Interview mit Dumoulins Edelhelfer

Geschke: "Das Rosa Trikot verleiht uns Flügel"

Von Joachim Logisch aus Boario Terme

Foto zu dem Text "Geschke:
Simon Geschke (Sunweb, vorn) will heute helfen, Tom Doumoulins Rosa Trikot zu vereteidigen. | Foto: Cor Vos

23.05.2017  |  (rsn) - Simon Geschke ist im deutschen Sunweb-Team einer der wichtigsten Helfer von Giro-Spitzenreiter Tom Dumoulin. radsport-news.com sprach am dritten Ruhetag im Teamhotel Brescia in Boario Terme exklusiv mit dem Tour-de-France-Etappensieger über seine Rolle in der Verteidigung des Rosa Trikots, seine Träume und über die heutige Königsetappe.

Herr Geschke, was sind ihre Aufgaben während der Königsetappe am Dienstag?
Simon Geschke: "Wenn man sich das Profil ansieht, gibt es nicht wirklich viele Szenarien. Es wird eine Schlacht, das Ziel wird einfach nur sein, solange wie möglich bei Tom zu bleiben. Wir als Team mit dem Rosa Trikot haben keinen großen taktischen Spielraum. Wir können nicht schauen, ob wir einen in die Gruppe schicken. Wir müssen solange wie möglich versuchen zu vermeiden, dass Tom isoliert ist."

Normalerweise wäre der verletzt ausgeschiedene Wilco Kelderman der letzte, der bei Dumoulin geblieben wäre. Wer übernimmt seine Rolle?
Geschke: "Einen Fahrer wie Wilco kann man nicht so einfach ersetzen. Wir müssen seinen Verlust irgendwie kompensieren. Aber Laurens Ten Damm ist auch wirklich stark am Berg. Er war auch schon in den Top Ten bei der Tour de France. Laurens hat auch in den letzten Tagen hier gezeigt, dass er in guter Form ist. Es wäre eine große Überraschung, wenn er am Dienstag nicht bis zum letzten Berg bei Tom sein würde."

Und ihre ...
...und ich auch", unterbricht Geschke die Frage gleich: "Ich wäre auch von mir enttäuscht, wenn ich es nicht bis zum letzten Berg schaffen würde. Es wird aber darauf ankommen, wie die anderen Teams die Sache angehen. Wenn es ein Feuerwerk gibt mit den anderen Klassementsfahrern, da nützt es nichts, wenn Laurens und ich da sind, da muss Tom selbst da sein. Er ist aber stark genug. Wenn die Gruppe mal kleiner als 40 Mann ist, bin ich meistens auch weg. Aber ja, wir sind natürlich alle etwas nervös. Aber wir sind in den letzten Tagen wirklich souverän gefahren. Da brauchen wir keine Angst zu haben. Bis zu den letzten zehn Mann am Berg mit dabei zu sein, das wäre Wilcos Werk gewesen. Aber ihn haben wir leider schon verloren."

Wie oft sind Sie schon über den Mortirolo und den Stelvio gefahren?
Geschke: "Ich habe keine gute Erinnerung an beide Berge. Bei der Mortirolo-Etappe vor zwei Jahren war ich Letzter und auf dem Stelvio vor drei Jahren hat es geschneit. Morgen kann es nur besser werden."

Was macht Sie trotzdem optimistisch für die 16. Etappe?
Geschke: "Wir haben das Rosa Trikot. Das Trikot beflügelt ungemein. Das ist von der Motivation etwas ganz anderes, als wenn man in so eine Etappe reingeht und keinen Leader hat. Da sagt man sich, ich versuche eine Gruppe zu kriegen, klappt's nicht, gehe ich in Gruppetto und schone mich für den nächstem Tag."

Haben sie damit gerechnet, dass Sunweb am dritten Ruhetag das Rosa Trikot haben wird?
Geschke: "Ich nicht! Wir wussten seit dem Winter, dass Tom hier um die Gesamtwertung kämpfen will. Das war immer der Plan. Dass es jetzt so gut läuft, dass wir so gut durchgekommen sind und Tom nirgendwo Zeit verloren hat und sogar zwei Etappen gewinnen konnte. Damit haben wir nicht gerechnet. Das Zeitfahren war vielleicht kein todsicheres Ding, aber doch eher erwartet als sein anderer Etappensieg. Dass wir aber so super durchgekommen sind, habe ich nicht erwartet. Wenn's läuft, dann läuft's. Hoffentlich läuft's noch ein bisschen weiter so!

Unter dem Namen Giant-Alpecin waren sie ein Sprinter-Team, jetzt hat sich Sunweb zur Rundfahrtmannschaft gewandelt. Ist das ein großer Unterschied für sie?
Geschke: "Schon ein bisschen. Meine Zeit in Ausreißergruppen ist vorbei. Gerade jetzt hier beim Giro ist es wirklich so, dass ich mich an Dumoulins Hinterrad hefte und ihm helfe, wo ich kann. Während ich, als wir mit Marcel Kittel noch ein Sprinterteam waren, in den Bergen freie Fahrt hatte. Das hat sich am meisten gewandelt. Aber ich habe Tom Dumoulin und Warren Barguil auch am Berg geholfen. Da waren sie aber noch nicht auf dem Level, um ganz vorne mitzufahren. Das können sie jetzt. Es sind beides junge Fahrer und sie sind konstant jedes Jahr besser geworden. Von daher war es nur ein Frage der Zeit, bis wir zu einem Gesamtwertungsteam werden."

