--> -->
10.08.2014 | (rsn) - Vor der heutigen Etappe war bei mir die Angst riesengroß, am Abend nicht mehr im Rennen zu sein. Eine deutlich längere Etappe mit sehr geringer Karenzzeit war nicht gerade das, wonach mir der Sinn stand.
Ein erstes Zeichen der Entwarnung und einen leichten Hoffnungsschimmer gab mir der Gesamtführende, Kolumbianische Meister Miguel Angel Rubiano. Am Frühstücksbuffet meinte er, dass ich nur die letzte Bergwertung überleben müsse und mir der Sprintsieg dann praktisch schon sicher sei. Ich konnte seinen Worten kaum Glauben schenken, da ich weder davon ausging, die erste, die letzte, oder geschweige denn irgendeine der Bergwertungen zu überleben. Zu sehr war mir noch die kolumbianische Fahrweise der letzten Tage bewusst.
Doch der Beginn der Etappe war dann tatsächlich ganz nach meinem Geschmack. Rückenwind mit ganz leichter Windkante und es ging tatsächlich flach los. Selbst die erste Bergwertung des Tages bei Kilometer 75 wurde so zivilisiert gefahren, dass ich mit dem Feld über den Berg kam.
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie gut es tat, endlich mal ein normal großes Feld mit normalem Tempo um sich zu haben! Nach der ersten Bergwertung wiederholte sich das Szenario vom Frühstück nochmals. Jorge Castiblanco, erster Träger des Gelben Trikots nach dem Mannschaftszeitfahren, fuhr an meine Seite.
Als erstes beglückwünschte er mich dazu, überhaupt noch im Rennen zu sein. Ich wusste nicht, ob ich jetzt beleidigt sein soll oder mich freuen soll, seine Vorstellungen übertroffen zu haben. Auch er erzählte mir, dass ich in die letzte steile Bergwertung vorn reinfahren müsse, um dabei zu bleiben und zu gewinnen. Es war schon seltsam, von Fahrern anderer Mannschaften Tipps zu bekommen, um vor ihnen eine Etappe zu gewinnen.
Ganz Unrecht hatten die Kolumbianer mit ihrer Einschätzung natürlich nicht. Man sieht mir meine Flachlandfigur schon an und in diesem Feld bin ich vermutlich der Schnellste. Zudem habe ich starke Anfahrer, auf die ich mich zu 100 Prozent verlassen kann. Also tat ich, wie mir nahegelegt wurde. Vorne rein in den letzten Berg, Vollgas und mit den ersten Autos der Wagenkolonne in die Abfahrt. Mit 92 km/h ging es dann durch die Kolonne wieder ins Feld und es schien alles perfekt vorbereitet zum Sprint Royale.
Ungefähr zehn Kilometer vor dem Ziel passierten wird dann jedoch eine grob geschotterte Baustellenausfahrt und mein Vorderreifen hauchte sein Leben aus. Was dann folgte, war das schlimmste Drama, das ich mir vorstellen konnte. Der Vorderradwechsel dauerte eine halbe Ewigkeit und das Feld war mit Rückenwind rasend schnell unterwegs zum Ziel.
Die einzige Möglichkeit war also, mit vollem Risiko hinter dem Auto irgendwie wieder in eine gute Position zurück zu kommen. Daraus resultierte eine Vollbremsung im Kreisverkehr, um dem Presseauto gerade noch zu entkommen.
Die 5km-Marke flog vorbei. Die 3km-Marke ebenfalls. Tunnelblick, bloß nicht aufgeben und weiter, weiter, weiter… Bei der 1km Marke dann die Ernüchterung, ich werde es nicht mehr schaffen. Immer noch ungefähr 100 Meter hinter dem Feld war klar, dass es nix wird mit dem prognostizierten Sprintsieg.
Vorne hatten sich meine Jungs inzwischen dazu entschieden, für Meron Mengstab anzufahren, der hervorragender Achter wurde. Leider wurde Mekseb Debesai in einen Sturz verwickelt, der für ihn aber ohne schlimmere Folgen blieb.
