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07.02.2022 | (rsn) - Wie schon in den vergangenen Jahren haben wir auch in diesem Winter die Teamchefs und Sportlichen Leiter der deutschen Kontinental-Teams befragt. Wie lief es in der Vorsaison, welche personellen Veränderungen gab es und wie lauten die Ziele für die kommende Saison? Im siebten Teil stellt sich Timo Schäfer, der Teamchef von Bike Aid, unseren Fragen.
Herr Schäfer, wie fällt die Saisonbilanz 2021 aus?
Schäfer: Wir haben zwar wiederholt das Jahr als bestes deutsches Kontinental-Team abgeschlossen, dennoch sind wir in der Teamführung, aber auch im Kader nicht sehr zufrieden mit dem gewesen, was wir 2021 geboten haben. Wir waren bis auf wenige Ausnahmen in den Rennen eher zu passiv und haben durch eine gewisse Lethargie nicht die Rolle gespielt, die wir spielen wollen. Wir haben nie einen Flow erzeugen können, da schlicht die Ergebnisse ausgeblieben sind. Allerdings hat das letzte Drittel der Saison hier bereits einen Aufwärtstrend erkennen lassen und so nehmen wir das mit in die Saison 2022.
Wie stark hat sich der Kader verändert?
Schäfer: Mit Erik Bergström und vor allem Justin Wolf verlassen uns Fahrer, die uns in der Vergangenheit sicherlich verstärkt haben. Aber insbesondere mit Neuzugängen wie Henok Mulubrhan, aber auch Jesse Ewart sind wir sicher, uns gut verstärkt zu haben. Ebenso legen wir einige Hoffnungen auf Halil Dogan, der die Bergfraktion genauso verstärken wird wie der Niederländer Wesley Mol. Mit Enzo Decker bekommen wir einen jungen Fahrer, der sich in den Sprintzug von Lucas Carstensen integrieren soll und dort gemeinsam mit Léo Bouvier und Jasper Pahlke die Anfahrerrolle übernehmen kann. Zudem kommt mit Sebastian Niehues ein junger Fahrer, der sehr vielversprechende Anlagen hat. Ihm werden wir die Zeit geben, um sich in das Team und das Peloton einzufügen, aber wir sind hier sehr optimistisch, dass er eine große Überraschung sein kann.
Nach zwei Jahren verlässt Bergström das Team wieder. Warum hat es für ihn nicht zum Durchbruch gereicht?
Schäfer: Erik hat im Jahr 2020 total gute Ansätze gezeigt und wir hatten gemeinsam große Hoffnung, dass auch in 2021 – speziell in großen, bergigen Rennen – nochmals eine Steigerung kommt. Leider hat er sehr viel Pech gehabt und musste sich mit Infekten quälen, die nie wirklich auskuriert waren und seine Leistung immer wieder beeinflussten. So hat er entschieden, sich erstmal deutlich mehr auf sein Studium zu konzentrieren und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt nochmal seine Radsportkarriere zu intensivieren.
Schmerzhaft ist vor allem der Abgang von Justin Wolf. Weshalb konnten Sie ihn nicht halten und wer soll ihn 2022 sportlich ersetzen?
Schäfer: Justin ist bei Bike Aid in den vergangenen drei Jahren zu einem Siegfahrer gereift und hat sein Potenzial ausgeschöpft. Leider nicht mit dem verdienten Lohn, nämlich einem World-Tour-Vertrag. Man hat ja mittlerweile im Radsport den Eindruck, dass, wenn man älter als 25 Jahre ist, man ja quasi aufhören kann, da die WorldTour-Teams ja bereits 16-Jährige scouten – ein totaler Jugendwahn. So ist es normal, dass man dann nach neuen Herausforderungen sucht und Justin mag eben die Rennen in Belgien und den Niederlanden sehr, die wir nicht in der Form als Kern bestreiten.
Wer ihn ersetzen soll, können wir so nicht sagen. Die Erfolge von Justin waren ja tendenziell Einzelleistungen, Siege im Solo. Wir wollen im Team aber zukünftig unsere Siege wieder wie in der Vergangenheit durch mannschaftliche Geschlossenheit erringen – das bedarf anderer taktischer Ausrichtungen und Fahrer.
