Giro: Niederländer baut Führung aus

Dumoulin kontert Quintanas Attacke und triumphiert in Oropa

Foto zu dem Text "Dumoulin kontert Quintanas Attacke und triumphiert in Oropa"
Jubelt über seinen zweiten Giro-Etappensieg in diesem Jahr: Tom Dumoulin (Sunweb) | Foto: Cor Vos

20.05.2017  |  (rsn) - Tom Dumoulin (Sunweb) hat auf der 14. Etappe des 100. Giro d’Italia Kletterspezialist Nairo Quintana (Movistar) auf dessen Terrain eine herbe Niederlage zugefügt. Der Träger des Rosa Trikots neutralisierte im oberen Teil des elf Kilometer langen Schlussanstiegs nicht nur Quintanas vier Kilometer vor dem Ziel erfolgte Attacke, sondern ging auf den letzten Metern des 131 Kilometer langen Abschnitts von Castellania zur Bergankunft in Oropa selbst in die Offensive, um den Giro-Sieger von 2014 abzuhängen und mit dem zweiten Etappensieg bei dieser Italien-Rundfahrt seine Führung im Gesamtklassement um insgesamt 24 Sekunden auf nunmehr 2:47 Minuten gegenüber Quintana auszubauen.

"Natürlich träumt man davon, zurückzuschlagen. Ich wusste, dass sie attackieren würden und sie haben es getan. Es war sehr schwer, aber ich war immer fokussiert und ziemlich relaxed. Der ersten Attacke von Quintana konnte ich nicht folgen, weshalb ich mein eigenes Tempo fahren musste. Ich kam dann immer näher an ihn ran und am Ende hatte ich noch ein bisschen was übrig für das Finish. Es war unglaublich“, strahlte der 26-jährige Dumoulin, nachdem er sich an der Wallfahrtskirche Santuario di Oropa mit drei Sekunden Vorsprung gegenüber dem Russen Ilnur Zakarin (Katusha-Alpecin) durchgesetzt und als erster Nicht-Italiener die Bergankunft für sich entschieden hatte.

Quintana kam 14 Sekunden hinter Dumoulin als Vierter ins Ziel und verpasste so auch einige Bonussekunden, die sich auf Rang drei der Spanier Mikel Landa (Sky) sicherte. "Es war der einzige Anstieg der Etappe. Es gab etwas Rückenwind, was es ziemlich schnell machte. Ich dachte, dass ich besser sein würde, aber es war ein wirklich schneller Anstieg und Tom ist in einer wirklich guten Verfassung“, zollte Quintana seinem Kontrahenten für dessen formidable Vorstellung seine Anerkennung. Nun setzt der 27-Jährige all seine Hoffnungen auf die Schlusswoche: "Die Etappen der dritten Woche sollten mir entgegenkommen. Die sind anders als die heutige, die nur einen Anstieg hatte. Angesichts all der Berge, die noch auf uns warten, müssen wir weiter versuchen, unser Bestes zu geben.“

Dabei lief bis 1,5 Kilometer vor dem Ziel alles nach Plan für Quintana. Nach guter Vorarbeit seines Movistar-Teams hatte der Kapitän auf den letzten vier Kilometern auf eine Attacke von Domenico Pozzovivo (Ag2R) reagiert und sich aus der Favoritengruppe gelöst. In den steilsten Passagen des Schlussanstiegs fuhr sich Quintana gemeinsam mit Zakarin einen Vorsprung von rund zehn Sekunden heraus, wogegen Dumoulin zunächst nicht reagieren konnte, sondern sein eigenes Tempo weiterfuhr. Dennoch gelang es ihm, an der Spitze einer vierköpfigen Verfolgergruppe Meter um Meter Boden gutzumachen.

Als Quintana das bemerkte, trat er erneut an, schüttelte Zakarin ab, ohne allerdings Dumoulin wirklich in Verlegenheit bringen zu können. Auf der nun folgenden flacheren Passage kam das Maglia Rosa wieder an den Spitzenreiter heran und schloss mit Zakarin und Landa im Schlepptau nicht nur zu Quintana auf, sondern setzte auf den letzten 1,5 Kilometern sogar eine Konterattacke, die aber erfolglos blieb.

