--> -->
29.09.2019 | (rsn) - Hallo aus Bali, Indonesien! Hier nun mit einem Tag Verspätung, da ich mich gestern Abend sehr schlecht gefühlt hatte, noch der Bericht zur gestrigen Etappe. Es stand die letzte Etappe über 130 km mit dem angeblich schwersten Anstieg im Radsport an, der gefürchteten Bergankunft auf den Ijen Vulkan in 1900 m Höhe. Der Anstieg beginnt auf Meereshöhe und führt über etwa 20 km mit vielen unglaublich steilen Rampen mit bis zu 28% Steigung auf einer im oberen Teil schmalen schlechten Straße.
Wie letztes Jahr wollte ich in die Gruppe des Tages gehen, um auf die drei Sprintprämien und die erste Bergwertung am Fuß des Anstiegs zu fahren. Dementsprechend startete ich wieder aus der ersten Reihe und ging gleich die Startattacke mit, die jedoch noch nicht erfolgreich war. Wenig später stand dann eine neunköpfige Spitzengruppe und ich war mit dabei. Eigentlich war es ein Himmelfahrtskommando, sich vor dem Anstieg über 100 km lang im Wind kaputt zu fahren und ich wusste, dass ich dafür später noch bezahlen würde.
Bei der ersten Sprintwertung merkte ich, dass einige gute Sprinter dabei waren und konnte nicht punkten. Es war nämlich ein Australier dabei, der sich über die in drei Wertungen maximal zu gewinnenden 15 Punkte noch in das grüne Trikot fahren wollte. Dafür heuerte er in der Gruppe sogar den ebenfalls sehr schnellen Holländer als Anfahrer an, wofür dieser sich bezahlen ließ. Die vier Indonesier aus verschiedenen Teams arbeiteten ebenfalls zusammen und so ging ich auch bei der zweiten Wertung leer aus.
Bis dahin arbeiteten wir ganz gut zusammen, bis auf einen Fahrer der nichts machte außer auf die Punkte zu sprinten, da er als Aufpasser seines Teamkollegens im Grünen Trikot dabei war. Nach etwa 85 km war irgendwie die Luft bei uns raus, es rissen immer wieder Löcher in der Gruppe auf und manche Fahrer wollten nicht mehr mitführen. Daher sank unser Vorsprung recht schnell von 6 auf 4,5 Minuten.
Bei der letzten Sprintwertung wurde ich Zweiter hinter dem Australier, der mit Nachnamen passenderweise “Power“ heißt und sich noch knapp das Grüne Trikot sicherte. Wenig später ging es in einen ersten kleineren Anstieg und ich biss mich bei den Indonesiern fest, weil ich noch auf die dortige Bergprämie fahren wollte. Nur knapp geschlagen wurde ich erneut Zweiter und ließ sie danach ziehen, um mein Tempo fahren zu können, denn es standen mir nun 20 verdammt harte Kilometer bevor.
Anfangs hatte ich noch einen flüssigen Tritt und kam die ersten steilen Rampen dank meiner Übersetzung von 34-32 ganz gut hinauf. Etwa 15 km vor dem Ziel kam die Spitzengruppe mit den Bergfahrern vorbei gerauscht und ich versuchte erst gar nicht, ein Stückchen mitzufahren. Mir ging es nun zunehmend schlechter und meine beiden Oberschenkelinnenseiten begannen zu krampfen. Daher fuhr ich nun an den Steilstücken Schlangenlinien, aber die Krämpfe wurden so schlimm, dass ich tatsächlich absteigen und dehnen musste.
Es war erniedrigend, ich wurde von meinem lustigen indonesischen Teamkollegen Bagus überholt und konnte erst beim zweiten Versuch wieder aufsteigen und weiterfahren. Jetzt konnte ich nur noch so langsam fahren, wie es meine kaputten Beine erlaubten. An der nächsten unglaublich steilen Rampe standen viele Zuschauer, die Fahrer schoben und so rief ich „push, push“ und wurde gut unterstützt. Das war aber auch das einzige Mal, dass ich Hilfe in Anspruch nahm. Obwohl dort hinten, wo ich fuhr, jeder nur noch ums Überleben kämpfte, fuhr wirklich niemand Klinke.
Die letzten 10 km vergingen quälend langsam und ich litt genau wie im Vorjahr wie ein Hund. Immerhin war es bewölkt und wurde immer kühler, je höher ich kam. Am Teufelslappen holte ich dann Bagus, dem es kaum besser ging als mir, wieder ein und wir fuhren gemeinsam mit 24 Minuten Rückstand über die Ziellinie. Was für eine Erlösung das doch war! Dort oben fand dann noch die Abschlussfeier mit Essen statt und ich musste darauf achten, mich vor den ganzen Teamfahrzeugen mit dem Rad auf den Weg nach unten zu machen.
Vom Vorjahr wusste ich, dass man mit dem Rad deutlich schneller wieder unten im Hotel ist, auch wenn die Abfahrt wegen der schlechten engen Straße kein Vergnügen ist. Nachdem ich im Sonnenuntergang noch im Pool baden war, ging es mir schlagartig immer schlechter. Ich bekam leichtes Fieber, mir war kotzübel und ich wurde sehr müde. Das Abendessen musste ich deshalb ausfallen lassen und konnte nur noch im Bett liegen. Glücklicherweise ging es mir aber heute Morgen schon wieder deutlich besser.
