Düragers Algerien-Tagebuch

Erfolgreicher Highspeed-Kampf um die Gruppe des Tages

Von Alex Dürager

Foto zu dem Text "Erfolgreicher Highspeed-Kampf um die Gruppe des Tages"
Vor dem Start der 1. Etappe der Tour of Blida | Foto: Denzel Team

11.03.2016  |  (rsn) – Nach einem Ruhetag ging es heute mit der 1. Etappe der Tour of Blida (2.2) weiter. Wir sind nun wieder etwas weiter im Landesinneren, umringt von Bergen, auf denen auch noch der Schnee liegt. Die 3. und letzte Etappe wird dort oben enden.

Die heutige Etappe war wieder eine sehr dreckige und harte Angelegenheit mit viel Regen, Wind und kühlen Temperaturen. Sofort nach dem Start ging es wieder mit Attacken los, mit dabei im Highspeed-Kampf um die ersten Gruppe auch Stefan und Rupi aus unserem Team. Nach einigen Kilometern dann hatte ich ein gutes Näschen und schaffte den Sprung in eine Gruppe. Alle stiegen richtig aufs Gas und gingen durch die Führung, der Vorsprung wurde langsam, aber sicher größer und nach einiger Zeit setzte sich dann der Rennleiter und die Motorräder hinter unsere Gruppe - und der Zeitabstand wurde zum ersten Mal angezeigt: 30 Sekunden.

Wenig, aber wir hatten zumindest schon mal den Fuß in der Tür. Wir fahren durch einige Dörfer, das macht an der Spitze Spaß und das Tempo wirkt immer höher, wenn links und rechts Häuser und schreiende Zuschauer vorbeizischen. „Alleeeezzz“ und „Bon Courage“ vernimmt man hier in Algerien besonders oft. Nach einigen Augenblicken ist es vorbei, wir biegen rechts ab raus aus dem Dorf und rein in die Prärie, eine offene Ebene und der Wind bläst nun gewaltig von links.

In dem Moment schließen ein paar Mann von hinten in Kantenformation auf, und steigen richtig aufs Tempo, kein Platz mehr für den Rest, hier einzusteigen. Am rechten Straßenrand kämpft nun jeder ums Überleben, während der Wind Algeriens uns um die Ohren pfeift. Ein beinhartes Manöver, die Kante, fährt man in der Formation seitlich versetzt, muss man richtig beißen, aber man rollt mit, die Straße ist aber nie breit genug für alle, und so ist der erste, der seitlich keinen Windschatten mehr hat, gnadenlos total ausgesetzt, man glaubt gar nicht wie sehr!

In dem Moment ist man schon im tiefroten Bereich, und man kann nur versuchen, sich reinzuboxen oder aber hoffen, dass das Tempo im nächsten Moment rausgenommen wird. Okay, beides war nicht der Fall. Vorne elf Mann, ich dahinter in einer Gruppe mit sieben Mann. Wir haben etwas über eineinhalb Minuten Vorsprung auf die Verfolger und halten das Tempo richtig hoch. Auch für das Feld sollte es nicht einfach werden!

Dann die Zehn-Kilometer-Marke und kurz danach spüren und sehen wir das Hauptfeld im Nacken. Der Vorsprung ist nur noch gering, in der Gruppe beginnen die taktischen Spielchen und die Einzelattacken. Ich versuche, das Tempo hochzuhalten, dann vier Kilometer vor dem Ziel drehe ich mich um und habe einen kleinen Vorsprung von vielleicht 50 Metern auf meine Fluchtgefährten, jetzt muss ich durchziehen. Ich forciere das Tempo, Kopf runter, dann geht’s in eine rutschige Rechtskurve, danach den Boulevard von Blida hoch. Leichte Steigung, drei Kilometer-Marke.

