Düragers Algerien-Tagebuch

Ziel-Empfang bei der Österreichischen Botschafterin

Von Axel Dürager

Foto zu dem Text "Ziel-Empfang bei der Österreichischen Botschafterin"
Im Ziel der Tour de Blida begrüßt die Österreichische Botschafterin die Fahrer des Denzel-Teams. | Foto: Dürager

13.03.2016  |  (rsn) – So, und heute nochmal richtig! Der letzte Tag der Tour de Blida stand für uns im Zeichen der vollen Attacke. Strömender Regen, tiefe Temperaturen und am Ende eine Bergankunft lieferten den perfekten Rahmen für diese Mission.

Nach wenigen Kilometern der richtige Moment, schlechte Straße, Attacke, sofort gehen ich und mein Teamkollege Rupi nach, eine 7-Mann-Gruppe bildet sich. Wir drücken richtig aufs Gas und das Tempo ist immer nah am Anschlag. Nach zehn Kilometern ist das Feld dann aus unserem Blick verschwunden, wir gehen trotzdem nicht vom Tempo, der Regen wird auch immer stärker.

Die Gruppe harmoniert und alle wittern ihre Chance. Wir rasen am Meer entlang, immer rauf und runter, immer mal wieder öffnet der Himmel alle Schleusen und die Sintflut bricht über uns herein. Auch hinten im Feld wird nun ordentlich Tempo gefahren, das AL Nasr Team möchte das Feld möglichst verkleinern, bevor es in den letzten Anstieg geht, trotzdem bauen wir den Vorsprung auf vier Minuten aus.

Dann nach 60 Kilometern die erste Sprintwertung, Rupi bereitet traumhaft vor und ich lasse keinen Zweifel aufkommen und hole mir den Sprint. OK, es läuft!

Einen Kilometer später wird’s dann schwammig am Hinterrad, und das ist nie ein gutes Zeichen. Aiiii, Plattfuß am Hinterrad. Also rechtes Händchen heben und umgedreht. Unser Teamauto mit Farouk und Nasser fährt hinter dem Feld und so übernimmt der neutrale Mechaniker den Laufradwechsel. Geht sehr routiniert und zackig, und nach kurzer Zeit sitze ich wieder im Sattel, die Gruppe ist trotzdem schon in weite Ferne verschwunden.

Meist ist es Usus, dass man nach Defekt in einer solchen Rennsituation im Windschatten des Betreuerautos wieder an die Gruppe ran geführt wird. Heute aber nicht, der Servicewagen knallt an mir vorbei und lässt mich zurück in meiner Einsamkeit auf dieser algerischen Landstraße. Ja, so schnell kann es gehen im Rennen. Nun kämpfe ich für mich alleine, versuche wieder an die Gruppe ranzukommen, aber der Abstand ist zu groß.

Die nächsten 25 Kilometer geht’s solo weiter, dann nähert sich von hinten das kleingewordene Feld. Vorne im Wind reitet der den Radsport- Fans bekannte, Thomas Vaitkus, der nun für das AL Nasr-Team fährt und das Tempo so richtig nach oben dreht. Der Tacho zeigt trotz Wind konstant über 50 km/h an. Jede Tempoverschärfung zieht sich durch das Feld und sobald eine kleine Lücke entsteht, tut es richtig weh.

Genau in einem solchen Moment, das Feld windet sich in Einserreihe am linken Straßenrand, passiert es, ein Fahrer übersieht ein tiefes Schlagloch und reißt einige Fahrer böse mit sich. Ich und mein Teamkollege Daniel können gerade noch reagieren, greifen voll in die Bremsen und können die gestürzten Fahrer und deren Räder noch umkurven.

Vorne kämpft währenddessen noch immer Rupi mit der Gruppe verbissen gegen das heranstürmende Hauptfeld. Er gibt alles und holt sich bei Kilometer 100 auch die zweite Sprintwertung des Tages für uns! Kurz danach kommt es dann zum Zusammenschluss und noch etwa 45 verbliebene Fahrer gehen gemeinsam in den Schlussanstieg. Die Straße führt bergan durch Blida und das Ausscheidungsrennen beginnt, Fahrer für Fahrer muss nun reißen lassen und die Bergfahrer, die das Tempo im Flachen überstanden haben, übernehmen nun das Kommando.

Auch ich muss reißen lassen und fahre die letzten zehn Kilometer, mein eigenes Tempo den Berg hoch um keine Positionen mehr einzubüßen und den Rückstand in Grenzen zu halten. Christian Haas, unser Bergfahrer, gibt vorne alles und duelliert sich in der Spitze.

Die letzten Kilometer verschwinden wir im Nebel, und am Straßenrand liegt nun auch Schnee. Ich schalte auf das große Kettenblatt und fahre die letzten Kilometer im Stehen, der Rücken macht mir zu schaffen …

Dann endlich der Zielbogen. Im Ziel wimmelt es von Zuschauern, Autokolonnen, Betreuern, Fahrern und Kameraleuten. Christian hat sich den tollen zehnten Platz geholt und steht nun inmitten einer Menschentraube gemeinsam mit der Österreichischen Botschafterin (!!!) dem algerischen Staatsfernsehen Rede und Antwort.

Die Botschafterin erfuhr im Fernsehen von unserer Teilnahme - wir dürften hier als österreichisches Team sehr hoch im Kurs stehen - und ließ es sich dann nicht nehmen uns persönlich einen Besuch abzustatten. Der heutige Tag war für uns nochmal ein würdiger Abschluss einer ereignisreichen und hochinteressanten Reise in die algerische Radsportkultur.

Auch Stefan wird am Nachmittag aus dem Krankenhaus entlassen und kann mit uns den Heimflug antreten. Er wurde noch in Blida am Schlüsselbein operiert und hat auch einiges erlebt in den letzten Tagen….

Der Radsport ist ein weltweiter Sport und es ist nie verkehrt, über den Tellerrand zu blicken, denn da draußen wimmelt es geradezu von Menschen, die die gleiche Begeisterung teilen, die wir aber zu Hause niemals kennenlernen würden. Wie immer bleiben viele Eindrücke und Erinnerungen, die momentan aufgrund des vollgepackten Rennkalenders der letzten zehn Tage noch gar nicht aufgekommen sind.

Ich bin mir aber sicher, dass wir auch in vielen Jahren noch mit einem Lächeln an diese zehn Tage im März denken werden, die wir gemeinsam als Team erlebt haben.

Nächstes Wochenende geht es dann zum ersten Rennen der Österreichischen Rad Bundesliga.

Gute Nacht, liebe Grüße von den Denzel Jungs und hoffentlich bis bald

Alex

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