Daher fuhr ich heute noch mit einem Holländer vier Stunden mit dem Rad nach Bali, wo ich jetzt erstmal Urlaub machen werde. Den habe ich mir nach drei Rundfahrten hier in Indonesien glaube ich verdient. Während ich dies schreibe, sitze ich übrigens mit einem Spanier in einem schönen Hostel und wir schauen das WM Straßenrennen. Zum Abschluss möchte ich mich noch bei allen Lesern für das Interesse an diesem Tagebuch bedanken und hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick in den Radsport in Indonesien geben.
Gez. Sportfreund Radbert
27.09.2019Verloren im Getümmel des chaotischen Massensprints(rsn) - Hallo aus Banyuwangi, Java Timur, Indonesien! Heute war ein schöner Urlaubstag, der am Nachmittag dummerweise durch ein Radrennen unterbrochen wurde. Nach einem gemütlichen Frühstück mit M
26.09.2019Die Stimmung war besser als bei jedem Rennen in Deutschland(rsn) - Hallo aus Banyuwangi, Java Timur, Indonesien! Der Tag heute begann bereits um 5:30 Uhr mit dem Frühstück, da wir einen zweistündigen Transfer zum Start im Konvoi, der von der Polizei abges
25.09.2019Vormittags Rennen fahren und nachmittags Urlaub machen(rsn) - Hallo aus Banyuwangi, Java Timur, Indonesien! Beim Frühstück traf ich die Holländer von der Tour de Siak wieder und sie erzählten mir von ihrer zweitägigen Chaosreise mit unzähligen Stu
24.09.2019Nach der schrecklichen letzten Woche nun im Paradies auf Erden(rsn) - Hallo aus Banyuwangi, Java Timur, Indonesien! Ich liege auf einer bequemen Liege in der Sonne am Pool, keine 100 Meter entfernt branden leichte Wellen auf den feinen schwarzen Sand des Strand
24.11.2025Ex-Profis Bettini und Pozzato sprechen sich für Ticket-System aus (rsn) – Die mögliche Einführung von bezahlpflichtigen Zonen für Zuschauer am Streckenrand von Radrennen, vor allem an Schlüsselstellen im Streckenverlauf, hat in den letzten Tagen neue Für- und
24.11.2025Tony Martins Erfolgsstory begann in Mamas Radklamotten (rsn) - Von der "Idiotenrunde" zur Tour de France und zu vier Goldmedaillen im WM-Zeitfahren - diese Geschichte beschreibt Tony Martin in seiner Dokumentation "Panzerwagen, Reise zum Weltmeister". D
24.11.2025Belgischer Radsportler des Jahres: Evenepoel zieht mit Museeuw gleich (rsn) - Merhawi Kudus (Burgos - Burpellet - BH) ist afrikanischer Meister im Straßenrennen. Der 31 Jahre alte Eritreer sicherte sich den kontinentalen Titel zum ersten Mal in seiner Karriere. Bei den
24.11.2025Knie, Krankheit, Katastrophe? Ein kompliziertes Jahr mit Lichtblicken (rsn) – Vor einem Jahr war Georg Steinhauser (EF Education – EasyPost) einer der großen Hoffnungsträger des deutschen Radsports. Sein Etappensieg als Ausreißer am Passo Brocon beim Giro d’It
24.11.2025Guernalec nächstes Opfer eines schweren Trainingsunfalls (rsn) – Erneut wurde ein Radprofi während des Trainings Opfer eines schweren Unfalls. Thibault Guernalec wurde von einem Auto angefahren. Der 28 Jahre alte Franzose trug Frakturen an den Lendenwirb
24.11.2025Anstoß Remco: Evenepoel eröffnet Liga-Spiel in Belgien (rsn) - Die fußballerischen Wurzeln von Remco Evenepoel sind wohlbekannt, der Belgier spielte in seiner Jugend für den RSC Anderlecht und die belgische Junioren-Nationalmannschaft, auch ein Profiver
24.11.2025Schritt nach Belgien und erster Sieg ermöglichten Profivertrag (rsn) – Nach zwei Jahren im vertraut-familiären Umfeld des rad-net-Teams, das von seinem Vater Ulrich Müller geleitet wurde, hat sich Tobias Müller in der Saison 2025 bei Wanty – Nippo – ReUz
24.11.2025Giro-Zweiter Chaves beendet lange Karriere, Cavallar wechselt zu “Dreamteam“ (rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr
23.11.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025 (rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w
23.11.2025Sensationell Straßenmeister und die Nummer 1 auf der Bahn (rsn) - 2025 war ein Jahr, das dem Tim Wafler in Erinnerung bleiben wird. Überraschend gewann der Österreicher auf flachen Kurs die Nationalen Straßenmeisterschaften, wobei er als Kontinentalfahrer
23.11.2025Nys macht’s in Tabor im Stil von van der Poel (rsn) – Er schien beim Weltcup-Auftakt in Tabor über einen Gang mehr zu verfügen als die Konkurrenz: Als Thibau Nys (Baloise – Glowi Lions) Ernst machte, konnte keiner seiner Gegner folgen. Der
23.11.2025Brand egalisiert mit Sieg in Tabor den Vos-Rekord (rsn) - Lucinda Brand (Baloise – Glowi Lions) hat den Weltcup-Auftakt in Tabor gewonnen. Die Niederländerin bestimmte gemeinsam mit Sara Casasola (Crelan – Corendon) und deren Teamkollegin Inge v