Kalifornien: Nur van der Breggen hält mit

Guarnier meldet sich aus schwarzem Frühjahr zurück

Von Felix Mattis aus South Lake Tahoe

Foto zu dem Text "Guarnier meldet sich aus schwarzem Frühjahr zurück"
Megan Guarnier (Boels-Dolmans) | Foto: Cor Vos

12.05.2017  |  (rsn) - Pünktlich zum Heimspiel in Kalifornien ist Titelverteidigerin Megan Guarnier (Boels-Dolmans) zurück an der Spitze. Die 32-jährige WorldTour-Gesamtsiegerin von 2016 hat ihr schweres Frühjahr am Lake Tahoe endlich hinter sich lassen und sportlich zu alter Stärke zurückkehren können, als sie am Ende der 1. Etappe der Kalifornien-Rundfahrt wie im Vorjahr als Erste die Ziellinie überquerte - vier Sekunden vor Teamkollegin Anna van der Breggen und sieben Sekunden vor der kubanischen Sprinterin Arlenis Sierra (Astana).

"Die Mannschaft musste alles zusammenhalten und hatte viel Arbeit, damit ich ruhig bleiben und fürs Finale meine Kräfte sparen konnte", freute sich Guarnier über die bedingungslose Unterstützung ihres Teams. Gerade Olympiasiegerin van der Breggen beeindruckte mit selbstloser Fahrweise. Die Gewinnerin sämtlicher Ardennen-Klassiker fuhr auch am Lake Tahoe bärenstark, brachte an den Anstiegen des Tages zwei Mal in Windeseile Ausreißergruppen zurück, als sie an der Spitze des Feldes das Tempo anzog und lancierte schließlich auch im 1,7 Kilometer langen und knapp 6 Prozent steilen Schlussanstieg Guarniers Attacke, um hinter ihr trotzdem noch Zweite zu werden.

"Es war ein hartes Frühjahr für sie und wir freuen uns alle sehr, dass sie heute zeigen konnte, dass sie zurück ist. Das ist der größte Erfolg heute", erklärte van der Breggen. Guarnier war Ende Februar beim Omloop van het Hageland schwer gestürzt und hatte sich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Trotzdem startete sie eine Woche später bei den Strade Bianche, um dort aber nach wenigen Kilometern mit Kopfschmerzen aufzugeben. In den folgenden fünf Wochen konnte sie nicht mit dem Rad trainieren. Doch der schwerste Schlag folgte erst in dieser Zeit, als Guarniers Großmutter starb. "Sie war sehr wichtig in meinem Leben", erklärte Guarnier und brach ihre Ausführungen über die schweren letzten Wochen dann mit Tränen in den Augen ab: "Ich denke, das erklärt es genug."

In der Schlusssteigung der 117 Kilometer langen Etappe rund um den Lake Tahoe hatte zunächst Amy Pieters für Boels-Dolmans das Tempo angezogen, bevor dann Karol-Ann Canuel übernahm und sogar eine kleine Lücke riss. "Das war cool, aber unglücklicherweise wurde sie wieder eingeholt", schilderte Guarnier das Finale. "Anna hat dann angetreten und ich bin an ihrem Hinterrad gefolgt, bis ich 300 Meter vor dem Ziel an der Reihe war", so die Siegerin weiter, und van der Breggen sorgte mit ihrer Ergänzung für Gelächter: "Das klingt ziemlich einfach. Aber das war es nicht."

Trotzdem scheint bereits nach dem ersten von vier Tagen in Kalifornien klar, dass der Gesamtsieg bei der zweiten WorldTour-Rundfahrt des Jahres nur über das Boels-Duo geht - zumal Guarnier und Van der Breggen auch für die schwere Bergetappe am Freitag als Top-Favoritinnen gelten. "Wir sind in einer sehr guten Ausgangsposition", gab Guarnier zu, und als radsport-news.com fragte, wen sie eigentlich zu fürchten hätten, wichen beide aus: "Wir schauen auf uns und versuchen, uns nicht von den Anderen stressen zu lassen. Wir können nur unser Bestes geben", sagte Guarnier. Und van der Breggen: "Wenn man auf andere zeigt, die stark sein könnten, macht man sich nur verrückt. Wir versuchen am Berg schnell zu fahren und schauen uns dann um, wer noch da ist. Damit muss man dann arbeiten."

Momentan sieht es so aus, als dürfte das am Freitag am Ende des 12,6 Kilometer langen Ansteigs zum Daggett Summitt, das zehn Kilometer vor dem Ziel erreicht wird, niemand mehr sein, sollten van der Breggen und Guarnier richtig aufs Tempo drücken.

Bevor Guarnier in South Lake Tahoe zum Auftaktsieg fuhr, hatte ihr Team bereits die gesamte 1. Etappe kontrolliert. Zwar konnten sich mehrmals einzelne Ausreißerinnen oder Duos lösen, doch die Niederländerinnen ließen keine Gruppe weit weg. Am längsten hielt sich die Australierin Lizzie Williams von Kilometer 72 bis 86 an der Spitze und wurde dafür mit dem Blauen Trikot der kämpferischsten Fahrerin belohnt. Doch in einem der unkategorisierten Anstiege wurde auch sie eben wieder gestellt. Im Finale versuchte dann UnitedHealthcare für Ruth Winder Druck zu machen, doch letztlich riss Boels-Dolmans das Rennen souverän an sich.

Ein gutes Ergebnis fuhr die Österreicherin Martina Ritter (Drops) ein, die 28 Sekunden nach Guarnier als 13. die Ziellinie überquerte. Trixi Worrack (Canyon-SRAM), die zu Beginn der Etappe kurzzeitig in einer dreiköpfigen Ausreißergruppe saß, wurde 1:12 Minuten nach Guarnier 40., Liane Lippert (Sunweb) kam zwei Plätze dahinter auf den 42. Rang.

Tagesergebnis:
1. Megan Guarnier (Boels-Dolmans)
2. Anna van der Breggen (Boels-Dolmans) + 0:04 Minuten
3. Arlenis Sierra (Astana) + 0:07
4. Ruth Winder (UnitedHealthcare) + 0:10
5. Kristabel Doebel-Hickok (Cylance) + 0:10
6. Lauren Stephens (Tibco-SVB) +0:14
7. Lex Albrecht (Tibco-SVB) + 0:17
8. Coryn Rivera (Sunweb) + 0:20
9. Katie Hall (UnitedHealthcare) + 0:20
10. Alena Amialiusik (Canyon-SRAM) + 0:22

Gesamtwertung:
1. Megan Guarnier (Boels-Dolmans)
2. Anna van der Breggen (Boels-Dolmans) + 0:08 Minuten
3. Arlenis Sierra (Astana) + 0:11
4. Ruth Winder (UnitedHealthcare) + 0:20
5. Kristabel Doebel-Hickok (Cylance) + 0:20

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