Nach der Zieldurchfahrt brachen bei mir alle Dämme. So hart zu leiden, um eine Sprintankunft zu erreichen und dann doch nicht eingreifen zu können und dabei die vermutlich einzige Chance in dieser Rundfahrt zu verlieren, war zu viel für mich. Heulend wie ein Schlosshund stand ich 100 Meter hinter der Ziellinie und war einfach nur am Ende. Peinlich war es mir erst, als der ehemalige Zeitfahrweltmeister und kolumbianische Nationalheld Santiago Botero mir auf die Schulter klopfte. "Es gibt auch wieder andere Tage und andere Rennen, Rennen für Dich!“ lautete seine Aufmunterung.
Richard konnte heute sein Trikot für den besten Fahrer einer ausländischen Mannschaft fast mühelos verteidigen und stellt sich morgen dann hoffentlich zu den anderen Wertungstrikots in Startreihe eins. Heute hat das noch nicht so ganz geklappt.
Zur Aufmunterung habe ich mir heute Abend meinen neuen Schlauchreifen einfach selbst geklebt. Das entlastet das Betreuerpersonal, macht mir Spaß und bringt mich auf andere Gedanken.
Grüße aus Cota bei Bogota,
Euer Yannick
18.08.2014Wir kommen wieder - aber nicht als Radfahrer(rsn) - Letzter Tag und nur 100 Kilometer auf einem schönen Rundkurs in der Stadt, was will man mehr? Gut, vielleicht einen fast sicheren Gesamtsieger, dessen Mannschaft das Geschehen unter Kontrolle
17.08.2014Bergzeitfahren bei Nacht - ein surreales Erlebnis(rsn) - Als vorletzte Etappe der Kolumbien-Rundfahrt hatte sich der Veranstalter ein besonderes Schmankerl ausgedacht: ein Bergzeitfahren über 17 Kilometer bei Nacht. Es ging von Medellin zum Alto de
16.08.2014Vanilleduft oder Sinnestäuschung?(rsn) - Heute darf ich leider nur noch von vier aktiven Bike Aid Fahrern berichten. Wie es sich bereits gestern Abend angedeutet hat, konnte Richard nicht mehr zur 9. Etappe antreten. Nach einer schla
15.08.2014So langsam geht es an die Substanz(rsn) So langsam sehne ich mir das Ende der Rundfahrt herbei und auch mein Körper schreit regelrecht danach. Ich bin heute Morgen im selben Zustand aufgewacht, in dem ich gestern Abend ins Bett geg
14.08.2014Aus dem lockeren Tag wurde doch noch ein harter(rsn) - Vor der heutigen 7. Etappe der Kolumbien-Rundfahrt durften wir einen Ruhetag genießen. Dieser ist übrigens Pflicht bei Rennen von mehr als zehn Tagen. Wir blieben also einen weiteren Tag in
12.08.2014Mit fürchterlichem Ohrwurm den Scharfrichter hochgefahren(rsn) - Die Anspannung vor der heutigen Etappe war bei uns im Team förmlich greifbar. Beim Frühstück wurde wenig gesprochen und jeder achtete nochmals besonders darauf, hochwertige Nahrungsmittel z
11.08.2014„I really, really don’t like this race“(rsn) - Das heutige Resümee fällt etwas knapper aus als das doch sehr emotionale von gestern. Viel gibt es auch nicht zu berichten, obwohl auch diese Etappe wieder anders verlief als erwartet. Der S
09.08.2014Man fühlt sich wie im Circus MaximusDen Tagesverlauf der dritten Etappe muss ich zumindest teilweise chronologisch schildern, um ein authentisches Gefühl dafür vermitteln zu können, wie es uns momentan geht. Der Sinn für die Schö
08.08.2014Doch nicht Letzter!(rsn) - Es gibt Rundfahrten, die super organisiert sind und uns Fahrern große Freude bereiten, sofern man von den vier Stunden Radrennen jeden Tag absieht. Die Vuelta a Colombia gehört zu dieser Kat
