Ist heute bei der Tour der Tag der Wahrheit?

Ineos schwächelt, aber Thomas bleibt trotzdem Gesamtzweiter

Von Felix Mattis aus La Mongie

Foto zu dem Text "Ineos schwächelt, aber Thomas bleibt trotzdem Gesamtzweiter"
Egan Bernal (li.) und Geraint Thomas (Mi.) auf der 14. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

21.07.2019  |  (rsn) - Es dauerte lange, bis die Protagonisten am Teambus von Ineos in La Mongie ankamen. Einige Mannschaften waren sogar schon abgefahren, als Egan Bernal am Parkplatz im Ski-Ort auf der Rückseite des Col du Tourmalet, 3,5 Kilometer unterhalb der Passhöhe vom Rad stieg. Sprechen wollte der Kolumbianer da nicht mehr, sondern nur noch schnell in den Bus. Während die meisten Kontrahenten in eine dicke Jacke eingepackt den Berg hinuntergerollt kamen, trug er lediglich das langärmlige Weiße Trikot.

Geraint Thomas hingegen bekam man am Bus überhaupt nicht zu sehen. Der Titelverteidiger, der einen Kilometer vor dem Ziel am Tourmalet nicht mehr mitgehen konnte, als Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) attackierte, sprach zwar am Gipfel kurz ins Eurosport-Mikrofon, ließ sich dann aber mit einem Team-PKW direkt vom Ziel hinunter ins Tal und zum Hotel fahren. Ein Detail, aber unter Umständen ein wichtiges, wenn man sich fragt, wie die Hackordnung beim Team Ineos nach der Pyrenäen-Bergankunft aussieht.

Denn diese Frage wird sich nun neu stellen, nur 24 Stunden, nachdem sie durch das Zeitfahren endgültig geklärt zu sein schien. "Wir müssen nachdenken, aber erstmal mit den Fahrern reden", gab Nicolas Portal in La Mongie zu. "Geraint hatte keine tollen zwei Schlusskilometer, aber er ist weitergefahren und hat 30 Sekunden verloren. Das ist kein großes Loch. Manchmal hat man einen schlechten Tag, und hoffentlich war das heute seiner."

Noch ist nichts verloren: Thomas weiter in Pole Position

Immerhin liegt der Titelverteidiger immer noch auf dem zweiten Gesamtrang und eine Minute vor seinem kolumbianischen Teamkollegen. Sollte sich Thomas am Sonntag hinauf nach Prat d'Albis besser fühlen, dürfte er der Mann bleiben, den Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) am meisten fürchten muss. Doch auf einen schlechten Tag in den Bergen folgt selten eine sensationelle Wiederauferstehung - vor allem nicht, wenn am Abend noch zweieinhalb Stunden im Auto zum Hotel absolviert werden mussten. Und dass er einen solchen "schlechten Tag" hatte, erklärte der Brite selbst:

"Ich habe mich am Start schon nicht so gut gefühlt. Ich war heute recht schwach. Am Ende wusste ich, dass ich mein Tempo halten musste, um nicht im steilen Schlussstück völlig zu explodieren. Es ging am Tourmalet nur darum, so lange wie möglich dabei zu bleiben", so der Tour-Sieger von 2018. "Ich bin enttäuscht, aber so ist es bei der Tour: Du musst an schlechten Tagen den Schaden in Grenzen halten. Ob das noch Nachwirkungen hat, sehen wir in den nächsten Tagen."

Während Thomas zurückfiel, schien Bernal relativ souverän bei der Konkurrenz bleiben zu können. Er blickte sich zwei-, dreimal nach seinem Kapitän um und drückte nicht aufs Tempo, konnte Buchmanns Vorstößen zum Beispiel aber problemlos folgen. Abgesehen vom Kolumbianer präsentierte sich auf dieser 14. Etappe allerdings kein einziges Mitglied des Team Ineos in erwartet starker Verfassung.

Ineos hatte das Rennen nicht unter Kontrolle

Ganz anders als in den Sky-Jahren, ließ man sich von Movistar, Groupama - FDJ und Jumbo - Visma das Heft aus der Hand nehmen, und auch wenn das Team noch zu fünft in den Tourmalet einfuhr, so waren in der entscheidenden Phase auf den letzten sechs Kilometern nach einer harten Tempoverschärfung von David Gaudu (Groupama - FDJ) nur noch Bernal und Thomas da. Gianni Moscon, Michal Kwiatkowski und auch Wout Poels mussten früher als erwartet die Segel streichen. Auch sie braucht Ineos am Sonntag in besserer Verfassung, um Alaphilippe attackieren zu können.