Als Zakarin auf den letzten 200 Metern antrat, konterte Dumoulin, zog an dem Russen vorbei und sicherte sich überlegen nicht nur den Tagessieg, sondern auch zehn Sekunden Zeitbonifikation sowie als Zugabe auch noch das Blaue Trikot des besten Kletterers. “Als Zakarin beschleunigte, dachte ich nur daran, Zeit gegenüber Nibali, Pinot und Mollema gutzumachen“, sagte Dumoulin. “Ich nehme jetzt einen großen Vorsprung mit in die letzte Woche. Wir werden sehen, ob es genügend ist. Diese Etappe heute lag mir, aber die Schlusswoche wird mit den vielen bergen anders. Wir sind noch weit weg von Mailand“, sagte er mit Blick auf das abschließenden Zeitfahren, mit der die Italien-Rundfahrt in der lombardischen Metropole beschlossen wird.

Hinter Landa und Quintana erreichten die weiteren geschlagenen einzeln oder in kleineren Grüppchen das in 1142 Metern Höhe gelegen Ziel. Sie alle waren zunächst der Tempoverschärfung von Quintana zum Opfer gefallen und hatten in der Folge Sekunde und Sekunde eingebüßt. Am besten hielt sich noch Thibaut Pinot (FDJ), der mit 35 Sekunden Rückstand Fünfter wurde, gefolgt von Adam Yates (Orica-Scott/+0:41) sowie Titelverteidiger Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida), der mit 43 Sekunden Verspätung auf Dumoulin zeitgleich vor seinem Helfer Franco Pellizotti Rang sieben belegte.

Verlierer des Tages war Bauke Mollema, dessen Trek-Segafredo-Team in der Anfahrt zum Schlussanstieg noch ein fast aberwitzig hohes Tempo eingeschlagen hatte. Doch der Niederländer musste schon vor Quintanas Attacke reißen lassen und landete schließlich auf dem enttäuschenden 22. Platz, 1:44 Minuten hinter seinem siegreichen Landsmann. Dadurch büßte Mollema auch seinen Podestplatz ein und fiel vom dritten auf den sechsten Platz zurück (+4:32).

Davon profitierten Pinot (+3:25), Nibali (+3:40) und Zakarin (+4:24), die nun auf den Plätzen drei bis fünf geführt werden. Drei Positionen verlor der Luxemburger Bob Jungels (Quick-Step Floors), der nunmehr Neunter der Gesamtwertung ist, sein Weißes Trikot des besten Jungprofis allerdings behauptete.

Nach dem Start in Fausto Coppis Geburtsort Castellania, wo Dumoulin dem Grab des italienischen Radsportidols vor dem Start einen Besuch abstattete, dauerte es immerhin 35 Kilometer, bis bei hohem Tempo und nach einem Feuerwerk an vergeblichen Attacken die Gruppe des Tages feststand. Der Eritreer Natnael Berhane (Dimension Data), der Russe Sergey Lagutin (Gazprom-Rusvelo) und der junge Kolumbianer Daniel Martinez (Wilier Triestina) kamen auf flachem Terrain zwar vom Feld weg, erhielten von den Verfolgern aber nie mehr als gute zwei Minuten an Vorsprung zugestanden.

Dabei konnte sich Dumoulins Team am dritten Tag in Folge zunächst aus der Verfolgungsarbeit heraushalten, für die stattdessen Pinots FDJ-Equipe und Quintanas Movistar-Helfer verantwortlich zeigte. Lagutin gewann kampflos beide Zwischensprints des Tages - das waren die einzigen Erfolgserlebnisse für den 36-jährigen Russen, der gemeinsam mit seinen beiden Begleitern 17,5 Kilometer vor dem Ziel noch vor dem Fuß des Schlussanstiegs gestellt wurde.