Ich drehe mich um, Vorsprung auf die Gruppe 100 Meter, dahinter wohl ebenso knapp das Hauptfeld. Die Beine brennen, die Lunge schreit, die Zuschauer feuern mich an, der Vorsprung noch immer 100 Meter, dann die Flamme Rouge, die Ein-Kilometer Marke, links und rechts das Spalier der Zuschauer.

Es geht’s rechts weg über die Kuppe und ich bin auf der Zielgerade, gebe alles drehe mich noch mal um hinter mir wird gesprintet, ich höre die Anspannung, das Geschrei und das Knacken der Schaltungen, UND es geht sich aus, ich überquere die Ziellinie, rein in das Getümmel und die Kameras. Platz 12 in der Tages- und Gesamtwertung. Yessss.

Einige Augenblicke später schießt das Feld mit einem gewaltigen Luftschwall im Ziel an mir vorbei. Daniel konnte sich auf den letzten Kilometern noch vom Hauptfeld absetzen und zu meiner ehemaligen Fluchtgruppe aufschließen. Macht Platz 20 und damit auch noch einen Platz in den Preisrängen.

Nachdem Fahrer und Betreuer eintrudeln höre ich, ass Stefan in den auf den letzten drei Kilometern gestürzt ist. Er stand sofort wieder auf und als er die Kette wieder auf das Blatt legen wollte um noch ins Ziel zu fahren, bemerkt er erst diesen Schmerz und dass da bei ihm etwas kaputt sein muss. Rupi ist sofort bei seinem verletzten Teamkollegen.

Es hilft aber nichts, das Schlüsselbein ist gebrochen und so kann er nur noch das Rad des verletzten Teamkollegen ins Ziel schultern. Stefan wurde ins Krankenhaus in Blida gebracht, wo ein glatter Schlüsselbeinbruch festgestellt wurde. Er wird heute noch operiert und wir hoffen, dass alles glatt läuft und er am Samstag wieder entlassen werden kann.

Dann steht eine Bergetappe auf dem Programm.

Gute Nacht aus Blida,
Alex

Mehr Informationen zu diesem Thema

13.03.2016Ziel-Empfang bei der Österreichischen Botschafterin

(rsn) – So, und heute nochmal richtig! Der letzte Tag der Tour de Blida stand für uns im Zeichen der vollen Attacke. Strömender Regen, tiefe Temperaturen und am Ende eine Bergankunft lieferten de

12.03.2016„But he only works at night“

(rsn) – Heute (Freitag) stand eine Bergetappe am Programm und somit waren meine Erfolgsaussichten eher begrenzt. Flache Anfahrt, ein 18 Kilometer langer Berg und dann wieder relativ flach zurück in

09.03.2016Mit schreienden Beinen aus dem letzten Hügel heraus

(rsn) - Mit dem Grand Prix d´Oran (1.2) stand heute (Dienstag) ein schnelles Rundstreckenrennen auf einer hügeligen Sechs-Kilometer-Runde in den Straßen von Oran auf dem Programm - wieder mit Vid

08.03.2016In Serpentinen dem Himmel entgegen

(rsn) - Puhh. Das war wieder richtig hart heute (Montag, d. Red.). Der letzte Tag und zugleich die Königsetappe der Tour d´Oran. zwei Berge und eine Bergankunft in Monte Christo oberhalb Algiers.

06.03.2016"Weißt du noch, damals auf der Windkante ..."

(rsn) - Was für ein epischer Tag heute in Algerien. Der Start im Zentrum von Oran, der zweitgrößten Stadt des Landes, wurde noch im neutralisierten Modus hinter dem Auto des Rennleiters gefahren.

06.03.2016Ein guter Auftakt für unser Team!