Selbst Portal gab zu, dass er sein Team bei einer GrandTour bis dato selten so im Hintertreffen gesehen hatte. "Nicht wirklich. Vielleicht vor ein paar Jahren bei der Vuelta", so der Sportliche Leiter, der aber auch betonte: "Es ist interessant, aber wir sind noch immer nicht weit zurück im Gesamtklassement. Im Vergleich zu anderen Teams haben wir weiterhin Bernal und Thomas vorne dabei, und es ist noch ein langes Rennen."

Eine Woche bleibt, doch nach dem Eindruck vom Samstag muss Ineos den Sonntag über drei Pässe der 1. Kategorie zunächst einmal unbeschadet überstehen, bevor überhaupt ans Attackieren gedacht werden kann. Übrigens: Wenn das Team Sky die Tour gewann, trug sein Kapitän nach 14 Renntagen stets das Gelbe Trikot. Am Sonntag steht Etappe 15 an.

Mehr Informationen zu diesem Thema

28.07.2020Video-Rückblick: Bernals Weg zum Tour-Triumph

(rsn) - Vor genau einem Jahr gewann Egan Bernal (Ineos) als erster Kolumbianer die Tour de France. Nach einem harten Kampf über drei Wochen wurde der damals 22-Jährige am 28. Juli 2019 am Ende der 1

18.02.2020Tour-Sieger Bernal gewinnt Laureus World Sports Awards

(rsn) - Tour-de-France-Gewinner Egan Bernal (Ineos) ist als erster Radsportler seit Lance Armstrong mit dem Laureus World Sports Awards ausgezeichnet worden. Der 23-jährige Kolumbianer gewann die Wer

04.12.2019Van Aert: “Als würde ich bei lebendigem Leib brennen“

(rsn) - Wout Van Aert (Jumbo-Visma) hat sich erstmals die Aufzeichnung seines schrecklichen Sturzes bei der Tour de France angeschaut und im Rahmen der flämischen Doku-Serie Het Huis (Das Haus) ein I

15.11.2019Wetter-Wahnsinn bei Giro, Tour und WM

(rsn) - Extremwetter macht auch vor dem Radsport nicht halt. Eurosport hat in einem Video die fünf wildesten Szenen bei Radrennen zusammengefasst, die von Regen oder Schnee heimgesucht wurden.

24.10.2019Mitchelton - Scott: Vier Tour-Etappensiege als Saison-Highlights

(rsn) - Am Ende einer Saison, in der die GrandTour-Kandidaten Simon und Adam Yates sowie Esteban Chaves die großen Klassementhoffnungen nicht erfüllen konnten, zieht Mitchelton - Scott dennoch ein p

08.09.2019Van Aert sitzt erstmals seit Tour-Aus wieder auf dem Rad

(rsn) - "Guess what?! :)" - so betitelte Wout Van Aert am Sonntagmorgen eine Aktivität auf Strava. Und ja, ratet mal: Der Belgier saß erstmals seit seinem schweren Unfall im Einzelzeitfahren der Tou

06.09.2019Van Aert: OP-Fehler verlängerte die Zwangspause

(rsn) - Die Rechtskurve aus dem Tunnel unter dem Parc du Chateau heraus in die Rue d´Etigny, kurz vor der 1.000-Meter-Marke im Einzelzeitfahren der Tour de France in Pau: Maximilian Schachmann (Bora

16.08.2019Bardet wird in dieser Saison keine Rennen mehr bestreiten

(rsn) - Nach einer trotz des Gewinns des Bergtrikots enttäuschend verlaufenen Tour de France hat sich Romain Bardet (AG2R) dazu entschlossen, 2019 keine Rennen mehr zu bestreiten. "Gemeinsam mit dem

02.08.2019Van Aert: Nach zwei Operationen vor langer Rehabilitation

(rsn) - Nach zwei Operationen an seiner Oberschenkelwunde ist unklar, wann Wout Van Aert (Jumbo - Visma) wieder ins Peloton zurückkehren wird. Das teilte sein Team bereits vor einigen Tagen mit. Am D

02.08.2019Tour-Sieger Bernal kehrt nach der Clasica in seine Heimat zurück

(rsn) - Noch konnte Tour-de-France-Sieger Egan Bernal sein Gelbes Trikot seinen Fans in der Heimat nicht präsentieren. In der zu Ende gehenden Woche bestritt der Kolumbianer noch drei Kriterien in Be