Als neue Rundfahrthoffnung kommt der junge Eritreer Henok Mulubrhan. Er konnte 2021 schon sehr gute Ergebnisse erzielen. Wie konnte Bike Aid ihn überzeugen?
Schäfer: Wir sind natürlich total froh, Henok bei uns zu haben. Eine große Überzeugungsarbeit war nicht notwendig, da für ihn feststand, dass, sollte Qhubeka nicht weitermachen, er zu Bike Aid kommt. Wir kennen uns lange und natürlich ist auch unser Rennprogramm interessant. Wir hoffen gemeinsam, dass er seine Leistung von 2021 nochmals bestätigen kann – dann haben wir alle gemeinsam sehr viel Spaß!
Wie laufen Neuverpflichtungen bei Bike Aid generell ab: Bewerben sich Fahrer und wählt das Team dann aus oder geht das Management auf Fahrer zu?
Schäfer: Wir bekommen pro Tag so zwischen zehn und 20 Bewerbungen von Fahrern aus der ganzen Welt, die sich um einen Platz in unserem Team bemühen. Wir ziehen es allerdings vor, unsere Fahrer gezielt auszuwählen und das geschieht dann über einen längeren Prozess. So auch dieses Jahr: Die Neuzugänge kennen wir teilweise schon seit längerer Zeit und verfolgen ihre Wege. Dann spielt ja immer noch eine Rolle, in welchem Bereich wollen und müssen wir was tun? So haben wir in der Vergangenheit eher Schwächen in schweren Bergrennen erkennen können und hoffen, dem nun gezielt entgegengewirkt zu haben.
Gerade Henok, Halil und Wesley sind bergfeste Fahrer, die uns in den Bergen verstärken werden, aber auch Jesse Ewart, der bereits zweimal die Tour of Singkarak gewinnen konnte. Ebenso wollten wir uns im Sprintzug breiter aufstellen und rechnen künftig mit Enzo Decker, aber auch Sebastian Niehues. Enzo kommt aus den Junioren und zeigt eine gute Entwicklung in den Leistungstests. Auch Sebastian hat sehr, sehr gute Leistungswerte und sicher das Potenzial, uns überraschen zu können.
Wann und wo wird das Team in die Saison einsteigen und welche Highlights stehen im Rennkalender?
Schäfer: Wir werden am 10. Februar bei der Tour of Antalya in die Saison einsteigen und im Anschluss direkt die Tour of Rwanda bestreiten. Im März werden wir einige Eintagesrennen fahren und dann die Tour de Normandie in Frankreich. Auch in diesem Jahr haben wir bereits Einladungen zu sehr hochwertigen Rennen in Frankreich und sehr wahrscheinlich werden wir im April auch die Tour of Turkey bestreiten. Highlight soll aber erneut die Deutschland Tour werden, dazu wollen wir insbesondere im Mai bei Rund um Köln ein Ausrufezeichen setzen.
Mit 16 Fahrern verfügen Sie über einen relativ großen Kader. Welche Gründe gibt es dafür?
Schäfer: Wir haben in der Vergangenheit immer wieder feststellen müssen, dass sich Fahrer in Phasen befinden, in denen es nicht läuft oder sie krank sind. Hier wollen wir uns so aufstellen, dass wir ihnen immer wieder Pausen bieten können, aber dennoch unseren umfangreichen Rennkalender sicher und qualitativ hochwertig bestreiten können.
Wie setzt sich die Sportliche Leitung in diesem Jahr zusammen?
Schäfer: Die Sportliche Leitung wird in diesem Jahr von mir geführt und durch Anton Wiersma, Peter Mol und Yves Beau ergänzt. Wir haben ein neues System implementiert, wie wir zudem die sportliche Entwicklung der Fahrer fördern und auch überprüfen können, um permanent die Entwicklung des Gesamtteams im Auge zu haben. Das ist eine Änderung im Vergleich zu den vergangenen Jahren und wir investieren hier deutlich mehr Zeit und auch Geld, um hoffentlich planbarer zu werden. Hier ist auch ein enger und regelmäßiger Austausch zwischen der Sportlichen Leitung, den Fahrern und der Sportwissenschaft ein zentraler Faktor.
Was hat sich im Winter sonst noch getan?