07.08.2014Die beste Regelung seit Erfindung des Zeitfahrens spielte uns in die Karten(rsn) - Vor der Ankunft am Startort stand für unsere Truppe noch ein kleiner Inlandsflug von Bogota nach Bucaramanga auf dem Programm. Wollte man eine Rangliste der spektakulärsten Landebahnen diese
11.12.2025Wer fährt 2026 was? (rsn) - Zum Jahreswechsel gibt es bei den Profiteams nicht nur zahlreiche Änderungen beim Personal, sondern auch in der Ausstattung. So endet die seit 2017 bestehende Partnerschaft zwischen Bahrain
11.12.2025Steht Onleys Wechsel zu Ineos unmittelbar bevor? (rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr
11.12.2025Die Trikots der WorldTour-Teams für die Saison 2026 (rsn) - Wie sieht das Peloton 2026 aus? Welche Farben werden in der kommenden Saison vorherrschend sein? Nach und nach stellen die WorldTour-Rennställe ihre Trikots für das neue Jahr vor - den Anfan
11.12.2025Dem Karrierebuch ein neues Kapitel hinzugefügt (rsn) – Eine Verletzung sorgte dafür, dass sich Carina Schrempf vor einigen Jahren dem Radsport zuwandte. Aus der Leichtathletin wurde eine Radsportlerin, die 2023 ihr Profidebüt bei Fenix – Dec
11.12.2025Roglic: “Lieber Vuelta-Sieger als Tour-Zweiter“ (rsn) – Den Traum vom Gesamtsieg bei der Tour de France wird sich Primoz Roglic nach menschlichem Ermessen nicht mehr erfüllen können. Dafür will sich der mittlerweile 36-jährige Slowene ein wei
11.12.2025Vermeersch: Red-Bull-Premiere im Gelände (rsn) – Gianni Vermeersch wurde von Red Bull – Bora – hansgrohe als routinierter Edelhelfer für die Frühjahrsklassiker verpflichtet. Doch sein Debüt im Trikot des deutschen WorldTour-Rennstal
11.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2025 (rsn) – Seit dem Jahr 2013 blicken wir am Ende der Straßenradsaison neben der Jahresrangliste der Männer auch auf das Jahr der Frauen mit entsprechendem RSN-Ranking zurück. Berücksichtigt werden
11.12.2025Grand-Tour-Premiere das Highlight einer guten Saison (rsn) - Das große Ziel für diese Saison hatte sich Yannis Voisard bereits im vergangenen Jahr gesetzt. Ein Start bei einer Grand Tour sollte es werden. Diesen Punkt konnte der 27-Jährige 2025 abhak
11.12.2025Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2025 (rsn) – Es ist inzwischen RSN-Tradition. Und auch wenn sich mit Christoph Adamietz der Vater der Idee vor einem Jahr aus unserem Autoren-Team verabschiedet hat, so soll diese Tradition fortgesetzt w
10.12.2025Denk: “Ich sehe ähnliches Potenzial wie in der Formel 1“ (rsn) – Seit der Radsportweltverband UCI dem Projekt One Cycling im Juni eine offizielle Abfuhr erteilt und den darin involvierten Teams wohl sogar mit Lizenzentzug gedroht hat, ist es still um die
10.12.2025Lipowitz: “Ich kann noch viel von Remco lernen“ (rsn) – “Ich bin ich. Die Leute können gern Vergleiche ziehen. Ich schaue aber lieber auf mich und mache mein Ding“, sagte Florian Lipowitz beim Medientag von Red Bull – Bora – hansgrohe in
10.12.2025Red Bull und das Pogacar-Problem (rsn) – Der Nikolaus hat gerade erst die Stiefel gefüllt und der Weihnachtsmann ist sicherlich schon auf dem Weg nach Deutschland. Zeit also, um in Spanien über die Tour de France 2026 nachzudenk