02.08.2019Deceuninck - Quick-Step: Tour-Rückblick im Video

(rsn) - Mit drei Etappensiegen und 14 Tagen das Gelbe Trikot in den eigenen Reihen blickt Deceuninck - Quick-Step auf eine erfolgreiche Tour de France zurück. In einem selbst erstellten Video lässt

01.08.2019Greipel: “Die schlechteste Tour meiner Karriere“

(rsn) – André Greipel (Arkéa – Samsic) hat auf seiner Facebook-Seite seine neunte Tour de Frace bilanziert und betonte dabei, dass diese für ihn absolut nicht zufriedenstellend verlaufen ist.

Weitere Radsportnachrichten

21.04.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

21.04.2025Red-Bull-Nachwuchs trumpft auf: Finn gewinnt Giro del Belvedere

(rsn) – Während Erfolge im WorldTeam von Red Bull – Bora - hansgrohe in den letzten Wochen eher Mangelware waren, verkaufen sich die Nachwuchsteams des deutschen Rennstalls aktuell ziemlich gut.

21.04.2025Evenepoel: “Ohne den Sturz hätte ich gewonnen“

(rsn) – Einer Sache war sich Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) nach dem ersten Amstel Gold Race seiner Karriere ziemlich sicher. “Wenn dieser Sturz nicht gewesen wäre, dann hätte ich das R

21.04.2025Gall schrammt nur knapp am ersten TotA-Etappensieg vorbei

(rsn) – Am Ende der 1. Etappe der 48. Tour of the Alps war lediglich der Italiener Giulio Ciccone (Lidl – Trek) der Partycrasher für die französische Equipe Decathlon - AG2R La Mondiale um Loka

21.04.2025Ciccone gewinnt Auftakt der Tour of the Alps vor Gall

(rsn) – Und wieder war die Brille weg. Fast zwei Jahre musste Giulio Ciccone (Lidl – Trek) warten, bis er endlich mal wieder seine Sonnenbrille auf dem Zielstrich ins Publikum werfen konnte. Es is

21.04.2025Jury bestraft Ciccones Brillenwurf

(rsn) - Die Tour of the Alps (2.Pro) hat mit einer Schweigeminute für den am Morgen des Ostermontags verstorbenen Papst Franziskus begonnen. Nutzer des Kurznachrichtendienstes X berichteten von "Trä

21.04.2025Alaphilippe ohne Reue nach Attacke

Am Ende steht ein unscheinbarer 20. Platz für Julian Alaphilippe (Tudor), 3:36 Minuten hinter dem Sieger Mattias Skjelmose(Lidl – Trek) beim Amstel Gold Race (1.UWT) 2025. Das Ergebnis wird dem Re

21.04.2025Siegermentalität verloren? Van Aerts neue Frühjahrs-Realität

(rsn) – 2, 4, 4, 2, 4. Das sind die Ergebnisse von Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) in diesem April. Es ist eine bittere Liste für den Siegfahrer, beide zweite Plätze belegte er in einem Sp

21.04.2025Lokalmatador Gall fordert Lidl - Trek um Lopez und Kämna heraus

(rsn) – Parallel zu den drei Ardennenklassikern in den Niederlanden und Belgien steigt in der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino die Tour of the Alps (21. – 25. April / 2.Pro). Die 48. Ausgabe der R

21.04.202514.700 Höhenmeter: Jeder Tag zählt fürs Klassement

(rsn) – Fünf Etappen, 739 Kilometer und 14.700 Höhenmeter – das sind die Eckdaten der Tour of the Alps 2025. Das als Pro-Event eingestufte Etappenrennen geht ab dem 21. April, den Vorgänger Gir

21.04.2025Koech Gesamtdritter und Nachwuchssieger bei Loir et Cher

(rsn) - Da die letzte Etappe aufgrund gefährlicher Bedingungen noch während der Neutralisation gestoppt und abgebrochen wurde, blieb die Gesamtwertung auf dem Stand des Vortages. Silas Koech (Lott

20.04.2025Für Pogacar kam beim Amstel die Ziellinie “fünf Meter zu spät“

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE – Emirates – XRG) hat nicht gewonnen. An seinen zwölf Renntagen dieser Saison kam er zwar schon achtmal nicht als Erster ins Ziel, bei fünf Saisonsiegen und vier Mas

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour du Maroc (2.2, MAR)
  • GP Palio del Recioto (1.2u, ITA)
  • Tour of the Alps (2.Pro, ITA)