Neue ZIV-Zahlen - E-Räder auf Rekord-Niveau

E-Bikes: Der Lückenschluss zwischen Auto und Rad

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24.03.2019  | 

Am vergangenen Donnerstag gab der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) die Branchen-Verkaufszahlen für das Fahrradjahr 2018 bekannt. Die Anzahl der verkauften E-Bikes lag bei fast einer Million – und somit auf einem weiteren, neuen Rekord-Niveau.

Der Verband geht davon aus, dass der Anteil an Elektrorädern
in den nächsten Jahren weiter steigen und bald über ein Drittel der verkauften Räder ausmachen wird – das wären dann rund 1,5 Millionen im Jahr. E-Bikes sind der nötige Lückenschluss zwischen Auto und Fahrrad. Strecken, die mit dem Auto zu kurz und mit dem Fahrrad zu lang sind, können mit dem E-Rad besser gemeistert werden.

Um die positive Entwicklung hin zur Verkehrswende weiter zu befeuern, bedarf es jedoch vor allem noch einer besseren Rad-Infrastruktur. Der pressedienst-fahrrad hat Experten aus der Branche zur Entwicklung bei E-Rädern befragt.

„Wir sind davon überzeugt, dass das Fahrrad zukünftig
im täglichen Mobilitäts-Mix vor allem in urbanen Bereichen eine größere Rolle spielen wird“, beurteilt Horst Schuster, Leiter Vertrieb und Marketing beim E-Bike-Antriebshersteller Brose, die aktuellen Zahlen. Der geringer werdende Platz in den Städten durch die steigende Urbanisierung müsse anders aufgeteilt werden. Die logische Konsequenz: mehr Investitionen in den Radverkehr.

„E-Bikes und Fahrräder sind die Lösung für die städtische Mobilität – ohne immanente Nachteile. Effizientere Verkehrspolitik ist schlichtweg nicht denkbar. Die steigende Nachfrage gibt dem Produkt Recht“, fasst Volker Dohrmann, Leiter Produkt, Strategie und Marketing bei Stevens Bikes, zusammen.

Bei der Infrastruktur gibt es allerdings noch Nachholbedarf,
wie Maximilian Topp, PR-Koordinator beim Komponenten-Hersteller Sram, aus eigener Erfahrung weiß: „Momentan ist die Fortbewegung mit dem Rad, zumindest in den meisten Städten, eher ein lebensgefährliches Unterfangen. Ein großes Problem ist z. B. der starke Zuwachs an Lieferdienstfahrzeugen, die durch Parken in zweiter Reihe oft Staus verursachen oder den Radweg blockieren.“

E-Lastenräder könnten einen wesentlichen Beitrag zur Entspannung der Verkehrssituation leisten. „Dänemark und die Niederlande zeigen, dass optimierte Wege für Radfahrer die Nutzung weiter erhöhen“, nennt Volker Dohrmann positive Beispiele aus dem EU-Ausland. „Sichere Abstellmöglichkeiten sind eine wichtige Komponente der Infrastruktur-Entwicklung“, verweist Horst Schuster auf das Thema Fahrradparken.

Andreas Hombach beschäftigt sich
von Berufs wegen intensiv damit. Der Leiter E-Mobilität beim Metallbauer WSM kennt die Anforderungen an kommunale Fahrradabstellanlagen – und weiß, wo es noch Probleme gibt: „Umfragen wie der ADFC-Fahrradklima-Test zeigen, dass die Entwicklung noch stärker in Richtung E-Bike gehen würde, wenn die Infrastruktur durch vandalismushemmende, diebstahlsichere und witterungsgeschützte Fahrradabstellanlagen dem steigenden Bedarf und den speziellen Anforderungen angepasst würde“, so sein Urteil.

Hombach ist sich sicher, dass der europäische E-Bike-Markt in Zukunft weiter stark wächst. Das liege an der zunehmenden Beliebtheit des entspannten Radelns, aber auch an komfortableren Antrieben und Energiespeichern mit höherer Reichweite.