Im unteren Teil des Schlussanstiegs drückten Quintanas Helfer José Joaquin Rojas und Winner Anacona (Movistar) so sehr aufs Gas, dass sie unbeabsichtigt sich vom Feld absetzen. Als sie auf den Rest warteten, leitete Diego Rosa (Sky) knapp neun Kilometer vor dem Ziel mit seiner Attacke das Finale ein. Doch die Hoffnungen auf den ersten italienischen Etappensieg bei diesem Giro zerstoben schnell, als Rosa drei Kilometer später wieder eingefangen wurde. Verantwortlich dafür war Quintanas Team, das ein hohes Tempo einschlug, in dessen Folge das Feld immer mehr ausdünnte. Auf den letzten fünf Kilometern steckte Igor Anton (Dimension Data) die Nase in den Wind, wurde aber ebenfalls wieder eingefangen, ehe kurz darauf infolge Quintanas Attacke das heiße Finale entbrannte.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.12.2017Dumoulin will ein zweites “shit-gate“ vermeiden

(rsn) - Noch steht nicht fest, ob Tom Dumoulin im kommenden Jahr beim Giro d’Italia zur Titelverteidigung antreten wird. Sollte es dazu kommen, möchte der Niederländer auf jeden Fall Szenen wie be

01.06.2017Giro-Sieger Dumoulin in seiner Heimatstadt Maastricht geehrt

(rsn) - Tom Dumoulin ist am Mittwoch in Maastricht von Tausenden von Radsportfans gefeiert worden. Der Gewinner des diesjährigen Giro d’Italia präsentierte sein Rosa Trikot und die Trofeo Senza Fi

30.05.2017Gazetta: Nibali verzichtet zugunsten der Vuelta auf die Tour

(rsn) - Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) wird auf die Tour de France verzichten und stattdessen die Vuelta a España zu seinem nächsten große Ziel in diesem Jahr machen. Das meldete die Gazzetta de

30.05.2017Lastet auf dem Giro ein Triple-Fluch?

(rsn) - Nachdem Vincenzo Nibali am vergangenen Wochenende dabei gescheitert ist, seinen dritten Gesamtsieg beim Giro d’Italia einzufahren, drängt sich der Eindruck auf, dass ein Triple-Fluch auf de

29.05.2017Giro-Sieger Dumoulin rückt auf Rang drei der WorldTour-Rangliste vor

(rsn) - Mit seinem Gesamtsieg beim Giro d’Italia, wo er zudem noch zwei Etappenerfolge feiern konnte, hat sich Tom Dumoulin (Sunweb) vom 27. auf den dritten Platz der WorldTour-Einzelwertung verbess

29.05.2017Quintana bekam nicht das, was er wollte

(rsn) - "You can’t always get what you want“ lautet der Titel einer der berühmtesten Songs der Rockgeschichte. Das Stück von den Rolling Stones könnte Nairo Quintana - so er die "Stones" überh

29.05.2017Dumoulin: “Irgendwann will ich die Tour gewinnen“

Mailand (dpa) - Kaum war Tom Dumoulin in Mailand als erster niederländischer Sieger beim Giro d`Italia gekrönt, folgten auch schon die Fragen zur Tour de France. "Das Nächste sind ein Bier und Barb

29.05.2017Gaviria: "Diese Erfolge waren außerhalb meiner Fantasie"

(rsn) - Bereits beim letztjährigen Giro d´Italia lieferte die Quick-Step Floors-Mannschaft eine beeindruckende Vorstellung ab. Durch Marcel Kittel, Gianluca Brambilla und Matteo Trentin gewann das b

29.05.2017Van Emden brachte auch Dumoulins Übersetzung an ihre Grenze

(rsn) - Natürlich stand Tom Dumoulin (Sunweb) nach dem Giro-Abschlusszeitfahren in Mailand im Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit. Schließlich hatte der 26-Jährige gerade seine erste Grand Tour

29.05.2017Nibali: "Ich habe mehr von mir selbst erwartet"

(rsn) - Zum großen Giro-Finale in Mailand konnte Vincenzo Nibali (Bahrain-Merida) die Hoffnungen der italienischen Fans auf seinen dritten Giro-Triumph nach 2013 und 2016 nicht erfüllen. Der 32-jäh

