RSNplusBora-Neueinkauf blickt auf seine Karriere zurück

Roglic: “Ich fahre weiter, solange es mir Spaß macht“

Von Kevin Kempf

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Primoz Roglic (Jumbo - Visma) | Foto: Cor Vos

18.10.2023  |  (rsn) – Dass Bora-Neuzugang Primoz Roglic (Jumbo – Visma) einer der besten Radsportler dieser Zeit ist, steht außer Frage. Mit 80 Siegen, davon 55 in der WorldTour, vier Grand-Tour-Gesamtsiegen, einem Monument und Olympia-Gold im Zeitfahren befindet sich der Weltranglistenvierte unumstritten ganz weit oben in der Nahrungskette des Radsports. Genauso unumstritten ist aber das fortgeschrittene Alter des 33-Jährigen, den der deutsche Rennstall aus seinem Vertrag bei den Niederländern rausgekauft hat, um ihn bis einschließlich 2025 zu verpflichten.

In einem Interview mit der italienischen Sportzeitung Gazzetta dello Sport blickte Roglic auf seine Karriere zurück: ”Ich habe spät mit dem Radsport angefangen, deswegen spielt mein Alter meiner Meinung nach keine große Rolle“, urteilte der Slowene. “Wenn man die Möglichkeit hat, Träume zu verwirklichen, sollte man es tun, so lange man es gern tut. Ich fahre weiter, solange es mir Spaß macht. Momentan genieße ich es und ich habe Spaß daran, der zu sein, der ich in der Radsportwelt bin. Wenn ich irgendwann merke, dass ich andere Dinge in meinem Leben will. Werde ich meinen Platz für junge, aufstrebende Fahrer räumen.“, fügte er an.

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Die Karriere des Primoz Roglic ist einzigartig. Dass Fahrer in internationalen Ergebnislisten erst im fortgeschrittenen Alter - beim Jumbo-Profi war dies mit 23 der Fall – auftauchen, ist inzwischen keine Seltenheit mehr. Bei Bora trifft Roglic auf den ehemaligen Mountainbiker Ben Zwiehoff und den früheren Skibergsteiger Anton Palzer, die ebenfalls erst spät aufs Rennrad wechselten. In seiner jetzigen Mannschaft war Milan Vader, der gerade die Tour of Guangxi für sich entschied, kurz vor seinem 25. Geburtstag erstmals international auf der Straßenmaschine unterwegs. Trotzdem unterscheidet sich Roglic von diesen Beispielen aus seinem momentan und zukünftigen Umfeld, denn er war kein Ausdauerathlet.

Vom Skispringen zum Radsport

Roglic war Skispringer. Als solcher gewann er mehrere Continental-Cup-Springen, doch 2011 verpasste er den Sprung in Sloweniens A-Kader und nach einem weiteren schweren Sturz - im Internet kursiert das Video eines anderen Crashs von der Skiflugschanze in Planica 2007 – war es Zeit, eine Entscheidung zu treffen. ”Als ich 22 war und noch immer nicht Olympiasieger oder zumindest in der absoluten Weltspitze war, so wie ich es mir als Kind erträumt hatte, realisierte ich, dass es vielleicht meine letzte Chance war, den Sport zu wechseln. Ich hatte das Gefühl, dass Radsport mit besser liegen könnte, darum habe ich es probiert“, blickte Roglic zurück.

Primoz Roglic 2016 bei Tirreno-Adriatico. Für die Journalisten gab er nochmal den Skispringer. | Foto: Cor Vos

Was nicht einmal in der Theorie einfach klingt, war in der Praxis natürlich schwierig. “Skispringen ist ein komplett anderer Sport. Nach ein paar Sekunden ist alles vorbei, während ein Radrennen Stunden dauert“, fasste Roglic die auf der Hand liegenden grundlegenden Unterschiede zusammen. Doch als Leistungssportler hatte er einige Tools, die er übertragen konnte. “Trotzdem hat mir das Skispringen auch dort viel geholfen. Wir haben Meditation und Visualisationsverfahren angewendet. Wir haben allerlei Aspekte des Skispringens aufgegriffen, die mir letztendlich als Fahrer geholfen haben.”

”Die Ausdauer hat mir natürlich gefehlt, aber ich habe schnell gelernt. Ich wusste nicht, wie es laufen würde, aber ich wusste, was ich werden wollte und habe immer weitergekämpft”, so der Jumbo-Profi, der zwei Jahre später beim slowenischen Drittdivisionär Adria Mobil anheuerte und dort gleich erste Erfolge feierte. In der ersten Saison blieben die Siege zwar aus, doch als 15. der Slowenien-Rundfahrt (2.1) setzte er ein erstes Ausrufezeichen.