Stefan Stiener, Geschäftsführer beim "Custom"-Anbieter
Velotraum, weist allerdings daraufhin, dass die Infrastruktur-Debatte kein rein urbanes Thema ist: „Wir brauchen den Fokus der Fahrrad-Alltags-Mobilität nicht nur in den Stadtzentren, sondern ebenso in der Agglomeration und auf dem Land.“

Eine wachsende Rolle bei der Verkehrswende könnten laut Ansicht von Markus Riese, Geschäftsführer beim Radhersteller Riese & Müller, S-Pedelecs spielen, die eine Tretunterstützung bis 45 km/h haben. „Damit lassen sich problemlos Wege von 20 bis 30 Kilometern pendeln.“ Doch der Anteil gerade dieser Radgattung war laut ZIV-Zahlen im letzten Jahr rückgängig und lag gerade einmal bei 0,5 Prozent der gesamten E-Bike-Verkäufe.

„Das führen wir vor allem auf die vielen Einschränkungen
durch den Gesetzgeber zurück. Käufer lassen sich durch das Verbot der Radwegenutzung von einem Kauf abschrecken“, so Riese. S-Pedelecs gelten gesetzlich nicht als Fahrrad, sondern als Kleinkraftrad. Sie unterliegen deshalb anderen Regelungen wie Helmpflicht oder Führerscheinpflicht.

Riese macht sich deshalb für die Änderung der Gesetzeslage stark und plädiert für eine Freigabe der Nutzung von Radwegen für die schnellen E-Bikes. In der Schweiz sei dies bereits der Fall – dort liege der Anteil an S-Pedelecs bei 25 Prozent. „Da innerorts Radwege oftmals zu schmal sind, empfiehlt es sich, die Radwegenutzung für schnelle E-Bikes dort mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h zu limitieren“, bringt Riese einen konkreten Vorschlag.

Der Erfolg der E-Bikes rührt auch vom technischen Fortschritt.
ABS, Fern- und Bremslicht oder breite Reifen sind Entwicklungen, die vom Auto und Motorrad bekannt sind und für mehr Sicherheit sorgen. „Die Legislative und unsere darauf basierenden Entwicklungen sorgen für deutlich mehr Sicherheit und Augenhöhe des Zweiradfahrers gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern“, erklärt Sebastian Göttling vom Lichthersteller Busch & Müller. „

Der E-Bike-Anteil am Gesamtfahrradmarkt liegt mittlerweile bei 23,5 Prozent, Tendenz weiter steigend. Frank Schneider, Business Development Manager bei Universal Transmissions, Partner des Riemenherstellers Gates, sieht gerade den Anstieg der Alltagsfahrer als einen wesentlichen Punkt dieser Entwicklung: „Elektroräder entwickeln sich immer mehr zu vollwertigen Fahrzeugen, die den täglichen Anforderungen gerecht werden müssen. Bei diesen Fahrrädern handelt es sich nicht mehr um reine Spaßgeräte, sondern sie dienen ganz oft als Fortbewegungsmittel für den Arbeitsweg.“

Die Elektrifizierung im Sportbereich schreitet
ebenfalls schnell voran, E-Mountainbikes und E-Rennräder finden immer mehr Fans. Mittlerweile sind 25 Prozent der verkauften E-Bikes elektrifizierte Mountainbikes. „Anfangs gab es auch bei uns intern Traditionalisten, die solch einer technologischen Disruption keinen Raum gaben“, erinnert sich Volker Dohrmann.

Doch immer neue Fahrradgattungen tragen dazu bei, dass auch Menschen aufs Rad kommen, die vorher nicht oder nur wenig fuhren. Marcel Spork, Vertriebsleiter beim Zubehör-Hersteller SKS Germany, meint dazu: „Der größte Beitrag, den das E-Bike geleistet hat, liegt sicherlich darin, das Fahrrad wieder für nahezu alle Altersklassen zugänglich zu machen. Das Alter ist kein Ausschluss-Kriterium mehr, und auch frühere Sportmuffel fahren jetzt begeistert Rad.“

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