29.05.2017Viva il Giro d´Italia - so spannend war die Tour seit Jahren nicht

(rsn) - Vive le Tour de France - die Frankreich-Rundfahrt ist im Radsport das Maß der Dinge. Doch der Giro d´Italia hat mächtig aufgeholt und in Punkto Spannung der Frankreich-Rundfahrt wenigstens

28.05.2017Platz 16 beim Giro - Pömer sagt Konrad eine große Zukunft voraus

(rsn) - Mit einem weiteren Top-Ten-Ergebnis hat das deutsche Bora-hansgrohe-Team den 100. Giro d’Italia beendet. Jan Barta landete im abschließenden Zeitfahren von Monza nach Mailand auf dem sechst

Weitere Radsportnachrichten

10.10.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die w

10.10.2025Luxemburg träumt vom Tour-Start 2028

(rsn) – Luxemburg hat am Mittwoch offiziell seine Bewerbung für den Grand Départ der Tour de France 2028 präsentiert. In der Luxemburger Coque-Sportarena empfing Tour-Direktor Christian Prudhomme

10.10.2025Wer schlägt die niederländische Gravel-Übermacht?

(rsn) – Am 11. und 12. Oktober finden in der niederländischen Provinz Limburg die Gravel-Weltmeisterschaften 2025 statt. Den Anfang machen die Damen, für die es am Samstag im Elite-Rennen um Gold

10.10.2025Belgische Behörde stoppt Testlauf für Übersetzungsbeschränkung

(rsn) - Die kommende Tour of Guangxi hätte eigentlich als Testlauf für die von der UCI geplante Übersetzungsbeschränkung dienen sollen. Um die Geschwindigkeit der Rennen zu reduzieren und damit di

10.10.2025Die Aufgebote für das 119. Il Lombardia

(rsn) – Zum 119. Mal steht Il Lombardia im Rennkalender. Das der fünf Monumente des Radsports führt diesmal über 241 Kilometer von Como nach Bergamo, wobei die Strecke fast identisch mit der von

10.10.2025Transfer-Großkampftag mit Planckaert-Rückzieher

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

10.10.2025Viviani nimmt gleich zweimal Abschied

(rsn) – Nach Alexander Kristoff (Uno-X Mobility) und Arnaud Démare (Arkea – B&B Hotels) nimmt auch ein dritter Topsprinter früherer Jahre Abschied: Elia Viviani. Der Lotto-Profi sagt sogar gleic

10.10.2025“Es ist soweit“ für Démare

(rsn) – Mit einem Posting auf Instagram kündete Arnaud Démare (Arkea – B&B Hotels) sein Karriereende nach Paris–Tours (1.Pro), das er 2022 noch gewann, an. “Es ist soweit“, schrieb der 34-

10.10.2025Gee: “Stehe vor einer Schadensersatzklage von über 30 Millionen Euro“

(rsn) – Ende August bestätigte Derek Gee, dass er seinen Vertrag bei Israel – Premier Tech mit sofortiger Wirkung gekündigt habe. Das Team gab seinerseits bekannt, dass die Kündigung eingegange

10.10.2025Es kann nur einen geben

(rsn) – Am Samstag wird die 119. Ausgabe von Il Lombardia (1.UWT) ausgetragen und es macht wenig Sinn, künstlich Spannung aufbauen zu wollen. Nach den Eindrücken der vergangenen Wochen von der WM

09.10.2025Israel - Premier Tech auch nicht am Start von Il Lombardia

(rsn) – Israel - Premier Tech wird auch nicht am Samstag bei Il Lombardia (2.UWT) starten. Wie die Organisatoren des letzten Monuments der Saison mitteilten, sei die Entscheidung “im gegenseitigen

09.10.2025Hirschi: “Das Maximum, das ich heute leisten konnte“

(rsn) – Kein Zweifel: Die italienischen Herbstklassiker sind in diesem Jahr das Metier von Isaac Del Toro (UAE – Team – Emirates – XRG). Der Giro-Zweite sicherte sich mit einem 20-Kilometer-So

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Il Lombardia (1.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Vendée (1.1, FRA)
  • Tour de Kyushu (2.1, JPN)