(rsn) - Da der Tour-Tross heute weiterziehen sollte, hieß es für uns früh aufstehen. Um sechs Uhr klingelte bereits der Wecker. Nach dem Frühstück hieß es erst mal Kartons und Material schleppen

05.03.2016Rein ins Großstadtgetümmel von Algier

(rsn) - Heute (Freitag) ging es los mit dem ersten Rennen. Von der winterlichen Komfortzone, bei der man bei langen Trainingseinheiten durch die verschneite Landschaft von zukünftigen Erfolgen und

04.03.2016Grand Tour d´Algier: Erfahrungen und Top-Ten-Platzierungen sammeln

(rsn) – Hallo ich heiße Alex Dürager und fahre für das Österreichische Elite-Radteam Arbö Denzel Cliff aus Wien. Unser Kader umfasst insgesamt 14 Fahrer und ist ein Mix aus jungen Talenten und

Weitere Radsportnachrichten

15.12.2025Schlauer Roubaix-Plan und am Saisonende Radsport-Detox

(rsn) - Jonas Rutsch (Intermarché – Wanty) hat eine recht gute Saison hingelegt, das meinte der Profi aus dem hessischen Erbach selbst. “Ich habe stark angefangen im Frühjahr, war da wirklich au

15.12.2025Pogacar mit bewährten Kräften zur Mission fünfter Toursieg?

(rsn) - Tadej Pogacar befindet sich in einer komfortablen Situation: Neben seiner überragenden Klasse kann der zweimalige Weltmeister auch auf ein herausragend stark besetztes Team UAE – Emirates â

15.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025

(rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w

15.12.2025Welsford von Red Bull zu Ineos

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

15.12.2025Evenepoel zum fünften Mal Belgiens Sportler des Jahres

(rsn) – Red-Bull-Neuzugang Remco Evenepoel ist in seiner belgischen Heimat bereits zum fünften Mal als Sportler des Jahres ausgezeichnet worden. Der Doppel-Olympiasieger, der in einem Jahr mit Höh

15.12.2025Ferguson: Zwischen Übertraining, RED-S und Spitzenergebnissen

(rsn) – Besser als Cat Ferguson (Movistar) ist noch kaum eine Junioren-Weltmeisterin im Elite-Peloton angekommen. Die 19-jährige Britin gilt als riesiges Talent, fuhr gleich bei ihrem ersten WorldT

15.12.2025Auch nach Team-Aus: Reise auf der Straße wird weitergehen

(rsn) – Auch in ihrer siebten Saison beim Team Ceratizit fuhr Franziska Brauße zweigleisig auf Straße und Bahn - mit 41 Renntagen auf der Straße jedoch so intensiv wie nie zuvor in ihrer Karrier

15.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025

(rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden

15.12.2025Hansen: “Die Fahrer werden gehört – ein gutes Zeichen“

(rsn) - Beim alljährlichen WorldTour-Seminar des Radsportweltverbandes UCI nahm das Thema Fahrersicherheit wieder größeren Raum ein. Adam Hansen, Chef der Fahrergewerkschaft CPA, zeigte sich im Ges

14.12.2025Del Toros Tour-Ziel 2026: “So viel und schnell wie möglich lernen“

(rsn) – Nach der schmerzhaften Niederlage gegen Simon Yates (Visma – Lease a Bike) im Finale des Giro d´Italia 2025 und einem fulminanten Herbst, in dem er bei den italienischen Klassikern von Si

14.12.2025Highlight-Video des Cross-Weltcups von Namur

(rsn) – Er kam, kämpfte und siegte: In einem packenden Duell hat Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) zu seinem Saisoneinstieg den Weltcup von Namur gewonnen. An der berühmten Zitadelle v

14.12.2025Von Krämpfen geplagt: Überrundeter Fahrer sorgt für Durcheinander

(rsn) – Ein Krampf fühlt sich nie sehr angenehm an. Kaum besser dürfte es für Vilmar Aastrup gemacht haben, dass sein Malheur beim Weltcup in Namur vom belgischen Fernsehen live und in aller Ausf

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Tour de Gyeongnam (2.2, KOR)