Schäfer: Eine weitere elementare Veränderung ist, dass wir in unserem Staff einiges entwickelt haben und das Thema Service Course nochmal ausgebaut beziehungsweise strukturell aufgestockt haben. Das war eine absolute Notwendigkeit und stand in unserem Fokus, weil wir hier in der Vergangenheit immer wieder strukturell an unsere Grenzen gestoßen sind. Da unser Rennkalender deutlich mehr Termine in Europa aufweist, mussten wir hier aktiv werden. Genauso wie eine Runderneuerung unseres Fuhrparks. Dazu bedarf es natürlich auch der notwendigen Mittel, hier konnten wir einen bereits bestehenden Partner stärker an uns binden.
Welche sportlichen Ziele hat das Team Bike Aid?
Schäfer: Wir wollen am Ende 2022 wieder als bestes deutsches Kontinental-Team die Weltrangliste abschließen – ganz klar. Dazu bedarf es konstanter Leistungen und Siege. Diese wollen wir wieder als Mannschaft erringen und es wäre schön, wenn es erneut zwischen acht und zehn UCI-Siegen sein würden.
Wird die Rad-Bundesliga 2022 eine Rolle spielen oder wird Bike Aid ausschließlich bei den UCI-Rennen starten?
Schäfer: Die Rad-Bundesliga spielt in unserem Konzept eine gute Rolle, dafür haben wir ja eigens ein Development Team installiert. Auch in diesem Jahr werden wir mit unserem Devo-Team die Bundesliga bestreiten und hoffen, dass wir Fahrer entwickeln können, die dann den Sprung in unser Pro-Team schaffen werden. So soll auch mindestens ein Fahrer aus dem Devo-Team dann ab August einen Stagiaire-Platz bekommen – sofern hier die Entwicklung stimmt. Das Kontinental-Team bestreitet UCI-Rennen und da haben wir einen sehr dichten Rennkalender, der keinen Platz lässt für andere Aktivitäten.
Was ist bei Ihrem Team einzigartig?
Schäfer: Naja, also erstmal heißen wir Bike Aid und nicht nach einer Firma XYZ. Ich glaube, das ist bereits etwas, was unique ist im Radsport und uns abgrenzt – also ein Vereinsname, der uns eine stabile Identität, Werte und Basis gibt, anstatt permanenter Wechsel des Teamnamens, damit verbunden keine Identität und Kontinuität. Weiterhin sind wir DAS Team, das sich sozial-nachhaltig engagiert. Egal, ob Bau und Eröffnung einer Schule in Rwanda oder jahrelange und konsequente Förderung von Fahrern aus Afrika. All das grenzt uns ja deutlich ab von anderen Teams und macht uns besonders. Ich glaube, dass es kein Team gibt, das eine klarere Identität hat als wir - denn wer an Bike Aid denkt, dem fällt sofort ein: Afrika! Mehr kann man ja aus Markensicht schon fast nicht erreichen – ein total geschärftes Image und Konzept.
Die Pandemie hat alle Teams getroffen. Wie war es für Bike Aid mit seinem Konzept der Förderung des afrikanischen Radsports und dem globalen Rennkalender?
Schäfer: Sicher waren die Auswirkungen auf unseren Rennkalender mit die gravierendsten unter den deutschen Teams. Fast unser komplettes “Übersee-Programm“ ist weggebrochen – und das hat ja rund 50 Prozent der Renntage ausgemacht. Auch in diesem Jahr rechnen wir nicht damit, etwa wieder in China Rennen zu fahren. Aber wir haben uns der Situation gestellt und einen total hochwertigen Rennkalender mit Schwerpunkt in Europa auf- und umgebaut. Gerade die Rennen in Frankreich sind hier von besonderer Bedeutung, aber auch Rennen wie die Sibiu-Rundfahrt in Rumänien oder unsere Präsenz in der Türkei. Wir hatten allerdings zu keinem Zeitpunkt Bedenken, unsere Ziele nicht mehr realisieren zu können - denn die sind ja hauptsächlich in der Förderung afrikanischer Sportler begründet und das können wir auch in Europa tun.
Wie sieht die langfristige Planung rund um das Team aus?
Schäfer: Langfristig gibt es für uns nur ein Ziel: Wir wollen den Weg zum Pro-Team schaffen. Hierfür arbeiten wir mit unseren aktuellen Partnern an einem gangbaren Weg. Ob es uns gelingt, wird die Zukunft zeigen.
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