzeitfahren auf der 13. Etappe der Tour de France von Lo

18.07.2025Nach Sturz auf 8. Tour-Etappe läuft es bei Rutsch immer besser

(rsn) – Während für seinen Teamkollegen Georg Zimmermann nach dem Sturz auf der 9. Etappe die 112. Frankreich-Rundfahrt bereits beendet ist, kämpft sich der schon tags zuvor zu Fall gekommene Jon

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Tour de France (2.UWT, FRA)
  • Radrennen Männer

  • Visegrad 4 GP Czech Republic (1.2, CZE)
  • Giro della Valle d`Aosta - (2.2u, ITA)