Schon 2014 fuhr er zweimal als Erster über den Zielstrich. Sein Etappenerfolg bei der Tour d’Azerbaidjan (2.1) und Platz drei bei der Sibiu Cycling Tour (2.1) reichten aber noch nicht für den erhofften Profivertrag. Der kam nach der dritten Saison, in der er neben der Tour d’Azerbaidjan und der Slowenien-Rundfahrt noch drei andere Rennen gewann und insgesamt dreizehn Mal in die Top Ten fuhr.

Bei jedem Sieg springt Roglic im Telemark aufs Podium, so auch bei seiner Olympischen Goldmedaille in Tokio | Foto: Cor Vos

Von der dritten in die erste Division

Jumbo – Visma, beziehungsweise 2016 noch LottoNL – Jumbo, machte den damals 26-Jährgen zum Berufsradfahrer. Schon damals hatte es vorher übrigens bereits Gespräche mit Ralph Denk über eine mögliche Verpflichtung beim Team Bora – Argon 18 gegeben. Roglic aber landete bei den Niederländern. Und er schlug direkt ein, wurde bei seinem zweiten Einsatz Fünfter der Algarve-Rundfahrt (2.Pro).

Dann kam der Giro und Roglic schrammte beim Auftaktzeitfahren in Apeldoorn nur knapp an der Sensation vorbei. “Ich wusste nicht, dass ich so ein guter Zeitfahrer bin und den Etappensieg auf der 1. Etappe - und natürlich das Maglia Rosa – habe ich mit nur einer Zehntelsekunde an Tom Dumoulin verloren“, erinnerte sich der Slowene. “Da hatte ich beschlossen, dass ich das zweite Zeitfahren gewinnen will, auch wenn ich nie zuvor eins über 40 Kilometer gefahren war. Das ist mein erster Etappensieg bei einer Grand Tour geworden“, erzählte er über die 9. Etappe der Italien-Rundfahrt, die gleichzeitig sein erster Sieg als Profi war.

”Meine Radsport-Karriere hat sich dann Schritt für Schritt entwickelt – aber es waren schnelle Schritte. 2017 gewann ich die Volta ao Algarve und dann mein erstes WorldTour-Rennen. Dann, 2019, habe ich zum ersten Mal als Teamkapitän versucht, beim Giro d’Italia eine Grand Tour zu gewinnen“, so Roglic, der damals Dritter hinter Richard Carapaz und Vincenzo Nibali wurde. Vier Monate später klappte es mit dem ersten Gesamtsieg bei einer dreiwöchigen Rundfahrt bei der Vuelta a Espana, die er auch in den nächsten beiden Jahren für sich entschied.

2023 schloss sich der Kreis beim Giro d’Italia, bei dem sich Roglic auf dem vorletzten Teilstück das Maglia Rosa sicherte. Beim Bergzeitfahren hinauf zum Monte Lussari direkt an der slowenischen Grenze holte er sich die Etappe und die Gesamtführung. “Ich war superfroh, dass ich an diesem Berg alles geben konnte, denn er bedeutet mir viel. In meiner Skisprungkarriere bin ich dort Junioren-Weltmeister geworden. Die Unterstützung der Menschen und das komplett verrückte Zeitfahren überhaupt übertraf alles, was ich zu wünschen gewagt hätte”, meinte Roglic.

Roglic bei seinem Erfolg am Monte Lussari im Rahmen des Giro d'Italia. | Foto: Cor Vos

Ein Defekt hätte diesen Erfolg fast zunichtegemacht. Doch sein Freund und Zimmergenosse aus gemeinsamen Skisprungzeiten, Mitja Meznar, half Roglic wieder auf die Strecke. Und der nahm Geraint Thomas (Ineos Grenadiers) trotz der Materialprobleme 40 Sekunden und das Rosa Trikot ab. So fehlen dem vierfachen Grand-Tour-Sieger in seiner Karriere noch zwei wichtige Meilensteine, die er bei Bora – hansgrohe verwirklichen will: Ganz oben auf der Liste steht der Gewinn der Tour de France.

Doch auf die Tour de Suisse kann einen besonderen Stellenwert für den ehemaligen Skispringer haben, denn das Rennen in der Schweiz ist die einzige klassische einwöchige WorldTour-Rundfahrt, die Roglic noch in seiner Sammlung fehlt. Kein Radsportler konnte bisher sowohl Paris-Nizza als auch Tirreno-Adriatico, die Katalonien-Rundfahrt, die Baskenland-Rundfahrt, die Tour de Romandie, das Critérium du Dauphiné und die Tour de Suisse für sich entscheiden.

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