Was macht Ihnen mehr Spaß?
Geschke: "Um die Gesamtwertung zu fahren. Weil es mir als Helfer meinen Qualitäten mehr entgegen kommt. Ich habe auch liebend gerne für Marcel die Löcher zu irgendwelchen Gruppen zugefahren oder zum Teil auch noch Lead Outs. Das kommt mir als Fahrertyp aber weniger entgegen als die Bergetappen, oder die halbschweren, wo ich bis zum Schluss bei Tom bleibe. Die machen mir schon mehr Spaß."

Fahren Sie lieber am Hinterrad von Dumoulin oder an seinem Vorderrad?
Geschke:
"Das kommt darauf an. Wenn die Etappe entspannt läuft, fahre ich an seinem Hinterrad. Er will dann immer vorne fahren."

Warum?
Geschke: "Weil ich kleiner bin als er und ihm deshalb weniger Windschatten bieten kann. Er sucht sich dann immer einen größeren aus. Wenn's aber schwerer wird, dann fährt er hinter mir."


Was Ihr Traum, mal mitzuhelfen einen Grand Tour zu gewinnen?
Simon Geschke: "Definitv ja! Das ist einer meiner Träume. Ein paar habe ich mir schon erfüllt. Aber wenn der nächste Woche wahr wird, wäre das schon eine große Sache für mich."

 

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.12.2017Dumoulin will ein zweites “shit-gate“ vermeiden

(rsn) - Noch steht nicht fest, ob Tom Dumoulin im kommenden Jahr beim Giro d’Italia zur Titelverteidigung antreten wird. Sollte es dazu kommen, möchte der Niederländer auf jeden Fall Szenen wie be

01.06.2017Giro-Sieger Dumoulin in seiner Heimatstadt Maastricht geehrt

(rsn) - Tom Dumoulin ist am Mittwoch in Maastricht von Tausenden von Radsportfans gefeiert worden. Der Gewinner des diesjährigen Giro d’Italia präsentierte sein Rosa Trikot und die Trofeo Senza Fi

30.05.2017Gazetta: Nibali verzichtet zugunsten der Vuelta auf die Tour

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird auf die Tour de France verzichten und stattdessen die Vuelta a España zu seinem nächsten große Ziel in diesem Jahr machen. Das meldete die Gazzetta de

30.05.2017Lastet auf dem Giro ein Triple-Fluch?

(rsn) - Nachdem Vincenzo Nibali am vergangenen Wochenende dabei gescheitert ist, seinen dritten Gesamtsieg beim Giro d’Italia einzufahren, drängt sich der Eindruck auf, dass ein Triple-Fluch auf de

29.05.2017Giro-Sieger Dumoulin rückt auf Rang drei der WorldTour-Rangliste vor

(rsn) - Mit seinem Gesamtsieg beim Giro d’Italia, wo er zudem noch zwei Etappenerfolge feiern konnte, hat sich Tom Dumoulin (Sunweb) vom 27. auf den dritten Platz der WorldTour-Einzelwertung verbess

29.05.2017Quintana bekam nicht das, was er wollte

(rsn) - "You can’t always get what you want“ lautet der Titel einer der berühmtesten Songs der Rockgeschichte. Das Stück von den Rolling Stones könnte Nairo Quintana - so er die "Stones" überh

29.05.2017Dumoulin: “Irgendwann will ich die Tour gewinnen“

Mailand (dpa) - Kaum war Tom Dumoulin in Mailand als erster niederländischer Sieger beim Giro d`Italia gekrönt, folgten auch schon die Fragen zur Tour de France. "Das Nächste sind ein Bier und Barb

29.05.2017Gaviria: "Diese Erfolge waren außerhalb meiner Fantasie"

(rsn) - Bereits beim letztjährigen Giro d´Italia lieferte die Quick-Step Floors-Mannschaft eine beeindruckende Vorstellung ab. Durch Marcel Kittel, Gianluca Brambilla und Matteo Trentin gewann das b

29.05.2017Van Emden brachte auch Dumoulins Übersetzung an ihre Grenze

(rsn) - Natürlich stand Tom Dumoulin (Sunweb) nach dem Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Schließlich hatte der 26-Jährige gerade seine erste Grand Tour

29.05.2017Nibali: "Ich habe mehr von mir selbst erwartet"

(rsn) - Zum großen Giro-Finale in Mailand konnte Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) die Hoffnungen der italienischen Fans auf seinen dritten Giro-Triumph nach 2013 und 2016 nicht erfüllen. Der 32-jäh

29.05.2017Viva il Giro d´Italia - so spannend war die Tour seit Jahren nicht

(rsn) - Vive le Tour de France - die Frankreich-Rundfahrt ist im Radsport das Maß der Dinge. Doch der Giro d´Italia hat mächtig aufgeholt und in Punkto Spannung der Frankreich-Rundfahrt wenigstens

28.05.2017Platz 16 beim Giro - Pömer sagt Konrad eine große Zukunft voraus

(rsn) - Mit einem weiteren Top-Ten-Ergebnis hat das deutsche Bora-hansgrohe-Team den 100. Giro d’Italia beendet. Jan Barta landete im abschließenden Zeitfahren von Monza nach Mailand auf dem sechst

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine